Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 1125/04 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 538/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1948 in Kroatien geborene Kläger war von Februar 1971 bis Dezember 1975 in Deutschland als ungelernter Bauarbeiter beschäftigt und hat im Anschluss daran in Kroatien Versicherungszeiten von Mai 1976 bis September 1993 zurückgelegt.
Im Rahmen der kriegerischen Auseinandersetzungen in seiner Heimat erlitt er am 06.10.1991 als Zivilist eine Schussverletzung am rechten Unterschenkel und erhielt hierfür auch Entschädigung als ziviles Kriegsopfer aus einer Invalidität in Höhe von zunächst 60 % und ab Juli 1992 von 30 %.
Seit Januar 1999 bezieht der Kläger kroatische Berufsunfähigkeitsrente.
Am 25.10.2002 beantragte er über den kroatischen Versicherungsträger Z. Erwerbsminderungsrente. Mitübersandt wurde das Gutachten der Invalidenkommission Z. vom 27.02./ 14.03.2003. Hiernach besteht beim Kläger insbesondere eine mäßige Kontraktur und Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenks nach alter Schussverletzung, weiterhin ein Wirbelsäulensyndrom, wobei der Bewegungsapparat insgesamt als kompensiert beschrieben wird, sowie Herzbeschwerden und ein depressives Syndrom. Die Invalidenkommission sieht noch ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und dauerndes Gehen und Stehen sowie ohne längere Anmarschwege. Als Bauarbeiter sei der Kläger nicht mehr einsatzfähig.
Die Beklagte lehnte den Antrag zunächst aus versicherungsrechtlichen Gründen ab und sagte eine Neuverbescheidung zu, falls der Kläger einen früheren Versicherungsfall geltend mache.
Nach Rücknahme des Widerspruchs lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14.04.2004 erneut ab, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich noch mehr als sechs Stunden arbeiten könne. Die Beklagte stützte sich hierbei auf die prüfärztliche Stellungnahme durch Dr.D. vom 23.03.2004 mit den Diagnosen 1. Funktionsminderung der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen ohne Wurzelreizung, 2. Teilversteifung des Sprunggelenks rechts nach Kriegsverletzung, 3. beginnende hirnorganische Leistungsstörung, 4. Krampfaderleiden ohne Komplikationen und 5. Minderung des Hörvermögens beidseits. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Im Übrigen seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben.
Mit dem Widerspruch verlangte der Kläger eine Untersuchung durch die Beklagte.
Die Beklagte wies den Kläger hierzu darauf hin, dass eine solche Untersuchung nicht sinnvoll sei, da der Versicherungsschutz nur bis September 1995 reiche.
Mit Schreiben vom 01.06.2004 machte der Kläger den Eintritt von Erwerbsminderung bereits mit dem Unfall von Oktober 1991 geltend und übersandte sieben Fotokopien, um dies zu dokumentieren. Hierbei handelte es sich um Arztberichte, die mit einer Ausnahme im Gutachtensheft der Beklagten bereits enthalten sind, und zwar entweder im Original oder in Kopie. Diese nun übersandten Fotokopien sind, wie etwa an Schreibfehlern oder der Ausführung von Stempeln bzw. Unterschriften ersichtlich, identisch mit den früheren Unterlagen, mit Ausnahme offenbar nachträglich geänderter Datumsangaben. Die Kopien tragen nun regelmäßig Daten aus dem Monat September 1995. Die veränderten Datumsangaben sind zum Teil eingestempelt - an Stelle anderer vollständig entfernter Datumsangaben (etwa aus dem Jahr 2003), zum Teil sind sie, etwa im Falle handschriftlicher Datumseinträge aus dem Jahr 1998, lediglich in der letzten Ziffer handschriftlich verändert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2004 wies die Beklagte, wiederum gestützt auf eine prüfärztliche Stellungnahme Dr.D. , den Widerspruch zurück: Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich einsetzbar. Er genieße keinen Berufsschutz als Bauhilfsarbeiter. Im Übrigen seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 15.11.2004 Klage zum Sozialgericht Landshut (SG). Dieses wies die Klage mit Urteil vom 13.02.2006 ab. Zur Begründung führte das SG aus, entscheidend sei, ob bereits vor dem 01.11.1995 verminderte Erwerbsfähigkeit eingetreten sei. Dies lasse sich jedoch nicht mehr aufklären, da an den vom Kläger übersandten ärztlichen Unterlagen ganz offensichtlich Manipulationen vorgenommen worden seien. Auf Grund dessen verbiete sich eine Auswertung des Gutachtensheftes der Beklagten, etwa durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast könne somit vom Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 01.11.1995 nicht ausgegangen werden.
Mit seiner Berufung vom 07.08.2006 bestritt der Kläger, "jemals etwas vordatiert" zu haben, und legte als Beweis Originalpapiere bei. Hierbei handelte es sich um eine Arztdokumentation von Dr.E. über Behandlungen zwischen Januar und März 1993 sowie durch Dr.P. über zwei Behandlungen in Mai und Juni 1993, des Weiteren eine Bescheinigung über stationäre Behandlungen von Oktober 1991 bis Februar 1992.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigt.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nach den Vorschriften des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung.
Es kommt dabei nicht darauf, ob der Kläger heute oder im Zeitpunkt der Rentenantragstellung (Oktober 2002) erwerbsgemindert ist oder war. Denn zu diesem Zeitpunkt erfüllte er bereits nicht mehr die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. § 43 Abs.1 und 2, jeweils Satz 1 Nr.2 SGB VI verlangen eine Belegung des Fünf-Jahres-Zeitraums vor Eintritt der Erwerbsminderung mit mindestens drei Jahren Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Nachdem beim Kläger kroatische Versicherungszeiten nur bis September 1993 vorliegen - diese sind gemäß dem deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommen vom 24.11.1997 deutschen Versicherungszeiten gleichgestellt -, sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals für einen eventuellen Eintritt der Erwerbsminderung im Oktober 1995 erfüllt. Vorliegend greift auch nicht die Erfüllungsfiktion des § 43 Abs.5 ein. Denn eine eventuelle Erwerbsminderung würde nicht auf einen Arbeitsunfall oder einem sonst privilegierten Tatbestand beruhen. Auch die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 241 Abs.2 SGB VI - lückenlose Belegung des Zeitraums ab Januar 1984 mit rentenrechtlichen Zeiten - sind nicht erfüllt. Seit der Arbeitsaufgabe im September 1993 besteht keine durchgehende Belegung mit rentenrechtlichen Zeiten. Kroatische Rente bezieht der Kläger erst seit Januar 1999. Die mehrjährige Lücke zuvor kann er nicht mehr schließen. Insofern profitiert er auch nicht von der inzwischen erfolgten abkommensrechtlichen Gleichstellung des kroatischen Rentenbezugs. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs oder einer besonderen Härte gemäß § 197 Abs.3 SGB VI sind weder vorgetragen noch hier ersichtlich. Im Ergebnis sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur erfüllt, wenn der Kläger spätestens im Oktober 1995 berufs- oder erwerbsunfähig geworden wäre.
2. Daran fehlt es jedoch hier, so dass kein Anspruch nach SGB VI in der bis zum Jahr 2000 geltenden Fassung in Betracht kommt.
Zunächst ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Kläger selbst sich im Jahr 1995 bereits für erwerbsgemindert angesehen hätte. Erst seit dem Jahr 1999 liegen offenbar die Voraussetzungen für eine kroatische Berufsunfähigkeitsrente vor. Wann der Antrag hierzu gestellt wurde und warum dieser nicht zugleich als Antrag auf deutsche Rentenleistungen gewertet wurde (siehe hierzu Art.33 des bilateralen Abkommens), ist nicht ganz ersichtlich, kann im Ergebnis aber auch offenbleiben. Denn zum einen liegt auch der Beginn der kroatischen Rente deutlich nach dem Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach deutschem Recht, zum anderen hat der Kläger nach deutschem Recht keinen qualifizierten Berufsschutz. Er war in Deutschland vielmehr als ungelernter Bauarbeiter beschäftigt und kann daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in voller Breite verwiesen werden, ohne dass eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen ist. Die Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI a.F. kommt für den Kläger daher nicht in Betracht.
Er hätte vielmehr nur Rentenanspruch gemäß § 44 SGB VI a.F., wenn er damals bereits arbeitszeitlich eingeschränkt gewesen wäre. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat noch im Jahr 2003 die Invalidenkommission Z. ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne längere Anmarsch-wege festgestellt. Für die Beklagte hat deren Prüfarzt Dr.D. dieses Gutachten auch in seiner Leistungsbeurteilung sich zu eigen gemacht. Dies ist angesichts der nicht gravierenden Gesundheitsstörungen des Klägers auch plausibel.
Die Beschwerden des Klägers bezogen sich in erster Linie auf den Bewegungsapparat, und hier insbesondere auf die Nachwirkungen der 1991 erlittenen Schusswunde im Bereich des rechten Sprunggelenks. Hier bestand nach wie vor eine Funktionsbeeinträchtigung, die zu erschwertem Gehen führte. Auch die Wirbelsäule war durch Verschleißerscheinungen in ihrer Funktion gemindert. Bei der Untersuchung durch die Invalidenkommission wird jedoch ausdrücklich "ein kompensierter Zustand der Wirbelsäule und des Bewegungsapparates insgesamt vorgefunden". Den Herzbeschwerden konnte von der Kommission keine objektive Erkrankung zugeordnet werden. Die Invalidenkommission beschrieb zwar ein depressives Syndrom und ein beginnendes psycho-organisches Syndrom; der erhobene psychische Befund war jedoch nicht erheblich auffällig. Auch das Krampfaderleiden und die Minderung des Hörvermögens beidseits stellten keine erhebliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens dar. Der Senat schließt sich daher der Beurteilung der Invalidenkommission an und hält den Kläger bis ins Jahr 2003 hinein für mehr als sechs Stunden täglich belastbar.
Aussagekräftige Unterlagen, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind nicht ersichtlich. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass eine Reihe von Unterlagen, die der Kläger vorgelegt hat, ganz offensichtlich manipuliert sind. Diese Manipulationen betreffen sieben Blatt in den Akten.
Inwieweit auch an eventuellen weiteren Kopien, die in den Akten vorhanden sind, Manipulationen vorgenommen worden sind, kann hier dahinstehen. Weiterer Ermittlungen hierzu bedurfte es nicht. Denn selbst wenn entsprechende Originalunterlagen hätten beigezogen werden können, so würde sich aus diesen nichts Abweichendes ergeben. Denn die kopierten Unterlagen für den hier interessierenden Zeitraum von 1992 bis 1995 berichten zum einen nur über die Behandlung der erlittenen Schusswunde, zum anderen referieren sie Erkrankungen wie ein Gallensteinleiden, welches operativ behandelt wurde, weiterhin eine chronische Bronchitis mit obstruktiver Ventilation und schließlich einen Gehörverlust von circa 70 %. Aussagen zu den Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen sind nicht enthalten, auch nicht nähere Befundbeschreibungen. Diese Unterlagen sind nicht geeignet, die für einen späteren Zeitpunkt existierende umfassende Begutachtung infrage zu stellen. Somit bestand keine Veranlassung, weitere Ermittlungen, etwa in Gestalt eines Sachverständigengutachtens, durchzuführen. Nach alledem steht fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Oktober 1995 noch nicht berufs- oder erwerbsunfähig war. Er hat daher keinen Rentenanspruch. Die Berufung war zurückzuweisen.
Dem entspricht die Kostenentscheidung (§§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1948 in Kroatien geborene Kläger war von Februar 1971 bis Dezember 1975 in Deutschland als ungelernter Bauarbeiter beschäftigt und hat im Anschluss daran in Kroatien Versicherungszeiten von Mai 1976 bis September 1993 zurückgelegt.
Im Rahmen der kriegerischen Auseinandersetzungen in seiner Heimat erlitt er am 06.10.1991 als Zivilist eine Schussverletzung am rechten Unterschenkel und erhielt hierfür auch Entschädigung als ziviles Kriegsopfer aus einer Invalidität in Höhe von zunächst 60 % und ab Juli 1992 von 30 %.
Seit Januar 1999 bezieht der Kläger kroatische Berufsunfähigkeitsrente.
Am 25.10.2002 beantragte er über den kroatischen Versicherungsträger Z. Erwerbsminderungsrente. Mitübersandt wurde das Gutachten der Invalidenkommission Z. vom 27.02./ 14.03.2003. Hiernach besteht beim Kläger insbesondere eine mäßige Kontraktur und Funktionseinschränkung des rechten Sprunggelenks nach alter Schussverletzung, weiterhin ein Wirbelsäulensyndrom, wobei der Bewegungsapparat insgesamt als kompensiert beschrieben wird, sowie Herzbeschwerden und ein depressives Syndrom. Die Invalidenkommission sieht noch ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und dauerndes Gehen und Stehen sowie ohne längere Anmarschwege. Als Bauarbeiter sei der Kläger nicht mehr einsatzfähig.
Die Beklagte lehnte den Antrag zunächst aus versicherungsrechtlichen Gründen ab und sagte eine Neuverbescheidung zu, falls der Kläger einen früheren Versicherungsfall geltend mache.
Nach Rücknahme des Widerspruchs lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 14.04.2004 erneut ab, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich noch mehr als sechs Stunden arbeiten könne. Die Beklagte stützte sich hierbei auf die prüfärztliche Stellungnahme durch Dr.D. vom 23.03.2004 mit den Diagnosen 1. Funktionsminderung der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinungen ohne Wurzelreizung, 2. Teilversteifung des Sprunggelenks rechts nach Kriegsverletzung, 3. beginnende hirnorganische Leistungsstörung, 4. Krampfaderleiden ohne Komplikationen und 5. Minderung des Hörvermögens beidseits. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Im Übrigen seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben.
Mit dem Widerspruch verlangte der Kläger eine Untersuchung durch die Beklagte.
Die Beklagte wies den Kläger hierzu darauf hin, dass eine solche Untersuchung nicht sinnvoll sei, da der Versicherungsschutz nur bis September 1995 reiche.
Mit Schreiben vom 01.06.2004 machte der Kläger den Eintritt von Erwerbsminderung bereits mit dem Unfall von Oktober 1991 geltend und übersandte sieben Fotokopien, um dies zu dokumentieren. Hierbei handelte es sich um Arztberichte, die mit einer Ausnahme im Gutachtensheft der Beklagten bereits enthalten sind, und zwar entweder im Original oder in Kopie. Diese nun übersandten Fotokopien sind, wie etwa an Schreibfehlern oder der Ausführung von Stempeln bzw. Unterschriften ersichtlich, identisch mit den früheren Unterlagen, mit Ausnahme offenbar nachträglich geänderter Datumsangaben. Die Kopien tragen nun regelmäßig Daten aus dem Monat September 1995. Die veränderten Datumsangaben sind zum Teil eingestempelt - an Stelle anderer vollständig entfernter Datumsangaben (etwa aus dem Jahr 2003), zum Teil sind sie, etwa im Falle handschriftlicher Datumseinträge aus dem Jahr 1998, lediglich in der letzten Ziffer handschriftlich verändert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2004 wies die Beklagte, wiederum gestützt auf eine prüfärztliche Stellungnahme Dr.D. , den Widerspruch zurück: Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich einsetzbar. Er genieße keinen Berufsschutz als Bauhilfsarbeiter. Im Übrigen seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 15.11.2004 Klage zum Sozialgericht Landshut (SG). Dieses wies die Klage mit Urteil vom 13.02.2006 ab. Zur Begründung führte das SG aus, entscheidend sei, ob bereits vor dem 01.11.1995 verminderte Erwerbsfähigkeit eingetreten sei. Dies lasse sich jedoch nicht mehr aufklären, da an den vom Kläger übersandten ärztlichen Unterlagen ganz offensichtlich Manipulationen vorgenommen worden seien. Auf Grund dessen verbiete sich eine Auswertung des Gutachtensheftes der Beklagten, etwa durch Einholung eines Gutachtens nach Aktenlage. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast könne somit vom Eintritt eines Leistungsfalls vor dem 01.11.1995 nicht ausgegangen werden.
Mit seiner Berufung vom 07.08.2006 bestritt der Kläger, "jemals etwas vordatiert" zu haben, und legte als Beweis Originalpapiere bei. Hierbei handelte es sich um eine Arztdokumentation von Dr.E. über Behandlungen zwischen Januar und März 1993 sowie durch Dr.P. über zwei Behandlungen in Mai und Juni 1993, des Weiteren eine Bescheinigung über stationäre Behandlungen von Oktober 1991 bis Februar 1992.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen und die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestätigt.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nach den Vorschriften des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung.
Es kommt dabei nicht darauf, ob der Kläger heute oder im Zeitpunkt der Rentenantragstellung (Oktober 2002) erwerbsgemindert ist oder war. Denn zu diesem Zeitpunkt erfüllte er bereits nicht mehr die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. § 43 Abs.1 und 2, jeweils Satz 1 Nr.2 SGB VI verlangen eine Belegung des Fünf-Jahres-Zeitraums vor Eintritt der Erwerbsminderung mit mindestens drei Jahren Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit. Nachdem beim Kläger kroatische Versicherungszeiten nur bis September 1993 vorliegen - diese sind gemäß dem deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommen vom 24.11.1997 deutschen Versicherungszeiten gleichgestellt -, sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals für einen eventuellen Eintritt der Erwerbsminderung im Oktober 1995 erfüllt. Vorliegend greift auch nicht die Erfüllungsfiktion des § 43 Abs.5 ein. Denn eine eventuelle Erwerbsminderung würde nicht auf einen Arbeitsunfall oder einem sonst privilegierten Tatbestand beruhen. Auch die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 241 Abs.2 SGB VI - lückenlose Belegung des Zeitraums ab Januar 1984 mit rentenrechtlichen Zeiten - sind nicht erfüllt. Seit der Arbeitsaufgabe im September 1993 besteht keine durchgehende Belegung mit rentenrechtlichen Zeiten. Kroatische Rente bezieht der Kläger erst seit Januar 1999. Die mehrjährige Lücke zuvor kann er nicht mehr schließen. Insofern profitiert er auch nicht von der inzwischen erfolgten abkommensrechtlichen Gleichstellung des kroatischen Rentenbezugs. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs oder einer besonderen Härte gemäß § 197 Abs.3 SGB VI sind weder vorgetragen noch hier ersichtlich. Im Ergebnis sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur erfüllt, wenn der Kläger spätestens im Oktober 1995 berufs- oder erwerbsunfähig geworden wäre.
2. Daran fehlt es jedoch hier, so dass kein Anspruch nach SGB VI in der bis zum Jahr 2000 geltenden Fassung in Betracht kommt.
Zunächst ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Kläger selbst sich im Jahr 1995 bereits für erwerbsgemindert angesehen hätte. Erst seit dem Jahr 1999 liegen offenbar die Voraussetzungen für eine kroatische Berufsunfähigkeitsrente vor. Wann der Antrag hierzu gestellt wurde und warum dieser nicht zugleich als Antrag auf deutsche Rentenleistungen gewertet wurde (siehe hierzu Art.33 des bilateralen Abkommens), ist nicht ganz ersichtlich, kann im Ergebnis aber auch offenbleiben. Denn zum einen liegt auch der Beginn der kroatischen Rente deutlich nach dem Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach deutschem Recht, zum anderen hat der Kläger nach deutschem Recht keinen qualifizierten Berufsschutz. Er war in Deutschland vielmehr als ungelernter Bauarbeiter beschäftigt und kann daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in voller Breite verwiesen werden, ohne dass eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen ist. Die Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI a.F. kommt für den Kläger daher nicht in Betracht.
Er hätte vielmehr nur Rentenanspruch gemäß § 44 SGB VI a.F., wenn er damals bereits arbeitszeitlich eingeschränkt gewesen wäre. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr hat noch im Jahr 2003 die Invalidenkommission Z. ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers für leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne längere Anmarsch-wege festgestellt. Für die Beklagte hat deren Prüfarzt Dr.D. dieses Gutachten auch in seiner Leistungsbeurteilung sich zu eigen gemacht. Dies ist angesichts der nicht gravierenden Gesundheitsstörungen des Klägers auch plausibel.
Die Beschwerden des Klägers bezogen sich in erster Linie auf den Bewegungsapparat, und hier insbesondere auf die Nachwirkungen der 1991 erlittenen Schusswunde im Bereich des rechten Sprunggelenks. Hier bestand nach wie vor eine Funktionsbeeinträchtigung, die zu erschwertem Gehen führte. Auch die Wirbelsäule war durch Verschleißerscheinungen in ihrer Funktion gemindert. Bei der Untersuchung durch die Invalidenkommission wird jedoch ausdrücklich "ein kompensierter Zustand der Wirbelsäule und des Bewegungsapparates insgesamt vorgefunden". Den Herzbeschwerden konnte von der Kommission keine objektive Erkrankung zugeordnet werden. Die Invalidenkommission beschrieb zwar ein depressives Syndrom und ein beginnendes psycho-organisches Syndrom; der erhobene psychische Befund war jedoch nicht erheblich auffällig. Auch das Krampfaderleiden und die Minderung des Hörvermögens beidseits stellten keine erhebliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens dar. Der Senat schließt sich daher der Beurteilung der Invalidenkommission an und hält den Kläger bis ins Jahr 2003 hinein für mehr als sechs Stunden täglich belastbar.
Aussagekräftige Unterlagen, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind nicht ersichtlich. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass eine Reihe von Unterlagen, die der Kläger vorgelegt hat, ganz offensichtlich manipuliert sind. Diese Manipulationen betreffen sieben Blatt in den Akten.
Inwieweit auch an eventuellen weiteren Kopien, die in den Akten vorhanden sind, Manipulationen vorgenommen worden sind, kann hier dahinstehen. Weiterer Ermittlungen hierzu bedurfte es nicht. Denn selbst wenn entsprechende Originalunterlagen hätten beigezogen werden können, so würde sich aus diesen nichts Abweichendes ergeben. Denn die kopierten Unterlagen für den hier interessierenden Zeitraum von 1992 bis 1995 berichten zum einen nur über die Behandlung der erlittenen Schusswunde, zum anderen referieren sie Erkrankungen wie ein Gallensteinleiden, welches operativ behandelt wurde, weiterhin eine chronische Bronchitis mit obstruktiver Ventilation und schließlich einen Gehörverlust von circa 70 %. Aussagen zu den Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen sind nicht enthalten, auch nicht nähere Befundbeschreibungen. Diese Unterlagen sind nicht geeignet, die für einen späteren Zeitpunkt existierende umfassende Begutachtung infrage zu stellen. Somit bestand keine Veranlassung, weitere Ermittlungen, etwa in Gestalt eines Sachverständigengutachtens, durchzuführen. Nach alledem steht fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Oktober 1995 noch nicht berufs- oder erwerbsunfähig war. Er hat daher keinen Rentenanspruch. Die Berufung war zurückzuweisen.
Dem entspricht die Kostenentscheidung (§§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG liegen nicht vor.
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