Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2798/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 1341/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagte wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Februar 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene, contergangeschädigte Kläger hat keinen Beruf erlernt. Versicherungspflichtig beschäftigt war er zuletzt als Betriebsfahrer und Hilfsarbeiter. Ein 1992 durchgeführtes Heilverfahren wurde mit der Entlassung als arbeitsfähig und der Leistungsbeurteilung eines vollschichtigen Leistungsvermögens für mittelschwere Tätigkeiten abgeschlossen. Im Jahr 1993 endete eine Berufsfindung und Arbeitserprobung mit dem Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen und einer Umschulungsmöglichkeit zum Beispiel für die Tätigkeit eines Büropraktikers (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Unterlagen in der Reha-Akte Bezug genommen). Zuletzt nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit als Gastwirt auf.
Nach Ablehnung eines ersten, im Juli 1996 gestellten Rentenantrags beantragte er am 3.3.2004 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die von der Beklagten veranlasste orthopädische Begutachtung (Gutachten des Arztes G. vom 24.4.2004) erbrachte ein chronisches Zervikalsyndrom, eine chronische Dorsolumbalgie bei erheblicher Kyphoskoliose, ein Dysmeliesyndrom beider oberer Extremitäten, links mehr als rechts, mit erheblicher Störung der Handfunktion links durch Thalidomid-Schaden, eine Omarthrose links nach Humeruskopffraktur, ein Supraspinatussehnensyndrom rechts sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits. Leichte Tätigkeiten z. B. als Büroangestellter, Pförtner oder Telefonist könnten noch mindestens sechs Stunden am Tag verrichtet werden.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13.5.2004 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2.8.2004 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 30.8.2004 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat den behandelnden Orthopäden Dr. A. als sachverständigen Zeugen befragt, der in seinem Bericht vom 15.10.2004 wegen erheblicher Störungen des Stütz- und Bewegungsapparates kein mehr als halbschichtiges Leistungsvermögen angenommen hat.
Sodann hat der das SG Beweis erhoben durch Einholung des orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. B. vom 23.2.2005. Dieser hat ein Dysmeliesyndrom beider oberer Extremitäten, links wesentlich ausgeprägter als rechts, bei Thalidomid-Schädigung mit ausgeprägter Hypoplasie der linken oberen Extremität und hochgradiger Funktionseinschränkung der linken Hand sowie geringer Funktionseinschränkung der rechten Hand, ein chronisches zervikales, thorakales und lumbales Wirbelsäulensyndrom, eine Wirbelsäulenfehlstatik im Sinne einer deutlichen Kyphoskoliose mit konsekutiver geringgradiger Thoraxdeformität als sekundäre Folge der links betonten Dysmelie sowie als Folge abgelaufener juveniler Aufbaustörungen, eine hochgradige Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks mit posttraumatischer Omarthrose, Rotatorenmanschettenruptur und Tendinosis calcarea bei Zustand nach Schulterluxationen und Humeruskopffraktur sowie vorbestehender erheblicher Dysplasie des Glenoids im Rahmen des Dysmeliesyndroms, eine mäßige Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks bei partieller Rotatorenmanschettenläsion und Tendinosis calcarea sowie vorbestehender erheblicher Hypoplasie des Glenoids im Rahmen des Dysmeliesyndroms, eine initiale Coxarthrose beidseits noch ohne Funktionseinschränkung der Hüftgelenke, eine Chondropathia patellae beidseits ohne Funktionseinschränkung der Kniegelenke bei beidseitiger Patelladysplasie sowie einen Spreizfuß beidseits ohne Funktionseinschränkung diagnostiziert. Führend für die Beurteilung des Leistungsvermögens sei das schwere Dysmeliesyndrom. Es bestehe eine ausgeprägte Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks und eine erhebliche Funktionseinschränkung im linken Ellbogengelenk. Das Hauptproblem sei jedoch die weitgehende Funktionsuntüchtigkeit der linken Hand, die diese als Arbeitsinstrument weitgehend wertlos mache. Die linke Hand könne somit lediglich als Beihand eingesetzt werden. Die Mehrbelastung der rechten oberen Extremität habe zu deren vorzeitigem Verschleiß und einer entsprechenden Funktionseinschränkung geführt, die praktisch sämtliche Freiheitsgrade betreffe. Insoweit und hinsichtlich der sonografischen Befunde beider Schulterngelenke sei im Vergleich zum Vorgutachten eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Gleiches gelte auch hinsichtlich der Feststellungen im Entlassungsbericht. Die im Vergleich zu den früheren Befunden jetzt eindeutig schlechtere Funktion des rechten Schultegelenkes und die integrierende Gesamtschau der körperlichen Behinderungen und Leistungsbeeinträchtigungen - nicht jedoch die gesundheitlichen Störungen im Bereich des Achsenorgans und der unteren Extremitäten für sich betrachtet - führten nach seiner Auffassung dazu, dass auch das quantitative Leistungsvermögen eingeschränkt sei. Es bestehe nur noch ein drei bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen auch für Tätigkeiten eines Pförtners oder Bürohelfers. Schwere und mittelschwere Tätigkeiten sowie Tätigkeiten, die die volle Funktionalität der Arme und Hände erforderten, schieden von vornherein aus. Entscheidend sei, dass zur weitgehenden Gebrauchsuntüchtigkeit der linken oberen Extremität jetzt auch noch Störungen der rechten oberen Extremität hinzugetreten seien.
Dieser Leistungseinschätzung ist die Beklagte unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 10.3.2005 entgegengetreten (zur näheren Fehlstellung der Einzelheiten wird auf Blatt 94/96 der SG-Akte verwiesen), woraufhin der Sachverständige in einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 8.5.2005 wiederum im Wesentlichen unter Hinweis auf die Befundveränderungen im Bereich der oberen Extremitäten an seiner Leistungseinschätzung festgehalten hat.
Hierzu hat die Beklagte eine weitere ärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 9.6.2005 sowie eine Stellungnahme des Orthopäden Dr. K. vom 3.8.2005 vorgelegt (Blatt 110/115 der SG-Akte), zu denen Dr. B. unter dem 3.10.2005 nochmals ergänzend Stellung genommen und an einer zeitlichen Leistungseinschränkung auch im Rahmen einer Tätigkeit als Pförtner festgehalten hat. Er sei der Auffassung, dass auch im Rahmen einer Pförtnertätigkeit eine ausreichende Funktionalität der Hände unabdingbar sei. Dr. K. ist dem in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 9.11.2005 entgegengetreten.
Das SG hat die Beklagte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.2.2006 durch Urteil vom selben Tag unter Aufhebung ihrer Bescheide kostenpflichtig verurteilt, dem Kläger ab dem 1.5.2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab dem 1.11.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31.10.2007 zu gewähren.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften entschieden, dass der Kläger auch leichte körperliche Tätigkeiten nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten könne. Die Leistungseinschätzung von Dr. B. sei schlüssig und nachvollziehbar. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 9.3.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.3.2006 Berufung eingelegt, mit der sie sich gestützt auf eine Entscheidung des erkennenden Senats zur Zumutbarkeit von Pförtnertätigkeiten im Besucherempfang, der Schlüsselverwaltung oder der Personenaufsichtskontrolle bei Beschränkungen der Gebrauchsfähigkeit der Hände und faktischer Einarmigkeit gegen die Verurteilung gewendet hat.
Der Senat hat als weitere in Betracht kommende Verweisungstätigkeit die eines Museumswärters in das Verfahren eingeführt und hat im Hinblick auf zuletzt vom Kläger vorgebrachte psychische Befunde Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. T. vom 9.11.2006. Leistungseinschränkende Befunde auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sind anlässlich der Begutachtung nicht erhoben worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ist zur von der Beklagten angeführten Pförtnertätigkeit der Auffassung, dass es sich hierbei um Schonarbeitsplätze handle, die dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden. Im Übrigen müsse er aufgrund seiner Wirbelsäulenbelastung oft aufstehen und umhergehen, weshalb ein dauernder Aufenthalt in einem kleinen Pförtnerhäuschen nicht möglich sei. Arbeitsplätze als Museumswärter gebe es in dem von ihm erreichbaren Umkreis nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und in der Sache begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil er zur Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, z. B. eine Pförtnertätigkeit mindestens sechs Stunden am Tag zu verrichten. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung sind damit nicht erfüllt.
Wegen der für die Gewährung einer solchen Rente erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und die Begründung der streitgegenständlichen Bescheide Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Für die Überzeugung des Senats ist neben den Einschätzungen des Arztes G. sowie von Dr. K. und Dr. H. zunächst maßgebend, dass orthopädischen Befunden in aller Regel bereits durch die Einhaltung qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden kann. Lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen kann die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung gerechtfertigt sein. Unter Berücksichtigung von Art und Umfang der hier zu beurteilenden Befunde ist der Senat vom Vorliegen eines solchen Falles nicht überzeugt.
Denn vorliegend wird das berufliche Restleistungsvermögen des Klägers eindeutig geprägt von den von Dr. B. festgestellten und zwischen den Beteiligten im Wesentlichen auch nicht streitigen Veränderungen im Bereich beider oberer Extremitäten mit einem aufgehobenen Einsatzvermögen der linken Hand. Die weiteren bei dem Kläger vorliegenden orthopädischen Befunde sind demgegenüber auch nach Auffassung von Dr. B. für sich allein nicht zeitlich leistungseinschränkend. Weitere leistungseinschränkende - psychische - Befunde liegen unter Berücksichtigung der Feststellungen im Sachverständigengutachten von Prof. Dr. T. nicht vor.
Im Bereich von leichten körperlichen Tätigkeiten, die in qualitativer Hinsicht auf - auch erhebliche - Leistungseinschränkungen im Bereich der oberen Extremitäten Rücksicht nehmen, ist für eine zeitliche Leistungseinschränkung bei Befunden der hier vorliegenden Art kein Raum. Warum der Kläger im Bereich solcher Tätigkeiten zwar noch unter sechs Stunden, nicht aber mehr als sechs Stunden täglich arbeiten können soll, wird auch von Dr. B. nicht näher begründet. Soweit Dr. B. darauf abhebt, dass z. B. im Rahmen einer Pförtnertätigkeit die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände notwendig sei, und er daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung ableitet, geht dies fehl. Zum einen ist im Rahmen einer Pförtnertätigkeit die volle Gebrauchsfähigkeit beider oberer Extremitäten gerade nicht erforderlich und zum anderen würde ein entsprechendes Erfordernis nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen, sondern zur qualitativen Unzumutbarkeit einer solchen Tätigkeit.
Entsprechende Pförtnertätigkeiten sind im Lohngruppenverzeichnis i.d.F. des Änderungstarifver¬trages Nr. 11 vom 22.3.1991 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder II der Lohngruppe 2 (Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist - Ziff. 1.9) zugeordnet.
Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitar¬beiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätig¬keit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden (lässt damit einen Haltungswechsel nach freiem Belieben weitgehend zu) und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommu¬nikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Der Kläger könnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist. Pförtnertätigkeiten eignen sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats gerade auch für Personen, deren obere Extremitäten Funktionsbeeinträchtigungen aufweisen oder deren Hebe- und Tragefähigkeit aus anderen Gründen eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -, gestützt auf entsprechende berufskundliche Feststellungen des - damaligen - Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg). Es gibt nach Feststellungen des Berufsverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. sogar Tätigkeiten im Pfortenbereich, die lediglich im Sitzen ausgeführt werden können und bei denen der Pförtner nur auf ein Klingelzeichen hin die Tür öffnen muss. Der Senat entscheidet deshalb in ständiger Rechtsprechung, dass selbst eine erhebliche Beeinträchtigung beider oberer Extremitäten infolge von Beschwerden im Bereich der Schultergelenke mit einer dadurch bedingten eingeschränkten Beweglichkeit und der Unfähigkeit, Lasten von mindestens 5 kg zu heben oder zu tragen, ihrer Art nach selbst bei Eintritt einer Verschlimmerung einer Pförtnertätigkeit der beschriebenen Art nicht entgegensteht (Urteil des erkennenden Senats vom 28.1.2004 - L 3 RJ 1120/03 -). An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht über die für die Tätigkeit als Pförtner notwendige Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit verfügt, sind aufgrund des Gesamt¬ergebnisses des Verfahrens nicht ersichtlich.
Arbeitsplätze als Pförtner sind - entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vor¬handen und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern wer¬den auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Ba¬den-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -).
Eine vom Senat durchgeführte und in die mündliche Verhandlung eingeführte Abfrage der von der Bundesagentur für Arbeit erteilten Berufinformationen (berufenet, Datenstand: 14.1.2007) hat ergeben, dass diese berufskundlichen Ausführungen nach wie vor aktuell sind. So haben Pförtnertätigkeiten danach je nach Art des Betriebes oder der Behörde unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Pförtner verwalten z. B. auch Schlüssel und Schließanlagen, führen Aufzeichnungen, nehmen Postsendungen an und leiten sie sortiert zur Verteilung weiter. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Zu ihren Aufgaben gehören zum Teil auch der Telefondienst und das Aushändigen von Formularen. Die Suche nach Stellenangeboten hat ein mehrseitiges Ergebnis erbracht. Allein auf Seite 1 fanden sich 7 Angebote mit der Berufsbezeichnung "Pförtner/Pförtnerin".
Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -).
Lediglich hilfsweise und ohne Entscheidungsrelevanz für den vorliegenden Fall (weil bereits die Pförtnertätigkeit zumutbar ist) ist der Senat der Auffassung, dass dem Restleistungsvermögen des Klägers auch durch die Verweisung auf die Tätigkeit einer Museumsaufsicht Rechnung getragen werden könnte.
Denn Museumswärter bzw. Museumsaufsichten sind Ordnungshüter in von Publikum besuchten Museen und Sammlungen. Ihnen obliegt die Bewachung und der Schutz des ihnen anvertrauten Gutes vor Diebstahl, Beschädigung und Missbrauch. Sie sorgen für Ruhe in den Sammlungsräumen und führen Kontrollgänge durch. Weit überwiegend haben entsprechende Stelleninhaber reine Aufsichtstätigkeiten zu verrichten und lediglich gelegentlich und im Bedarfsfall haben sie Besuchern Auskunft zu erteilen, geben ihnen Hinweise und spre¬chen Belehrungen aus. Entsprechende Arbeitsplätze stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zur Verfügung und es handelt sich dabei nicht um sogenannte Schon¬arbeitsplätze, die ausschließlich leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten sind (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 13.6.2001 - L 3 RJ 5075/00 - und zur Zumut¬barkeit dieser Tätigkeit gerade bei nicht vorliegender voller Gebrauchsfähigkeit beider Hände [für den Fall eines Rechtshänders, dem die rechte Hand und ein Teil des Unterarms amputiert wurde] LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Bezüglich der genannten Verweisungstätigkeit eines Museumswärters ist es nicht entscheidend, ob es in dem für den Kläger erreichbaren Umkreis entsprechende Museen gibt, sondern ob es bundesweit entsprechende Stellen gibt. Wird der zumutbare Vergleichsberuf an mehr als 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt, liegt kein so genannter Seltenheitsfall vor (BSGE 78, 207).
Der Senat hat sich nicht veranlasst gesehen, von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen. Die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen sind insbesondere im orthopädischen Sachverständigengutachten von Dr. B. hinreichend beschrieben. Fest steht auch das z. B. für eine Pförtnertätigkeit erforderliche Anforderungsprofil. Ob mit den beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen diesem Anforderungsprofil Rechnung getragen werden kann, ist vom Senat zu entscheiden.
Der vom Kläger gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG war abzulehnen. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2007 unter Darstellung der Gründe für die fehlende Veranlassung, von Amts wegen weiter zu ermitteln, die Einholung eines solchen Sachverständigengutachtens von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht. Nachdem der nach seinen Angaben nicht sozialhilfeberechtigte Kläger allerdings erklärt hat, den Kostenvorschuss selbst nicht aufbringen zu können, und wegen fehlender Sozialhilfeberechtigung nicht zu erwarten ist, dass der Kostenvorschuss von der Sozialbehörde übernommen wird, musste die Einholung des Gutachtens unterbleiben. Vor dem Hintergrund der vom Kläger eingeräumten Zahlungsunfähigkeit bedurfte es der Setzung einer angemessenen Zahlungsfrist nicht (zur Nichteinholung eines Gutachtens bei Nichtzahlung eines Vorschusses vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., Rdnr. 14a zu § 109).
Im Ergebnis war daher das zusprechende Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene, contergangeschädigte Kläger hat keinen Beruf erlernt. Versicherungspflichtig beschäftigt war er zuletzt als Betriebsfahrer und Hilfsarbeiter. Ein 1992 durchgeführtes Heilverfahren wurde mit der Entlassung als arbeitsfähig und der Leistungsbeurteilung eines vollschichtigen Leistungsvermögens für mittelschwere Tätigkeiten abgeschlossen. Im Jahr 1993 endete eine Berufsfindung und Arbeitserprobung mit dem Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen und einer Umschulungsmöglichkeit zum Beispiel für die Tätigkeit eines Büropraktikers (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf die entsprechenden Unterlagen in der Reha-Akte Bezug genommen). Zuletzt nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit als Gastwirt auf.
Nach Ablehnung eines ersten, im Juli 1996 gestellten Rentenantrags beantragte er am 3.3.2004 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die von der Beklagten veranlasste orthopädische Begutachtung (Gutachten des Arztes G. vom 24.4.2004) erbrachte ein chronisches Zervikalsyndrom, eine chronische Dorsolumbalgie bei erheblicher Kyphoskoliose, ein Dysmeliesyndrom beider oberer Extremitäten, links mehr als rechts, mit erheblicher Störung der Handfunktion links durch Thalidomid-Schaden, eine Omarthrose links nach Humeruskopffraktur, ein Supraspinatussehnensyndrom rechts sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits. Leichte Tätigkeiten z. B. als Büroangestellter, Pförtner oder Telefonist könnten noch mindestens sechs Stunden am Tag verrichtet werden.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13.5.2004 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2.8.2004 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 30.8.2004 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat den behandelnden Orthopäden Dr. A. als sachverständigen Zeugen befragt, der in seinem Bericht vom 15.10.2004 wegen erheblicher Störungen des Stütz- und Bewegungsapparates kein mehr als halbschichtiges Leistungsvermögen angenommen hat.
Sodann hat der das SG Beweis erhoben durch Einholung des orthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. B. vom 23.2.2005. Dieser hat ein Dysmeliesyndrom beider oberer Extremitäten, links wesentlich ausgeprägter als rechts, bei Thalidomid-Schädigung mit ausgeprägter Hypoplasie der linken oberen Extremität und hochgradiger Funktionseinschränkung der linken Hand sowie geringer Funktionseinschränkung der rechten Hand, ein chronisches zervikales, thorakales und lumbales Wirbelsäulensyndrom, eine Wirbelsäulenfehlstatik im Sinne einer deutlichen Kyphoskoliose mit konsekutiver geringgradiger Thoraxdeformität als sekundäre Folge der links betonten Dysmelie sowie als Folge abgelaufener juveniler Aufbaustörungen, eine hochgradige Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks mit posttraumatischer Omarthrose, Rotatorenmanschettenruptur und Tendinosis calcarea bei Zustand nach Schulterluxationen und Humeruskopffraktur sowie vorbestehender erheblicher Dysplasie des Glenoids im Rahmen des Dysmeliesyndroms, eine mäßige Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks bei partieller Rotatorenmanschettenläsion und Tendinosis calcarea sowie vorbestehender erheblicher Hypoplasie des Glenoids im Rahmen des Dysmeliesyndroms, eine initiale Coxarthrose beidseits noch ohne Funktionseinschränkung der Hüftgelenke, eine Chondropathia patellae beidseits ohne Funktionseinschränkung der Kniegelenke bei beidseitiger Patelladysplasie sowie einen Spreizfuß beidseits ohne Funktionseinschränkung diagnostiziert. Führend für die Beurteilung des Leistungsvermögens sei das schwere Dysmeliesyndrom. Es bestehe eine ausgeprägte Funktionseinschränkung des linken Schultergelenks und eine erhebliche Funktionseinschränkung im linken Ellbogengelenk. Das Hauptproblem sei jedoch die weitgehende Funktionsuntüchtigkeit der linken Hand, die diese als Arbeitsinstrument weitgehend wertlos mache. Die linke Hand könne somit lediglich als Beihand eingesetzt werden. Die Mehrbelastung der rechten oberen Extremität habe zu deren vorzeitigem Verschleiß und einer entsprechenden Funktionseinschränkung geführt, die praktisch sämtliche Freiheitsgrade betreffe. Insoweit und hinsichtlich der sonografischen Befunde beider Schulterngelenke sei im Vergleich zum Vorgutachten eine deutliche Verschlechterung eingetreten. Gleiches gelte auch hinsichtlich der Feststellungen im Entlassungsbericht. Die im Vergleich zu den früheren Befunden jetzt eindeutig schlechtere Funktion des rechten Schultegelenkes und die integrierende Gesamtschau der körperlichen Behinderungen und Leistungsbeeinträchtigungen - nicht jedoch die gesundheitlichen Störungen im Bereich des Achsenorgans und der unteren Extremitäten für sich betrachtet - führten nach seiner Auffassung dazu, dass auch das quantitative Leistungsvermögen eingeschränkt sei. Es bestehe nur noch ein drei bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen auch für Tätigkeiten eines Pförtners oder Bürohelfers. Schwere und mittelschwere Tätigkeiten sowie Tätigkeiten, die die volle Funktionalität der Arme und Hände erforderten, schieden von vornherein aus. Entscheidend sei, dass zur weitgehenden Gebrauchsuntüchtigkeit der linken oberen Extremität jetzt auch noch Störungen der rechten oberen Extremität hinzugetreten seien.
Dieser Leistungseinschätzung ist die Beklagte unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 10.3.2005 entgegengetreten (zur näheren Fehlstellung der Einzelheiten wird auf Blatt 94/96 der SG-Akte verwiesen), woraufhin der Sachverständige in einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 8.5.2005 wiederum im Wesentlichen unter Hinweis auf die Befundveränderungen im Bereich der oberen Extremitäten an seiner Leistungseinschätzung festgehalten hat.
Hierzu hat die Beklagte eine weitere ärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 9.6.2005 sowie eine Stellungnahme des Orthopäden Dr. K. vom 3.8.2005 vorgelegt (Blatt 110/115 der SG-Akte), zu denen Dr. B. unter dem 3.10.2005 nochmals ergänzend Stellung genommen und an einer zeitlichen Leistungseinschränkung auch im Rahmen einer Tätigkeit als Pförtner festgehalten hat. Er sei der Auffassung, dass auch im Rahmen einer Pförtnertätigkeit eine ausreichende Funktionalität der Hände unabdingbar sei. Dr. K. ist dem in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 9.11.2005 entgegengetreten.
Das SG hat die Beklagte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.2.2006 durch Urteil vom selben Tag unter Aufhebung ihrer Bescheide kostenpflichtig verurteilt, dem Kläger ab dem 1.5.2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab dem 1.11.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31.10.2007 zu gewähren.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften entschieden, dass der Kläger auch leichte körperliche Tätigkeiten nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten könne. Die Leistungseinschätzung von Dr. B. sei schlüssig und nachvollziehbar. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 9.3.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.3.2006 Berufung eingelegt, mit der sie sich gestützt auf eine Entscheidung des erkennenden Senats zur Zumutbarkeit von Pförtnertätigkeiten im Besucherempfang, der Schlüsselverwaltung oder der Personenaufsichtskontrolle bei Beschränkungen der Gebrauchsfähigkeit der Hände und faktischer Einarmigkeit gegen die Verurteilung gewendet hat.
Der Senat hat als weitere in Betracht kommende Verweisungstätigkeit die eines Museumswärters in das Verfahren eingeführt und hat im Hinblick auf zuletzt vom Kläger vorgebrachte psychische Befunde Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. T. vom 9.11.2006. Leistungseinschränkende Befunde auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sind anlässlich der Begutachtung nicht erhoben worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ist zur von der Beklagten angeführten Pförtnertätigkeit der Auffassung, dass es sich hierbei um Schonarbeitsplätze handle, die dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stünden. Im Übrigen müsse er aufgrund seiner Wirbelsäulenbelastung oft aufstehen und umhergehen, weshalb ein dauernder Aufenthalt in einem kleinen Pförtnerhäuschen nicht möglich sei. Arbeitsplätze als Museumswärter gebe es in dem von ihm erreichbaren Umkreis nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und in der Sache begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil er zur Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, z. B. eine Pförtnertätigkeit mindestens sechs Stunden am Tag zu verrichten. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung sind damit nicht erfüllt.
Wegen der für die Gewährung einer solchen Rente erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und die Begründung der streitgegenständlichen Bescheide Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Für die Überzeugung des Senats ist neben den Einschätzungen des Arztes G. sowie von Dr. K. und Dr. H. zunächst maßgebend, dass orthopädischen Befunden in aller Regel bereits durch die Einhaltung qualitativer Einschränkungen Rechnung getragen werden kann. Lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen kann die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung gerechtfertigt sein. Unter Berücksichtigung von Art und Umfang der hier zu beurteilenden Befunde ist der Senat vom Vorliegen eines solchen Falles nicht überzeugt.
Denn vorliegend wird das berufliche Restleistungsvermögen des Klägers eindeutig geprägt von den von Dr. B. festgestellten und zwischen den Beteiligten im Wesentlichen auch nicht streitigen Veränderungen im Bereich beider oberer Extremitäten mit einem aufgehobenen Einsatzvermögen der linken Hand. Die weiteren bei dem Kläger vorliegenden orthopädischen Befunde sind demgegenüber auch nach Auffassung von Dr. B. für sich allein nicht zeitlich leistungseinschränkend. Weitere leistungseinschränkende - psychische - Befunde liegen unter Berücksichtigung der Feststellungen im Sachverständigengutachten von Prof. Dr. T. nicht vor.
Im Bereich von leichten körperlichen Tätigkeiten, die in qualitativer Hinsicht auf - auch erhebliche - Leistungseinschränkungen im Bereich der oberen Extremitäten Rücksicht nehmen, ist für eine zeitliche Leistungseinschränkung bei Befunden der hier vorliegenden Art kein Raum. Warum der Kläger im Bereich solcher Tätigkeiten zwar noch unter sechs Stunden, nicht aber mehr als sechs Stunden täglich arbeiten können soll, wird auch von Dr. B. nicht näher begründet. Soweit Dr. B. darauf abhebt, dass z. B. im Rahmen einer Pförtnertätigkeit die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände notwendig sei, und er daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung ableitet, geht dies fehl. Zum einen ist im Rahmen einer Pförtnertätigkeit die volle Gebrauchsfähigkeit beider oberer Extremitäten gerade nicht erforderlich und zum anderen würde ein entsprechendes Erfordernis nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen, sondern zur qualitativen Unzumutbarkeit einer solchen Tätigkeit.
Entsprechende Pförtnertätigkeiten sind im Lohngruppenverzeichnis i.d.F. des Änderungstarifver¬trages Nr. 11 vom 22.3.1991 des Manteltarifvertrags für Arbeiterinnen und Arbeiter der Länder II der Lohngruppe 2 (Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist - Ziff. 1.9) zugeordnet.
Der Pförtner an der Nebenpforte hat insbesondere bekannte Fahrzeuge der Firma bzw. Mitar¬beiter passieren zu lassen (vgl. BSG vom 22.10.1996 - 13 RJ 35/95 - und Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25.6.1997 - L 2 J 3307/96 -). Die Tätig¬keit des Pförtners an der Nebenpforte kann im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt werden (lässt damit einen Haltungswechsel nach freiem Belieben weitgehend zu) und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Tätigkeiten eines Pförtners an der Nebenpforte erfordern auch keine besonderen sprachlichen Anforderungen an das Kommu¬nikationsvermögen.
Pförtnertätigkeiten kommen darüber hinaus in den unterschiedlichsten Ausprägungen vor. Der Kläger könnte deshalb in einem Bereich eingesetzt werden, der nicht in erster Linie durch Publikumsverkehr geprägt ist. Pförtnertätigkeiten eignen sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats gerade auch für Personen, deren obere Extremitäten Funktionsbeeinträchtigungen aufweisen oder deren Hebe- und Tragefähigkeit aus anderen Gründen eingeschränkt ist, weil derartige Einschränkungen sich - je nach konkretem Arbeitsplatz - berücksichtigen lassen (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -, gestützt auf entsprechende berufskundliche Feststellungen des - damaligen - Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg). Es gibt nach Feststellungen des Berufsverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. sogar Tätigkeiten im Pfortenbereich, die lediglich im Sitzen ausgeführt werden können und bei denen der Pförtner nur auf ein Klingelzeichen hin die Tür öffnen muss. Der Senat entscheidet deshalb in ständiger Rechtsprechung, dass selbst eine erhebliche Beeinträchtigung beider oberer Extremitäten infolge von Beschwerden im Bereich der Schultergelenke mit einer dadurch bedingten eingeschränkten Beweglichkeit und der Unfähigkeit, Lasten von mindestens 5 kg zu heben oder zu tragen, ihrer Art nach selbst bei Eintritt einer Verschlimmerung einer Pförtnertätigkeit der beschriebenen Art nicht entgegensteht (Urteil des erkennenden Senats vom 28.1.2004 - L 3 RJ 1120/03 -). An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht über die für die Tätigkeit als Pförtner notwendige Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit verfügt, sind aufgrund des Gesamt¬ergebnisses des Verfahrens nicht ersichtlich.
Arbeitsplätze als Pförtner sind - entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung - auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vor¬handen und sind nicht nur leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten, sondern wer¬den auch mit Bewerbern vom freien Arbeitsmarkt besetzt (vgl. Urteil des 8. Senats des LSG Ba¬den-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -).
Eine vom Senat durchgeführte und in die mündliche Verhandlung eingeführte Abfrage der von der Bundesagentur für Arbeit erteilten Berufinformationen (berufenet, Datenstand: 14.1.2007) hat ergeben, dass diese berufskundlichen Ausführungen nach wie vor aktuell sind. So haben Pförtnertätigkeiten danach je nach Art des Betriebes oder der Behörde unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Pförtner verwalten z. B. auch Schlüssel und Schließanlagen, führen Aufzeichnungen, nehmen Postsendungen an und leiten sie sortiert zur Verteilung weiter. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Zu ihren Aufgaben gehören zum Teil auch der Telefondienst und das Aushändigen von Formularen. Die Suche nach Stellenangeboten hat ein mehrseitiges Ergebnis erbracht. Allein auf Seite 1 fanden sich 7 Angebote mit der Berufsbezeichnung "Pförtner/Pförtnerin".
Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass der Kläger möglicherweise keinen geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und vom 21.7.1992 - 3 RA 13/91 -).
Lediglich hilfsweise und ohne Entscheidungsrelevanz für den vorliegenden Fall (weil bereits die Pförtnertätigkeit zumutbar ist) ist der Senat der Auffassung, dass dem Restleistungsvermögen des Klägers auch durch die Verweisung auf die Tätigkeit einer Museumsaufsicht Rechnung getragen werden könnte.
Denn Museumswärter bzw. Museumsaufsichten sind Ordnungshüter in von Publikum besuchten Museen und Sammlungen. Ihnen obliegt die Bewachung und der Schutz des ihnen anvertrauten Gutes vor Diebstahl, Beschädigung und Missbrauch. Sie sorgen für Ruhe in den Sammlungsräumen und führen Kontrollgänge durch. Weit überwiegend haben entsprechende Stelleninhaber reine Aufsichtstätigkeiten zu verrichten und lediglich gelegentlich und im Bedarfsfall haben sie Besuchern Auskunft zu erteilen, geben ihnen Hinweise und spre¬chen Belehrungen aus. Entsprechende Arbeitsplätze stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang zur Verfügung und es handelt sich dabei nicht um sogenannte Schon¬arbeitsplätze, die ausschließlich leistungsgeminderten Betriebsangehörigen vorbehalten sind (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 13.6.2001 - L 3 RJ 5075/00 - und zur Zumut¬barkeit dieser Tätigkeit gerade bei nicht vorliegender voller Gebrauchsfähigkeit beider Hände [für den Fall eines Rechtshänders, dem die rechte Hand und ein Teil des Unterarms amputiert wurde] LSG Baden-Württemberg vom 17.10.1997 - L 8 J 262/97 -). Bezüglich der genannten Verweisungstätigkeit eines Museumswärters ist es nicht entscheidend, ob es in dem für den Kläger erreichbaren Umkreis entsprechende Museen gibt, sondern ob es bundesweit entsprechende Stellen gibt. Wird der zumutbare Vergleichsberuf an mehr als 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt, liegt kein so genannter Seltenheitsfall vor (BSGE 78, 207).
Der Senat hat sich nicht veranlasst gesehen, von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen. Die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen sind insbesondere im orthopädischen Sachverständigengutachten von Dr. B. hinreichend beschrieben. Fest steht auch das z. B. für eine Pförtnertätigkeit erforderliche Anforderungsprofil. Ob mit den beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen diesem Anforderungsprofil Rechnung getragen werden kann, ist vom Senat zu entscheiden.
Der vom Kläger gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG war abzulehnen. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2007 unter Darstellung der Gründe für die fehlende Veranlassung, von Amts wegen weiter zu ermitteln, die Einholung eines solchen Sachverständigengutachtens von der Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht. Nachdem der nach seinen Angaben nicht sozialhilfeberechtigte Kläger allerdings erklärt hat, den Kostenvorschuss selbst nicht aufbringen zu können, und wegen fehlender Sozialhilfeberechtigung nicht zu erwarten ist, dass der Kostenvorschuss von der Sozialbehörde übernommen wird, musste die Einholung des Gutachtens unterbleiben. Vor dem Hintergrund der vom Kläger eingeräumten Zahlungsunfähigkeit bedurfte es der Setzung einer angemessenen Zahlungsfrist nicht (zur Nichteinholung eines Gutachtens bei Nichtzahlung eines Vorschusses vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., Rdnr. 14a zu § 109).
Im Ergebnis war daher das zusprechende Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved