L 22 RJ 20/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 774/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 RJ 20/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 10. Juli 2003 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2001 verurteilt, der Klägerin Leistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach einem am 20. November 2000 eingetretenen Leistungsfall ab 01. Dezember 2000 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Verfahren vor dem Sozialgericht zu zwei Dritteln und vor dem Landessozialgericht in vollem Umfang zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1967 geborene Klägerin erlernte zunächst von September 1982 bis Februar 1984 den Beruf der Köchin/Wirtschaftshilfe und arbeitete in der Folge bis Dezember 1987 als Küchenhilfe. Im Rahmen dieser Tätigkeit absolvierte sie berufsbegleitend eine Ausbildung zur Köchin Spezialisierungsrichtung Gemeinschaftsverpflegung , die von April 1986 bis Mai 1987 dauerte. Von Januar 1988 bis August 1990 war sie dann als Schichtköchin im nunmehr erlernten Beruf tätig. Diese Tätigkeit gab sie wegen ihrer Eheschließung und des damit verbundenen Umzugs von Thüringen nach Brandenburg auf. Hier fand die Klägerin keine neue Anstellung und war mit Unterbrechung durch zwei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (Waldarbeiterin von September 1993 bis August 1994 und von Oktober 1998 bis Februar 1999) arbeitslos.

Im Dezember 2000 beantragte die Klägerin wegen eines seit 1999 bestehenden Wirbelsäulenschadens, der es ihr unmöglich mache, irgendeine Tätigkeit zu verrichten, Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen der die Klägerin behandelnden Ärzte bei und ließ diese sodann durch den Chirurgen N begutachten, der in seinem Gutachten vom 07. April 2007 über Beschwerden der Lendenwirbelsäule mit Nervenwurzelirritationen berichtete, wobei ein Prolaps ausgeschlossen werden könnte. Aufgrund von Beschwerden in den Kniegelenken sei das Steigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten deutlich eingeschränkt. Durch eine extreme Fettleibigkeit sei die Klägerin nur noch zur Verrichtung von leichten Arbeiten einsetzbar. Bei einer Gewichtsreduktion hingegen wären auch mittelschwere Tätigkeiten zumutbar. Als Köchin könne die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten, leichte Arbeiten jedoch könne sie vollschichtig verrichten und sie könne Arbeitsplätze zumutbar aufsuchen.

Mit Bescheid vom 10. Mai 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Mit dem verbliebenen Leistungsvermögen könne die Klägerin in zumutbaren Tätigkeiten noch vollschichtig arbeiten.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Sachverständige habe eine wesentliche Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt, dies werde von der Beklagten in ihrem ablehnenden Bescheid nicht hinreichend gewürdigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Mit den festgestellten Gesundheitsstörungen sei die Klägerin in der Lage, vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten zu verrichten. Die Einsatzfähigkeit als Köchin sei dadurch eingeschränkt. Sie könne jedoch noch in gesundheitlich und sozial zumutbaren Beschäftigungen als Restaurantkassiererin arbeiten.

Dagegen hat die Klägerin am 19. November 2001 beim Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und vorgetragen, in der unzutreffenden ärztlichen Beurteilung seien die Schmerzen, unter denen sie leide, nicht hinreichend berücksichtigt worden. Sie könne als Facharbeiterin nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden und im Übrigen die Tätigkeit einer Restaurantkassiererin schon wegen ihrer Gesundheitsprobleme nicht ausüben.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise Berufsunfähigkeit beziehungsweise voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich hierzu auf die angefochtenen Bescheide berufen.

Die Beklagte hat einen Reha Entlassungsbericht der F-Klinik B beigebracht, wo sich die Klägerin auf deren Veranlassung vom 28. Februar 2002 bis zum 21. März 2002 befunden hat. Im Abschlussbericht wird über eine Besserung der allgemeinen Belastbarkeit berichtet, wobei jedoch noch Rücken- und Kniebeschwerden bei hohen körperlichen Belastungen verblieben seien. Die Klägerin könne als Köchin nicht vollschichtig eingesetzt werden, hingegen sei sie vollschichtig für eine Tätigkeit unter Vermeidung von ständigem Stehen, lang andauernden Zwangshaltungen, häufigem Bücken und Überkopfarbeiten sowie von Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg einsetzbar. Bei Gewichtsreduktion sei die allgemeine Belastbarkeit noch zu steigern. Das Sozialgericht hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) beigezogen. In letzterem berichtet der Orthopäde Dr. M über eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit aufgrund von degenerativen Skelettveränderungen im Zusammenwirken mit dem extremen Übergewicht. Bei einer Gewichtsreduktion sei eine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erreichbar. Das Sozialgericht hat sodann den Internisten Dr. F zum Sachverständigen ernannt, der in seinem Gutachten vom 25. September 2002 bei der Klägerin Adipositas per magna, subklinischen Diabetes melitus, Zustand nach Cholecystektomie wegen Gallenblasensteinen, Fettleber sowie chronische Wirbelsäulen- und Kniegelenksbeschwerden diagnostiziert hat. Aufgrund dieser Beeinträchtigungen könne sie weder lange sitzen noch lange gehen. Die drastische Reduktion des ungewöhnlich ausgeprägten Übergewichts könne eine deutliche Besserung der Beschwerdesymptomatik bewirken. Allerdings werde sie als Köchin auf Dauer leistungsunfähig bleiben. Die Fettsucht bestehe seit der Schwangerschaft im Jahre 1989. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien dann 1995 hinzugetreten, die Kniegelenksbeschwerden 1997. Die Klägerin könne nur noch leichte bis mittelschwere Arbeiten bei der Vermeidung von Zwangshaltungen und einseitiger körperlicher Belastung verrichten. Sie müsse die Möglichkeit zum Haltungswechsel haben und extreme Umwelteinflüsse seien zu vermieden. Die Klägerin sei wegefähig.

Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom 10. Juli 2003 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei aufgrund ihrer Tätigkeit als Köchin als Facharbeiterin anzusehen und genieße daher nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts BSG den entsprechenden Berufsschutz mit der Folge, dass sie nur auf Anlerntätigkeiten, die konkret zu benennen seien, sozial zumutbar verwiesen werden könne. Die von der Beklagten benannte Tätigkeit einer Restaurantkassiererin jedoch sei sozial zumutbar und entspreche auch dem gesundheitlichen Leistungsvermögen der Klägerin. Somit sei die Klägerin nicht berufsunfähig und dementsprechend auch nicht erwerbsunfähig oder erwerbsgemindert.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigen am 10. Januar 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 27. Januar 2004 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung begehrt wird.

Zwar habe das Sozialgericht die Klägerin in zutreffender Weise als Facharbeiterin eingestuft, aber eine Tätigkeit als Restaurantkassiererin sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, unter sechs Stunden täglich, wahrscheinlich sogar nur unter drei Stunden am Tag, zu arbeiten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 10. Juli 2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2001 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, ist jedoch aufgrund der weiteren Sachaufklärung im Berufungsverfahren zu der Auffassung gelangt, die Klägerin genieße keinen Berufsschutz als Facharbeiterin. Dem tritt die Klägerin mit der Auffassung entgegen, sie habe eine Tätigkeit als Facharbeiterin ausgeübt.

Der Senat hat auf medizinischem Gebiet Befund- und Entlassungsberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und Krankenanstalten beigezogen und diese dem Sachverständigen Dr. F unter Ernennung zum Sachverständigen auch für das Berufungsverfahren zur Stellungnahme zugeleitet. In dem Gutachten vom 08. November 2004 verweist der Sachverständige darauf, dass zwei stationäre Behandlungen aufgrund des Verdachtes einmal einer Blinddarmentzündung und einmal eines Herzinfarktes durchgeführt worden seien. Beide Verdachtsdiagnosen hätten sich nicht bestätigt. Die Befundberichte der behandelnden Ärzte wiesen aus, dass sich die Befunde nicht erheblich verschlechtert, aber auch nicht deutlich gebessert hätten. Somit sei insgesamt festzustellen, dass sich seit seiner Untersuchung im September 2002 keine wesentliche Änderung der Befunde ergeben habe, womit er sich mit den behandelnden Ärzten, die jeweils "keine Befundänderung" oder "gleich bleibende Befunde" angegeben hätten, in Übereinstimmung befinde.

Auf berufskundlichem Gebiet hat der Senat mit Beweisanordnung vom 19. Januar 2005 Herrn W L zum Sachverständigen ernannt. Der berufskundige Sachverständige hat sein Gutachten am 20. Februar 2005 verfasst und darin dargelegt, die Klägerin könne als Köchin wie überhaupt in Küchen nicht mehr arbeiten, da dort Belastungen abverlangt würden, die über das mittelschwere Maß deutlich hinausgingen. Die Klägerin könne jedoch als Versandfertigmacherin arbeiten, dies sei eine Tätigkeit, die ihr körperlich zumutbar und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in nennenswerter Anzahl vorhanden sei. Dabei handele es sich allerdings nicht um eine Anlerntätigkeit, sondern um eine ungelernte Arbeit, die nach den untersten Lohngruppen entlohnt werde.

Um eine Stellungnahme dazu gebeten, ob die Tätigkeit der Klägerin als Köchin auf Facharbeiterniveau ausgeübt worden sei, hat der Sachverständige L am 25. Juni 2005 dargelegt, der Facharbeiterstatus sei im Mai 1987 erreicht worden und dementsprechend seien Facharbeitertätigkeiten im Zeitraum von Januar 1988 bis August 1990 verrichtet worden. Die Beklagte hat danach, den Facharbeiterstatus der Klägerin zunächst wieder anerkennend, die Tätigkeiten der Restaurantkassiererin, der Kassiererin an Sammelkassen und der Telefonistin benannt.

Der Sachverständige L hat hierzu unter dem Datum 29. Oktober 2005 und 26. November 2005 ergänzend Stellung genommen:

Als Restaurantkassiererin verfüge die Klägerin, die weder Vorerfahrung im gastronomischen Bereich noch im Einzelhandel habe, nicht über die erforderlichen Voraussetzungen. Auch fielen dort Stressfaktoren wie am Fließband oder im Akkord an, denn es werde je nach Publikumsandrang in Stoßzeiten kassiert. Im Übrigen setze auch die Tätigkeit an einfachen Computerkassen eine Anlernzeit von mindestens drei Monaten voraus.

Dies gelte auch für die Kassiererin im Einzelhandel, deren Tätigkeit der einer Köchin noch ferner sei.

Telefonisten arbeiteten heute an EDV Anlagen tastatur- und mausgesteuert. An den Anlagen liefen auch Fax und e-Mail an. Es seien fundierte EDV Kenntnisse erforderlich. Eine Köchin habe zu diesen Arbeiten keinen Zugang.

Zuletzt hat die Beklagte gemeint, die Klägerin habe keine Tätigkeit als vollwertige Köchin ausgeübt.

Zur Einwendung der Beklagten hat der Sachverständige L unter dem 05. Februar 2006 Stellung genommen: Die Ausbildung der Klägerin sei mit der in der Bundesrepublik vergleichbar und sie habe auf Facharbeiterebene gearbeitet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Schwerbehindertenakten und Rentenakte der Beklagten () verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Der Bescheid vom 10. Mai 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2001 ist rechtswidrig. Das angefochtene Urteil war daher zu ändern.

Als Anspruchsgrundlagen kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der Fassung des vor dem am 01. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM Reformgesetz) in Betracht. Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind angewandte Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereits im Dezember 2000 gestellt.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und weitere beitragsbezogene Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI).

Die Klägerin ist hiernach berufsunfähig. Sie kann nicht mehr als Köchin arbeiten und die Beklagte hat keinen zumutbaren Verweisungsberuf benannt.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 190). Allerdings vermag bei der Prüfung des Rentenanspruchs eine Tätigkeit dann nicht als "bisheriger Beruf" angesehen zu werden, wenn sie vor Erfüllung der Wartezeit aufgegeben worden ist (BSGE 19, 2, 7, 9 und Urteile vom 12. September 1979, Az.: 5 RJ 76/78, und vom 24. April 1980, Az.: 1 RJ 62/79, sowie Urteil vom 26. Juni 1980, Az.: 5 RJ 30/79). Eine Leistungseinbuße, die eintritt, ehe die versicherungsrechtlichen Anspruchsbedingungen erfüllt sind, fällt nicht in das Risiko der Rentenversicherung.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich solche Tätigkeit zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N.).

Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufes entwickelten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung beziehungsweise Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des angelernten Arbeiters wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45). Der Angelernten, die innerhalb ihrer Gruppe dem oberen Bereich angehört, ist mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen, denn einer solchen Arbeiterin sind nur Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar, die sich durch Qualitätsmerkmale, zum Beispiel durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder durch die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, herausheben (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 132; BSG SozR 3 2200, § 1246 Nr. 45).

Davon ausgehend ist die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit einer Köchin der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen.

Hier aber hat die Klägerin die Wartezeit erfüllt, so dass maßgeblicher Beruf derjenige der Köchin ist. Der Senat hat keine Veranlassung, an den Darlegungen des Sachverständigen L hierzu zu zweifeln. Er hat zu den Einwendungen der Beklagten Stellung genommen und ausgeführt, die Ausbildung zur Köchin für Gemeinschaftsverpflegung sei einer geregelten zweijährigen Ausbildung gleichzustellen.

Dies überzeugt schon deshalb, weil die 1 ½ jährige berufsbegleitende Ausbildung auf der erlernten und ausgeübten Tätigkeit der Wirtschafterin aufbaute, die ihrerseits wiederum das Zubereiten von Nahrung umfasste.

Die vom Sachverständigen Dr. F festgestellten Gesundheitsstörungen jedoch schließen einen Einsatz als Köchin aus. Denn dabei sind nach den Feststellungen des berufskundigen Sachverständigen L körperlich schwere Tätigkeiten unter extremen Umwelteinflüssen auszuüben, so dass die Klägerin in der Küche sei es als Köchin oder Wirtschafterin nicht mehr arbeiten kann. Diese Leistungseinschränkung hat bereits bei Antragstellung vorgelegen, wie der Sachverständige F in der Stellungnahme vom 11. Februar 2007 nochmals dargelegt hat. Der Senat entnimmt den konkreten Zeitpunkt des Leistungsfalles dem Gutachten des MDK vom 23. März 2001, in dem als Beginn der Arbeitsunfähigkeit das Datum "20.11.2000" genant ist.

Die Klägerin kann die von der Beklagten benannten Verweisungsberufe nicht ausüben, da sie nicht über die entsprechende Qualifikation verfügt und diese auch in drei Monaten nicht erlangten kann.

Auch hier folgt der Senat dem Sachverständigen L. Die Beklagte kann nicht einerseits die Qualifikation der Klägerin selbst als Köchin in Frage stellen, andererseits aber meinen, diese verfüge über kaufmännische Fähigkeiten. Dies gilt ebenso für die Kassiererin im Einzelhandel wie für die Restaurantkassiererin. Neben den kaufmännischen Fähigkeiten fehlt es der Klägerin auch, wie der Sachverständige L überzeugend darlegt, an den Sortimentskenntnissen.

Zur Telefonistin legt der Sachverständige L den Wechsel der Ausstattung der entsprechenden Anlage dar, so dass die älteren Annahmen nicht mehr haltbar sind.

Die Berufung musste daher Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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