L 11 B 637/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 SO 64/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 637/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen Ziffern I. und III. des Beschlusses des Sozialgerichts Landshut vom 27.09.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der ungedeckten Kosten für die Unterbringung des Antragstellers (ASt) im Pflegeheim V. , N ...

Der 1946 geborene ASt hielt sich vom Oktober 1998 bis Ende September 2000 in E. auf, wo er in Übergangswohnheimen, Notunterkünften und sonstigen Zufluchtsstätten lebte. Ende September 2000 brach er nach M. auf, um sich dort einer medizinischen Behandlung zu unterziehen. Nach Zwischenaufenthalten in Obdachenlosenunterkünften oder Krankenhäusern traf er am 31.10.2000 im Caritas-Wohnheim I. ein, wo er bis zum 11.11.2001 aufgenommen wurde. Vom 12.11.2001 bis 29.07.2002 befand er sich im Klinikum I ... Vom 30.07.2002 bis 13.10.2002 lebte er im M.heim P. , von wo aus er am 14.10.2002 wieder in das Klinikum I. zurückkehrte. Die Unterbringung des ASt in der geschlossenen Abteilung des psychiatrischen Krankenhauses erfolgte aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts I. vom 04.02.2002 in der Fassung des Beschlusses des Landgerichts I. vom 18.07.2002 im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren. Vom Klinikum I. wechselte der ASt am 02.01.2003 in das Fachpflegeheim E. in N ... Nach Aufhebung des Unterbringungsbeschlusses wechselte der ASt in das Pflegeheim V. , N. , wo er seither lebt.

Vom Beigeladenen erhielt der ASt für die Zeit ab dem 31.10.2000 Leistungen nach dem früheren Bundessozialhilfegesetz (BSHG), zuletzt Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Abs 1 Nr 8 BSHG. Nach dem Umzug des ASt in die offen geführte Pflegeeinrichtung V. stellte der Beigeladene mit Schreiben vom 31.01.2004 die Leistungen der Eingliederungshilfe ein.

Bereits mit Schreiben vom 21.11.2003 und vom 28.11.2003 beantragte der Betreuer des ASt beim Beigeladenen die Übernahme der Kosten bzw. die Erteilung einer Kostenzusage für die Unterbringung des ASt im Pflegeheim der V ... Ohne einen rechtsmittelfähigen Bescheid über den Antrag zu erteilen, antwortete der Beigeladene mit Schreiben vom 15.12.2003, dass eine vorläufige Kostenzusage nicht gemacht werde, bestätigte, dass der Antrag auf Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG vorliege und forderte weitere Unterlagen an.

Der Betreuer des ASt beantragte mit Schreiben vom 18.05.2004 über die Gemeindeverwaltung N. bei der Sozialhilfeverwaltung des Antragsgegners (Ag) die Übernahme der Unterbringungskosten in der o.a. Pflegeeinrichtung. Nach dem Gutachten des Med. Dienstes der Krankenkassen in Bayern vom 11.02.2004 ist beim ASt neben einer Behandlungspflege eine Grundpflege von zwei Minuten pro Tag sowie eine Unterbringung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung mit vorgegebenen Tagesstrukturen und geregeltem Tagesablauf erforderlich, um einer Verwahrlosungstendenz entgegenzuwirken.

Der Antrag auf Übernahme der Heimkosten ging beim Ag am 04.06.2004 ein. Zur Klärung der Frage der Zuständigkeit bat der Ag den Betreuer des ASt um weitere Angaben zu den Aufenthalten des ASt und den bisherigen Kostenträgern. Mit weiterem Schreiben vom 02.07.2004 meldete der Ag beim Betreuer des ASt Zweifel an seiner Zuständigkeit an.

In der Folgezeit stritten der Ag und der Beigeladene um die Zuständigkeit für die hier begehrte Leistung.

Am 25.08.2005 beantragte der ASt beim Sozialgericht Landshut (SG), den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die ungedeckten Unterbringungskosten in der Zeit vom 30.12.2003 bis 31.07.2005 in Höhe von 37.008,02 EUR sowie ab dem 01.08.2005 die anfallenden Unterbringungskosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Zugleich beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

Sowohl der Ag als auch der Beigeladene lehnten die Übernahme der Unterbringungskosten weiterhin ab.

Mit Beschluss vom 27.09.2005 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von PKH ab. Nachdem beim ASt vor dem Ersteintritt in eine Einrichtung kein gewöhnlicher Aufenthalt festgestellt werden konnte, ergebe sich die Zuständigkeit des Beigeladenen. Sie sei bei einem Wechsel der stationären Unterbringung auch erhalten geblieben.

Hiergegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Es sei zumindest unklar, dass der Beigeladene für die Erbringung der Sozialhilfeleistungen sachlich zuständig sein solle, gleichzeitig aber keine Verurteilung des Beigeladenen gemäß § 75 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist aber nicht begründet, denn das SG hat es - im Ergebnis - zu Recht abgelehnt, den Ag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Übernahme der geltend gemachten Unterkunftskosten zu verpflichten.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtstreit § 86b Abs 2 Satz 2 SGG dar.

Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74; vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4. Aufl, RdNr 643).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hat der ASt hierzu glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung -ZPO-; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86b RdNr 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Sinne ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des ASt zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO).

Dem ASt steht keine Anordnungsgrund zur Seite, soweit er die Übernahme der Unterkunftskosten für die Vergangenheit geltend macht. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen der Sozialhilfe, die bereits abgelaufene Bewilligungszeiträume betreffen, nicht mehr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden können, weil sie regelmäßig nicht zur Deckung des tatsächlichen gegenwärtigen Bedarfes notwendig sind. Im Falle des ASt ist nicht ersichtlich, dass sein Hilfeanspruch oder seine Unterbringung hierdurch gefährdet wäre. Er ist deshalb insoweit zumutbar auf ein etwaiges Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Soweit der ASt die Unterbringungskosten gegenüber dem Ag ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts geltend macht, steht ihm hierfür keine Anordnungsanspruch zur Seite. Das SG hat zu Recht die Verpflichtung des Ag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt, weil - im Ergebnis - der Beigeladene zur Leistungserbringung vorläufig zuständig ist.

Anders als das SG stützt der Senat seine Entscheidung auf § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), der eine im Einzelfall ausdifferenzierte Regelung über die Zusammenarbeit der Leistungsträger mit einer vorläufigen Zuständigkeit von Leistungsträgern gegenüber dem "eigentlich (endgültig) zuständigen Leistungsträger" vorsieht (BT-Drs 14/5074 S 102 f).

Dass der ASt zum berechtigten Personenkreis der Leistungen zur Teilhabe gehört, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Das Amt für Versorgung und Familienförderung M. hat seine Behinderung im Sinne des § 69 SGB IX mit Bescheid vom 20.02.2003 festgestellt.

Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist § 14 SGB IX hier einschlägig, weil der ASt Leistungen zur Teilhabe im Sinne des § 4 Abs 1 Nr 4 SGB IX geltend macht. Nach dieser Bestimmung umfassen die Leistungen zur Teilhabe die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern. Zu diesen Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 5 Nr 4 SGB IX) zählt vorliegend insbesondere auch die Unterbringung des ASt in der o.a. Pflegeeinrichtung. Ziel der Erbringung von Teilhabeleistungen ist es nach § 55 Abs 1 Halbs 1 Alternative 2 SGB IX, behinderte Menschen soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen, sie also so weit wie möglich in die Lage zu versetzen, von Pflegeleistungen Dritter unabhängig zu sein. Soweit dabei die Grenzziehung zwischen Teilhabeleistungen einerseits und Pflegeleistungen andererseits im Einzelfall schwierig ist, kommt es wesentlich auf die primär verfolgte Zielsetzung an. Leistungen zur Teilhabe im Sinne von § 55 Abs 1 Halbs 1 Alternative 1 SGB IX sind damit alle Leistungen, die den behinderten Menschen die Verwirklichung eines Teilhabeziels ermöglichen oder sichern, die also Beeinträchtigungsfolgen in Bezug darauf voll auszugleichen oder drohende Beeinträchtigungen voll abzuwenden vermögen (vgl dazu § 55 Abs 2 Nr 6 SGB IX). Es genügt auch, wenn sie geeignet sind, die Folgen einer Behinderung zu mildern (siehe dazu: Schütze in Hauck/Noftz, SGB IX, Stand: Nov 2005, § 55 Rdnrn 13 ff).

Hier ist ausweislich des Gutachtens des Med. Dienstes der Krankenkassen in Bayern vom 11.02.2004 die Unterbringung des ASt, auch wenn aus krankheits- bzw. behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen keine erhebliche Pflegebedürftigkeit resultiert, in einer vollstationären Pflegeeinrichtung mit vorgegebenen Tagesstrukturen und geregeltem Tagesablauf erforderlich, um einer Verwahrlosungstendenz bei ihm entgegenzuwirken. Der ASt benötigt Teilhilfe bei der Strukturierung seines Tagesablaufes und er kann sich auf nicht vertraute soziale Situationen nicht adäquat und schnell einstellen. Seine sozialen Angelegenheiten müssen - nach wie vor - vom Betreuer geregelt werden. Eine eigenständige Lebensführung ist aufgrund der Verwahrlosungstendenzen nicht möglich. Wie die Sozialhilferichtlinien zum BSHG den Hilfebedarf des ASt einordnen, ist für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich.

Der Ag ist mithin ebenso wie der Beigeladene Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX.

§ 14 SGB IX wird auch nicht durch die Regelung über die vorläufige Leistungserbringung in § 97 BSHG / § 98 SGB XII verdrängt, weil er für die Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen eine für die Rehabilitationsträger abschließende Regelung enthält, die den allgemeinen Regelungen zur vorläufigen Zuständigkeit oder Leistungserbringung im Ersten Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und den Leistungsgesetzen der Rehabilitationsträger vorgeht und alle Fälle der Feststellung der Leistungszuständigkeit erfasst (siehe dazu: Götze in Hauck/Noftz, aaO, § 14 Rdnr 2 mit Hinw. auf BT-Drs 14/5074 S 102 f).

Das Bundessozialgericht (BSG) führt in seiner Entscheidung vom 26.10.2004 - Az: B 7 AL 16/00 R - zu § 14 SGB IX im Wesentlichen aus, Hauptanliegen des SGB IX sei es, die Koordination der Leistungen und die Kooperation der Leistungsträger durch wirksame Instrumente sicherzustellen. Nach § 14 SGB IX sollen Streitigkeiten über die Zuständigkeitsfrage bei ungeklärter Zuständigkeit nicht mehr zu Lasten der behinderten Menschen bzw. der Schnelligkeit und Qualität der Leistungserbringung gehen. Grundsätzlich solle zwar die Zuständigkeit der einzelnen Zweige der sozialen Sicherheit für Rehabilitationsträger unberührt bleiben, jedoch solle das Verfahren durch eine rasche Zuständigkeitsklärung deutlich verkürzt werden, damit die Berechtigten die Leistungen schnellstmöglich erhalten. Die Vorschrift nehme es deshalb in Kauf, dass eine endgültige Klärung der Zuständigkeit erst nach der Leistungsbewilligung durch den vorläufig zuständigen Rehabiltationsträger erfolge (siehe dazu auch: Oppermann in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 5 Rdnr 22).

Der Beigeladene ist bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren - wie es hier erforderlich und ausreichend ist - zur Kostenübernahme nach § 14 Abs 1, 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet. Nach dieser Vorschrift klärt ein Rehabilitationsträger, bei dem ein Antrag auf Leistungen auf Rehabilitation gestellt worden ist, unverzüglich mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger die Frage, von wem und in welcher Weise über den Antrag zu entscheiden ist. Vorliegend ist es unstreitig, dass der ASt einen solchen Antrag beim Beigeladenen bereits mit Schreiben vom 21.11.2003 gestellt hat, das am selben Tage beim Beigeladenen eingegangen ist.

Der Beigeladene hat diesen Antrag entgegen § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX weder an den seines Erachtens zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet noch selbst innerhalb der gesetzlich vorgesehen Frist von zwei Wochen abgelehnt oder die Leistung selbst erbracht. In diesem Falle ergibt sich - wie das BSG ausdrücklich festgestellt hat - seine vorläufige Zuständigkeit und nicht nur seine vorläufige Leistungspflicht. Wer endgültig für die Leistung zuständig ist, spielt mithin keine Rolle.

Steht somit die Pflicht zur vorläufigen Leistung des Beigeladenen fest, so fehlt es dem ASt zudem an einem Rechtsschutzbedürfnis, einen weiteren Leistungsträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes heranzuziehen (vgl. dazu: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 86b Rdnr 26b).

Gleichwohl kann der ASt eine Verpflichtung des Beigeladenen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erreichen, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehlt.

Als Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Beigeladenen kommt lediglich § 75 Abs 5 SGG in Betracht, der bestimmt, dass ein Versicherungsträger oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land nach Beiladung verurteilt werden kann. Die Frage, ob - bei Zuständigkeit der Sozialgerichte für die Entscheidung über Sozialhilfesachen ab dem 01.01.2005 - auch eine denkbare Verurteilung des Sozialhilfeträgers in analoger Anwendung des § 75 Abs 5 SGG in Betracht kommt, hat das BSG in der o.a. Entscheidung offen gelassen. Der Senat ist aber der Auffassung, dass § 75 Abs 5 SGG nicht analog anwendbar ist (vgl. dazu auch: Binder, SGG, § 75 Rdnr 14; Henning, SGG, § 75 Rdnr 45; siehe dazu auch Leitherer in Meyer-Ladewig, aaO, § 75 Rdnr 18). Das ergibt sich zum einen bereits aus dem Ausnahmecharakter der Vorschrift (vgl. dazu: BayLSG vom 20.10.2005 Az: L 4 Kr 181/02). Richtig ist - insoweit tritt der Senat den Überlegungen des Schleswig Holsteinischen LSG im Beschluss vom 09.11.2005 (Az: L 9 B 268/05 SO ER) bei -, dass es nach der Übernahme der Zuständigkeiten der Sozialgerichtsbarkeit für Streitigkeiten nach dem SGB II und dem SGB XII sinnvoll wäre, die im Gesetz aufgeführte Möglichkeit der Verpflichtung des Beigeladenen auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Sozialhilfeträger zu erstrecken. Dem entgegen hat der Gesetzgeber aber durch das 7.Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (7.SGGÄndG) vom 09.12.2004 (BGBl I S 3302) eine Vielzahl von Vorschriften des SGG im Hinblick auf die Übernahme der Zuständigkeiten für das SGB XII geändert, nicht aber § 75 Abs 5 SGG. Weder der Begründung zum Gesetzentwurf zum 7.SGGÄndG noch den sonstigen Materialien kann eine planwidrige Regelungslücke entnommen werden, die eine analoge Heranziehung der Vorschrift in der vorliegenden Fallgestaltung angezeigt erscheinen ließe. Der Sozialhilfeträger gehört auch nicht zum Kreis derer, die der Gesetzgeber beim Erlass des § 75 Abs 5 SGG im Auge hatte, so dass die Frage, ob § 75 Abs 5 SGG an sich einer analogen Anwendung zugänglich ist, sich hier nicht entscheidungserheblich stellt. Es ist Sache des Gesetzgebers, hier eine Regelung zu treffen oder weiterhin zu unterlassen.

Nach alledem kann die Beschwerde des ASt keinen Erfolg haben.

Ebenfalls abzulehnen war mithin der Antrag des ASt auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren.

Aus den o.a. Gründen ergibt sich, dass die Beschwerde des ASt gegen den den einstweiligen Rechtsschutz versagenden Beschluss des SG vom 27.09.2005 von Anfang an keinen Erfolg hatte (§ 73a SGG iVm § 114 ZPO).

Auf die Frage der Mutwilligkeit und auf die persönlichen Bewilligungsvoraussetzungen für die PKH kommt es nach alledem nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Das Verfahren der PKH ist kostenfrei.

Gegen diese Entscheidung gibt es kein Rechtsmittel (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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