S 26 R 222/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 R 222/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 R 32/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Klägerin ist am 00.00.1957 geboren. Sie hat 1973 bis 1975 den Beruf der Kosmetikfachverkäuferin in zwei Jahren mit Abschluss erlernt und bis 1980, bis zur Geburt ihres Kindes, ausgeübt. Nach einer Erziehungspause war sie seit 1983 wieder berufstätig bei verschiedenen Arbeitgebern. Sie arbeitete bei einer Raststätte und bei Firma F als Verkäuferin und Kassiererin. Seit 1998 war sie versicherungspflichtig als Packerin und Regalauffüllerin bei dem Supermarkt S tätig. Nach der Arbeitgeberauskunft wurde sie wie eine einen Tag angelernte Arbeiterin ohne Notwendigkeit einer Berufsausbildung nach Tarifgruppe L 2 b bezahlt und verrichtete bis schwere Tätigkeiten im Gehen und Stehen mit viel Bücken. Ab dem 12.10.2004 wurde die Klägerin arbeitsunfähig krank geschrieben. Das Arbeitsverhältnis besteht rechtlich noch fort. Seitdem ist die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig krank geschrieben gewesen bzw. inzwischen arbeitslos gemeldet. Das Arbeitslosengeld ist zum Oktober 2006 nach ihren Angaben ausgelaufen.

Am 12.10.2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung wurden Herzinfarkte, Depressionen, Panikattacken und Leiden des Bewegungsapparates angegeben. Ärztliche Berichte wurden zur Verwaltungsakte gereicht bzw. eingeholt. Die Beklagte veranlasste die Beiziehung des Berichts einer Reha-Klinik, in der die Klägerin zuvor im August und September 2004 war. Diese Klinik hielt die Klägerin auch mit den depressiven Verstimmungen und den Herz- und internistischen Erkrankungen zusammengefasst für noch in der Lage, alle leichten bis mittelschweren Tätigkeiten verrichten zu können, dies auch 6 Stunden und mehr täglich. Ein Rehabilitationsbericht von 2003 wurde damit im wesentlichen bestätigt.

Mit Bescheid vom 25.10.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die ärztlichen Feststellungen. Danach sei die Klägerin noch in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, und damit weder berufsunfähig noch voll oder teilweise erwerbsgemindert.

Dagegen legte die Klägerin am 09.11.2004 Widerspruch ein mit der Begründung, die Beklagte verkenne den Gesundheitszustand. Ein ärztliches Attest der behandelnden Psychiaterin wurde eingereicht. Die Beklagte veranlasste daraufhin noch die Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen-psychotherapeutischen Gutachtens durch I. Dieser hielt die Klägerin auch noch für in der Lage, 6 Stunden und mehr täglich zum Beispiel als Verkäuferin tätig zu sein. Von Nachtdienst sei abzuraten, wegen der phobischen Neigungen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil die Klägerin weder als berufsunfähig noch als voll oder teilweise erwerbsgemindert anzusehen sei. Die Verweisbarkeit ergebe sich daraus, dass die Klägerin als ungelernte Arbeiterin zu beurteilen sei. Die Klägerin habe zwar den Beruf der Verkäuferin erlernt, sich aber aus anderen als gesundheitlichen Gründen von diesem Beruf gelöst. Zuletzt sei sie als Regalauffüllerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und deshalb verweisbar auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die sie noch verrichten könnte.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 25.04.2005 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.

Sie begründet die Klage damit, dass die Beklagte ihren Gesundheitszustand verkenne und ihr Leistungsvermögen falsch beurteile. Sie sei nicht mehr in der Lage, im bisherigen Beruf oder in zumutbaren Verweisungsberufen oder sonst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als unter 4 Stunden täglich tätig zu sein. Die bisherigen von Amts wegen gehörten Gutachter würden die Leistungsfähigkeit insofern falsch beurteilen. Die behandelnde Psychiaterin und der nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gehörte Gutachter L hingegen unterstützten eine Berentung.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2005 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 12.10.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, ein Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung sei nicht eingetreten. Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Alle nach § 106 SGG eingeholten Gutachten bestätigten ihre Auffassung. Dem Gutachten von L folge sie nicht, hinsichtlich der Annahme eines nur unter 4-stündigen Leistungsvermögens. Dieses Gutachten sei nämlich nicht kongruent in der Befunderhebung einerseits und der Leistungsbeurteilung andererseits, bzw. überzeuge insofern nicht. Ausreichende Anhaltspunkte für eine wirklich schwere Depression seien nicht eruiert worden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze des beratungsärztlichen Dienstes vom 03.08.2006 und 16.11.2006 Bezug genommen.

Das Gericht hat Auskünfte von dem letzten Arbeitgeber eingeholt und Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Der Internist und Kardiologe C und der Orthopäde M1 berichten, sie hielten die Klägerin jeweils von Seiten ihrer Fachgebiete aus für noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit z. B. als Pförtnerin bis zu 6 Stunden täglich zu verrichten (Bl. 23 f, 42 f der Gerichtsakte). Die behandelnde Psychiaterin M2-T1 hält die Klägerin von Seiten ihres Fachgebietes für nicht in der Lage, noch einer Tätigkeit bis zu 6 Stunden täglich nachzugehen.

Sodann hat das Gericht durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben, welche Erkrankungen im Einzelnen bei der Klägerin vorliegen und wie diese sich auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Psychotherapie T2 kommt zur Beurteilung, bei der Klägerin lägen im Einzelnen folgende wesentlichen Diagnosen vor: bei Zustand nach Myocardinfarkt 2003 Anpassungsstörung mit depressiver Entwicklung, jetzt leichtgradiger Ausprägung ICD 10: F 43.2 F 32.0 Dysthymie ICE 10: F 34.1. Mit diesen Befunden könne die Klägerin noch vollschichtig eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten, ohne ungünstige Bedingungen wie Nachtschicht und ohne besonderen Zeitdruck. Eine wesentliche Einschränkung des geistigen Leistungsvermögens darüber hinaus bestehe nicht. Das Umstellungsvermögen sei auch genügend. Eine psychische Fehlhaltung liege nicht vor. In Betracht käme auch noch eine Tätigkeit als Pförtnerin oder Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen, dies vollschichtig. Die Klägerin könne auch noch Wegstrecken zu Fuß von 4 x 1000 Metern zurücklegen, in einer Zeit von nicht mehr als 15-20 Minuten für 500 Meter, und öffentliche Verkehrsmittel benutzen und einen PKW als Fahrer. Seine Beurteilung gelte auch seit Oktober 2004. Von der Auffassung der behandelnden Psychiaterin weiche er ab, weil zum aktuellen Zeitpunkt auch bei vertiefter Exploration lediglich eine leichtgradige depressive Störung objektivierbar sei. Kriterien einer mittelschweren oder schweren Depression mit zeitweiliger Suizidalität lägen zum aktuellen Untersuchungszeitpunkt nicht vor. Dies decke sich auch mit der Einschätzung der Klägerin in einer Befundstabilisierung unter antidepressiver Therapie mit Medikamenten.

Das Gericht hat daraufhin auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG ein Gutachten von L, Arzt für Neurologie und Psychiatrie und Sozialmedizin eingeholt. Dieser stellt insgesamt folgende Diagnosen: chronifiziertes ängstlich-depressives Syndrom mit Phobien, Antriebsschwäche, sozialem Rückzugsverhalten sowie glaubhaft mitgeteilten Suizid-Gedanken einer asthenisch-sensitiven, im Eigenmacht- und Selbstwertgefühl beeinträchtigten und psychosozial eingeschränkt belastbaren Persönlichkeit Neigung zu multiplen vegetativen Störungen mit Kopfschmerzen, diffusem Schwindel, hypotonen Regulations- und Befindlichkeitsstörungen, Juckreiz, Gastralgien, Hyperventilation, Insomie, Adynamie, verstärktem Schwitzen und Herzunruhe als Zustand nach 2maligen Herz-Operationen 2003 (s. o.) mit Befürchtungen, einen erneuten Herzinfarkt zu erleiden Angina pectoris-Beschwerden bei KHK nach zweimaligen Herzgefäß-Operationen 5-9/2003 mit Anstrengungs-Dyspnoe Neigung zu sozialen und situativen Ängsten ohne Fähigkeiten, sich willensmäßig davon zu lösen HWS-Syndrom mit lokalen und ausstrahlenden Schmerzen bei degenerativen Veränderungen LWS-Syndrom mit lokalen Schmerzen und muskulären Verspannungen sowie Einbuße an Moblilität. Damit könne die Klägerin zwar noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung geistig einfacher Art ohne Wechselschicht, besonderen Zeitdruck und ohne Zwangshaltungen verrichten, aber generell nur noch unter 4 Stunden täglich, vor allem wegen der ängstlich-depressiven und phobischen Symptome und der Summe und Wechselwirkungen der Gesundheitsstörungen. Die Beurteilung gelte so auch seit Oktober 2004. L hat ferner auf Aufforderung des Gerichts zu den Einwänden der Beklagten ergänzend Stellung genommen. Er ist bei seiner Beurteilung geblieben und führt aus, zwischen dem Vorgutachten von T2 und seinem Gutachten lägen 4 Monate. Die von T2 erhobenen Gesundheitsstörungen seien nicht notwendigerweise später nachweisbar und entzögen sich einer logischen Vergleichbarkeit. Die nachgereichten Arztberichte von Frau M2-T1 seien T2 noch nicht bekannt gewesen. Im übrigen enthalte ein von der Beklagten wünschenswerterweiser erfragter Tagesablauf ein hohes Maß an Unsicherheit und sei nicht nachprüfbar. Auch sei eine Vergleichbarkeit der Befunde durch I und der Befunde durch ihn selbst nicht vernünftig möglich aufgrund des sehr langen Zeitintervalls. Deshalb seien die Einwände der Beklagten nicht geeignet, die Leistungsfähigkeit der Klägerin anders zu beurteilen.

Das Gericht hat auch den Vorgutachter T2 um eine ergänzende Stellungnahme zu den Ausführungen und Meinungen von L und der nachgereichten Bescheinigung der Psychiaterin M2-T1 gebeten. T2 führt aus, auch er bleibe bei seiner Beurteilung in seinem Gutachten. Zunächst sei zu beachten, dass bei einer wiederkehrenden depressiven Störung nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen zu unterscheiden sei zwischen Episoden leichter, mittelgradiger oder schwerer Ausprägung. Ein durchgehend dauerhaftes depressives Zustandsbild liege in der Regel nicht vor. Auch nach dem Gutachten von L sei im psychischen Befund nur eine geistig intellektuell und hinsichtlich ihrer kognitiven Funktionen unauffällige Probandin ohne Defizite beschrieben worden. L beschreibe auch nur eine dysthyme Stimmung und Subdepressivität bei Neigung zu Affektlabilität. Beschrieben würden also auch von L nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen nur eine Dysthymie, bzw. eine subdepressive, d. h. leichte depressive Störung mit gelegentlicher Affektlabilität. Die Diagnose einer schweren depressiven Episode lasse sich daraus nach der internationlen Klassifikation psychischer Störungen nicht ableiten, so dass daraus auch keine Erwerbsminderung folge. Auch in seiner ergänzenden Stellungnahme habe L die Einschätzung einer Leistungsbeurteilung unter 4 Stunden täglich nicht nachvollziehbar begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 25.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen.

Wegen des Wortlautes des maßgeblichen Vorschriften der §§ 240, 43 SGB VI wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides vom 25.10.2004. Dort hat die Beklagte den Wortlaut dieser Vorschriften bereits wiedergegeben.

Die Klägerin erfüllt nicht diese Voraussetzungen. Zwar lägen die rein versicherungsrechtlichen (beitragsrechtlichen) Voraussetzungen für eine Rente mit einem Versicherungsfall vom 12.10.2004 vor, was sich auch aus dem angefochtenen Bescheid ergibt. Die Klägerin ist aber auch seit Rentenantragstellung weder als berufsunfähig noch als voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne von §§ 240, 43 SGB VI anzusehen.

Die Klägerin ist, auch ab Oktober 2004, nicht einmal nur als berufsunfähig im Sinne von § 240 SGB VI anzusehen. Sie kann nämlich noch vollschichtig, also 8 Stunden täglich - § 3 AZG - und damit also auch mindestens 6 Stunden täglich, eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung verrichten, bei Meidung von im wesentlichen nur Nachtschicht und besonderem Zeitdruck und evtl. auch Zwangshaltungen. Damit kann sie zumindest bis zu 6 Stunden täglich, jedenfalls aber nicht unter 6 Stunden täglich, leichte einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten, z. B. als Pförtnerin oder als Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen. Auf solche Tätigkeiten ist sie verweisbar und deshalb nicht einmal als nur berufsunfähig anzusehen.

Was das allgemeine Leistungsvermögen der Klägerin angeht, so ist die Kammer davon überzeugt, dass die Klägerin - auch seit Oktober 2004 - noch eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung wie oben beschrieben verrichten kann, so wie das im Einzelnen in dem Gutachten von T2 beschrieben ist. Dessen Beurteilung deckt sich auch im wesentlichen mit der Leistungsbeurteilung nicht nur von I, sondern auch mit der Leistungsbeurteilung der Rehabilitationskliniken, in denen die Klägerin in 2003 und 2004 war. Das Gericht ist damit davon überzeugt, dass bei der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet diejenigen Diagnosen vorliegen, die im Gutachten von T2 genannt sind, und dass auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet auch nur Erkrankungen vorliegen, wie sie bereits in den Rehabilitations-Entlassungsberichten genannt sind, ohne dass daraus eine weitergehende Leistungsminderung als oben beschrieben folgt. Internistischerseits und orthopädischerseits wurde dies sogar durch die behandelnden Ärzte C und M1 bestätigt in ihren Befundberichten; die Klägerin hat insoweit auch keine Einwände mehr im Klageverfahren erhoben. Neurologisch-psychiatrischerseits hält das Gericht das Gutachten von T2, das das nervenärztliche Vorgutachten von I bestätigt, auch für überzeugend und nachvollziehbar; dem Gutachten von L folgt die Kammer hingegen nicht. Denn dieses Gutachten und auch die ergänzende Stellungnahme durch L vermögen die Kammer nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin nur noch unter 4 Stunden täglich bzw. unter 6 Stunden täglich einsatzfähig sei für körperlich nur leichte und geistig einfache Tätigkeiten. Das Gutachten von L enthält einfach zu wenig überzeugende Gegenargumente gegen die Meinungen von zwei Vorgutachtern (T2 und I) und gegen die Meinungen von zwei Rehabilitationskliniken. So hat T2 in seiner ergänzenden Stellungnahme zu Recht darauf hingewiesen, dass das Gutachten von L einfach zu wenig objektive Anhaltspunkte bzw. Kriterien dafür enthalte, weshalb bei der Klägerin eine mehr als leichte Depression vorliege. L hat in seinem Gutachten nämlich, ohne auf die internationale Klassifikation von Gesundheitsstörungen einzugehen, gar nicht näher unterschieden zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer Depression; er beschreibt einfach nur ein ängstlich-depressives Syndrom, wobei er selbst in seinem Gutachten auf Seite 21 zum psychischen Befund vorausschickt, dass die Klägerin geistig-intellektuell und hinsichtlich kognitiver Funktionen ohne Defizite sei. Auch seien keine mnestischen Minderfähigkeiten, also keine Minderfähigkeiten des Gedächtnisses erkennbar gewesen und die Klägerin sei stimmungsmäßig nur merkbar dysthym (also verstimmt) und subdepressiv gewesen; unter einem subdepressivem Zustand wird aber medizinisch lediglich ein Zustand verstanden, der nicht das Ausmaß einer Depression erfüllt, bei dem ein Mensch auch depressiv-verstimmt wirkt. Allein eine Dysthymie oder Dysthymia, also eine seelische Verstimmung, beinhaltet aber noch nicht einen schweren pathologischen Erschöpfungszustand. Die Kammer verkennt dabei zwar nicht, dass bei der Klägerin nach zwei Herzinfarkt-Ereignissen eine Ängstlichkeit bestehen mag, dass sich ein Infarkt wiederholen könnte; doch gibt es einfach zu wenig von L kritisch hinterfragte objektive Kriterien und Anhaltspunkte dafür, dass dies nachhaltig in eine mittelschwere bis schwere Depression umgeschlagen ist. So bemängelt die Beklagte zu Recht, dass L, wenn er schwerere Einschränkungen annehmen will, nicht einmal einen Tagesablauf erhoben hat, der dies zumindest indiziell näher hätte belegen können. Außerdem weist T2 zu Recht darauf hin, dass die ergänzende Stellungnahme durch L weitere Widersprüche in seinem Gutachten aufgezeigt hat. Denn wenn L jetzt einräumt, die Zustände bei den Untersuchungen durch I und T2 seien nicht ohne weiteres vergleichbar mit dem Zustand bei seiner Untersuchung, dann erscheint es völlig inkonsequent, wenn L seine Beurteilung auch rückwirkend schon seit Oktober 2004 so gelten lässt. Letztlich bieten die von L umschriebenen Diagnosen wie chronifiziertes ängstlich-depressives Syndrom und Neigung zu vegetativen Störungen und Neigung zu sozialen situativen Ängsten zu wenig nachvollziehbare Argumente dafür, dass die Klägerin, wie von ihr geltend gemacht, nur noch unter 6 Stunden oder unter 4 Stunden täglich leistungsfähig sein soll. Eine nur unter 6 stündige Leistungsfähigkeit, die nicht der Normalfall ist, muss aber, wenn das Gericht darauf eine Stattgabe der Klage stützen soll, schlüssig begründet werden. Dies konnte aber mit den von L erhobenen Befunden nicht schlüssig und nachvollziehbar festgestellt werden. Allein auf den Bericht der die Klägerin behandelnden Ärztin Frau M2-T1 konnte das Gericht eine Entscheidung nur im Sinne der Klägerin auch nicht stützen, da behandelnde Ärzte in der Regel erfahrungsgemäß ihre Patienten eher unterstützen möchten; deshalb waren die Leiden bzw. Diagnosen der Klägerin zu objektivieren durch das Gutachten von T2, der aber sich aus den in seinem Gutachten genannten Gründen desren Auffassung nicht anschließen konnte. Das Gutachten von L hat deren Beurteilung aus den vorgenannten Gründen auch nicht nachvollziehbarer gemacht. Mit dem wie oben beschriebenen vollschichtigen bzw. zumindest 6stündigem Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besonderen Zeitdruck und ohne Zwangshaltungen und ohne Nachtschicht ist die Klägerin aber nicht berufsunfähig, weil sie nach ihrer Berufsbiographie als zuletzt angelernte Arbeiterin verweisbar ist auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Mehrstufenschema. Nach diesem ist die Klägerin als zuletzt rentenversicherungspflichtig angelernte Arbeiterin bzw. ungelernte Arbeiterin verweisbar; ein größerer Berufsschutz ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin früher einmal als 2 Jahre gelernte Kosmetikfachverkäuferin tätig war. Denn diesen Beruf hat sie bereits 1980 aus nicht gesundheitlichen Gründen aufgegeben, worauf die Beklagte auch bereits im Widerspruchsbescheid hingewiesen hat. Auch die Aufgabe eines früheren Berufes aus Gründen der Kinderbetreuung hält den Berufsschutz nicht weiter aufrecht (vgl. BSGE 32, 242, 244). Die Klägerin ist mithin verweisbar auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, z. B. auch als Pförtnerin oder Sortiererin und Montiererin von kleinen Teilen. Solche Tätigkeiten stellen körperlich eher nur leichte Tätigkeiten dar und sind auch nicht notwendigerweise mit Zwangshaltungen oder Nachtschicht verbunden und auch nicht mit besonderem Zeitdruck.

Im übrigen ist auch die Situation des Arbeitsmarktes unerheblich. Das Risiko der Vermittelbarkeit der Klägerin fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherung (vgl. auch § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin ist mithin nicht berufsunfähig.

Die Klägerin ist damit und dies auch seit Oktober 2004 nicht als teilweise oder voll erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1, 2 SGB VI anzusehen, denn diese Vorschriften setzen eine noch weitergehende Leistungseinschränkung als die der Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI voraus, die die Kammer schon verneinen musste. Eine allgemeine volle oder teilweise Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 1, 2 SGB VI besteht nach § 43 Abs. 3 SGB VI auch nicht für den, der unter den üblichen Bedingungen auch nur des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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