Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2788/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5313/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, streitig.
Die 1944 geborene Klägerin war bis einschließlich 31. Dezember 1989 versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie vom 1. Januar 1990 bis 29. Oktober 1991 arbeitslos gemeldet. Vom 1. April bis 31. Dezember 1999 sowie vom 1. Januar bis 30. April 2000 war sie jeweils geringfügig beschäftigt.
Am 30. Juni 2004 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, wobei sie angab, sich bereits seit 31. Dezember 1989 für erwerbsgemindert zu halten (der Rentenantrag befindet sich nicht in der Akte).
Mit Bescheid vom 30. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. In den letzten fünf Jahren, d. h. im maßgeblichen Zeitraum vom 30. Juni 1999 bis 29. Juni 2004, seien keine Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Bei diesem Sachverhalt sei nicht geprüft worden, ob eine volle bzw. eine teilweise Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vorliege.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe bereits anlässlich ihres Rentenantrags vorgetragen, seit dem 31. Dezember 1989 erwerbsgemindert zu sein. Zum Nachweis legte sie einen Entlassungsbericht über die am 31. Mai 1989 durchgeführte abdominale Hysterektomie, einen Oberbauchsonographiebefund vom 29. Oktober 1990, einen orthopädischen Befundbericht vom 1. Februar 1990 (chronisches Cervicalsyndrom sowie chronische Lumbalgie bei statischer Fehlstellung und Übergangsstörung L5/S1 und deutlichen degenerativen Veränderungen der WS, Adipositas, muskuläre Dysbalance), einen Befundbericht über eine Schilddrüsenuntersuchung vom 4. März 1997, einen Krankenhausentlassungsbericht nach erstmaligem generalisierten Krampfanfall vom 11. April 1997 sowie ein ärztliches Attest des Internisten, Suchttherapeuten und Facharztes für Neurologie Dr. S. vor. Dieser führte aus, die Klägerin sei seit 1989 an Bauchbeschwerden durch Nierensteine, Endometriose und eine Gastritis sowie postoperative Briden mit Subileus-Symptomatik erkrankt. Schon damals seien erhebliche Wirbelsäulenbeschwerden dokumentiert (lumbal betonte Myogelosen, Spondylarthrose und Osteochondrose sowie Haltungsschäden). 1997 sei eine Clonazepamabhängigkeit und ein metabolisches Syndrom hinzugekommen, welches nur schwer einstellbar sei. Insgesamt seien die Beschwerden der Klägerin vielfältig und z.T. schon über Jahre bestehend. Seiner Ansicht nach sei sie auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar im Sinne einer Erwerbsfähigkeit.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Stellungnahme durch ihren sozialmedizinischen Dienst. Der Neurologe und Psychiater, Schmerztherapeut und Sozialmediziner Dr. G. führte aus, anhand des aktuellen Befundberichtes sei eine Leistungsminderung zu diskutieren. Alle weiteren Vorbefunde ließen in keinster Weise zu, insbesondere nicht die vorgelegten Befundberichte aus den Jahren 1989 und 1990 und selbst der Klinik-Entlassungsbericht aus dem Jahre 1997 nach erstmaligem cerebralem Krampfanfall, auf eine wesentliche quantitative Leistungsminderung zu schließen. Die Annahme einer Erwerbsminderung bereits seit Ende 1989 müsse daher als völlig ungerechtfertigt zurückgewiesen werden.
Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2005 mit der Begründung zurück, aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergäben sich keine wesentlichen quantitativen Leistungsminderungen für die Zeit vor dem 30. November 1993 (letztmalige Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen). Im maßgebenden Zeitraum vor der Rentenantragstellung vom 30. Juni 1999 bis 29. Juni 2004 seien keine Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Der Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 31. Mai 2004 sei nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien daher auch zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht erfüllt.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, bereits der gynäkologische Bericht vom 19. Juni 1989 zeige erhebliche gesundheitliche Beschwerden. Diese seien bereits chronisch gewesen und hätten zu einer erheblichen Leistungseinschränkung geführt. Dies gelte auch für die orthopädischen Befunde. Sie habe keine körperlich belastenden Tätigkeiten, aber auch keine leichte Bürotätigkeit mehr ausüben können. In der Folgezeit habe sich ihr Gesundheitszustand nicht verbessert.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den behandelnden Arzt Dr. S. als sachverständigen Zeugen befragt.
Dr. S. führte aus, dass er die Klägerin seit Februar 2004 wegen eines metabolischen Syndroms (Adipositas per magna, Hypertonie, Diabetes Typ II mit Polyneuropathie, Hyperlipidämie), Hyperthyreose mit solitärem autonomen Adenom, Nephrolithiasis mit rezidivierenden Nierenkoliken, Briden nach Hysterektomie und Douglas-Endometriose 1989, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie Rotatorenmanschettensyndrom, schwerer agitierter Depression mit Insomnie und Somatisierungsstörung, Krampfleiden mit rezidivierenden generalisierten Anfällen mit benignem paroxysmalem Lagerungsschwindel sowie einer schweren Angststörung mit Panikattacken behandele. Im Vordergrund stünde die psychiatrische Erkrankung, nämlich die anhaltende depressive Episode mit überlagerter schwerer Suchterkrankung. Dies werde verschlimmert durch die internistischen (Blutzucker- und Blutdruckentgleisungen, Schilddrüsenüberfunktion) und orthopädischen (Schmerzen: Schulter-Ellenbogen, Knie, Wirbelsäulen) Erkrankungen. Er erachte die Klägerin deswegen für weniger als drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Diese Einschränkung bestehe seit Jahren, auf jeden Fall aber in den letzten anderthalb Jahren, in denen er sie selbst betreue.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 19. Oktober 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin habe den Nachweis, dass die Erwerbsminderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt, insbesondere bereits am 31. Dezember 1989 bzw. bis zum 30. November 1993 (dem Zeitpunkt, zu dem letztmalig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen wären), nicht erbringen können. Nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. S. sei zwar davon auszugehen, dass sie derzeit nicht in der Lage sei, drei Stunden und mehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Angaben über den Gesundheitszustand in der Zeit von 1989 bis 1993 habe Dr. S. jedoch nicht machen können, da die Klägerin erst seit Februar 2004 bei ihm in Behandlung gestanden hätte. Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Befundberichte könne ebenfalls nicht von einem Leistungsfall vor dem 30. November 1993 ausgegangen werden. Diese Befundberichte belegten zwar, dass die Klägerin bereits in den Jahren 1989/1990 unter gesundheitlichen Einschränkungen gelitten habe. Dies beweise jedoch nicht, dass sie aufgrund dieser gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage gewesen sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Weitere Befundberichte habe sie trotz Ankündigung nicht vorgelegt.
Mit ihrer dagegen am 23. Oktober 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, sie habe ab 1990 keine Leistungen von der Arbeitslosenversicherung mehr in Anspruch genommen, da sie in dieser Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen wäre, eine Arbeitsstelle anzutreten. Darüber hinaus habe sie ab diesem Zeitpunkt ihre Schwiegermutter gepflegt, was ebenfalls einer abhängigen Beschäftigung entgegen gestanden hätte. Nach dem Tode ihrer Schwiegermutter im Jahre 1994 hätte dann kein Anspruch mehr auf Leistungen bestanden, so dass sie auch keinen Antrag mehr gestellt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 13. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juni 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Berufungsbegründung keinen neuen Gesichtspunkt enthalte, so dass die angefochtene Gerichtsentscheidung sachgerecht sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat weitere die Klägerin behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen befragt.
Dr. K., der seine Praxis zum 31. März 2004 aus Altersgründen an seinen Nachfolger übergeben hatte, konnte weitere Auskünfte nicht erteilen. Unterlagen über die Jahre 1989 bis 1993 existierten nicht mehr, da sie die Aufbewahrungsfrist deutlich überschritten.
Dr. S., Facharzt für Innere Medizin, der die Klägerin seit Februar 1999 bis zu ihrem Umzug nach Süddeutschland Ende 2003 hausärztlich betreut hatte, teilte mit, er habe die Klägerin wegen eines Diabetes mellitus, einer Adipositas, Varikosis beidseits, einer diabetischen Polyneuropathie, einem Carpaltunnelsyndrom, einer Hyperthyreose bei Knotenstruma, einem Verdacht auf Schlaf-Apnoe-Syndrom sowie einem metabolischen Syndrom behandelt. Da sich die Klägerin erst seit 1999 in seiner hausärztlichen Behandlung befunden habe, könne er keine Angaben dazu machen, ob sie bereits in den Jahren 1989 bis 1993 erwerbsunfähig gewesen wäre.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.
Die Rechtsgrundlagen hierfür sind in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2004 zutreffend dargestellt, weswegen der Senat hierauf zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen nach §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG Bezug nimmt.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin auch zur Überzeugung des Senats nicht. Zwar kann in Übereinstimmung mit der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. davon ausgegangen werden, dass die Klägerin seit Februar 2004 erwerbsgemindert ist. Sie kann jedoch nicht nachweisen, dass der Leistungsfall bereits vor dem 30. November 1993 eingetreten ist. Dies hat das SG in Auswertung der sachverständigen Zeugenaussage sowie der von der Klägerin vorgelegten Befundberichte ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und sieht insofern von einer weiteren Darstellung nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren haben nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Die von dem Senat befragten Ärzte konnten entweder gar keine Angaben mehr zum Gesundheitszustand der Klägerin machen, da ihnen keinerlei Unterlagen mehr vorlagen, oder erst zu den Verhältnissen ab 1999, nicht jedoch zu der maßgebenden Zeit vor November 1993, zu der die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 30. Juli 2004 letztmalig erfüllt waren. Der Sachverhalt ist hierdurch aufgeklärt. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht. Insbesondere bedurfte es der Befragung der Praxisnachfolger nicht. Dr. K. hat ausdrücklich mitgeteilt, dass er Unterlagen über die Klägerin aus den Jahren 1989 bis 1993 wegen Überschreitens der Aufbewahrungsfrist nicht mehr aufbewahrt hat.
Für die Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Feststellung spricht demgegenüber insbesondere, dass die Klägerin zwar nur bis Ende 1989 gearbeitet hat, danach aber noch arbeitslos gemeldet war, d.h. sich für arbeitsfähig erachtet hat. Weiterhin war sie gesundheitlich noch in der Lage, ihre Schwiegermutter bis zu deren Tode 1994 zu pflegen, mithin war ihr Restleistungsvermögen nicht, wie sie behauptet hat, vollständig seit 1989 aufgehoben.
Nach alledem steht in Auswertung der von der Klägerin vorgelegten Befundberichte zwar fest, dass diese vor November 1993 an diversen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten hat, nicht jedoch, inwiefern dadurch die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in rentenberechtigendem Ausmaße quantitativ limitiert war. Dies geht nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der allgemeinen Beweislast zu Lasten der Klägerin (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, § 103 Rdnr. 19a).
De Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, insbesondere ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, streitig.
Die 1944 geborene Klägerin war bis einschließlich 31. Dezember 1989 versicherungspflichtig beschäftigt. Danach war sie vom 1. Januar 1990 bis 29. Oktober 1991 arbeitslos gemeldet. Vom 1. April bis 31. Dezember 1999 sowie vom 1. Januar bis 30. April 2000 war sie jeweils geringfügig beschäftigt.
Am 30. Juni 2004 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, wobei sie angab, sich bereits seit 31. Dezember 1989 für erwerbsgemindert zu halten (der Rentenantrag befindet sich nicht in der Akte).
Mit Bescheid vom 30. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. In den letzten fünf Jahren, d. h. im maßgeblichen Zeitraum vom 30. Juni 1999 bis 29. Juni 2004, seien keine Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Bei diesem Sachverhalt sei nicht geprüft worden, ob eine volle bzw. eine teilweise Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vorliege.
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe bereits anlässlich ihres Rentenantrags vorgetragen, seit dem 31. Dezember 1989 erwerbsgemindert zu sein. Zum Nachweis legte sie einen Entlassungsbericht über die am 31. Mai 1989 durchgeführte abdominale Hysterektomie, einen Oberbauchsonographiebefund vom 29. Oktober 1990, einen orthopädischen Befundbericht vom 1. Februar 1990 (chronisches Cervicalsyndrom sowie chronische Lumbalgie bei statischer Fehlstellung und Übergangsstörung L5/S1 und deutlichen degenerativen Veränderungen der WS, Adipositas, muskuläre Dysbalance), einen Befundbericht über eine Schilddrüsenuntersuchung vom 4. März 1997, einen Krankenhausentlassungsbericht nach erstmaligem generalisierten Krampfanfall vom 11. April 1997 sowie ein ärztliches Attest des Internisten, Suchttherapeuten und Facharztes für Neurologie Dr. S. vor. Dieser führte aus, die Klägerin sei seit 1989 an Bauchbeschwerden durch Nierensteine, Endometriose und eine Gastritis sowie postoperative Briden mit Subileus-Symptomatik erkrankt. Schon damals seien erhebliche Wirbelsäulenbeschwerden dokumentiert (lumbal betonte Myogelosen, Spondylarthrose und Osteochondrose sowie Haltungsschäden). 1997 sei eine Clonazepamabhängigkeit und ein metabolisches Syndrom hinzugekommen, welches nur schwer einstellbar sei. Insgesamt seien die Beschwerden der Klägerin vielfältig und z.T. schon über Jahre bestehend. Seiner Ansicht nach sei sie auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar im Sinne einer Erwerbsfähigkeit.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Stellungnahme durch ihren sozialmedizinischen Dienst. Der Neurologe und Psychiater, Schmerztherapeut und Sozialmediziner Dr. G. führte aus, anhand des aktuellen Befundberichtes sei eine Leistungsminderung zu diskutieren. Alle weiteren Vorbefunde ließen in keinster Weise zu, insbesondere nicht die vorgelegten Befundberichte aus den Jahren 1989 und 1990 und selbst der Klinik-Entlassungsbericht aus dem Jahre 1997 nach erstmaligem cerebralem Krampfanfall, auf eine wesentliche quantitative Leistungsminderung zu schließen. Die Annahme einer Erwerbsminderung bereits seit Ende 1989 müsse daher als völlig ungerechtfertigt zurückgewiesen werden.
Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2005 mit der Begründung zurück, aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergäben sich keine wesentlichen quantitativen Leistungsminderungen für die Zeit vor dem 30. November 1993 (letztmalige Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen). Im maßgebenden Zeitraum vor der Rentenantragstellung vom 30. Juni 1999 bis 29. Juni 2004 seien keine Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Der Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis 31. Mai 2004 sei nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien daher auch zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht erfüllt.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, bereits der gynäkologische Bericht vom 19. Juni 1989 zeige erhebliche gesundheitliche Beschwerden. Diese seien bereits chronisch gewesen und hätten zu einer erheblichen Leistungseinschränkung geführt. Dies gelte auch für die orthopädischen Befunde. Sie habe keine körperlich belastenden Tätigkeiten, aber auch keine leichte Bürotätigkeit mehr ausüben können. In der Folgezeit habe sich ihr Gesundheitszustand nicht verbessert.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG den behandelnden Arzt Dr. S. als sachverständigen Zeugen befragt.
Dr. S. führte aus, dass er die Klägerin seit Februar 2004 wegen eines metabolischen Syndroms (Adipositas per magna, Hypertonie, Diabetes Typ II mit Polyneuropathie, Hyperlipidämie), Hyperthyreose mit solitärem autonomen Adenom, Nephrolithiasis mit rezidivierenden Nierenkoliken, Briden nach Hysterektomie und Douglas-Endometriose 1989, degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie Rotatorenmanschettensyndrom, schwerer agitierter Depression mit Insomnie und Somatisierungsstörung, Krampfleiden mit rezidivierenden generalisierten Anfällen mit benignem paroxysmalem Lagerungsschwindel sowie einer schweren Angststörung mit Panikattacken behandele. Im Vordergrund stünde die psychiatrische Erkrankung, nämlich die anhaltende depressive Episode mit überlagerter schwerer Suchterkrankung. Dies werde verschlimmert durch die internistischen (Blutzucker- und Blutdruckentgleisungen, Schilddrüsenüberfunktion) und orthopädischen (Schmerzen: Schulter-Ellenbogen, Knie, Wirbelsäulen) Erkrankungen. Er erachte die Klägerin deswegen für weniger als drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leistungsfähig. Diese Einschränkung bestehe seit Jahren, auf jeden Fall aber in den letzten anderthalb Jahren, in denen er sie selbst betreue.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 19. Oktober 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin habe den Nachweis, dass die Erwerbsminderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt, insbesondere bereits am 31. Dezember 1989 bzw. bis zum 30. November 1993 (dem Zeitpunkt, zu dem letztmalig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen wären), nicht erbringen können. Nach den Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. S. sei zwar davon auszugehen, dass sie derzeit nicht in der Lage sei, drei Stunden und mehr leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Angaben über den Gesundheitszustand in der Zeit von 1989 bis 1993 habe Dr. S. jedoch nicht machen können, da die Klägerin erst seit Februar 2004 bei ihm in Behandlung gestanden hätte. Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Befundberichte könne ebenfalls nicht von einem Leistungsfall vor dem 30. November 1993 ausgegangen werden. Diese Befundberichte belegten zwar, dass die Klägerin bereits in den Jahren 1989/1990 unter gesundheitlichen Einschränkungen gelitten habe. Dies beweise jedoch nicht, dass sie aufgrund dieser gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage gewesen sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Weitere Befundberichte habe sie trotz Ankündigung nicht vorgelegt.
Mit ihrer dagegen am 23. Oktober 2006 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, sie habe ab 1990 keine Leistungen von der Arbeitslosenversicherung mehr in Anspruch genommen, da sie in dieser Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage gewesen wäre, eine Arbeitsstelle anzutreten. Darüber hinaus habe sie ab diesem Zeitpunkt ihre Schwiegermutter gepflegt, was ebenfalls einer abhängigen Beschäftigung entgegen gestanden hätte. Nach dem Tode ihrer Schwiegermutter im Jahre 1994 hätte dann kein Anspruch mehr auf Leistungen bestanden, so dass sie auch keinen Antrag mehr gestellt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16. Oktober 2006 sowie den Bescheid vom 13. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juni 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Berufungsbegründung keinen neuen Gesichtspunkt enthalte, so dass die angefochtene Gerichtsentscheidung sachgerecht sei.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat weitere die Klägerin behandelnde Ärzte als sachverständige Zeugen befragt.
Dr. K., der seine Praxis zum 31. März 2004 aus Altersgründen an seinen Nachfolger übergeben hatte, konnte weitere Auskünfte nicht erteilen. Unterlagen über die Jahre 1989 bis 1993 existierten nicht mehr, da sie die Aufbewahrungsfrist deutlich überschritten.
Dr. S., Facharzt für Innere Medizin, der die Klägerin seit Februar 1999 bis zu ihrem Umzug nach Süddeutschland Ende 2003 hausärztlich betreut hatte, teilte mit, er habe die Klägerin wegen eines Diabetes mellitus, einer Adipositas, Varikosis beidseits, einer diabetischen Polyneuropathie, einem Carpaltunnelsyndrom, einer Hyperthyreose bei Knotenstruma, einem Verdacht auf Schlaf-Apnoe-Syndrom sowie einem metabolischen Syndrom behandelt. Da sich die Klägerin erst seit 1999 in seiner hausärztlichen Behandlung befunden habe, könne er keine Angaben dazu machen, ob sie bereits in den Jahren 1989 bis 1993 erwerbsunfähig gewesen wäre.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die damit insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, da sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.
Die Rechtsgrundlagen hierfür sind in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2004 zutreffend dargestellt, weswegen der Senat hierauf zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen nach §§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG Bezug nimmt.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin auch zur Überzeugung des Senats nicht. Zwar kann in Übereinstimmung mit der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. davon ausgegangen werden, dass die Klägerin seit Februar 2004 erwerbsgemindert ist. Sie kann jedoch nicht nachweisen, dass der Leistungsfall bereits vor dem 30. November 1993 eingetreten ist. Dies hat das SG in Auswertung der sachverständigen Zeugenaussage sowie der von der Klägerin vorgelegten Befundberichte ausführlich begründet dargelegt. Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an und sieht insofern von einer weiteren Darstellung nach § 153 Abs. 2 SGG ab.
Auch die Ermittlungen im Berufungsverfahren haben nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Die von dem Senat befragten Ärzte konnten entweder gar keine Angaben mehr zum Gesundheitszustand der Klägerin machen, da ihnen keinerlei Unterlagen mehr vorlagen, oder erst zu den Verhältnissen ab 1999, nicht jedoch zu der maßgebenden Zeit vor November 1993, zu der die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 30. Juli 2004 letztmalig erfüllt waren. Der Sachverhalt ist hierdurch aufgeklärt. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten bestehen nicht. Insbesondere bedurfte es der Befragung der Praxisnachfolger nicht. Dr. K. hat ausdrücklich mitgeteilt, dass er Unterlagen über die Klägerin aus den Jahren 1989 bis 1993 wegen Überschreitens der Aufbewahrungsfrist nicht mehr aufbewahrt hat.
Für die Richtigkeit der von der Beklagten getroffenen Feststellung spricht demgegenüber insbesondere, dass die Klägerin zwar nur bis Ende 1989 gearbeitet hat, danach aber noch arbeitslos gemeldet war, d.h. sich für arbeitsfähig erachtet hat. Weiterhin war sie gesundheitlich noch in der Lage, ihre Schwiegermutter bis zu deren Tode 1994 zu pflegen, mithin war ihr Restleistungsvermögen nicht, wie sie behauptet hat, vollständig seit 1989 aufgehoben.
Nach alledem steht in Auswertung der von der Klägerin vorgelegten Befundberichte zwar fest, dass diese vor November 1993 an diversen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelitten hat, nicht jedoch, inwiefern dadurch die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in rentenberechtigendem Ausmaße quantitativ limitiert war. Dies geht nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der allgemeinen Beweislast zu Lasten der Klägerin (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, § 103 Rdnr. 19a).
De Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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