Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 05421/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3172/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Erhöhung der Fallpunktzahl bei den sogenannten "Freien Leistungen" in den Abrechnungen der Quartale 1/00 bis 1/01.
Der Kläger ist als Frauenarzt in M. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist als Belegarzt am Krankenhaus M. tätig. Die Beklagte setzte die Vergütung des Klägers für das Quartal 1/00 auf DM 82.460,61 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 12.7.2000), für das Quartal 2/00 auf DM 73.025,53 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 13.10.2000), für das Quartal 3/00 auf DM 71.906,11 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 11.1.2001), für das Quartal 4/00 auf DM 73.755,68 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 9.4.2001) und für das Quartal 1/01 auf DM 72.973,41 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 16.7.2001) fest.
In den streitigen Quartalen hatten der Kläger und die Arztgruppe der Frauenärzte folgende Fallzahlen:
Quartal ambulant stationär Kläger Frauenärzte Kläger Frauenärzte 1/00 864 1814 24 81 2/00 896 1725 17 83 3/00 853 1739 24 79 4/00 909 1801 23 82 1/01 916 1817 24 88
Für die von der Anrechnung auf Praxisbudgets ausgenommen Leistungen (sog. Freie Leistungen) hatte die Beklagte bis einschließlich zum Quartal 1/02 in Nr. 2.4 der Anlage 1 zum HVM einen gesonderten Honorartopf gebildet. Die Verteilung der für diesen Honorartopf zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung erfolgte bis einschließlich zum Quartal 1/02 nach den Regelungen in Nr. 4.4 der Anlage 1 zum HVM. Diese Regelungen hatten folgenden Wortlaut:
Nr. 2.4 Freie Leistungen bei budgetierten Arztgruppen Anteil der Gesamtvergütung, der (bei den von der Praxisbudgetierung betroffenen Arztgruppen) auf die nach den Allgemeinen Bestimmungen (EBM) A I Teil B Nrn. 1.1 und 5 nicht von der Budgetierung betroffenen Leistungen - so weit sie nicht dem Anteil nach Nr. 2.2 zuzuordnen sind - entfällt, einschließlich der nach den Allgemeinen Bestimmungen (EBM) A I Teil B Nr. 1.4 nicht budgetrelevanten Fällen und Leistungen
Nr. 4.4 Bei den Freien Leistungen der budgetierten Arztgruppen wird wie folgt verfahren:
Nr. 4.4.1 Je Vertragsarztpraxis wird ein arithmetischer Mittelwert für die je Behandlungsfall anerkannten Punktzahlen (ohne DM-Werte) für Freie Leistungen aus den Quartalen des Jahres 1996 (Fallpunktzahl) berechnet; Berichtigungen der Honoraranforderungen nach Erstellung des Honorarbescheides aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Qualitätssicherung und Prüfungen auf rechnerisch/sachliche Richtigkeit bis zu jeweils 10.000 Punkten bleiben bei der Feststellung der anerkannten Punktzahlen unberücksichtigt. Aus der Multiplikation der Fallpunktzahl mit den Behandlungsfällen des jeweils aktuellen Quartals ergibt sich die Punktzahlgrenze für Freie Leistungen je Vertragsarztpraxis. Darüber hinausgehende Punktzahlanforderungen werden nicht anerkannt. Über Besonderheiten bzw. Ausnahmen wie Anträge auf Härtefälle und anzuerkennende dynamische Entwicklungen entscheidet der Vorstand der KV NW im Einzelfall.
Bei der Ermittlung der Fallpunktzahl nach Satz 1 bleiben die Leistungen nach den EBM-Nrn. 155, 168 und 4951 unberücksichtigt. Für diese Leistungen erfolgt eine eigenständige Ermittlung der Fallpunktzahl; diese Fallpunktzahl wird um 10 v.H. reduziert. Die sich für die übrigen Leistungen ergebende Fallpunktzahl wird um 20 v.H. reduziert. Die Reduzierungen erfolgen in Anlehnung an die Systematik der Anlage 3 der Allgemeinen Bestimmungen (EBM) A I. Teil B. Die nach Satz 2 zugrunde zu legende Fallpunktzahl wird durch Addition der beiden Fallpunktzahlen ermittelt ... Nr. 4.4.7 Der Punktwert für die Freien Leistungen bei den budgetierten Arztgruppen ergibt sich durch Division des entsprechenden Gesamtvergütungsanteils durch die anerkannten Punktzahlen; der sich so ergebende Punktwert wird für die Verteilung zugrunde gelegt. DM-Werte werden vorweg abgezogen und wie anerkannt vergütet.
Des Weiteren enthielt Nr. 6 der Anlage 1 HVM (Auswirkungen der Einzelleistungsvergütung) folgende Regelung:
Nr. 6.2 Soweit in den Fallpunktzahlen der Praxis-/Zusatzbudgets bzw. Individualbudgets gemäß Nrn. 4.4.1 und 4.5.1 Leistungen enthalten sind, die nach den vertraglichen Regelungen als Einzelleistungen vergütet werden, erfolgt eine Bereinigung dieser Fallpunktzahlen unter Anwendung eines Einzelleistungs-Korrekturfaktors.
Auf Grund der Regelungen zu den Freien Leistungen bei den budgetierten Arztgruppen ermittelte die Beklagte eine individuelle Fallpunktzahl des Klägers für Freie Leistungen von 149,8 im Quartal 1/00 sowie von 150,1 in den Quartalen 2/00 bis 1/01. Von den bei den sogenannten Freien Leistungen angeforderten Punkten vergütete die Beklagte:
Quartal angeforderte Punkte vergütete Punkte 1/00 215.595 133.288,8 2/00 155.465 137.041,3 3/00 167.425 131.637,7 4/00 191.480 139.893,2 1/01 221.855 141.094,0
Gegen die Gesamthonorarabrechnungsbescheide erhob der Kläger jeweils Widerspruch. Unter Bezugnahme auf seine Widersprüche zu den vorangegangenen Quartalen machte er geltend, die Beklagte setze sich über Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) hinweg, indem sie belegärztliche Leistungen der Budgetierung unterwerfe. Er werde besonders benachteiligt, bezüglich seiner Belegarzttätigkeit, weil zur Festsetzung des Individualbudgets das belegungs- und abrechnungsmäßig schlechteste Quartal 3/98 herangezogen worden sei, sowie weil Einzelleistungen bei Fremdkassen - ca. ein Drittel seiner Patienten kämen aus anderen KV-Bezirken - im "roten Individualbudget" vergütet würden und die Leistungen im Fremdkassenbereich bei der Festsetzung des Individualbudgets überhaupt nicht berücksichtigt seien.
Der Vorstand der Beklagten schrieb dem Kläger in der Abrechnung des Quartales 1/00 12.067,4 Punkte, in der Abrechnung des Quartales 2/00 2.794,0 Punkte, in der Abrechnung des Quartales 3/00 29.929,3 Punkte, in der Abrechnung des Quartales 4/00 15.134,6 Punkte und in der Abrechnung des Quartales 1/01 15.565,7 Punkte gut. Im Übrigen wies er die Widersprüche des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 24.9.2001). Er vertrat die Auffassung, die Regelungen des HVM zu den Freien Leistungen seien rechtmäßig, verwies auf die bereits ergangenen Widerspruchsbescheide und führte weiter aus, es sei geprüft worden, in wie weit es in der Praxis des Klägers - insbesondere in dem Bereich der belegärztlichen Leistungen - durch die Budgetierung der Freien Leistungen zu einem Härtefall gekommen sei. Als Vergleichsquartale hätten die Quartale 3/96 bis 2/97, die vier Quartale vor Beginn der Budgetierung gedient. Der Fallwert bezogen auf die stationären Fälle liege nach der Budgetierung im Quartal 1/00 (2.865,2 Punkte) 31,9% unter dem Fallwert des Quartales 1/97 (4.210,0 Punkte), im Quartal 2/00 (2.406,5 Punkten) 25,1% unter dem Fallwert des Quartales 3/97 (3.213,6 Punkte), im Quartal 3/00 (2.474,6 Punkte) 46,8% unter dem Fallwert des Quartales 3/96 (4.652,1 Punkte), im Quartal 4/00 (2.817,6 Punkte) 35,1% unter dem Fallwert des Quartales 4/96 (4.344,5 Punkte) und im Quartal 1/01 (2.719,4 Punkte) 35,4% unter dem Fallwert des Quartales 1/97. Ein Härtefall liege dann vor, wenn der Fallwert in Punkten im Vergleich zum jeweiligen Referenzquartal deutlich mehr als 20% zurückgegangen sei. Dabei leite sich diese Grenze aus der Vorgabe der Anlage 1 zum HVM ab, nach der die für jede Praxis ermittelten Fallpunktzahlen generell um 20% abgesenkt würden. Anerkannt werde im jeweiligen Quartal der Fallwert für belegärztliche Fälle aus dem dazu gehörenden Referenzquartal abzüglich 20% entsprechend Nr. 4.4.1, Abs. 2 der Anlage 1 HVM.
Der Kläger hat am 23.10.2001 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Klage nicht begründet.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 24.7.2002 die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides abgewiesen. Die Begrenzung auch der Freien Leistungen durch Regelungen des HVM sei grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 26.7.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.8.2002 Berufung eingelegt. Er nimmt auf die Begründung seiner Berufungen in den am selben Tag mündlich verhandelten Verfahren Bezug. In diesen hat er unter Verweis auf die Begründung seiner Widersprüche geltend gemacht, seinen von ihm aufgezeigten Besonderheiten werde nicht Rechnung getragen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, als einzige KV die belegärztlichen Leistungen nicht außerhalb des Budgets zu vergüten. Im Quartal 3/98 habe er deutlich unterdurchschnittliche Belegzahlen aufgewiesen. Im Übrigen gebe die Zahl der belegärztlichen Abrechnungen keine Hinweise dafür, welchen Umfang seine Honoraransprüche in diesem jeweiligen Quartal annehmen würden. Auch der prozentuale Anteil der stationären Leistungen sei im Quartal 3/98 deutlich geringer als in den nachfolgenden Quartalen gewesen. Der Härtefall müsse dadurch richtigerweise berücksichtigt werden, dass die gesamten abgerechneten Honoraranforderungen erstattet würden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2002 aufzuheben und die Gesamthonorarabrechnungsbescheide vom 12. Juli 2000, 13. Oktober 2000, 11. Januar 2001, 9. April 2001 und 16. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2001 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, alle angeforderten Punkte zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Einbeziehung der belegärztlichen Leistungen für zulässig und nimmt Bezug auf den Widerspruchsbescheid.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Denn der Kläger strebt die Vergütung aller angeforderten Punkte an. Von den in den streitigen Quartalen bei den sogenannten Freien Leistungen angeforderten 951.820 Punkten sind 758.446 Punkte (682.955 Punkte zuzüglich 75.491 Punkte im Widerspruchsbescheid) vergütet, mithin 193.374 Punkte nicht vergütet worden. Bei einem durchschnittlichen Punktwert von 7 Pfennig entspricht dies einem Betrag von rund DM 13.500,00 bzw. rund EUR 6.900,00.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erhöhung der Fallpunktzahl der Freien Leistungen.
1.) Die Regelungen in Nr. 4.4 der Anlage 1 zum HVM der Beklagten zu den Freien Leistungen bei den budgetierten Arztgruppen, die im streitigen Quartal 3/99 noch Anwendung gefunden haben, sind rechtmäßig. Diese Regelungen halten sich im Rahmen der der Beklagten nach § 85 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) eingeräumten Befugnis, die Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte zu verteilen, und verletzen auch nicht das sich aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) herzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. Urteil des Senats vom 23.6.2001 - L 5 KA 442/99 -, MedR 2001, S. 589, bestätigt durch Urteil des BSG vom 11.9.2002 - B 6 KA 30/01 R -). Rechtswidrig ist insoweit allein die Einbeziehung von Vorsorgeleistungen bei Kindern gewesen. Diese Leistungen hat der Kläger, der als Frauenarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, aber nicht erbracht.
Dass belegärztliche Leistungen in die Regelungen über die Praxisbudgets nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM mit einbezogen werden, ist nicht zu beanstanden. Denn die stationär-belegärztliche Tätigkeit ist ein Teil der vertragsärztlichen Tätigkeit und unterliegt damit auch den entsprechenden Vergütungsgrundsätzen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 121 Nr. 4, mwN). Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Leistungen für Versicherte, die Mitglieder von Krankenkassen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Beklagten (Fremdkassen) sind, bei den Freien Leistungen berücksichtigt werden. Die Regelungen über die Praxisbudgets und auch die Regelungen des HVM unterscheiden nicht, welcher Krankenkasse der Versicherte angehört. Die Probleme bei der Vergütung der Fälle von Fremdkassen ergeben sich aus den Regelungen über den Fremdkassenausgleich.
2.) Dass die Beklagte die Fallpunktzahlen für die Freien Leistungen in den streitigen Quartalen fehlerhaft berechnet hat, ist nicht ersichtlich. Hierfür gibt es weder aus dem Vortrag des Klägers noch den vorliegenden Akten Anhaltspunkte.
Die Beklagte ist berechtigt gewesen, zum Quartal 3/98 die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen neu zu berechnen. Die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen ist zunächst auf Grund der anerkannten Punktzahlen für Freie Leistungen aus den Quartalen des Jahres 1996 berechnet worden (Nr. 4.4.1 Satz 1 der Anlage 1 zum HVM). Die sich daraus ergebende Fallpunktzahl ist ab dem Quartal 3/97 den Berechnungen des Honorars bei den Freien Leistungen zu Grunde gelegt worden. Im Laufe der Zeit haben die Beklagte und verschiedene Krankenkassen Vereinbarungen geschlossenen, wonach bestimmte Leistungen als Einzelleistungen mit einem festen Punktwerten vergütet werden. Hiervon sind auch die Freien Leistungen betroffen, zum Beispiel die Leistungen des ambulanten Operierens, die im Wesentlichen nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 5 EBM von der Anrechnung auf Praxisbudgets ausgenommen sind. Auf Grund der geschlossenen Vereinbarungen fallen diese Leistungen nicht mehr in das Honorarkontingent "Freie Leistungen bei budgetierten Arztgruppen" nach Nr. 2.4 der Anlage 1 zum HVM, sondern in das Honorarkontingent "Einzelleistungsvergütung" nach Nr. 2.1 der Anlage 1 zum HVM. Deshalb hat die Fallpunktzahl für das HVM-Budget "Freie Leistungen" nach Nr. 4.4 der Anlage 1 zum HVM korrigiert werden müssen. Daraus ergibt sich dann auch, dass das Quartal 3/98 entgegen der Auffassung des Klägers zutreffend gewählt ist, um die Korrektur der Fallpunktzahl vorzunehmen. Wenn Leistungen aus dem HVM-Budget "Freie Leistungen" entfallen, muss sich auch zwangsläufig eine geringere Fallpunktzahl als in vorangegangenen Quartalen ergeben.
Auch ist nicht zu beanstanden, dass sich die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen gegenüber vorangegangenen Quartalen vermindert. Dies sieht Nr. 6.2 der Anlage 1 zum HVM vor.
3.) Der Kläger hat auch nicht auf Grund der Härtefallregelungen der Nr. 4.4.1 Satz 6 der Anlage 1 zum HVM einen Anspruch auf Vergütung weiterer angeforderter Punkte.
Um speziellen Fallgestaltungen Rechnung tragen zu können, ist es ausreichend, wenn der HVM Härtefallregelungen - wie in Nr. 4.4.1 Satz 6 der Anlage 1 zum HVM - enthält (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27). Es ist rechtlich unbedenklich, den Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung zu Einzelfallentscheidungen in Ausnahmefällen zu ermächtigen, um auftretende Härten abzumildern. Dabei beschränkt sich die Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein. Das BSG hat z.B. die Ermächtigung an den Vorstand, für besondere Fachgruppen oder auch für Praxisanfänger höhere Kontingentgrenzen festzusetzen, nicht beanstandet (vgl. zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 31, mwN). Die Härtefallregelung kann z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertrags(zahn)ärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung ausgeschieden ist. Die von diesem (Zahn-)Arzt bisher behandelten Patienten müssen dann kurzfristig auf andere (Zahn-)Arztpraxen ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort behandelten Patienten führen wird. Vergleichbares gilt für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer (zahn)ärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreicht (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 27 und 28). Ein Härtefall kann auch dann gegeben sein, wenn Ausnahmen von den Praxisbudgets in Betracht kommen (vgl. Urteil des Senats vom 17.11.1999 - L 5 KA 1861/99 -), etwa die Erweiterung nach den Allgemeinen Bestimmungen Teil A I Teil B Nr. 4.3 EBM (Urteil des Senats vom 16.1.2002 - L 5 KA 791/01 -). Die Beurteilung, ob ein Härtefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung, der Beklagten steht insoweit kein - der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher - Beurteilungsspielraum zu. Es gelten insoweit dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7.8.1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 31). Da es sich bei dem Begriff "Härtefall" in Nr. 4.4.1 Satz 4 der Anlage 1 zum HVM um ein Tatbestandsmerkmal handelt, kann insoweit eine Ermessensausübung durch die Beklagte nicht in Betracht kommen (Urteil des Senats vom 16.1.2002 - L 5 KA 791/01 -).
Die Beklagte hat von der Härtefallregelung Gebrauch gemacht und dem Kläger eine höhere Fallpunktzahl für die Freien Leistungen eingeräumt. Eine Härte sieht die Beklagte generell in einem Rückgang des Fallwerts von mehr als 20% gegenüber dem entsprechenden Vergleichsquartal. Entsprechend dieser allgemeinen Verwaltungsübung der Beklagten hat sie die Fallpunktzahl auf 80% des Fallwerts des entsprechenden Vergleichsquartales angehoben. Ein Anspruch des Klägers auf eine weitere Erhöhung der Fallpunktzahl für die Freien Leistungen auf Grund der Härtefallregelung der Nr. 4.4.1 Satz 6 der Anlage 1 zum HVM besteht nicht.
Durch die Herausnahme der Leistungen, die auf Grund der Vereinbarungen zwischen der Beklagten und den Krankenkassen mit einem festen Punktwert vergütet werden, und die sich daraus ergebende Verkleinerung des HVM-Budgets "Freie Leistungen" kann zwar ein Vertragsarzt in besonderem Umfang betroffen werden, wenn er die entsprechenden Leistungen in der Vergangenheit nicht abgerechnet hat. Denn der Umfang der von ihm abgerechneten Freien Leistungen ändert sich nicht, zugleich aber wird die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen durch die Korrektur nach Nr. 6.2 der Anlage 1 zum HVM vermindert. Den sich aus dieser Fallgestaltung gegebenenfalls ergebenden Härten, trägt allerdings die zuvor genannte Verwaltungsübung der Beklagten Rechnung.
Mit dem Anknüpfen an die Abrechnungen des Klägers in vorangegangenen Quartalen ist auch den Besonderheiten des Leistungsspektrums des Klägers Rechnung getragen. Denn bereits in diesen Quartalen ist der Kläger belegärztlich tätig gewesen. Daran hat sich in den nachfolgenden Quartalen nichts geändert. Weder die vorliegenden Leistungsübersichten noch der Vortrag des Klägers geben Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zuschnitt der Praxis geändert hat. Ebenso hat sich der Anteil der Fremdkassenfälle nicht verändert. Der Anteil dieser Fälle ist beim Kläger schon immer hoch gewesen, da er seinen Vertragsarztsitz am Rande des Zuständigkeitsbereichs der Beklagten hat.
Auch die Behauptung des Klägers, bei dem Quartal 3/98 habe es sich um ein Urlaubsquartal gehandelt und die Leistungen in diesem Quartal seien geringer, kann eine weitere Erhöhung der Fallpunktzahl für die Freien Leistungen im Wege der Härtefallregelung nicht begründen. Wenn diese Behauptung des Klägers zuträfe, müsste dies eigentlich auch für die ambulanten Leistungen gelten. Der Anteil der stationären-belegärztlichen Leistungen würde sich insgesamt damit nicht wesentlich verändert. Dies zeigen auch die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 24.1.2000 (S. 5, 3. Abs.) zu den Quartalen 4/98 bis 2/99, auf den der vorliegend angefochtene Widerspruchsbescheid vom 24.9.2001 Bezug nimmt, aufgeführten Daten. Danach lag der Anteil der stationären Leistungen (14 stationäre Fälle) im Quartal 3/98 bei 18,4%, im Quartal 1/98 bei 21,1%, im Quartal 2/98 bei 18,0% und im Quartal 4/98 (19 stationäre Fälle) bei 22,7%. Der Anteil der stationären Leistungen betrug mithin in allen Quartalen rund ein Fünftel. Da die Anzahl der stationären Fälle auch in den streitigen Quartalen 1/00 bis 1/01 mit 17, 23 und 24 Fällen im Rahmen der Vorquartale liegt, ist hiervon auch für die streitigen Quartale auszugehen.
Die Härtefallregelung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass alle angeforderten Punkte vergütet werden. Vielmehr ist es Sinn und Zweck der ab 1.7.1997 geltenden Form der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen, die Anzahl der abrechenbaren Punkte zu beschränken. Hinsichtlich der Freien Leistungen hat die Beklagte im HVM die durch die Praxisbudgets im EBM vorgegebenen Strukturen übertragen. Hierbei ist den Vertragsärzten auch zuzumuten, dass angeforderte Punkte nicht vollständig vergütet werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 2.1.2002 geltenden Fassung, die nach dem Urteil des BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R in Fällen weiterhin anwendbar ist, in denen - wie hier - das gerichtliche Verfahren vor dem 2.1.2002 anhängig geworden ist. An seiner früheren Auffassung, § 197 a SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes komme auf Berufungsverfahren zur Anwendung, die nach dem 2.1.2002 anhängig geworden sind, hält der Senat im Hinblick auf die inzwischen gefestigte Rechtsprechung des BSG (z.B. Beschluss vom 30.8.2002 - B 13 SF 1/02 S) nicht mehr fest.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Der Kläger hat der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Erhöhung der Fallpunktzahl bei den sogenannten "Freien Leistungen" in den Abrechnungen der Quartale 1/00 bis 1/01.
Der Kläger ist als Frauenarzt in M. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist als Belegarzt am Krankenhaus M. tätig. Die Beklagte setzte die Vergütung des Klägers für das Quartal 1/00 auf DM 82.460,61 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 12.7.2000), für das Quartal 2/00 auf DM 73.025,53 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 13.10.2000), für das Quartal 3/00 auf DM 71.906,11 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 11.1.2001), für das Quartal 4/00 auf DM 73.755,68 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 9.4.2001) und für das Quartal 1/01 auf DM 72.973,41 (Gesamthonorarabrechnungsbescheid vom 16.7.2001) fest.
In den streitigen Quartalen hatten der Kläger und die Arztgruppe der Frauenärzte folgende Fallzahlen:
Quartal ambulant stationär Kläger Frauenärzte Kläger Frauenärzte 1/00 864 1814 24 81 2/00 896 1725 17 83 3/00 853 1739 24 79 4/00 909 1801 23 82 1/01 916 1817 24 88
Für die von der Anrechnung auf Praxisbudgets ausgenommen Leistungen (sog. Freie Leistungen) hatte die Beklagte bis einschließlich zum Quartal 1/02 in Nr. 2.4 der Anlage 1 zum HVM einen gesonderten Honorartopf gebildet. Die Verteilung der für diesen Honorartopf zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung erfolgte bis einschließlich zum Quartal 1/02 nach den Regelungen in Nr. 4.4 der Anlage 1 zum HVM. Diese Regelungen hatten folgenden Wortlaut:
Nr. 2.4 Freie Leistungen bei budgetierten Arztgruppen Anteil der Gesamtvergütung, der (bei den von der Praxisbudgetierung betroffenen Arztgruppen) auf die nach den Allgemeinen Bestimmungen (EBM) A I Teil B Nrn. 1.1 und 5 nicht von der Budgetierung betroffenen Leistungen - so weit sie nicht dem Anteil nach Nr. 2.2 zuzuordnen sind - entfällt, einschließlich der nach den Allgemeinen Bestimmungen (EBM) A I Teil B Nr. 1.4 nicht budgetrelevanten Fällen und Leistungen
Nr. 4.4 Bei den Freien Leistungen der budgetierten Arztgruppen wird wie folgt verfahren:
Nr. 4.4.1 Je Vertragsarztpraxis wird ein arithmetischer Mittelwert für die je Behandlungsfall anerkannten Punktzahlen (ohne DM-Werte) für Freie Leistungen aus den Quartalen des Jahres 1996 (Fallpunktzahl) berechnet; Berichtigungen der Honoraranforderungen nach Erstellung des Honorarbescheides aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Qualitätssicherung und Prüfungen auf rechnerisch/sachliche Richtigkeit bis zu jeweils 10.000 Punkten bleiben bei der Feststellung der anerkannten Punktzahlen unberücksichtigt. Aus der Multiplikation der Fallpunktzahl mit den Behandlungsfällen des jeweils aktuellen Quartals ergibt sich die Punktzahlgrenze für Freie Leistungen je Vertragsarztpraxis. Darüber hinausgehende Punktzahlanforderungen werden nicht anerkannt. Über Besonderheiten bzw. Ausnahmen wie Anträge auf Härtefälle und anzuerkennende dynamische Entwicklungen entscheidet der Vorstand der KV NW im Einzelfall.
Bei der Ermittlung der Fallpunktzahl nach Satz 1 bleiben die Leistungen nach den EBM-Nrn. 155, 168 und 4951 unberücksichtigt. Für diese Leistungen erfolgt eine eigenständige Ermittlung der Fallpunktzahl; diese Fallpunktzahl wird um 10 v.H. reduziert. Die sich für die übrigen Leistungen ergebende Fallpunktzahl wird um 20 v.H. reduziert. Die Reduzierungen erfolgen in Anlehnung an die Systematik der Anlage 3 der Allgemeinen Bestimmungen (EBM) A I. Teil B. Die nach Satz 2 zugrunde zu legende Fallpunktzahl wird durch Addition der beiden Fallpunktzahlen ermittelt ... Nr. 4.4.7 Der Punktwert für die Freien Leistungen bei den budgetierten Arztgruppen ergibt sich durch Division des entsprechenden Gesamtvergütungsanteils durch die anerkannten Punktzahlen; der sich so ergebende Punktwert wird für die Verteilung zugrunde gelegt. DM-Werte werden vorweg abgezogen und wie anerkannt vergütet.
Des Weiteren enthielt Nr. 6 der Anlage 1 HVM (Auswirkungen der Einzelleistungsvergütung) folgende Regelung:
Nr. 6.2 Soweit in den Fallpunktzahlen der Praxis-/Zusatzbudgets bzw. Individualbudgets gemäß Nrn. 4.4.1 und 4.5.1 Leistungen enthalten sind, die nach den vertraglichen Regelungen als Einzelleistungen vergütet werden, erfolgt eine Bereinigung dieser Fallpunktzahlen unter Anwendung eines Einzelleistungs-Korrekturfaktors.
Auf Grund der Regelungen zu den Freien Leistungen bei den budgetierten Arztgruppen ermittelte die Beklagte eine individuelle Fallpunktzahl des Klägers für Freie Leistungen von 149,8 im Quartal 1/00 sowie von 150,1 in den Quartalen 2/00 bis 1/01. Von den bei den sogenannten Freien Leistungen angeforderten Punkten vergütete die Beklagte:
Quartal angeforderte Punkte vergütete Punkte 1/00 215.595 133.288,8 2/00 155.465 137.041,3 3/00 167.425 131.637,7 4/00 191.480 139.893,2 1/01 221.855 141.094,0
Gegen die Gesamthonorarabrechnungsbescheide erhob der Kläger jeweils Widerspruch. Unter Bezugnahme auf seine Widersprüche zu den vorangegangenen Quartalen machte er geltend, die Beklagte setze sich über Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) hinweg, indem sie belegärztliche Leistungen der Budgetierung unterwerfe. Er werde besonders benachteiligt, bezüglich seiner Belegarzttätigkeit, weil zur Festsetzung des Individualbudgets das belegungs- und abrechnungsmäßig schlechteste Quartal 3/98 herangezogen worden sei, sowie weil Einzelleistungen bei Fremdkassen - ca. ein Drittel seiner Patienten kämen aus anderen KV-Bezirken - im "roten Individualbudget" vergütet würden und die Leistungen im Fremdkassenbereich bei der Festsetzung des Individualbudgets überhaupt nicht berücksichtigt seien.
Der Vorstand der Beklagten schrieb dem Kläger in der Abrechnung des Quartales 1/00 12.067,4 Punkte, in der Abrechnung des Quartales 2/00 2.794,0 Punkte, in der Abrechnung des Quartales 3/00 29.929,3 Punkte, in der Abrechnung des Quartales 4/00 15.134,6 Punkte und in der Abrechnung des Quartales 1/01 15.565,7 Punkte gut. Im Übrigen wies er die Widersprüche des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 24.9.2001). Er vertrat die Auffassung, die Regelungen des HVM zu den Freien Leistungen seien rechtmäßig, verwies auf die bereits ergangenen Widerspruchsbescheide und führte weiter aus, es sei geprüft worden, in wie weit es in der Praxis des Klägers - insbesondere in dem Bereich der belegärztlichen Leistungen - durch die Budgetierung der Freien Leistungen zu einem Härtefall gekommen sei. Als Vergleichsquartale hätten die Quartale 3/96 bis 2/97, die vier Quartale vor Beginn der Budgetierung gedient. Der Fallwert bezogen auf die stationären Fälle liege nach der Budgetierung im Quartal 1/00 (2.865,2 Punkte) 31,9% unter dem Fallwert des Quartales 1/97 (4.210,0 Punkte), im Quartal 2/00 (2.406,5 Punkten) 25,1% unter dem Fallwert des Quartales 3/97 (3.213,6 Punkte), im Quartal 3/00 (2.474,6 Punkte) 46,8% unter dem Fallwert des Quartales 3/96 (4.652,1 Punkte), im Quartal 4/00 (2.817,6 Punkte) 35,1% unter dem Fallwert des Quartales 4/96 (4.344,5 Punkte) und im Quartal 1/01 (2.719,4 Punkte) 35,4% unter dem Fallwert des Quartales 1/97. Ein Härtefall liege dann vor, wenn der Fallwert in Punkten im Vergleich zum jeweiligen Referenzquartal deutlich mehr als 20% zurückgegangen sei. Dabei leite sich diese Grenze aus der Vorgabe der Anlage 1 zum HVM ab, nach der die für jede Praxis ermittelten Fallpunktzahlen generell um 20% abgesenkt würden. Anerkannt werde im jeweiligen Quartal der Fallwert für belegärztliche Fälle aus dem dazu gehörenden Referenzquartal abzüglich 20% entsprechend Nr. 4.4.1, Abs. 2 der Anlage 1 HVM.
Der Kläger hat am 23.10.2001 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Klage nicht begründet.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 24.7.2002 die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides abgewiesen. Die Begrenzung auch der Freien Leistungen durch Regelungen des HVM sei grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 26.7.2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.8.2002 Berufung eingelegt. Er nimmt auf die Begründung seiner Berufungen in den am selben Tag mündlich verhandelten Verfahren Bezug. In diesen hat er unter Verweis auf die Begründung seiner Widersprüche geltend gemacht, seinen von ihm aufgezeigten Besonderheiten werde nicht Rechnung getragen. Die Beklagte sei nicht berechtigt, als einzige KV die belegärztlichen Leistungen nicht außerhalb des Budgets zu vergüten. Im Quartal 3/98 habe er deutlich unterdurchschnittliche Belegzahlen aufgewiesen. Im Übrigen gebe die Zahl der belegärztlichen Abrechnungen keine Hinweise dafür, welchen Umfang seine Honoraransprüche in diesem jeweiligen Quartal annehmen würden. Auch der prozentuale Anteil der stationären Leistungen sei im Quartal 3/98 deutlich geringer als in den nachfolgenden Quartalen gewesen. Der Härtefall müsse dadurch richtigerweise berücksichtigt werden, dass die gesamten abgerechneten Honoraranforderungen erstattet würden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Juli 2002 aufzuheben und die Gesamthonorarabrechnungsbescheide vom 12. Juli 2000, 13. Oktober 2000, 11. Januar 2001, 9. April 2001 und 16. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2001 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, alle angeforderten Punkte zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Einbeziehung der belegärztlichen Leistungen für zulässig und nimmt Bezug auf den Widerspruchsbescheid.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Denn der Kläger strebt die Vergütung aller angeforderten Punkte an. Von den in den streitigen Quartalen bei den sogenannten Freien Leistungen angeforderten 951.820 Punkten sind 758.446 Punkte (682.955 Punkte zuzüglich 75.491 Punkte im Widerspruchsbescheid) vergütet, mithin 193.374 Punkte nicht vergütet worden. Bei einem durchschnittlichen Punktwert von 7 Pfennig entspricht dies einem Betrag von rund DM 13.500,00 bzw. rund EUR 6.900,00.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erhöhung der Fallpunktzahl der Freien Leistungen.
1.) Die Regelungen in Nr. 4.4 der Anlage 1 zum HVM der Beklagten zu den Freien Leistungen bei den budgetierten Arztgruppen, die im streitigen Quartal 3/99 noch Anwendung gefunden haben, sind rechtmäßig. Diese Regelungen halten sich im Rahmen der der Beklagten nach § 85 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) eingeräumten Befugnis, die Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte zu verteilen, und verletzen auch nicht das sich aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) herzuleitende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. Urteil des Senats vom 23.6.2001 - L 5 KA 442/99 -, MedR 2001, S. 589, bestätigt durch Urteil des BSG vom 11.9.2002 - B 6 KA 30/01 R -). Rechtswidrig ist insoweit allein die Einbeziehung von Vorsorgeleistungen bei Kindern gewesen. Diese Leistungen hat der Kläger, der als Frauenarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, aber nicht erbracht.
Dass belegärztliche Leistungen in die Regelungen über die Praxisbudgets nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B EBM mit einbezogen werden, ist nicht zu beanstanden. Denn die stationär-belegärztliche Tätigkeit ist ein Teil der vertragsärztlichen Tätigkeit und unterliegt damit auch den entsprechenden Vergütungsgrundsätzen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 121 Nr. 4, mwN). Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Leistungen für Versicherte, die Mitglieder von Krankenkassen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Beklagten (Fremdkassen) sind, bei den Freien Leistungen berücksichtigt werden. Die Regelungen über die Praxisbudgets und auch die Regelungen des HVM unterscheiden nicht, welcher Krankenkasse der Versicherte angehört. Die Probleme bei der Vergütung der Fälle von Fremdkassen ergeben sich aus den Regelungen über den Fremdkassenausgleich.
2.) Dass die Beklagte die Fallpunktzahlen für die Freien Leistungen in den streitigen Quartalen fehlerhaft berechnet hat, ist nicht ersichtlich. Hierfür gibt es weder aus dem Vortrag des Klägers noch den vorliegenden Akten Anhaltspunkte.
Die Beklagte ist berechtigt gewesen, zum Quartal 3/98 die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen neu zu berechnen. Die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen ist zunächst auf Grund der anerkannten Punktzahlen für Freie Leistungen aus den Quartalen des Jahres 1996 berechnet worden (Nr. 4.4.1 Satz 1 der Anlage 1 zum HVM). Die sich daraus ergebende Fallpunktzahl ist ab dem Quartal 3/97 den Berechnungen des Honorars bei den Freien Leistungen zu Grunde gelegt worden. Im Laufe der Zeit haben die Beklagte und verschiedene Krankenkassen Vereinbarungen geschlossenen, wonach bestimmte Leistungen als Einzelleistungen mit einem festen Punktwerten vergütet werden. Hiervon sind auch die Freien Leistungen betroffen, zum Beispiel die Leistungen des ambulanten Operierens, die im Wesentlichen nach den Allgemeinen Bestimmungen A I Teil B Nr. 5 EBM von der Anrechnung auf Praxisbudgets ausgenommen sind. Auf Grund der geschlossenen Vereinbarungen fallen diese Leistungen nicht mehr in das Honorarkontingent "Freie Leistungen bei budgetierten Arztgruppen" nach Nr. 2.4 der Anlage 1 zum HVM, sondern in das Honorarkontingent "Einzelleistungsvergütung" nach Nr. 2.1 der Anlage 1 zum HVM. Deshalb hat die Fallpunktzahl für das HVM-Budget "Freie Leistungen" nach Nr. 4.4 der Anlage 1 zum HVM korrigiert werden müssen. Daraus ergibt sich dann auch, dass das Quartal 3/98 entgegen der Auffassung des Klägers zutreffend gewählt ist, um die Korrektur der Fallpunktzahl vorzunehmen. Wenn Leistungen aus dem HVM-Budget "Freie Leistungen" entfallen, muss sich auch zwangsläufig eine geringere Fallpunktzahl als in vorangegangenen Quartalen ergeben.
Auch ist nicht zu beanstanden, dass sich die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen gegenüber vorangegangenen Quartalen vermindert. Dies sieht Nr. 6.2 der Anlage 1 zum HVM vor.
3.) Der Kläger hat auch nicht auf Grund der Härtefallregelungen der Nr. 4.4.1 Satz 6 der Anlage 1 zum HVM einen Anspruch auf Vergütung weiterer angeforderter Punkte.
Um speziellen Fallgestaltungen Rechnung tragen zu können, ist es ausreichend, wenn der HVM Härtefallregelungen - wie in Nr. 4.4.1 Satz 6 der Anlage 1 zum HVM - enthält (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27). Es ist rechtlich unbedenklich, den Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung zu Einzelfallentscheidungen in Ausnahmefällen zu ermächtigen, um auftretende Härten abzumildern. Dabei beschränkt sich die Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein. Das BSG hat z.B. die Ermächtigung an den Vorstand, für besondere Fachgruppen oder auch für Praxisanfänger höhere Kontingentgrenzen festzusetzen, nicht beanstandet (vgl. zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 31, mwN). Die Härtefallregelung kann z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertrags(zahn)ärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung ausgeschieden ist. Die von diesem (Zahn-)Arzt bisher behandelten Patienten müssen dann kurzfristig auf andere (Zahn-)Arztpraxen ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort behandelten Patienten führen wird. Vergleichbares gilt für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer (zahn)ärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreicht (BSG SozR 3-2500 § 85 Nrn. 27 und 28). Ein Härtefall kann auch dann gegeben sein, wenn Ausnahmen von den Praxisbudgets in Betracht kommen (vgl. Urteil des Senats vom 17.11.1999 - L 5 KA 1861/99 -), etwa die Erweiterung nach den Allgemeinen Bestimmungen Teil A I Teil B Nr. 4.3 EBM (Urteil des Senats vom 16.1.2002 - L 5 KA 791/01 -). Die Beurteilung, ob ein Härtefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung, der Beklagten steht insoweit kein - der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher - Beurteilungsspielraum zu. Es gelten insoweit dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7.8.1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 31). Da es sich bei dem Begriff "Härtefall" in Nr. 4.4.1 Satz 4 der Anlage 1 zum HVM um ein Tatbestandsmerkmal handelt, kann insoweit eine Ermessensausübung durch die Beklagte nicht in Betracht kommen (Urteil des Senats vom 16.1.2002 - L 5 KA 791/01 -).
Die Beklagte hat von der Härtefallregelung Gebrauch gemacht und dem Kläger eine höhere Fallpunktzahl für die Freien Leistungen eingeräumt. Eine Härte sieht die Beklagte generell in einem Rückgang des Fallwerts von mehr als 20% gegenüber dem entsprechenden Vergleichsquartal. Entsprechend dieser allgemeinen Verwaltungsübung der Beklagten hat sie die Fallpunktzahl auf 80% des Fallwerts des entsprechenden Vergleichsquartales angehoben. Ein Anspruch des Klägers auf eine weitere Erhöhung der Fallpunktzahl für die Freien Leistungen auf Grund der Härtefallregelung der Nr. 4.4.1 Satz 6 der Anlage 1 zum HVM besteht nicht.
Durch die Herausnahme der Leistungen, die auf Grund der Vereinbarungen zwischen der Beklagten und den Krankenkassen mit einem festen Punktwert vergütet werden, und die sich daraus ergebende Verkleinerung des HVM-Budgets "Freie Leistungen" kann zwar ein Vertragsarzt in besonderem Umfang betroffen werden, wenn er die entsprechenden Leistungen in der Vergangenheit nicht abgerechnet hat. Denn der Umfang der von ihm abgerechneten Freien Leistungen ändert sich nicht, zugleich aber wird die Fallpunktzahl für die Freien Leistungen durch die Korrektur nach Nr. 6.2 der Anlage 1 zum HVM vermindert. Den sich aus dieser Fallgestaltung gegebenenfalls ergebenden Härten, trägt allerdings die zuvor genannte Verwaltungsübung der Beklagten Rechnung.
Mit dem Anknüpfen an die Abrechnungen des Klägers in vorangegangenen Quartalen ist auch den Besonderheiten des Leistungsspektrums des Klägers Rechnung getragen. Denn bereits in diesen Quartalen ist der Kläger belegärztlich tätig gewesen. Daran hat sich in den nachfolgenden Quartalen nichts geändert. Weder die vorliegenden Leistungsübersichten noch der Vortrag des Klägers geben Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zuschnitt der Praxis geändert hat. Ebenso hat sich der Anteil der Fremdkassenfälle nicht verändert. Der Anteil dieser Fälle ist beim Kläger schon immer hoch gewesen, da er seinen Vertragsarztsitz am Rande des Zuständigkeitsbereichs der Beklagten hat.
Auch die Behauptung des Klägers, bei dem Quartal 3/98 habe es sich um ein Urlaubsquartal gehandelt und die Leistungen in diesem Quartal seien geringer, kann eine weitere Erhöhung der Fallpunktzahl für die Freien Leistungen im Wege der Härtefallregelung nicht begründen. Wenn diese Behauptung des Klägers zuträfe, müsste dies eigentlich auch für die ambulanten Leistungen gelten. Der Anteil der stationären-belegärztlichen Leistungen würde sich insgesamt damit nicht wesentlich verändert. Dies zeigen auch die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 24.1.2000 (S. 5, 3. Abs.) zu den Quartalen 4/98 bis 2/99, auf den der vorliegend angefochtene Widerspruchsbescheid vom 24.9.2001 Bezug nimmt, aufgeführten Daten. Danach lag der Anteil der stationären Leistungen (14 stationäre Fälle) im Quartal 3/98 bei 18,4%, im Quartal 1/98 bei 21,1%, im Quartal 2/98 bei 18,0% und im Quartal 4/98 (19 stationäre Fälle) bei 22,7%. Der Anteil der stationären Leistungen betrug mithin in allen Quartalen rund ein Fünftel. Da die Anzahl der stationären Fälle auch in den streitigen Quartalen 1/00 bis 1/01 mit 17, 23 und 24 Fällen im Rahmen der Vorquartale liegt, ist hiervon auch für die streitigen Quartale auszugehen.
Die Härtefallregelung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass alle angeforderten Punkte vergütet werden. Vielmehr ist es Sinn und Zweck der ab 1.7.1997 geltenden Form der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen, die Anzahl der abrechenbaren Punkte zu beschränken. Hinsichtlich der Freien Leistungen hat die Beklagte im HVM die durch die Praxisbudgets im EBM vorgegebenen Strukturen übertragen. Hierbei ist den Vertragsärzten auch zuzumuten, dass angeforderte Punkte nicht vollständig vergütet werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 2.1.2002 geltenden Fassung, die nach dem Urteil des BSG vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R in Fällen weiterhin anwendbar ist, in denen - wie hier - das gerichtliche Verfahren vor dem 2.1.2002 anhängig geworden ist. An seiner früheren Auffassung, § 197 a SGG in der seit 2.1.2002 geltenden Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes komme auf Berufungsverfahren zur Anwendung, die nach dem 2.1.2002 anhängig geworden sind, hält der Senat im Hinblick auf die inzwischen gefestigte Rechtsprechung des BSG (z.B. Beschluss vom 30.8.2002 - B 13 SF 1/02 S) nicht mehr fest.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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