L 31 B 130/07 KR NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 111/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 B 130/07 KR NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. September 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 58, 49 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. September 2006 ist gemäß § 145 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber unbegründet. Denn weder ist die Berufung gegen das Urteil bereits kraft Gesetzes zulässig noch sind Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGG gegeben.

Die im Grundsatz nach § 143 SGG statthafte Berufung ist hier kraft Gesetzes ausgeschlossen und bedürfte daher nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes dieses Rechtsstreits in Höhe von 58,49 EUR den Beschwerdewert von 5000,00 EUR nicht übersteigt.

Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG bestehen hingegen nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn von ihrer Entscheidung erwartet werden kann, dass sie zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Dies ist der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige konkrete Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Nicht klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage, wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt ist. Klärungsfähig ist die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage, wenn es im konkreten Einzelfall auf sie ankommt, wenn sie also für den zu entscheidenden Streitfall rechtserheblich ist (Kummer, NZS 1993, S. 337 ff [341 f.]).

Nach Auffassung der Klägerin "ist die Rechtsfrage klärungsbedürftig, "ob und inwieweit bei fehlerhafter Abrechnung von Krankenbehandlungskosten im Wege der Gesamtvergütung, bei Kenntnis des zuständigen Leistungsträgers ein Erstattungsanspruch gegen diesen im Wege von § 105 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch geltend gemacht werden kann". Klärungsbedürftig sei diese Rechtsfrage deshalb, weil das Sozialgericht mit seinem Urteil insoweit von dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. November 1998 - B 1 KR 21/96 R -, BSG 3-1300 § 104 Nr. 14) abweiche. Das BSG habe in diesem Urteil die aufgezeigte Rechtsfrage zu Gunsten der Klägerin entschieden.

Der Senat kann offen lassen, ob dies zutreffend ist. Denn sofern das BSG die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage zu ihren Gunsten entschieden haben sollte, ist diese Rechtsfrage nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie dann bereits höchstrichterlich geklärt ist. Sollte das BSG entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage in dem von ihr zitierten Urteil nicht entschieden haben, ist diese Rechtsfrage nicht klärungsfähig, weil es auf sie im vorliegenden Fall nicht ankommt. Denn das Sozialgericht hat die Klage im Kern mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin hätte den entstandenen Schaden zunächst nach § 48 des Bundesmantelvertrages - Ärzte (BMV - Ä) gegenüber der Beigeladenen zu 1) geltend machen müssen. Auf die Erwägungen der Klägerin ist das Sozialgericht insoweit ausschließlich hilfsweise eingegangen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, dass das Sozialgericht "die eigentliche Rechtsfrage nicht mit der Entscheidung geklärt, sondern lediglich quasi wie eine Rechtswegzuweisung die Lösung über einen Korrekturanspruch aus § 48 des BMV - Ä für anwendbar hielt", wendet sie sich sinngemäß gegen die Richtigkeit des Urteils des Sozialgerichts Potsdam vom 19. September 2006. Die Richtigkeit eines Urteils soll im Rahmen eines Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde aber gerade nicht geprüft werden. Vielmehr soll es gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei Verfahren mit geringem Streitwert - wie hier - grundsätzlich mit einer gerichtlichen sachlichen Überprüfung des Klagebegehrens sein Bewenden haben.

Die Berufung ist auch nicht gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG wegen einer Rechtsprechungsabweichung zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung liegt vor, wenn ein gleicher Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht anders beurteilt wird. Das Gericht muss einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen Rechtssatz eines der genannten Gerichte aufgestellt haben. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des Gerichts nicht den Kriterien entspricht, die beispielsweise das BSG aufgestellt, sondern erst, wenn das Gericht diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (BSG, Breithaupt 2003, 159 [162]). Das Gericht muss also eine Rechtsfrage entschieden haben, es reicht nicht, wenn es diese übersehen hat (Niesel, Der Sozialgerichtsprozeß, 4. Auflage 2005, RdNr. 537), das Urteil also fehlerhaft ist (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 160 RdNr. 13). Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung wegen Abweichung (BSG, Breithaupt, a.a.O.).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Abgesehen davon, dass das Sozialgericht festgestellt hat, dass der von dem BSG entschiedene Fall in zwei wesentlichen Punkten von dem vorliegenden Sachverhalt abweicht, hat das Sozialgericht auch keinen, von einem in dem zitierten Urteil des BSG aufgestellten Rechtssatz, abweichenden Rechtssatz aufgestellt, sondern die Klage mit einer gänzlich anderen Begründung abgewiesen und ausschließlich hilfsweise begründet, warum das Urteil des BSG seines Erachtens hier nicht einschlägig sei.

Soweit die Klägerin ihre Nichtzulassungsbeschwerde unter Berufung auf einen Verfahrensverstoß des Sozialgerichts begründet, ist ein solcher nicht gegeben. Ein Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt. Der geltend gemachte Mangel muss sich auf das Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil und nicht auf den sachlichen Inhalt des Urteils beziehen. Eine derartige Rüge hat die Klägerin nicht erhoben. Sie rügt nicht das prozessuale Vorgehen des Gerichts, sondern sie rügt, dass das Sozialgericht bei seiner Entscheidung die zitierte Rechtsprechung des BSG außer Acht gelassen habe und sich "offenkundig nicht mit der Regelung des § 48 BMV - Ä befasst und es unterlassen habe, zu klären, ob die hier entschiedene Fallgestaltung von der Regelung des § 48 BMV - Ä erfasst werde". Im Kern wendet sich die Klägerin mit diesem Vorbringen damit ausschließlich gegen die Richtigkeit des Urteils. Sie macht keinen Verfahrensfehler geltend, auf dem die Entscheidung beruhen könnte, zumal dem Gericht der Streitstoff insoweit vollständig vorlag, sondern sie rügt, dass das Gericht wegen einer unzureichenden Auseinandersetzung mit dem Streitstoff zu einer fehlerhaften Entscheidung gekommen sei. Im Zulassungsverfahren nach § 144 Abs. 2 SGG kann sie damit aber gerade nicht gehört werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs.1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Die Wertfestsetzung folgt aus § 197 a Abs.1 Satz 1 SGG, § 72 Nr.1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgerichts angefochten werden (§ 177 SGG). Nach § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgerichts rechtskräftig.
Rechtskraft
Aus
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