L 8 AS 412/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 4255/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 412/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller auch des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, Mietschulden in Höhe von insgesamt 1160,65 EUR durch die Gewährung eines Darlehens zu übernehmen.

Die 1946 geborene Antragstellerin zu 1 und der 1957 geborene Antragsteller zu 2 bewohnen zusammen seit 01.10.1997 eine im Jahr 1955 bezugsfertig gewordene Wohnung mit 66,60 m² Wohnfläche (3 Zimmer, 1 Bad/Duscheraum, 1 Küche). Die Gesamtmiete betrug bis Mai 2006 monatlich 446,38 EUR (Grundmiete 319 EUR, Betriebskosten 87,38 EUR, Vorauszahlungen für Schönheitsreparaturen 40 EUR). Ab 01.06.2006 betrug die Gesamtmiete monatlich 472,22 EUR (Grundmiete 344,84 EUR, Nebenkosten 127,38 EUR). Für die Zeit vom 19.01.2005 bis 13.01.2006 fielen zusätzliche Kosten für Gas (Heizung und Warmwasseraufbereitung) in Höhe von 1.121,02 EUR an (zukünftige Vorauszahlungen monatlich 113 EUR ab 01.03.2006).

Die Antragsteller beziehen seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Im Bescheid der Agentur für Arbeit Heilbronn vom 17.06.2005 wurde der Antragsteller zu 2 (u. a.) darauf hingewiesen, dass seine Grund-/Kaltmiete höher sei, als der Betrag, der aufgrund seiner persönlichen und örtlichen Verhältnisse angemessen sei. Die Miete sei nur so lange in voller Höhe als Bedarf zu berücksichtigen, als es ihm nicht möglich und nicht zuzumuten sei, deren Höhe durch einen Wohnungswechsel, durch Vermietung bzw. Untervermietung oder auf andere Weise zu senken. Hierfür werde ihm eine Frist von längstens 6 Monaten eingeräumt. Spätestens nach Ablauf der Frist ab 15.12.2005 könne nur noch die angemessene Miete von monatlich 273,60 EUR berücksichtigt werden. Seine Betriebs- und Nebenkosten, ohne Heizkosten, seien höher, als der Betrag, der aufgrund der Wohnungsgröße angemessen sei. Für längstens 6 Monate würden monatlich 117 EUR bezahlt. Spätestens nach Ablauf der Frist ab 15.12.2005 könnten nur noch die angemessenen Betriebs-/Nebenkosten gezahlt werden. Die Heizungskosten seien höher als der Betrag, der aufgrund der Wohnungsgröße angemessen sei. Für längstens 6 Monate würden monatlich 84 EUR bezahlt. Spätestens nach Ablauf der Frist ab 15.12.2005 könnten nur noch die angemessenen Heizungskosten in Höhe von 58,20 EUR gezahlt werden.

Mit Bescheid vom 17.02.2006 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern Leistungen für Unterkunft und Heizung ab Januar 2006 in Höhe von monatlich 426,84 EUR (Kaltmiete 273,60 EUR, kalte Nebenkosten 83,04 EUR, Heizkosten 79,10 EUR abzüglich Warmwasseranteil 8,90 EUR). Mit Bescheid vom 06.03.2006 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen ab März 2006 in Höhe von monatlich 434,03 EUR (Miete 356,64 EUR, Heizungskosten 86,29 EUR abzüglich Warmwasseranteil 8,90 EUR). Mit Bescheid vom 15.08.2006 wurden Leistungen ab September 2006 in Höhe von monatlich 432,39 EUR bewilligt (Miete 355 EUR, Heizungskosten 86,29 EUR abzüglich Warmwasseranteil 8,90 EUR). Der monatliche Betrag der Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten (356,64 EUR, ab September 2006 355 EUR) wurde jeweils an den Vermieter der Antragsteller gezahlt. Mit Bescheid vom 28.09.2006 wurde ein Antrag der Antragsteller auf Übernahme der Nebenkostennachzahlungen für den Zeitraum vom 05.04.2005 bis 01.09.2006 abgelehnt. Gegen diese Bescheide legten die Antragsteller jeweils Widerspruch ein.

Die Antragsteller legten der Antragsgegnerin Schreiben ihrer Vermieterin bezüglich der Mieterhöhung zum 01.06.2006 sowie Auflistungen wegen Mietrückständen vor. Am 26.09.2006 beantragten sie bei der Antragsgegnerin, aufgelistete Mietrückstände von insgesamt 901,21 EUR zu übernehmen, da die Kündigung drohe. Am 30.10.2006 reichten die Antragsteller eine weitere Mahnung ihrer Vermieterin über Mietrückstände in Höhe von jetzt 1.043,43 EUR mit der Bitte um kurzfristigen Zahlungsausgleich gegenüber der LEG nach. Außerdem legten sie Unterlagen durchgeführter Bemühungen zur Erlangung einer anderen Wohnung vor.

Am 21.11.2006 beantragten die Antragsteller beim Sozialgericht Heilbronn (SG), die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen rückständige Miete in Höhe von 1.160,65 EUR (Mietrückstand zum 01.10.2006 1043,43 EUR zuzüglich Miete für November 2006 472,22 EUR abzüglich Mietzahlung der Antragsgegnerin 355,00 EUR) als Darlehen zu bewilligen. Sie machten geltend, das Mieterhöhungsverlangen ihrer Vermieterin, das sie nicht hätten ablehnen können, sei damit begründet worden, dass die Anhebung der Miete auf 5,18 EUR pro Quadratmeter weit unter dem mittleren Wert der Vergleichsmiete liege. Aufgrund ihrer finanziellen Lage hätten sie in der Folgezeit die Differenz der von der Antragsgegnerin bewilligtem Miete und der tatsächlich anfallenden Miete nicht mehr abdecken können. Über ihren Antrag bei der Antragsgegnerin, die tatsächlich anfallenden Mietekosten zu tragen, sei noch nicht abschließend entschieden. Ihnen sei von der Vermieterin bei Nichtzahlung die Kündigung angekündigt worden. Sie hätten sich in der Zwischenzeit intensiv um alternative Wohnungen im Raum Heilbronn ohne Erfolg bemüht. Es bestehe ein dringender Bedarf, vor Ausspruch der fristlosen Kündigung durch die LEG die Rückstände auszugleichen. Die Antragsteller legten Belege vor, insbesondere bezüglich ihrer Bemühungen um anderweitigen Wohnraum für die Zeit vom 05.09.2006 bis 06.11.2006 sowie eine eidesstattliche Versicherung vom 01.12.2006 zu ihren Bemühungen um anderweitigen Wohnraum.

Die Antragsgegnerin trat dem Eilantrag entgegen. Nach dem Beschluss des Sozialausschlusses des Gemeinderates belaufe sich die angemessene Wohnungsgröße für einen Zweipersonenhaushalt auf 60 m² und die maximal angemessene Bruttokaltmiete auf 355 EUR monatlich. Unter Berücksichtigung angemessener kalter Nebenkosten, die sich auf maximal 55 EUR belaufen dürften, sei die maximal angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 355 EUR ausreichend. Hierzu legte die Antragsgegnerin zum Beleg diverse anonymisierte Unterlagen vor. Die Antragsteller seien mit Bescheid vom 17.06.2005 auf die unangemessenen Unterkunftskosten hingewiesen und zur Kostensenkung auf das angemessene Maß binnen einer Frist von 6 Monaten aufgefordert worden. Dieser Aufforderung seien sie nicht nachgekommen. Die vorgelegten Nachweise seien für ernstliche Bemühungen, die Kosten zu senken, bei weitem nicht ausreichend. Es liege kein Anordnungsgrund vor. Die wenigen Bemühungen der Antragsteller genügten nicht, der Verpflichtung zu intensiven Bemühungen nachzukommen. Die Antragsteller berücksichtigten auch nicht, dass ihnen nicht unbedingt die maximale Wohnfläche von 60 m² zustehe. Auch Wohnungen mit 45 oder 50 m² seien für einen Zweipersonenhaushalt ausreichend und menschenwürdig. Weiter sei den Antragstellern zuzumuten, sich eine Wohnung in den Stadtteilen Biberach, Kirchhausen und Klingenberg zu suchen, in denen die Mietpreise bis zu 10% niedriger seien. Bei hinreichenden Bemühungen könne erfahrungsgemäß eine angemessene Unterkunft innerhalb von sechs Monaten gefunden werden. Die Antragsgegnerin legte Zeitungsausschnitte mit Mietanzeigen vor, aus denen sich ergebe, dass jeden Samstag mehrere Wohnungen, die für die Antragsteller geeignet seien, zu einem angemessenen Mietpreis angeboten würden. Nicht ersichtlich sei auch, ob sich die Antragsteller bei den großen Wohnungsgesellschaften beworben hätten. Nach einer Aufstellung der Stadtsiedlung, die vorgelegt wurde, seien im Zeitraum vom 01.08.2005 bis 30.11.2005 27 Wohnungen, die für die Antragsteller geeignet gewesen seien, angeboten worden. Die Pauschale für Schönheitsreparaturen in Höhe von 40 EUR könnten schon deshalb keine Berücksichtigung finden, weil diese Kosten bereits in der Regelleistung enthalten seien.

Mit Beschluss vom 19.12.2006 verpflichtete das SG die Antragsgegnerin, den Antragstellern vorläufig einen Betrag von insgesamt 1.160,65 EUR für den Ausgleich ihrer Mietschulden für ihre Wohnung als Darlehen zu zahlen. Das SG führte zur Begründung aus, nach summarischer Prüfung ergebe sich gemäß § 22 Abs. 5 SGB II ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Übernahme der Mietschulden. Es seien Mietschulden in Höhe von 1.160,65 EUR entstanden. Den Antragstellern drohe Wohnungslosigkeit. Das Gericht halte nach summarischer Prüfung die Übernahme der Mietschulden als Darlehen auch für gerechtfertigt. Die Gewährung eines Darlehens sei dann nicht gerechtfertigt, wenn dem Hilfesuchenden zuzumuten sei, sein Schonvermögen in Anspruch zu nehmen oder wenn klar erkennbar sei, dass der Hilfebedürftige die Notlage gezielt herbeigeführt habe. Dies sei im Falle der Antragsteller nicht ersichtlich.

Gegen den am 20.12.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin beim SG am 12.01.2007 Beschwerde eingelegt, der es nicht abgeholfen und die sie dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt hat

Die Antragsgegnerin hat zur Begründung ihrer Beschwerde vorgetragen, ein Anordnungsgrund habe nicht vorgelegen. Die Mietschulden beliefen sich auf 1.160 EUR. Die Antragsteller verfügten jedoch über ein diesen Betrag übersteigendes Vermögen. Es sei ihnen zuzumuten, mit diesem Vermögen die Mietschulden zu begleichen. Für die darlehensweise Übernahme der Mietschulden bleibe kein Raum mehr. Ein Anspruch auf Schuldenübernahme bestehe im Übrigen nur, wenn mit der Leistung die Unterkunft auf Dauer erhalten werden könne. Hieran fehle es nach einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg, wenn die monatlich anfallenden Mietkosten unangemessen hoch seien. Dies treffe bei den Antragstellern zu. Die Sicherung der Wohnung auf Dauer sei somit nicht möglich. Die Antragsteller hätten keine hinreichenden Bemühungen entfaltet, eine angemessene Wohnung zu finden. Ein Anspruch auf Übernahme der gesamten unangemessenen Unterkunftskosten bestehe längstens für die Dauer von 6 Monaten. Eine Verlängerung komme nur in Frage, wenn die Leistungsempfänger darlegten und nachwiesen, dass sie trotz intensiver Bemühungen keine angemessene Wohnung hätten finden können. Suchten die Leistungsempfänger, wie die Antragsteller, nicht ernsthaft und intensiv, könne ihnen der Differenzbetrag zwischen der tatsächlichen und der angemessenen Miete nach dem Auflaufen von Mietschulden auch nicht über § 22 Abs. 5 SGB II gewährt werden.

Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Dezember 2006 aufzuheben und den Antrag der Antragsteller abzulehnen.

Die Antragsteller haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie auf ein Band Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die gemäß den §§ 172ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).

Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927, 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845, 847).

Diese Voraussetzungen liegen bei den Antragstellern vor. Das SG hat in seinem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet ist, aufgelaufene Mietschulden der Antragsteller gegenüber der LEG in Höhe von 1.160,65 EUR gemäß § 22 Absatz 5 SGB II in Form eines Darlehen zu übernehmen. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er macht sich die Ausführungen des SG in den Gründen des angefochtenen Beschlusses zu eigen, auf die er zur Begründung seiner eigenen Entscheidung und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Absatz 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin bleibt auszuführen:

Dass die Antragsteller über verwertbares Schonvermögen verfügen, das zur Begleichung der Mietrückstände eingesetzt werden könnte, lässt sich den vorgelegten Akten der Antragsgegnerin nicht hinreichend entnehmen. Die Antragsgegnerin hat ihre abweichende Ansicht im Übrigen auch nicht näher dargelegt.

Die Antragsgegnerin kann sich zur Begründung ihrer Beschwerde auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ein Anspruch auf Schuldenübernahme bestehe deshalb nicht, weil dadurch ihre Unterkunft nicht auf Dauer erhalten werden könne, da die anfallenden Mietkosten unangemessen hoch seien, sowie, dass der Differenzbetrag zwischen tatsächlicher und angemessener Miete nach aufgelaufenen Mietschulden nicht durch Übernahme der Mietschulden auszugleichen ist. Denn es bestehen erhebliche Zweifel, ob die Ansicht der Antragsgegnerin zutrifft, dass die bei den Antragstellern anfallenden Mietkosten nicht in tatsächlicher Höhe zu übernehmen sind.

Ob den Antragstellern Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zustehen, beurteilt sich (u.a) nach § 22 Absatz 1 SGB II. Danach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (Satz 1). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Satz 2). Diesen Vorschriften begegnen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 6/06 R - und - B 7b AS 10/06 R -, jeweils veröffentlicht in juris). § 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II enthält eine Zumutbarkeitsregelung, die es verhindern soll, dass der Leistungsberechtigte sofort (bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit) gezwungen wird, seine bisherige Wohnung aufzugeben. Schutzbedürftig sind danach insbesondere solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer (unangemessenen) Wohnung leben, wie dies bei den Antragstellern zutrifft, da sie ihre Wohnung bereits seit 01.10.1997 bewohnen, bzw. bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs - z.B. durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - und - B 7b AS 18/06 R -).

Der Schutzzweck des § 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II erfordert, dass der Leistungsträger den Leistungsempfänger darauf hinweist, dass die Kosten der von ihm bewohnten Wohnung unangemessen sind. Dieser Hinweis ist kein Verwaltungsakt. Der Hinweis hat vielmehr alleine Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Grundsicherungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und ggf. die Heizung und einen Hinweis auf die Rechtslage erhält. Denn ohne die Kenntnis darüber, dass der Grundsicherungsträger von unangemessenen Unterkunftskosten ausgeht, kann der Leistungsempfänger keine geeigneten Anstrengungen unternehmen, um die Kosten der Unterkunft zu minimieren und würde außerdem von einer Absenkung der Leistung überrascht werden. Sind dem Leistungsempfänger die maßgeblichen Gesichtspunkte bekannt, bedarf es dagegen keiner Aufklärung (Offenkundigkeit). Zur Aufklärung des Leistungsempfängers genügt regelmäßig die Angabe des angemessenen Mietpreises, der nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R -).

Nach diesen Grundsätzen bestehen ernstliche Zweifel, ob die erfolgten Hinweise im Bescheid der Agentur für Arbeit Heilbronn vom 17.06.2005 zur Angemessenheit der Wohnungskosten dem Schutzzweck des § 22 Absatz 2 Satz 2 SGB II genügen. In diesem Bescheid wird von einer angemessenen Wohnungsmiete von monatlich 273,60 EUR ausgegangen. Dies entspricht bei einer auch von der Antragsgegnerin bei den Antragstellern für angemessenen erachteten maximalen Wohnfläche von 60 m² einem Mietpreis von 4,56 EUR / m². Damit wird die untere Mietpreisspanne für Wohnungen des Baujahrs 1955 bis 1962 nach dem Mietspiegel der Stadt Heilbronn (Stand 01.06.2003) in Höhe von 4,95 EUR / m² deutlich unterschritten und für Wohnungen des Baujahrs vor 1955 in Höhe von 4,40 EUR / m² bis 6,04 EUR / m² nur knapp eingehalten. Bereits dies legt die Annahme nahe, dass der von der Antragsgegnerin als angemessenen erachtete Mietpreis am Wohnort der Antragsteller (vgl. zum räumlichen Vergleichsmaßstab BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - und - B 7 b AS 18/06 R -, veröffentlicht in juris) den tatsächlich angemessenen Mietpreis deutlich unterschreitet, mit der Folge, dass die tatsächliche Miete der Antragsteller auch weiterhin gemäß § 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II zu übernehmen ist. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Mietannoncen räumen diese Zweifel nicht aus. Sie erhärten vielmehr die genannten Zweifel, da sich ihnen keine Angebote entnehmen lassen, die die Mietpreisvorgabe von 4,56 EUR / m² erfüllt. Zwar werden Wohnungen, die diese Vorgabe erfüllen, nach der von der Stadtsiedlung gefertigten und dem SG vorgelegten Aufstellung über 27 Mietwohnungen z. T. erfüllt. Dass die Antragsteller tatsächlich die Möglichkeit gehabt hätten, innerhalb von 6 Monaten seit dem Bescheid vom 17.06.2005 eine solche Wohnung in angemessener Wohnungsgröße (bis 60 m²) anmieten zu können, ist jedoch völlig offen. Soweit sich die Antragsgegnerin darauf beruft, den Antragstellern sei zumutbar, in eine Wohnung mit deutlich unter 60 m² Wohnfläche umzuziehen, dürfte dem nicht gefolgt werden können. Es ist vielmehr Sache der Antragsgegnerin, auf den angemessenen Mietpreis, der er den konkreten örtlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen entspricht, hinzuweisen. Sonst wären die Hilfebedürftigen von vorn herein gezwungen, sich mit Wohnungen deutlich unter 60 m² Wohnfläche zu begnügen, was auch den Annahme der Antragsgegnerin entgegensteht, dass für die Antragsteller eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 60 m² von der Größe her noch angemessen ist.

Es bestehen außerdem auch Zweifel, ob die Aufwendungen für die derzeitige Wohnung der Antragsteller tatsächlich ungemessen sind.

Was unter angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher geregelt. Zur Bestimmung der Angemessenheit von Mietaufwendungen für eine Wohnung sind nach § 22 SGB II bzw. § 29 SGB XII die vom Bundesverwaltungsgericht zum Bundessozialhilferecht entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Danach sind bei der Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen für eine Unterkunft die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfebedürftigen marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage die sozialhilferechtlich maßgebliche Mietpreisspanne zu ermitteln ist (BVerwGE 97, 110, 112; 101, 194, 197 f.). Erscheinen dem Träger die Unterkunftskosten im Einzelfall als zu hoch, darf er die Angemessenheitsprüfung nicht darauf beschränken, ausgehend vom Bedarf des Hilfebedürftigen mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse zu bestimmen, welcher Kostenaufwand für die Unterkunft an sich (abstrakt) angemessen wäre. Da der Hilfebedürftige einen Anspruch auf Deckung seines Unterkunftsbedarfs hat, muss sich die Angemessenheitsprüfung in einem solchen Fall auch auf die Frage erstrecken, ob dem Hilfeempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist also die vom Hilfebedürftigen bewohnte Unterkunft die in dem maßgeblichen räumlichen Umkreis und Bedarfszeitraum einzig verfügbare, sind die Aufwendungen für diese Wohnung angemessen und deshalb gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vom Leistungsträger (zunächst) zu übernehmen (BVerwG Urteil vom 28.04.2005 NVwZ 2005, 1197 RdNr. 11). In welcher genauen Höhe Aufwendungen für eine Unterkunft nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Mietpreissituation auf dem für die Angemessenheitsprüfung maßgeblichen regionalen Wohnungsmarkt, angemessen sind, bemisst sich anhand einer einzelfallbezogenen Bewertung der für den jeweiligen örtlichen Wohnungsmarkt zur Verfügung stehenden Informationen (BVerwG Urteil vom 31.08.2004 NJW 2005, 310 RdNr. 16). Für die Berechnung der angemessenen Höhe der Unterkunftskosten ist dabei nicht isoliert von Größe und Mietzins je m² der konkret bewohnten Unterkunft auszugehen. Ausgangspunkt für die angemessene Höhe von Unterkunftskosten ist die - abstrakt zu ermittelnde - personenzahlabhängige Wohnungsgröße, so dass sich die angemessene Höhe der Unterkunftskosten als Produkt aus der für die Kläger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 15/04 -; vgl. zum Vorstehenden auch BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -).

Nach diesen Grundsätzen besteht bei den Antragstellern die konkrete Möglichkeit, dass sich ihre Aufwendungen für ihre derzeitige Wohnung noch als angemessen erweisen. Der Mietpreis ihrer derzeitigen Wohnung liegt (seit der Mieterhöhung zum 10.06.2006) mit 5,18 EUR / m² deutlich unter der mittleren Mitpreisspanne des Mietspiegels der Stadt Heilbronn für Wohnungen des Baujahrs 1955 bis 1962 in Höhe von 5,49 EUR / m² und entspricht dem Mittelwert für Wohnungen des Baujahrs vor 1955 in Höhe von 5,17 EUR / m². Ob den Antragstellern an ihrem Wohnort bei diesen Gegebenheiten eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich ist, erscheint zumindest offen. Dem entspricht auch das nicht widerlegte Vorbringen der Antragsteller, sich intensiv aber erfolglos um eine kostengünstigere Wohnung bemüht zu haben. Zudem überschreitet die Wohnfläche ihrer derzeitigen Wohnung von 66,60 m² die noch angemessene Wohnfläche von 60 m² nur geringfügig um 11 %. Es erscheint daher - auch ihm Hinblick auf die Produkttheorie - insgesamt nicht ausgeschlossen, dass sich ihre Wohnung unter Berücksichtigung des nach den konkreten örtlichen Gegebenheiten an ihrem Wohnort bestehenden tatsächlichen Mietpreises nicht als unangemessen erweist.

Anlass, die genannten Zweifel im vorliegenden Eilverfahren aufzuklären, besteht nicht. Es ist der Antragsgegnerin vielmehr zumutbar, deren endgültige Klärung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die pauschalisierende Berechnung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, wie sie nach den vorgelegten Akten von der Antragsgegnerin vorgenommen wird, nicht gesetzeskonform ist. Gemäß § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II sind die Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen. Die Leistungen werden anders als die Regelleistungen und Leistungen für Mehrbedarf beim Lebensunterhalt (§§ 20, 21 SGB II) nicht in pauschaler Form unter Zugrundelegung eines typisierten normativen Bedarfs gewährt, jedenfalls solange die Verordnung nach § 27 SGB II noch nicht ergangenen ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 -, veröffentlicht in juris; Senatsurteil vom 16.03.2007 - L 8 AS 2999/06 -). Die vorliegend von der Antragsgegnerin vorgenommene Pauschalisierung der Aufwendungen der Antragsteller insbesondere für die Betriebsnebenkosten und für die Heizkosten entbehrt daher einer Rechtsgrundlage.

Danach ist jedenfalls offen, ob den Antragstellern gegen die Beklagte ein Anspruch auf Leistung von höheren Unterkunftskosten zusteht. Ihr Interesse am Erhalt ihrer derzeitigen Wohnung durch Übernahme aufgelaufener Mietschulden durch die Antragsgegnerin überwiegt daher das gegenläufige Interesse der Antragsgegnerin, nachdem die aufgelaufenen Mietrückstände hauptsächlich auf die von der Antragsgegnerin gekürzten Leistungen für Unterkunftskosten beruhen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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