Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KR 345/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 20.01.2004 in die Krankenversicherung der Rentner zu übernehmen und ab diesem Zeitpunkt nur einen entsprechenden Beitrag zu berechnen.
Der 1944 geborene Kläger war bei der Beklagten pflichtversichert in der Krankenversicherung. Als er im Jahr 1991 den Betrieb seines Vaters übernahm, schied er als Pflichtmitglied aus. Er versicherte sich bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied. Zum 01.01.2000 wurde der Kläger berufsunfähig mit einem Grad der Behinderung von 60. Seitdem ist er Rentner.
Mit Beschluss vom 15.03.2000 stellte das Bundesverfassungsgericht fest (Az.: 1 BvL 16/96 u.a., BGBl.I 2000 S.1300), dass die durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 veränderten Regelungen der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht der Rentner mit dem Grundgesetz unvereinbar seien. Durch das 10.SGB-Änderungsgesetz vom 23.03.2002 wurde dann für betroffene Rentner ein Optionsrecht insbesondere mit der Bestimmung des § 9 Abs.1 Nr.6 SGB V eingeführt.
Mit Schreiben vom Februar 2002 (vgl. Blatt 0001 und 0002 der Beklagtenakte) informierte die Beklagte den Kläger über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Vorversicherungszeit in der Krankenversicherung der Rentner. Es sei bei ihm zu überprüfen, ob die erforderliche Vorversicherungszeit unter Berücksichtigung der freiwilligen Mitgliedschaftszeiten erfüllt sei. Zudem wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er möglicherweise ein Wahlrecht zwischen einer Krankenversicherung der Rentner und einer weiteren freiwilligen Krankenversicherung habe. Der Gesetzgeber sehe als Frist für die Entscheidung, ob weiterhin die freiwillige Krankenversicherung bestehen solle, den 30. September 2002 vor. Der Kläger solle frühzeitig die für ihn günstigste Lösung suchen können. Wenn er sich nicht sicher fühle, in welchem Versicherungsverhältnis er eine geringere Beitragsbelastung habe, solle er die Beklagte ansprechen. Anhand seiner individuellen Einkommensverhältnisse errechne man gerne die für ihn günstigste Möglichkeit.
Mit Erklärung vom 08.03.2002 beantragte der Kläger die Fortsetzung seiner freiwilligen Mitgliedschaft über den 31.03.2002 hinaus. Er unterschrieb folgenden Zusatz, dass es bei späteren Änderungen seiner Einkommensverhältnisse es auch zu Änderungen in der Beitragsbelastung für ihn und eventuell seinen familienversicherten Ehegatten kommen könne.
Mit Schreiben vom 17.04.2002 bestätigte die Beklagte die Mitgliedschaft des Klägers in der freiwilligen Versicherung. Erstmals mit Erklärung vom 07.07.2003 gab der Kläger an, er habe Bruttoeinnahmen aus Kapitalerträgen in Höhe von 1.391,50 Euro jährlich
Mit Bescheid vom 06.02.2004 setzte die Beklagte für den Kläger die monatlichen Beitragssätze für die Zeit ab dem 01.01.2004 für die Krankenversicherung auf 100,92 Euro und für die Pflegeversicherung auf 10,94 Euro fest, insgesamt also einen Monatsbeitrag in Höhe von 111,86 Euro. Grundlage sei das Gesetz zur Modernisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung, das freiwillig versicherte Rentner in Bezug auf Rente, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen den pflichtversicherten Rentnern gleichstelle.
Daraufhin wandte sich der Kläger an die Beklagte. Er sei seit 45 Jahren Mitglied bei der IKK. Nun habe ihm eine Bekannte, die in der Barmer Ersatzkasse tätig sei, gesagt, er gehöre doch in die Krankenversicherung der Rentner. Er habe das im Jahr 2000 und 2002 nicht gewusst, sonst hätte er sich anders entschieden. Wenn er damals die richtigen Unterlagen bekommen hätte und die richtige Beratung bekommen hätte, würde er sich sicher für die Krankenversicherung der Rentner entschieden haben. Er habe ein Schreiben erhalten, nach dem man, wenn man wolle, in der freiwilligen Versicherung bleiben könne. Es müsse doch einen Weg geben, nun in die Krankenversicherung der Rentner zu kommen.
Mit Bescheid vom 27.02.2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme in die Krankenversicherung der Rentner ab. Er habe am 08.03.2002 eine Erklärung abgegeben, nach der er in der freiwilligen Versicherung habe bleiben wollen. Er sei von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass es bis zum 30.09.2002 eine Wahlmöglichkeit gebe.
Dagegen wurde Widerspruch eingelegt. Mit mehreren Schreiben klärte die Beklagte den Kläger dann über die ihrer Ansicht nach vorliegende Rechtslage auf. In mehreren Vergleichsberechnungen, so z.B. für die Zeit ab dem 01.04.2004, wurde festgestellt, dass der Beitrag des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner monatlich 50,32 Euro und in der freiwilligen Versicherung monatlich 68,76 Euro betrage, der Kläger also im Jahr in der freiwilligen Versicherung 221,28 Euro mehr bezahlen muss. Grund sind die sonstigen Einkünfte des Klägers, nämlich die aus Kapitalvermögen in Höhe von monatlich 115,96 Euro.
Der Prozessbevollmächtigte mahnte dann einen Widerspruchsbescheid an und mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe sein Optionsrecht ausgeübt, er sei richtig informiert worden, ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide aus.
Dagegen wurde rechtzeitig Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Der Kläger begehre die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner. Aufgrund der Informationsschreiben der Beklagten im Jahr 2002 sei er aufgrund seiner damaligen Einkommensverhältnisse und der Beitragssätze zur freiwilligen Versicherung beigetreten. Im Laufe des Jahres 2003 habe sich herausgestellt, dass seine Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner günstiger für ihn gewesen wäre. Er mache geltend, dass eine unzureichende Aufklärung vorgelegen habe, als er sein Wahlrecht ausgeübt habe. Es liege eine Verletzung der Beratungspflicht durch die Beklagte vor. Die Beklagte habe unvollständige Informationen verbreitet. Sie habe in ihrem Rundschreiben vom Februar 2002 über die Gesetzesänderung unvollständig informiert. Sie habe es unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass die Ausübung des Optionsrechts den Versicherten unwiderruflich an die freiwillige Versicherung binde und ein späterer Wechsel nicht mehr möglich sei. Daher habe der Kläger auch kein Beratungsgespräch bei der Beklagten wahrgenommen. Der Kläger habe also keinen Mindestbeitrag zu zahlen, sondern einen Beitrag nach den Bemessungskriterien der Pflichtversicherung.
In ihrer Klageerwiderung nahm die Beklagte auf den Widerspruchsbescheid Bezug. Sie habe den Kläger im Informationsschreiben vom Februar 2002 ausführlich über die Änderungen aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts über die Übernahme in die Krankenversicherung der Rentner ab dem 01.04.2004 informiert. In diesem Informationsschreiben sei ausdrücklich auf die Ausschlussfrist zur Entscheidung über das Versicherungsverhältnis bis zum 30.09.2002 aufmerksam gemacht worden. Zudem beinhalte das Schreiben ein individuelles Informationsangebot zur Berechnung der Günstigkeitsregel. Eine Vergleichsberechnung der Beitragshöhe ab dem 01.04.2002 habe ergeben, dass die freiwillige Versicherung für den Kläger günstiger gewesen sei als die Krankenversicherung der Rentner und zwar so lange, bis der Kläger wahrheitsgemäß auch die Zinseinkünfte ab Juli 2003 angegeben habe. Hätte der die Zinseinkünfte schon früher wahrheitsgemäß angegeben, wäre für ihn die Krankenversicherung der Rentner günstiger gewesen, da nach der aktuellen Rechtslage die Zinseinkünfte nicht für die Beitragsberechnung herangezogen werden. Der Gesetzgeber plane allerdings eine Änderung.
Dagegen machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers geltend, der Kläger habe bereits am 21.02.2002 für das Jahr 2001 entsprechende Zinseinkünfte angegeben. Beigelegt war eine Erklärung über Zinseinkünfte, die jedoch mit dem 21.02.2002 datiert ist. Er gab an, Zinsen aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.314,22 DM monatlich zu haben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Landshut erklärte der Kläger auf Nachfrage, zu einer Beratung sei er zur Beklagten nicht gegangen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2004 zu verpflichten, ihn ab dem 20.01.2004 in die Krankenversicherung der Rentner zu übernehmen und den Beitrag entsprechend festzusetzen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Klageakte sowie den Inhalt der beigezogenen Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner ab dem 20.01.2004 nach den Bestimmungen des SGB V nicht zu.
Nach § 136 Abs.3 SGG kann das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Das Gericht folgt, was die Ausübung des Wahlrechts des Klägers betrifft, der Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 09.11.2004 in vollem Umfang. Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen eines Wahlrechts. Dieses Wahlrecht hat er in der bestehenden Frist ausgeübt. Seine Entscheidung ist nicht widerruflich (vgl. § 9 Abs.1 Nr.6 SGB V).
Ein Anspruch auf Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner steht dem Kläger aber auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu. Seine Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt im Sinne des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs ein, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (ständige Rechtsprechung vgl. Senatsurteil vom 05. April 2000 - B 5 RJ 50/98 R - SozR 3-1200 § 14 Nr.29 S.29 m.w.N.; BSG-Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 87/98 R - veröffentlicht in JURIS).
Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch von der Rechtsprechung des BSG bejaht worden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss (2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten (3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und (4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (ständige Rechtsprechung - vgl. m.w.N. BSG-Urteile vom 26. Januar 2000 - B 13 RJ 37/98 R - SozR 3-5910 § 91 a Nr.7 S.37, vom 15. August 2000 - B 9 VG 1/99 R - SozR 3-3100 § 60 Nr.3 S.6 und vom 01. April 2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr.1 jeweils Rdnr.31).
§ 13 SGB I lautet: "Die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären."
Und § 14 SGB I lautet: "Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind."
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom Februar 2002 (vgl. Blatt 0001 und 0002 der Beklagtenakte) über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Vorversicherungszeit in der Krankenversicherung der Rentner informiert, es sei bei ihm zu überprüfen, ob die erforderliche Vorversicherungszeit unter Berücksichtigung der freiwilligen Mitgliedschaftszeiten erfüllt sei. Zudem wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er möglicherweise ein Wahlrecht zwischen einer Krankenversicherung der Rentner und einer weiteren freiwilligen Krankenversicherung habe. Der Gesetzgeber sehe als Frist für die Entscheidung, ob weiterhin die freiwillige Krankenversicherung bestehen solle, den 30. September 2002 vor. Der Kläger solle frühzeitig die für ihn günstigste Lösung suchen können. Wenn er sich nicht sicher fühle, in welchem Versicherungsverhältnis er eine geringere Beitragsbelastung habe, solle er die Beklagte ansprechen. Anhand seiner individuellen Einkommensverhältnisse errechne man gerne die für ihn günstigere Möglichkeit.
Mit diesem Schreiben hat die Beklagte dem Kläger klar gemacht, dass eine Entscheidung erforderlich ist und diese bis zum 30.09.2002 zu treffen ist. Sie hat ihm angeboten, sich beraten zu lassen und eine individuelle Berechnung des für ihn günstigsten Tarifs vorzunehmen. Damit ist die Beklagte ihren Beratungspflichten nach den §§ 13, 14 SGB I nachgekommen.
Dieser Ansicht ist auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg, und zwar der 4.Senat, im Urteil vom 24. März 2006, Az.: L 4 KR 330/05. Danach kann von einem verständigen Versicherten verlangt werden, dass er nach Hinweis auf eine Gestaltungsmöglichkeit im Zusammenhang mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können, sich entweder mit einem Beratungsersuchen an seine Krankenkasse wendet oder, wenn er dies nicht für sachdienlich hält, in Eigeninitiative sich die benötigten Informationen selbst beschafft.
Eine Pflichtverletzung oder eine Falschberatung durch die Beklagte liegt damit nicht vor.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
-
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 20.01.2004 in die Krankenversicherung der Rentner zu übernehmen und ab diesem Zeitpunkt nur einen entsprechenden Beitrag zu berechnen.
Der 1944 geborene Kläger war bei der Beklagten pflichtversichert in der Krankenversicherung. Als er im Jahr 1991 den Betrieb seines Vaters übernahm, schied er als Pflichtmitglied aus. Er versicherte sich bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied. Zum 01.01.2000 wurde der Kläger berufsunfähig mit einem Grad der Behinderung von 60. Seitdem ist er Rentner.
Mit Beschluss vom 15.03.2000 stellte das Bundesverfassungsgericht fest (Az.: 1 BvL 16/96 u.a., BGBl.I 2000 S.1300), dass die durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 veränderten Regelungen der Voraussetzungen für die Versicherungspflicht der Rentner mit dem Grundgesetz unvereinbar seien. Durch das 10.SGB-Änderungsgesetz vom 23.03.2002 wurde dann für betroffene Rentner ein Optionsrecht insbesondere mit der Bestimmung des § 9 Abs.1 Nr.6 SGB V eingeführt.
Mit Schreiben vom Februar 2002 (vgl. Blatt 0001 und 0002 der Beklagtenakte) informierte die Beklagte den Kläger über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Vorversicherungszeit in der Krankenversicherung der Rentner. Es sei bei ihm zu überprüfen, ob die erforderliche Vorversicherungszeit unter Berücksichtigung der freiwilligen Mitgliedschaftszeiten erfüllt sei. Zudem wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er möglicherweise ein Wahlrecht zwischen einer Krankenversicherung der Rentner und einer weiteren freiwilligen Krankenversicherung habe. Der Gesetzgeber sehe als Frist für die Entscheidung, ob weiterhin die freiwillige Krankenversicherung bestehen solle, den 30. September 2002 vor. Der Kläger solle frühzeitig die für ihn günstigste Lösung suchen können. Wenn er sich nicht sicher fühle, in welchem Versicherungsverhältnis er eine geringere Beitragsbelastung habe, solle er die Beklagte ansprechen. Anhand seiner individuellen Einkommensverhältnisse errechne man gerne die für ihn günstigste Möglichkeit.
Mit Erklärung vom 08.03.2002 beantragte der Kläger die Fortsetzung seiner freiwilligen Mitgliedschaft über den 31.03.2002 hinaus. Er unterschrieb folgenden Zusatz, dass es bei späteren Änderungen seiner Einkommensverhältnisse es auch zu Änderungen in der Beitragsbelastung für ihn und eventuell seinen familienversicherten Ehegatten kommen könne.
Mit Schreiben vom 17.04.2002 bestätigte die Beklagte die Mitgliedschaft des Klägers in der freiwilligen Versicherung. Erstmals mit Erklärung vom 07.07.2003 gab der Kläger an, er habe Bruttoeinnahmen aus Kapitalerträgen in Höhe von 1.391,50 Euro jährlich
Mit Bescheid vom 06.02.2004 setzte die Beklagte für den Kläger die monatlichen Beitragssätze für die Zeit ab dem 01.01.2004 für die Krankenversicherung auf 100,92 Euro und für die Pflegeversicherung auf 10,94 Euro fest, insgesamt also einen Monatsbeitrag in Höhe von 111,86 Euro. Grundlage sei das Gesetz zur Modernisierung in der gesetzlichen Krankenversicherung, das freiwillig versicherte Rentner in Bezug auf Rente, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen den pflichtversicherten Rentnern gleichstelle.
Daraufhin wandte sich der Kläger an die Beklagte. Er sei seit 45 Jahren Mitglied bei der IKK. Nun habe ihm eine Bekannte, die in der Barmer Ersatzkasse tätig sei, gesagt, er gehöre doch in die Krankenversicherung der Rentner. Er habe das im Jahr 2000 und 2002 nicht gewusst, sonst hätte er sich anders entschieden. Wenn er damals die richtigen Unterlagen bekommen hätte und die richtige Beratung bekommen hätte, würde er sich sicher für die Krankenversicherung der Rentner entschieden haben. Er habe ein Schreiben erhalten, nach dem man, wenn man wolle, in der freiwilligen Versicherung bleiben könne. Es müsse doch einen Weg geben, nun in die Krankenversicherung der Rentner zu kommen.
Mit Bescheid vom 27.02.2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme in die Krankenversicherung der Rentner ab. Er habe am 08.03.2002 eine Erklärung abgegeben, nach der er in der freiwilligen Versicherung habe bleiben wollen. Er sei von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass es bis zum 30.09.2002 eine Wahlmöglichkeit gebe.
Dagegen wurde Widerspruch eingelegt. Mit mehreren Schreiben klärte die Beklagte den Kläger dann über die ihrer Ansicht nach vorliegende Rechtslage auf. In mehreren Vergleichsberechnungen, so z.B. für die Zeit ab dem 01.04.2004, wurde festgestellt, dass der Beitrag des Klägers in der Krankenversicherung der Rentner monatlich 50,32 Euro und in der freiwilligen Versicherung monatlich 68,76 Euro betrage, der Kläger also im Jahr in der freiwilligen Versicherung 221,28 Euro mehr bezahlen muss. Grund sind die sonstigen Einkünfte des Klägers, nämlich die aus Kapitalvermögen in Höhe von monatlich 115,96 Euro.
Der Prozessbevollmächtigte mahnte dann einen Widerspruchsbescheid an und mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe sein Optionsrecht ausgeübt, er sei richtig informiert worden, ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide aus.
Dagegen wurde rechtzeitig Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben. Der Kläger begehre die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner. Aufgrund der Informationsschreiben der Beklagten im Jahr 2002 sei er aufgrund seiner damaligen Einkommensverhältnisse und der Beitragssätze zur freiwilligen Versicherung beigetreten. Im Laufe des Jahres 2003 habe sich herausgestellt, dass seine Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner günstiger für ihn gewesen wäre. Er mache geltend, dass eine unzureichende Aufklärung vorgelegen habe, als er sein Wahlrecht ausgeübt habe. Es liege eine Verletzung der Beratungspflicht durch die Beklagte vor. Die Beklagte habe unvollständige Informationen verbreitet. Sie habe in ihrem Rundschreiben vom Februar 2002 über die Gesetzesänderung unvollständig informiert. Sie habe es unterlassen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass die Ausübung des Optionsrechts den Versicherten unwiderruflich an die freiwillige Versicherung binde und ein späterer Wechsel nicht mehr möglich sei. Daher habe der Kläger auch kein Beratungsgespräch bei der Beklagten wahrgenommen. Der Kläger habe also keinen Mindestbeitrag zu zahlen, sondern einen Beitrag nach den Bemessungskriterien der Pflichtversicherung.
In ihrer Klageerwiderung nahm die Beklagte auf den Widerspruchsbescheid Bezug. Sie habe den Kläger im Informationsschreiben vom Februar 2002 ausführlich über die Änderungen aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts über die Übernahme in die Krankenversicherung der Rentner ab dem 01.04.2004 informiert. In diesem Informationsschreiben sei ausdrücklich auf die Ausschlussfrist zur Entscheidung über das Versicherungsverhältnis bis zum 30.09.2002 aufmerksam gemacht worden. Zudem beinhalte das Schreiben ein individuelles Informationsangebot zur Berechnung der Günstigkeitsregel. Eine Vergleichsberechnung der Beitragshöhe ab dem 01.04.2002 habe ergeben, dass die freiwillige Versicherung für den Kläger günstiger gewesen sei als die Krankenversicherung der Rentner und zwar so lange, bis der Kläger wahrheitsgemäß auch die Zinseinkünfte ab Juli 2003 angegeben habe. Hätte der die Zinseinkünfte schon früher wahrheitsgemäß angegeben, wäre für ihn die Krankenversicherung der Rentner günstiger gewesen, da nach der aktuellen Rechtslage die Zinseinkünfte nicht für die Beitragsberechnung herangezogen werden. Der Gesetzgeber plane allerdings eine Änderung.
Dagegen machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers geltend, der Kläger habe bereits am 21.02.2002 für das Jahr 2001 entsprechende Zinseinkünfte angegeben. Beigelegt war eine Erklärung über Zinseinkünfte, die jedoch mit dem 21.02.2002 datiert ist. Er gab an, Zinsen aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.314,22 DM monatlich zu haben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Landshut erklärte der Kläger auf Nachfrage, zu einer Beratung sei er zur Beklagten nicht gegangen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2004 zu verpflichten, ihn ab dem 20.01.2004 in die Krankenversicherung der Rentner zu übernehmen und den Beitrag entsprechend festzusetzen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die Klageakte sowie den Inhalt der beigezogenen Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner ab dem 20.01.2004 nach den Bestimmungen des SGB V nicht zu.
Nach § 136 Abs.3 SGG kann das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Das Gericht folgt, was die Ausübung des Wahlrechts des Klägers betrifft, der Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 09.11.2004 in vollem Umfang. Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen eines Wahlrechts. Dieses Wahlrecht hat er in der bestehenden Frist ausgeübt. Seine Entscheidung ist nicht widerruflich (vgl. § 9 Abs.1 Nr.6 SGB V).
Ein Anspruch auf Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner steht dem Kläger aber auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu. Seine Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut tritt im Sinne des öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs ein, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (ständige Rechtsprechung vgl. Senatsurteil vom 05. April 2000 - B 5 RJ 50/98 R - SozR 3-1200 § 14 Nr.29 S.29 m.w.N.; BSG-Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 87/98 R - veröffentlicht in JURIS).
Demgemäß ist ein Herstellungsanspruch von der Rechtsprechung des BSG bejaht worden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (1) Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss (2) Eintritt eines rechtlichen Schadens beim Berechtigten (3) Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt und (4) Möglichkeit der Herstellung des Zustands, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre (ständige Rechtsprechung - vgl. m.w.N. BSG-Urteile vom 26. Januar 2000 - B 13 RJ 37/98 R - SozR 3-5910 § 91 a Nr.7 S.37, vom 15. August 2000 - B 9 VG 1/99 R - SozR 3-3100 § 60 Nr.3 S.6 und vom 01. April 2004 - B 7 AL 52/03 R - BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr.1 jeweils Rdnr.31).
§ 13 SGB I lautet: "Die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären."
Und § 14 SGB I lautet: "Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind."
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom Februar 2002 (vgl. Blatt 0001 und 0002 der Beklagtenakte) über den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Vorversicherungszeit in der Krankenversicherung der Rentner informiert, es sei bei ihm zu überprüfen, ob die erforderliche Vorversicherungszeit unter Berücksichtigung der freiwilligen Mitgliedschaftszeiten erfüllt sei. Zudem wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er möglicherweise ein Wahlrecht zwischen einer Krankenversicherung der Rentner und einer weiteren freiwilligen Krankenversicherung habe. Der Gesetzgeber sehe als Frist für die Entscheidung, ob weiterhin die freiwillige Krankenversicherung bestehen solle, den 30. September 2002 vor. Der Kläger solle frühzeitig die für ihn günstigste Lösung suchen können. Wenn er sich nicht sicher fühle, in welchem Versicherungsverhältnis er eine geringere Beitragsbelastung habe, solle er die Beklagte ansprechen. Anhand seiner individuellen Einkommensverhältnisse errechne man gerne die für ihn günstigere Möglichkeit.
Mit diesem Schreiben hat die Beklagte dem Kläger klar gemacht, dass eine Entscheidung erforderlich ist und diese bis zum 30.09.2002 zu treffen ist. Sie hat ihm angeboten, sich beraten zu lassen und eine individuelle Berechnung des für ihn günstigsten Tarifs vorzunehmen. Damit ist die Beklagte ihren Beratungspflichten nach den §§ 13, 14 SGB I nachgekommen.
Dieser Ansicht ist auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg, und zwar der 4.Senat, im Urteil vom 24. März 2006, Az.: L 4 KR 330/05. Danach kann von einem verständigen Versicherten verlangt werden, dass er nach Hinweis auf eine Gestaltungsmöglichkeit im Zusammenhang mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können, sich entweder mit einem Beratungsersuchen an seine Krankenkasse wendet oder, wenn er dies nicht für sachdienlich hält, in Eigeninitiative sich die benötigten Informationen selbst beschafft.
Eine Pflichtverletzung oder eine Falschberatung durch die Beklagte liegt damit nicht vor.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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