Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 8 AL 624/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 B 101/07 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 17. November 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Übernahme der Kosten für eine Ausbildung zum Tischler und die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe bzw. entsprechender Leistungen hierfür.
Der 1988 geborene Antragsteller ist Deutscher. Er besuchte bis zum 17. Juni 2005 die Gesamtschule E "im gemeinsamen Unterricht", die er mit dem Abschluss der allgemeinen Förderschule abschloss. Aus den Protokollen über Beratungsgespräche bei dem Antragsgegner zu 1) in den Jahren 2004 und 2005 ergibt sich, dass der Antragsteller Hilfe bei der beruflichen Eingliederung wünscht; es wurden erhebliche Einschränkungen im leistungsmäßigen Bereich und hinsichtlich der psychischen Belastbarkeit festgestellt. Die begleitenden Dienste eines Berufsbildungswerkes wurden als unerlässlich angesehen. Ein Gutachten des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. H vom 5. Februar 2004 auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung des Antragstellers enthält folgende Diagnosen: - Verdacht auf Hirnschädigung unklarer Ursache bei Verdacht auf Störung im Sauerstofftransport der Zellen - Anpassungsstörung mit Stimmungsschwankungen - leichte Lernminderung - Hohlrundrücken ohne Beschwerden. Im Vordergrund stünden die anfallsweisen Kopfschmerzen mit Schwindelgefühlen und starker Müdigkeit über mehrere Stunden, die in regellosen Abständen auftreten könnten; der letzte Anfall sei vor ca. 5 Monaten aufgetreten. Dadurch sei der Betroffene an einer kontinuierlichen Leistungserbringung gehindert. Im Übrigen bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeiten in wechselnden Haltungsarten, allerdings ohne Zeitdruck und ohne erhöhte Verletzungsgefahr (z.B. mit Absturzgefahr, Starkstrom oder an laufenden Maschinen).
In der Folgezeit nahm der Antragsteller an einer berufsfördernden Maßnahme im Berufsbildungswerk im O in P in der Zeit vom 1. September 2005 bis zum 12. Juni 2006 teil, nach deren Abschluss von dort empfohlen wurde, den Antragsteller in eine Werkstatt für behinderte Menschen überzuleiten. Zur Begründung heißt es in der Stellungnahme vom 23. Juni 2006:
"Während der BvB-Maßnahme konnte Herr D auch mit Hilfen nicht die Leistungsvoraussetzungen für eine Berufsausbildung erreichen. Er zeigte großes Interesse für den Metallbereich, konnte aber nur einen geringen Leistungszuwachs vorzeigen. Förderschwerpunkte während der BvB-Maßnahme waren vor allem seine Auffassungsgabe, seine Lern- und Merkfähigkeit, seine Selbstständigkeit und seine motorischen Fähigkeiten. Aus der Gesamteinschätzung des Reha-Teams ergibt sich eine Empfehlung für die Eingliederung in eine WfBM. "
In der Eignungsaussage für Berufsfelder ist u.a. vermerkt, dass der Antragsteller für die Holzbearbeitung und den Tischlerberuf nicht geeignet sei.
Da der Antragsteller und seine Eltern dieses Ergebnis nicht akzeptieren wollten, wurde noch einmal im Rahmen einer kürzeren Testuntersuchung der aktuelle Leistungsstand überprüft. Der Dipl.-Psychologe S kam danach unter dem 2. August 2006 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller den Anforderungen einer Berufsausbildung nicht gewachsen sei. Die leistungsmäßigen Einschränkungen seien aus psychologischer Sicht so gravierend, dass sie im Resultat einer geistigen Behinderung gleich zu setzen seien; eine selbständige Arbeitsplanung und – ausführung sei nicht möglich; der Antragsteller benötige ständige Arbeitsanleitung und Kontrolle der Arbeitsergebnisse.
Mit Schriftsatz vom 14. September 2006 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für eine Ausbildung zum Tischler bei dem B e.V. mit Sitz in B-K. Das Lehrjahr habe bereits am 1. September 2006 begonnen. Er könne sofort als Nachrücker die Ausbildung beginnen. Aus einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft B e.V. vom 13. September 2006 ergibt sich, dass in der dortigen Einrichtung junge Menschen ausgebildet werden, denen sozialpädagogisch begleitete Berufsausbildungen durch die zuständigen Bezirksämter von B gewährt werden. Bei Klärung der Kostenübernahme durch das für ihn zuständige Jugendamt sei der Antragsteller für die sozialpädagogisch begleitete Ausbildungsmaßnahme geeignet; ein Ausbildungsplatz stehe zur Verfügung.
Nachdem der Antragsteller mitgeteilt hatte, dass das zuständige Jugendamt eine Kostenübernahme auf der Grundlage des SGB VIII abgelehnt habe, lehnte auch die Antragsgegnerin zu 1) mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 eine Kostenübernahme für die angestrebte Ausbildung zum Tischler ab. Es bestehe keine Eignung für eine Ausbildung, was nach den §§ 2, 32 und 97 des SGB III vorrangig zu beachten sei. Dem Antragsteller sei eine seiner Leistungsfähigkeit und Eignung entsprechende Maßnahme angeboten worden; dieses Angebot habe der Antragsteller nicht angenommen.
Den am 6. Oktober 2006 gestellten Antrag, die Antragsgegnerin zu 1), hilfsweise hierzu den Antragsgegner zu 2) zu verpflichten, mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zu dem Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Ausbildung, vorläufig und zunächst bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, hilfsweise bis zu einer Entscheidung zunächst im anhängigen Verwaltungsverfahren, die Kosten für die Ausbildung als Tischler in der Trägerschaft des Arbeitsgemeinschaft B e.V., Kstraße , B, zu übernehmen sowie dem Antragsteller entsprechende BAB, hilfsweise die ihm sonst zustehende gesetzliche Leistung, zu gewähren, hat das Sozialgericht Potsdam mit Beschluss vom 17. November 2006 zurückgewiesen. Zu Recht habe die Antragsgegnerin zu 1) darauf hingewiesen, dass vorliegend weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben sei. Insbesondere bestehe kein Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller sei für die Ausbildung zum Tischler in der Arbeitsgemeinschaft B e.V. zumindest gegenwärtig nicht geeignet, was sich aus der Stellungnahme des Berufsausbildungswerks im O und dem Gutachten des Psychologen S eindeutig ergebe. Da im Fall des Antragstellers schon die Eignung für die begehrte Ausbildung zu verneinen sei, könne die Antragsgegnerin zu 1) auch nicht zur Erbringung von Leistungen an den Träger der begehrten Ausbildung nach §§ 240ff. SGB III verpflichtet werden. Soweit der Antragsteller sein Begehren gegen den Antragsgegner zu 2) auf Regelungen des SGB VIII stütze, könne dies schon aus formalen Gründen nicht zum Erfolg führen, da der Rechtsweg zum Sozialgericht hierfür nicht gegeben sei. Einem möglichen Verweisungsantrag an das zuständige Verwaltungsgericht werde innerhalb von 2 Wochen nach Zugang des Beschlusses entgegengesehen.
Nach Zustellung des Beschlusses am 29. November 2006 hat der Antragsteller am 8. Dezember 2006 bei dem Sozialgericht Potsdam beantragt, "den Rechtsstreit im Übrigen an das zuständige Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit abzugeben". Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden worden.
Am 27. Dezember 2006 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss eingelegt, die sich nur noch gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bestehe eine Eignung für die Ausbildung zum Tischler. Hierfür spreche insbesondere die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme der den Antragsteller seit Dezember 1993 behandelnden Ärztin Dr. Sch vom 27. Oktober 2006, wonach eine dauerhafte Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen den Antragsteller ständig unterfordern und demotivieren würde; weiterhin sei unberücksichtigt geblieben, dass die Ausbildungswerkstatt in der Trägerschaft der Arbeitsgemeinschaft B e.V. die Ausbildung insbesondere in zeitlicher und didaktischer Hinsicht individuell an den Jugendlichen anpasse, was sich aus dem ebenfalls dem Sozialgericht vorgelegten Ausbildungskonzept ergebe. In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft B e.V. vom 13. Oktober 2006 für die Aufnahme des Antragstellers in die sozialpädagogisch begleitete Tischlerausbildung nach dem SGB VIII werde nach Gesprächen mit dem Antragsteller und seinen Eltern eingeschätzt, dass der Antragsteller voraussichtlich in der Lage sei, die Ausbildung mit individueller Unterstützung erfolgreich zu absolvieren. Die sozialpädagogisch begleitete Berufsausbildung sollte vom Jugendamt unterstützt werden.
II.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Potsdam nur insoweit, als damit über den Antrag gegen die Antragsgegnerin zu 1) entschieden worden ist, denn nur dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Soweit der Antragsteller im Übrigen mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2006 gegenüber dem Sozialgericht einen Verweisungsantrag gestellt hat, wird das Sozialgericht hierüber nach Abschluss dieses Verfahrens zu entscheiden haben.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zuzumuten ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Vorliegend besteht bereits kein Anordnungsgrund, der hier den Erlass einer Regelungsanordnung erforderlich machen würde, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Aufnahme der begehrten Ausbildung zum Tischler für den Antragsteller unaufschiebbar wäre, sodass ihm grundsätzlich ein Abwarten des Hauptverfahrens zuzumuten ist.
Im Übrigen ist aber auch bei summarischer Prüfung ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Anspruch auf BAB haben gemäß § 59 SGB III Auszubildende während einer beruflichen Ausbildung, wenn die berufliche Ausbildung förderungsfähig ist (§ 59 Nr. 1 SGB III), sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören (§ 59 Nr. 2 Alt. 1 SGB III), die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind (§ 59 Nr. 2 Alt. 2 SGB III) und ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung ihres Gesamtbedarfs nicht anderweitig zur Verfügung stehen (§ 59 Nr. 3 SGB III).
Abgesehen davon, dass bisher nicht einmal behauptet wurde, dass der Gesamtbedarf für die angestrebte Ausbildung im Fall des Antragstellers nicht anderweitig zur Verfügung steht (§ 59 Nr. 3 SGG) – Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern des Antragstellers liegen nicht vor –, scheitert ein Anspruch auf BAB im vorliegenden Fall bereits daran, dass der Antragsteller nach wie vor bei seinen Eltern wohnt. Gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 1 SGB III wird der Auszubildende bei einer beruflichen Ausbildung aber nur gefördert, wenn er außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils wohnt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Auszubildende, der im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, in keinem Fall Anspruch auf BAB hat (vgl. hierzu Fuchsloch in Gagel, SGB III, § 64 Rdnr. 18ff.). Darüber hinaus geht der Senat ebenso wie das Sozialgericht bei summarischer Prüfung davon aus, dass es bei dem Antragsteller derzeit an der persönlichen und fachlichen Eignung zur Durchführung der begehrten Ausbildung zum Tischler fehlt. Zwar ist der voraussichtliche Maßnahme- und Eingliederungserfolg keine explizite Voraussetzung für die BAB bei beruflichen Ausbildungen (Umkehrschluss aus § 64 Abs. 2 SGB III, der eine solche Prognoseprüfung nur für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen vorsieht). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Nichteignung für die Berufsausbildung und die mit ihr angestrebte Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist. Die Bundesagentur für Arbeit knüpft vielmehr im Bedarfsfall an die Eignungsprüfung anderer Stellen an, so insbesondere bei der Förderung der Berufsausbildung, wo die individuelle Eignung des Betreffenden bereits untersucht worden ist (Fuchsloch in Gagel, SGB III, § 64 Rdnr. 7). Schließlich entspricht es dem Grundsatz, der für Leistungen der Arbeitsförderung stets zu beachten ist, und der sich u.a. aus § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 32 und § 97 SGB III ergibt, dass die individuelle Förderungs- und Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen, seine Neigung, insbesondere aber auch seine Eignung für die Leistungsgewährung maßgebend sein muss. Danach ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin zu 1) zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Antragsteller für die begehrte Ausbildung nicht als geeignet ansieht. Dies ergibt sich für den Senat nachvollziehbar aus dem Bericht über die 10-monatige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im Bildungswerk O, in dem für den Antragsteller ausdrücklich die Leistungsvoraussetzungen für eine Berufsausbildung allgemein, insbesondere aber für den jetzt angestrebten Beruf des Tischlers verneint worden sind. Dieses Ergebnis wird durch das psychologische Gutachten vom 2. August 2006 nachvollziehbar bestätigt. Dem gegenüber können weder die Stellungnahme der behandelnden Ärztin des Antragstellers noch die Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft B
e.V. zu einer anderen Auffassung führen, denn sie setzen sich mit den im Rahmen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Einzelnen festgestellten Defiziten bei dem Antragsteller in keiner Weise auseinander und können das Gewicht dieser objektivierbaren Bewertungen daher nicht entkräften.
Da dem Antragsteller demnach im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine BAB zu gewähren ist, kommt auch die Übernahme weiterer Ausbildungskosten in diesem Zusammenhang nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Übernahme der Kosten für eine Ausbildung zum Tischler und die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe bzw. entsprechender Leistungen hierfür.
Der 1988 geborene Antragsteller ist Deutscher. Er besuchte bis zum 17. Juni 2005 die Gesamtschule E "im gemeinsamen Unterricht", die er mit dem Abschluss der allgemeinen Förderschule abschloss. Aus den Protokollen über Beratungsgespräche bei dem Antragsgegner zu 1) in den Jahren 2004 und 2005 ergibt sich, dass der Antragsteller Hilfe bei der beruflichen Eingliederung wünscht; es wurden erhebliche Einschränkungen im leistungsmäßigen Bereich und hinsichtlich der psychischen Belastbarkeit festgestellt. Die begleitenden Dienste eines Berufsbildungswerkes wurden als unerlässlich angesehen. Ein Gutachten des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. H vom 5. Februar 2004 auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung des Antragstellers enthält folgende Diagnosen: - Verdacht auf Hirnschädigung unklarer Ursache bei Verdacht auf Störung im Sauerstofftransport der Zellen - Anpassungsstörung mit Stimmungsschwankungen - leichte Lernminderung - Hohlrundrücken ohne Beschwerden. Im Vordergrund stünden die anfallsweisen Kopfschmerzen mit Schwindelgefühlen und starker Müdigkeit über mehrere Stunden, die in regellosen Abständen auftreten könnten; der letzte Anfall sei vor ca. 5 Monaten aufgetreten. Dadurch sei der Betroffene an einer kontinuierlichen Leistungserbringung gehindert. Im Übrigen bestehe vollschichtige Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeiten in wechselnden Haltungsarten, allerdings ohne Zeitdruck und ohne erhöhte Verletzungsgefahr (z.B. mit Absturzgefahr, Starkstrom oder an laufenden Maschinen).
In der Folgezeit nahm der Antragsteller an einer berufsfördernden Maßnahme im Berufsbildungswerk im O in P in der Zeit vom 1. September 2005 bis zum 12. Juni 2006 teil, nach deren Abschluss von dort empfohlen wurde, den Antragsteller in eine Werkstatt für behinderte Menschen überzuleiten. Zur Begründung heißt es in der Stellungnahme vom 23. Juni 2006:
"Während der BvB-Maßnahme konnte Herr D auch mit Hilfen nicht die Leistungsvoraussetzungen für eine Berufsausbildung erreichen. Er zeigte großes Interesse für den Metallbereich, konnte aber nur einen geringen Leistungszuwachs vorzeigen. Förderschwerpunkte während der BvB-Maßnahme waren vor allem seine Auffassungsgabe, seine Lern- und Merkfähigkeit, seine Selbstständigkeit und seine motorischen Fähigkeiten. Aus der Gesamteinschätzung des Reha-Teams ergibt sich eine Empfehlung für die Eingliederung in eine WfBM. "
In der Eignungsaussage für Berufsfelder ist u.a. vermerkt, dass der Antragsteller für die Holzbearbeitung und den Tischlerberuf nicht geeignet sei.
Da der Antragsteller und seine Eltern dieses Ergebnis nicht akzeptieren wollten, wurde noch einmal im Rahmen einer kürzeren Testuntersuchung der aktuelle Leistungsstand überprüft. Der Dipl.-Psychologe S kam danach unter dem 2. August 2006 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller den Anforderungen einer Berufsausbildung nicht gewachsen sei. Die leistungsmäßigen Einschränkungen seien aus psychologischer Sicht so gravierend, dass sie im Resultat einer geistigen Behinderung gleich zu setzen seien; eine selbständige Arbeitsplanung und – ausführung sei nicht möglich; der Antragsteller benötige ständige Arbeitsanleitung und Kontrolle der Arbeitsergebnisse.
Mit Schriftsatz vom 14. September 2006 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für eine Ausbildung zum Tischler bei dem B e.V. mit Sitz in B-K. Das Lehrjahr habe bereits am 1. September 2006 begonnen. Er könne sofort als Nachrücker die Ausbildung beginnen. Aus einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft B e.V. vom 13. September 2006 ergibt sich, dass in der dortigen Einrichtung junge Menschen ausgebildet werden, denen sozialpädagogisch begleitete Berufsausbildungen durch die zuständigen Bezirksämter von B gewährt werden. Bei Klärung der Kostenübernahme durch das für ihn zuständige Jugendamt sei der Antragsteller für die sozialpädagogisch begleitete Ausbildungsmaßnahme geeignet; ein Ausbildungsplatz stehe zur Verfügung.
Nachdem der Antragsteller mitgeteilt hatte, dass das zuständige Jugendamt eine Kostenübernahme auf der Grundlage des SGB VIII abgelehnt habe, lehnte auch die Antragsgegnerin zu 1) mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 eine Kostenübernahme für die angestrebte Ausbildung zum Tischler ab. Es bestehe keine Eignung für eine Ausbildung, was nach den §§ 2, 32 und 97 des SGB III vorrangig zu beachten sei. Dem Antragsteller sei eine seiner Leistungsfähigkeit und Eignung entsprechende Maßnahme angeboten worden; dieses Angebot habe der Antragsteller nicht angenommen.
Den am 6. Oktober 2006 gestellten Antrag, die Antragsgegnerin zu 1), hilfsweise hierzu den Antragsgegner zu 2) zu verpflichten, mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zu dem Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Ausbildung, vorläufig und zunächst bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, hilfsweise bis zu einer Entscheidung zunächst im anhängigen Verwaltungsverfahren, die Kosten für die Ausbildung als Tischler in der Trägerschaft des Arbeitsgemeinschaft B e.V., Kstraße , B, zu übernehmen sowie dem Antragsteller entsprechende BAB, hilfsweise die ihm sonst zustehende gesetzliche Leistung, zu gewähren, hat das Sozialgericht Potsdam mit Beschluss vom 17. November 2006 zurückgewiesen. Zu Recht habe die Antragsgegnerin zu 1) darauf hingewiesen, dass vorliegend weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben sei. Insbesondere bestehe kein Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller sei für die Ausbildung zum Tischler in der Arbeitsgemeinschaft B e.V. zumindest gegenwärtig nicht geeignet, was sich aus der Stellungnahme des Berufsausbildungswerks im O und dem Gutachten des Psychologen S eindeutig ergebe. Da im Fall des Antragstellers schon die Eignung für die begehrte Ausbildung zu verneinen sei, könne die Antragsgegnerin zu 1) auch nicht zur Erbringung von Leistungen an den Träger der begehrten Ausbildung nach §§ 240ff. SGB III verpflichtet werden. Soweit der Antragsteller sein Begehren gegen den Antragsgegner zu 2) auf Regelungen des SGB VIII stütze, könne dies schon aus formalen Gründen nicht zum Erfolg führen, da der Rechtsweg zum Sozialgericht hierfür nicht gegeben sei. Einem möglichen Verweisungsantrag an das zuständige Verwaltungsgericht werde innerhalb von 2 Wochen nach Zugang des Beschlusses entgegengesehen.
Nach Zustellung des Beschlusses am 29. November 2006 hat der Antragsteller am 8. Dezember 2006 bei dem Sozialgericht Potsdam beantragt, "den Rechtsstreit im Übrigen an das zuständige Gericht der Verwaltungsgerichtsbarkeit abzugeben". Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden worden.
Am 27. Dezember 2006 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss eingelegt, die sich nur noch gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts bestehe eine Eignung für die Ausbildung zum Tischler. Hierfür spreche insbesondere die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Stellungnahme der den Antragsteller seit Dezember 1993 behandelnden Ärztin Dr. Sch vom 27. Oktober 2006, wonach eine dauerhafte Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen den Antragsteller ständig unterfordern und demotivieren würde; weiterhin sei unberücksichtigt geblieben, dass die Ausbildungswerkstatt in der Trägerschaft der Arbeitsgemeinschaft B e.V. die Ausbildung insbesondere in zeitlicher und didaktischer Hinsicht individuell an den Jugendlichen anpasse, was sich aus dem ebenfalls dem Sozialgericht vorgelegten Ausbildungskonzept ergebe. In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft B e.V. vom 13. Oktober 2006 für die Aufnahme des Antragstellers in die sozialpädagogisch begleitete Tischlerausbildung nach dem SGB VIII werde nach Gesprächen mit dem Antragsteller und seinen Eltern eingeschätzt, dass der Antragsteller voraussichtlich in der Lage sei, die Ausbildung mit individueller Unterstützung erfolgreich zu absolvieren. Die sozialpädagogisch begleitete Berufsausbildung sollte vom Jugendamt unterstützt werden.
II.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Potsdam nur insoweit, als damit über den Antrag gegen die Antragsgegnerin zu 1) entschieden worden ist, denn nur dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Soweit der Antragsteller im Übrigen mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2006 gegenüber dem Sozialgericht einen Verweisungsantrag gestellt hat, wird das Sozialgericht hierüber nach Abschluss dieses Verfahrens zu entscheiden haben.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (so genannte Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zuzumuten ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Vorliegend besteht bereits kein Anordnungsgrund, der hier den Erlass einer Regelungsanordnung erforderlich machen würde, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Aufnahme der begehrten Ausbildung zum Tischler für den Antragsteller unaufschiebbar wäre, sodass ihm grundsätzlich ein Abwarten des Hauptverfahrens zuzumuten ist.
Im Übrigen ist aber auch bei summarischer Prüfung ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Anspruch auf BAB haben gemäß § 59 SGB III Auszubildende während einer beruflichen Ausbildung, wenn die berufliche Ausbildung förderungsfähig ist (§ 59 Nr. 1 SGB III), sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören (§ 59 Nr. 2 Alt. 1 SGB III), die sonstigen persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind (§ 59 Nr. 2 Alt. 2 SGB III) und ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung ihres Gesamtbedarfs nicht anderweitig zur Verfügung stehen (§ 59 Nr. 3 SGB III).
Abgesehen davon, dass bisher nicht einmal behauptet wurde, dass der Gesamtbedarf für die angestrebte Ausbildung im Fall des Antragstellers nicht anderweitig zur Verfügung steht (§ 59 Nr. 3 SGG) – Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern des Antragstellers liegen nicht vor –, scheitert ein Anspruch auf BAB im vorliegenden Fall bereits daran, dass der Antragsteller nach wie vor bei seinen Eltern wohnt. Gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 1 SGB III wird der Auszubildende bei einer beruflichen Ausbildung aber nur gefördert, wenn er außerhalb des Haushalts der Eltern oder eines Elternteils wohnt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass der Auszubildende, der im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, in keinem Fall Anspruch auf BAB hat (vgl. hierzu Fuchsloch in Gagel, SGB III, § 64 Rdnr. 18ff.). Darüber hinaus geht der Senat ebenso wie das Sozialgericht bei summarischer Prüfung davon aus, dass es bei dem Antragsteller derzeit an der persönlichen und fachlichen Eignung zur Durchführung der begehrten Ausbildung zum Tischler fehlt. Zwar ist der voraussichtliche Maßnahme- und Eingliederungserfolg keine explizite Voraussetzung für die BAB bei beruflichen Ausbildungen (Umkehrschluss aus § 64 Abs. 2 SGB III, der eine solche Prognoseprüfung nur für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen vorsieht). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Nichteignung für die Berufsausbildung und die mit ihr angestrebte Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist. Die Bundesagentur für Arbeit knüpft vielmehr im Bedarfsfall an die Eignungsprüfung anderer Stellen an, so insbesondere bei der Förderung der Berufsausbildung, wo die individuelle Eignung des Betreffenden bereits untersucht worden ist (Fuchsloch in Gagel, SGB III, § 64 Rdnr. 7). Schließlich entspricht es dem Grundsatz, der für Leistungen der Arbeitsförderung stets zu beachten ist, und der sich u.a. aus § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 32 und § 97 SGB III ergibt, dass die individuelle Förderungs- und Beschäftigungsfähigkeit des Einzelnen, seine Neigung, insbesondere aber auch seine Eignung für die Leistungsgewährung maßgebend sein muss. Danach ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin zu 1) zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Antragsteller für die begehrte Ausbildung nicht als geeignet ansieht. Dies ergibt sich für den Senat nachvollziehbar aus dem Bericht über die 10-monatige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im Bildungswerk O, in dem für den Antragsteller ausdrücklich die Leistungsvoraussetzungen für eine Berufsausbildung allgemein, insbesondere aber für den jetzt angestrebten Beruf des Tischlers verneint worden sind. Dieses Ergebnis wird durch das psychologische Gutachten vom 2. August 2006 nachvollziehbar bestätigt. Dem gegenüber können weder die Stellungnahme der behandelnden Ärztin des Antragstellers noch die Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft B
e.V. zu einer anderen Auffassung führen, denn sie setzen sich mit den im Rahmen der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im Einzelnen festgestellten Defiziten bei dem Antragsteller in keiner Weise auseinander und können das Gewicht dieser objektivierbaren Bewertungen daher nicht entkräften.
Da dem Antragsteller demnach im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens keine BAB zu gewähren ist, kommt auch die Übernahme weiterer Ausbildungskosten in diesem Zusammenhang nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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