L 22 R 1841/05 -17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 10 RA 694/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1841/05 -17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Oktober 2005 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeit vom 01. Juli 1973 bis 14. März 1977 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der 1940 geborene Kläger ist Ingenieur (Urkunde der Ingenieurschule für Bauwesen G vom 24. Juli 1973).

Er arbeitete vom 01. Januar 1971 bis 14. März 1977 als Bauingenieur beim VEB D L bzw. beim VEB L (IWL) und vom 15. März 1977 bis wenigstens 30. Juni 1990 als Ingenieur für Eigeninvestitionen bzw. als Bauinvestbearbeiter beim volkseigenen (VE) P.

Zum 01. Januar 1986 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei und entrichtete Beiträge nur für das Einkommen bis 1.200 Mark monatlich bzw. 14.400 Mark jährlich.

Auf den Antrag von November 1999 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 2002 die Zeit vom 15. März 1977 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI unter Berücksichtigung der Arbeitsentgelte fest. Hinsichtlich der streitigen Zeit lehnte sie den Antrag ab, weil die Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt worden sei.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei für den Hochbau bzw. die baulichen Eigeninvestitionen des Instandsetzungswerks Ludwigsfelde zuständig gewesen. Seine Beschäftigung habe nichts mit dem Produktionsprofil dieses Betriebes zu tun gehabt. Mehreren ehemaligen Kollegen sei diese Zeit zwischenzeitlich anerkannt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Zu den Produktionsbetrieben zählten nur diejenigen Betriebe, deren Hauptzweck die industrielle Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern gewesen sei.

Dagegen hat der Kläger am 23. Juli 2003 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und vorgetragen:

Der VEB I sei dem Verantwortungsbereich eines der insgesamt 8 Industrieministerien unterstellt gewesen. Dieser Betrieb habe nicht nur eine Dienstleistung erbracht. Nach dem maßgebenden Sprachgebrauch der DDR sei unter Instandsetzung der Prozess der Herstellung materieller Güter und Leistungen zu verstehen gewesen. Der Instandsetzungsvorgang sei mehr als bloße Reparatur oder Instandhaltung gewesen. In diesem Betrieb seien Triebwerke hergestellt worden. Dies sei in der Weise geschehen, dass zunächst die Triebwerke in einem standardisierten Aufwand in verschiedenen Produktionsabschnitten zerlegt, gereinigt und einer Befundkontrolle unterzogen worden seien. Sodann habe der Austausch aller Gummiteile und aller Schrauben sowie in einem weiteren Schritt der Einbau von Neuteilen und von so genannten Poolteilen, die aus anderen Triebwerken ausgebaut worden seien, erfolgt. Die einzelnen Bearbeitungsschritte seien an unterschiedlichen Maschinen durchgeführt worden. Es habe sich damit um eine rationelle Produktion im Sinne einer Serienanfertigung gehandelt. Nach der Instandsetzung seien die Triebwerke neuwertig gewesen. Diese Form der Instandsetzung habe für die Volkswirtschaft der DDR deswegen besondere Bedeutung gehabt, weil neue Triebwerke in der DDR nicht produziert worden seien und ein Import nicht finanzierbar gewesen sei. Das Sozialgericht Potsdam habe in dem weiteren Rechtsstreit (S 16 RA 858/02) bereits im Sinne des dortigen Klägers entschieden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 31. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. Juli 1973 bis 14. März 1977 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI festzustellen.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 07. Oktober 2005 antragsgemäß entschieden und zur Begründung auf das den Beteiligten bekannte Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Juni 2003 - S 16 RA 858/02 verwiesen.

Gegen den ihr am 21. November 2005 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 25. November 2005 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, der VEB IL sei kein Produktionsbetrieb der Industrie gewesen. Der VEB L sei Teil der so genannten speziellen Produktion gewesen. Darunter habe man die für den Bedarfsträger Landesverteidigung zu erbringende Produktion (Güter und Leistungen), welche eine ausschließliche oder vorwiegend militärische Verwendung gehabt und demzufolge eine ausgeprägte militärische Spezifik besessen habe, verstanden. Alle Maßnahmen, die mit der speziellen Produktion verbunden gewesen seien, hätten strengster Geheimhaltung unterlegen, so dass kaum aussagefähiges Material zur Beurteilung des maßgebenden Betriebszwecks vorliege. Die Betriebe des VEB Kombinat Spezialtechnik seien in der Systematik der Volkswirtschaftszweige bis 1988 mit der Wirtschaftsgruppe 15489 als Reparatur- und Montagebetriebe des Fahrzeugbaus erfasst gewesen. Der VEB L habe Instandsetzungsleistungen für Flugzeug- und Hubschraubermotoren erbracht. Es habe keine industrielle Produktion, sondern Instandhaltung als Havariereparatur, als planmäßige Inspektion mit operativer und strategischer Inspektion im Sinne permanenter Überwachung sowie als planmäßige Reparatur (periodische Reparatur und Standardreparatur) stattgefunden. Generalreparatur (Hauptinstandsetzung, Großreparatur) sei die umfangreichste Instandhaltungsmaßnahme bei der Reproduktion der Grundmittel gewesen. Sie sei notwendig geworden, wenn die Hauptelemente eines Grundmittels soweit abgenutzt gewesen seien, dass seine Funktionsfähigkeit nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Dabei habe gleichzeitig auch eine Modernisierung stattgefunden. Reparatur und Instandhaltung seien jedoch keine industrielle Produktion.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 07. Oktober 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, die Instandsetzung von Triebwerken sei als Produktion im Sinne eines neu hergestellten Gegenstandes zu qualifizieren. Dies folge daraus, dass aus nicht mehr verwendungsfähigem Material mittels höchster Technologie, die im Betrieb entwickelt worden sei, und unter Verwendung wesentlich neuer Einzelteile ein völlig neues Erzeugnis hergestellt worden sei. Die angelieferten alten Triebwerke seien als Rohmaterial anzusehen, aus denen unter Verwendung völlig neuer Baugruppen Triebwerke hergestellt worden seien, die mit den alten nicht vergleichbar gewesen seien.

Der Senat hat aus dem Verfahren des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg L 21 RA 203/03 die dort in das Verfahren eingeführten Unterlagen des Verfahrens des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (L 21 RA 231/03) beigezogen, nämlich verschiedene Auszüge aus der Registerakte zum VEB I L (110/04/625), einen Auszug aus dem Handelsregister zur LL GmbH bzw. MTU M L (HRB 1807 P), Prüfbericht und Eröffnungsbilanz zur LL GmbH, Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts Potsdam (S 16 RA 858/02) über die Vernehmung des Zeugen W, Schreiben des H. F vom 17. März 2005, des HH vom 18. März 2005, des K U vom 16. März 2005, des K vom 16. März 2005 sowie des Dr. K B vom 22. April 2005 und 22. Februar 2006, die Sitzungsniederschriften des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (L 21 RA 231/03) über die Vernehmung des Zeugen Dr. K B vom 10. Februar 2006 und des Zeugen A R vom 23. Mai 2006 sowie einen Auszug aus "Die Industrie in Ludwigsfelde 1936 bis 1989 Heft I: Die Geschichte der Großbetriebe, Herausgeber Gehrmann" S. 55 ff. Der Senat hat außerdem vom Amtsgericht Potsdam Auszüge aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zum VEB D IL bzw. VEB I L (110/04/625) und zum VEB (B) Meliorationsbau Potsdam bzw. VE Meliorationskombinat Potsdam bzw. VEB M P (147 bzw. 352 bzw. 110/04/352) sowie einen Auszug aus dem Handelsregister zur M GmbH (HRB 153 P) beigezogen.

Zum Verfahren ist außerdem die Verwaltungsakte der Beklagten () beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt. Der Bescheid vom 31. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. Juli 1973 bis 14. März 1977 und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt, denn er hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).

Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.

Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen dies trifft jedoch auf die AVtI nicht zu galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3 8570 § 1 Nr. 1).

Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951, 487 - (2. DB zur AVtI VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand. Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.

War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene, vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.

Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R).

Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni 1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.

Mit der oben genannten Rechtsprechung befindet sich das BSG nicht im Widerspruch zu seinen Urteilen vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R. In jenen Urteilen wird zwar nicht auf den 30. Juni 1990 abgestellt. Dies rührt ersichtlich daher, dass bereits durch den Zusatzversorgungsträger jeweils Zeiten der Zugehörigkeit bis zum 30. Juni 1990 festgestellt waren und lediglich um einen vor dem Zeitpunkt der Aushändigung beziehungsweise Gültigkeit der ausgehändigten Urkunde gestritten wurde. Diese Entscheidungen betrafen somit tatsächlich Einbezogene. Allerdings haben diese Urteile zu erheblichen Missverständnissen geführt, die unter anderem zur Folge hatten, dass seitens des Versorgungsträgers aber auch durch Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit Zeiten der Zugehörigkeit, insbesondere zur AVtI, entgegen der tatsächlichen Rechtslage festgestellt wurden. Insbesondere die Formulierung, die Typisierung solle immer dann Platz greifen, wenn in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt (nicht notwendig noch zum 01. Juli 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei, derentwegen ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem errichtet gewesen sei, ist hierfür maßgebend gewesen. Dabei wurde jedoch verkannt, dass das BSG damit ausschließlich Zeiten von tatsächlich einbezogenen Berechtigten hat erfassen wollen. Über sonstige, nicht einbezogene Berechtigte, die also keinen Versicherungsschein erhalten hatten, hat das BSG mit diesen Urteilen überhaupt nicht entschieden. Auch das Urteil des BSG vom 10. April 2002 - B 4 RA 32/01 R steht nicht entgegen. In jenem Urteil kam es auf den Zeitpunkt des 30. Juni 1990 nicht an, weil der dortige Kläger bereits den erforderlichen Titel eines Ingenieurs nicht führte bzw. von 1977 bis 30. Juni 1990 eine dem Berufsbild eines Ingenieurs entsprechende Tätigkeit nicht verrichtete.

Dahinstehen kann, welche rechtliche Bedeutung es hat, dass die Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 2002 eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI u. a. bis 30. Juni 1990 feststellte. Die geltend gemachte Zeit kann jedenfalls unabhängig davon nicht als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI berücksichtigt werden.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit wesentlich auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt.

Es handelt sich hierbei grundsätzlich um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems nach Anlage 1 und 2 AAÜG bestehen. Bezogen auf die AVtI sind dies die im streitigen Zeitraum gültige Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR 1950, 8440) AVtI VO und die Zweite Durchführungs-bestimmung zur AVtI VO vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR 1951, 487) 2. DB zur AVtI VO.

Allerdings sind nicht alle Regelungen der AVtI zu Bundesrecht geworden. Dies gilt u. a. zunächst für die Vorschriften über die Zuteilung von Versorgungszusagen (§ 1 Abs. 3 2. DB zur AVtI VO). Insgesamt sind solche Regelungen kein Bundesrecht, die eine bewertende oder eine Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors, einer staatlichen Stelle der DDR etc. vorsahen. Zu Bundesrecht sind nur diejenigen Vorschriften geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns verstanden werden können (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 B 4 RA 18/01 R).

Nach § 1 AVtI VO wurde für die Angehörigen der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben über den Rahmen der Sozialpflichtversicherung hinaus eine Versorgungsversicherung eingeführt. Nach § 5 AVtI VO waren die erforderlichen Durchführungsbestimmungen vom Ministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Ministerium für Industrie und dem Ministerium für Arbeit und Gesundheitswesen zu erlassen. Davon wurde u. a. mit der 2. DB zur AVtI VO Gebrauch gemacht, die zum 01. Mai 1951 in Kraft trat (§ 10 Abs. 1 2. DB zur AVtI VO) und mit der zugleich die 1. DB zur AVtI VO außer Kraft gesetzt wurde (§ 10 Abs. 2 2. DB zur AVtI VO).

Generell war dieses System eingerichtet für 1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und 2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R).

Zwar enthält weder die AVtI-VO noch die 2. DB zur AVtI-VO eine Definition des volkseigenen Betriebes. § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO bestimmt insoweit lediglich: Den volkseigenen Produktionsbetrieben werden gleichgestellt: Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinenausleihstationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

§ 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO lässt aber erkennen, dass es als originären volkseigenen Betrieb im Sinne von § 1 AVtI-VO lediglich den volkseigenen Produktionsbetrieb ansieht. Das BSG versteht darunter nach dem letzten maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R). In jenem Urteil hat das BSG ausgeführt, dass der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp durch die drei Merkmale "Betrieb", "volkseigen" und "Produktion (Industrie, Bauwesen)" gekennzeichnet sei.

Ausgehend vom staatlichen Sprachgebrauch der DDR hat der Ausdruck "Betrieb" im Rahmen des Versorgungsrechts nur die Bedeutung, dass er wirtschaftsleitende Organe ausschließt (deswegen deren Gleichstellung in § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO). Eine wesentliche Eingrenzung erfolgt jedoch bereits durch das Merkmal "volkseigen". Dadurch beschränkt sich der Anwendungsbereich der AVtI auf Betriebe, die auf der Basis des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums gearbeitet haben, der wichtigsten Erscheinungsform des sozialistischen Eigentums. Damit sind nur Betriebe erfasst, die formalrechtlich den Status des volkseigenen Betriebes hatten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).

Schließlich erfolgt eine weitere Begrenzung auf (volkseigene) "Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens" (BSG, Urteil vom 09. April 2002 B 4 RA 41/01 R). Darunter ist die industrielle (serienmäßige wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen zu verstehen (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R und vom 08. Juni 2004 B 4 RA 57/03 R). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben (BSG, Urteile vom 10. April 2002 B 4 RA 10/02 R , vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R , vom 06. Mai 2004 B 4 RA 44/03 R , vom 27. Juli 2004 B 4 RA 11/04 R). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte- und tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangläufig mitausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden. Entscheidend ist, welches Produkt im Ergebnis erstellt werden sollte, nicht aber die Hilfsgeschäfte, die im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Produktes getätigt wurden (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- beziehungsweise nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (BSG, Urteile vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R , vom 06. Mai 2004 B 4 RA 44/03 R und vom 27. Juli 2004 B 4 RA 11/04 R).

Die o. g. drei Kriterien der AVtI lagen im streitigen Zeitraum vom 01. Juli 1973 bis 14. März 1977 nicht vollständig vor.

Der Kläger war zwar berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Dies folgt aus der Urkunde der Ingenieurschule für Bauwesen G vom 24. Juli 1973. Er übte auch eine dem Titel entsprechende Beschäftigung aus. Nach den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung vom 13. Juni 1963 war er als Bauingenieur tätig.

Der VEB Instandsetzungswerk Ludwigsfelde, der zum 01. Januar 1971 unter dem Namen VEB K D I L als Kombinatsbetrieb des VEB Kombinat S D gegründet worden war (§§ 2 und 5 der Verfügung des Ministers für Verarbeitungsmaschinen- und Fahrzeugbau, Schreiben des Generaldirektors des VEB K D vom 15. Januar 1971) und 1973 in VEB IL unbenannt wurde (vgl. Schreiben des Generaldirektors des VEB K D vom 08. August 1973 sowie zum Ganzen den Auszug aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft zu diesem Betrieb), war kein volkseigener Produktionsbetrieb insbesondere der Industrie.

Der 21. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat dies als Ergebnis seiner Ermittlungen aufgrund der vom Senat beigezogenen Unterlagen in den Urteilen vom 29. August 2006 (L 21 RA 203/03 und L 21 RA 231/03) bereits entschieden. Er hat dazu ausgeführt:

"Der Begriff der Produktion in der Versorgungsordnung ist dabei vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der Versorgungsordnung, nämlich durch versorgungsrechtliche Privilegierung bestimmter Personengruppen in bestimmten Bereichen der DDR-Volkswirtschaft diese abgegrenzten Teile der Wirtschaft, nämlich die industrielle Produktion, zu fördern, auszulegen. Erfasst wurden von der Versorgungsordnung nicht sämtliche volkseigenen Betriebe, sondern nur ausgewählte Betriebe im Bereich des Wirtschaftslebens der ehemaligen DDR. Es sollte nur ein bestimmter Bereich der DDR-Wirtschaft durch versorgungsrechtliche Privilegien gefördert werden und die darin tätigen Personengruppen - auch nicht alle, sondern nur die in der 2. DB genannten Personengruppen - privilegiert werden. Daher ist auch nicht ein weiter Produktionsbegriff, wie vom Kläger angenommen, zugrunde zu legen, sondern nur die engere industrielle Produktion, deren besondere Bedeutung für die Volkswirtschaft der ehemaligen DDR durch die Versorgungsordnung gefördert werden sollte. Unter Produktion wurde in der DDR die Herstellung standardisierter Massenprodukte verstanden. Dies folgt aus § 22 Abs. 1 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Produktionsbetriebe vom 09. Februar 1967 (GBl. II, S. 129). Danach hatte ein Produktionsbetrieb im Rahmen der Festlegungen des übergeordneten Organs seine Produktionsstruktur so zu gestalten, dass eine rationelle Produktion, besonders der Haupterzeugnisse, mit hoher Qualität, in großer Serie und nach modernen Fertigungsprinzipien erfolgte. Auch in der VO 1973 wird von Finalerzeugnissen gesprochen. In der VO 1979 wird die Verantwortung der Kombinate für die Sicherung der bedarfsgerechten Produktion der in den staatlichen Plänen festgelegten "Enderzeugnisse" bestimmt. Das Finalerzeugnis war nach dem Sprachgebrauch der ehemaligen DDR ein "materielles Produkt eines Kombinates oder Betriebes, das als Investitionsgut oder Konsumgut unmittelbar für den Bedarf der Bevölkerung, der Wirtschaft sowie den Export bestimmt ist und nicht wieder als Arbeitsgegenstand in die Produktion eingeht." (Wörterbuch der Ökonomie Sozialismus, Hg. Ehlert, Joswig, Luchterhand u. a., Dietz Verlag Berlin, 5. Aufl. 1983 - Wörterbuch -).

Diese Definition spricht zwar zunächst nicht dagegen, ein in der Instandsetzung gewonnenes Produkt unter den Begriff eines Finalerzeugnisses zu fassen, wenn es unmittelbar für den Absatz geschaffen worden ist. Bei der Verwendung der Begriffe "Produktion" und "Finalerzeugnis" und "Enderzeugnis" wird aber nicht auf die "Instandsetzung" als Gewinnungsprozess in den zitierten Verordnungen abgestellt, obwohl "Instandsetzung" in der ehemaligen DDR gesondert von der Produktion als Prozess definiert war. Nach dem in der Versorgungsordnung zum Ausdruck gekommenen Sprachgebrauch der DDR war unter einem volkseigenen Produktionsbetrieb vielmehr nur ein Betrieb zur serienmäßigen Herstellung von erstmalig für den Gebrauch bestimmter Endprodukte verstanden worden (so auch: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19. Februar 2003, L 4 RA 48/02, E-LSG RA-135; veröffentlicht in juris) nicht aber ein Betrieb der Instandsetzung oder Reparatur, auch wenn diese zur Wiederherstellung eines gebrauchsfähigen Konsumgutes und Absatzproduktes führte. Dies folgt auch daraus, dass die "Instandhaltung" in der ehemaligen DDR als eigenständiger, der Produktion dienender Bereich definiert wurde. Unter Instandhaltung wurde die "Gesamtheit von Maßnahmen zur planmäßigen Erhaltung des Gebrauchswertes, der Einsatzfähigkeit sowie der Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Grundmitteln" (Wörterbuch der Ökonomie, Stichwort Instandhaltung) verstanden. Sie umfasste die laufende Instandhaltung und die Generalreparatur, die als "Modernisierung in Verbindung mit der Wiederherstellung der technischen Nutzungsfähigkeit" definiert wurde (Wörterbuch der Ökonomie, a.a.O.). Im Rahmen der Definition des Begriffes "Produktion" wird auf diesen Bereich nicht verwiesen (vergl.: Wörterbuch der Ökonomie). Dabei war es Ziel, den Instandhaltungsprozess zunehmend zu mechanisieren und zu automatisieren, um dadurch Produktionsausfälle "so gering wie möglich" (Wörterbuch der Ökonomie, Stichwort Instandhaltung) zu halten und in der Instandhaltung beschäftigte Arbeitskräfte für andere wichtige Aufgaben zu gewinnen. Diese Definitionen zeigen, dass in der ehemaligen DDR auch die mechanisierte und automatisierte Instandhaltung zur Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit und die Generalreparatur gerade von der der industriemäßigen (Neu-)Produktion von Sachgütern gesondert definiert wurde. Sie diente auch der Industrieproduktion, war aber ein eigenständiger Bereich, der nicht mit der industriellen Produktion gleichzusetzen war, auf die allein sich die VOAVItech bezog.

Ein industrieller Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung war der VEB I nicht. Schon nach seinem Namen "Instandsetzungswerk" lag der Hauptzweck, auf den abzustellen ist (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003, B 4 RA 14/03 R, a. a. O.), in der Instandsetzung von gebrauchten Flugzeugturbinen, die für den Wiedergebrauch erneuert werden mussten. Hauptzweck des Betriebes war nicht die (Neu-)Fertigung, Herstellung, Anfertigung und Fabrikation von Sachgütern in Form der Massenproduktion für den Massenabsatz, auch wenn im Rahmen des Instandsetzungsprozesses, der in dem Instandsetzungswerk VEB I serienmäßig erfolgte, Ersatzteile neu hergestellt wurden, um sie im Rahmen der instand zu setzenden Flugzeugturbinen zu gebrauchen. Soweit ein geringerer Anteil der auch hergestellten Ersatzteile für den freien Verkehr, das heißt für andere Unternehmen verkauft wurde, war dies jedenfalls nicht der Hauptzweck des Unternehmens.

Dass der Hauptzweck des Instandsetzungswerkes L in der Instandsetzung von Flugzeugtriebwerken bestand, ergibt sich aus den vom Senat beigezogenen Stellungnahmen und Zeugenaussagen.

So hat der Direktor für Produktion des Werkes ab 1987, H. F, ausgeführt, dass der VEB I mit ca. 900 beschäftigten Personen mit der Instandsetzung von Stahltriebwerken für Jagdflugzeuge und Hubschrauber beschäftigt gewesen sei. Der Hauptanteil der eingesetzten Ersatzteile sei importiert worden. Auch der KU, der von 1975 bis 1985 Betriebsdirektor des VEB I war, hat in seiner Stellungnahme vom 16. März 2005 mitgeteilt, dass Aufgabe des Betriebes die technologische Vorbereitung und praktische Durchführung industrieller Instandsetzungen von Flugzeugtriebwerken und deren Endprüfung auf Großprüfständen gewesen sei. Auch der von 1989 bis 1990 als technischer Direktor tätige Dr. B hat in seiner Stellungnahme vom 22. April 2005 ausgeführt, dass Hauptzweck die industrielle Hauptinstandsetzung flugfähiger Turbinenluftstrahltriebwerke und Hubschraubergetriebe gewesen sei. Hierzu mussten Sonderbetriebsmittel entwickelt und hergestellt werden. Er hat weiter beschrieben, dass Hauptzweck die industrielle Instandsetzung von Flugzeugturbinen und Hubschraubertriebwerken gewesen sei und die industrielle Instandsetzung 80 Prozent der Warenproduktion ausgemacht habe. Turbinen und Hubschrauberturbinen sind in dem VEB Inach der Aussage des Dr. B nicht neu produziert worden. In einem anderen Bereich des Werkes, nämlich dem Bereich der Herstellung von nicht für die Instandhaltung von Turbinen bestimmter Sonderbetriebsmitteln, Prüfständen, Einzelteilen und Baugruppen waren nur ein Drittel der Beschäftigten des Gesamtbetriebs tätig, so dass dieser Bereich nicht den Hauptzweck des Betriebes verfolgte. Dieser bestand darin, wie sich aus der Aussage des Dr. B ergibt, nicht gebrauchsfähige Triebwerke, die als Halbzeug angeliefert wurden, durch "komplizierteste" Verfahren wieder gebrauchsfähig zu machen. Dass diese Instandsetzung, wie von Dr. B geschildert, mit einer hohen Fertigungstiefe erfolgen musste, ändert nichts daran, dass keine neuen Produkte fertig gestellt wurden, sondern, wie er selbst geschildert hat, für das finale Produkt auch alte Teile herangezogen worden sind, die vorher schon in Benutzung gewesen sind. Es bestand damit ein Unterschied zu einer Neuproduktion, wie sie von ihm geschildert worden ist. A R, zuletzt ab 1986 bis zur Privatisierung des Betriebes Hauptbuchhalter des VEB I, hat ebenfalls als Betriebszweck die Instandsetzung der Triebwerke für militärische Zwecke angegeben. Angelieferte gebrauchte Triebwerke sind demontiert worden und dann in einen gebrauchsfähigen Zustand versetzt worden. Er hat auch angegeben, dass mit den Auftraggebern Instandsetzungs- und Lieferverträge über eine regelmäßige Instandsetzung der Triebwerke bestanden haben und damit keine Produktionsaufträge erteilt worden sind. Eine Neuproduktion von Ersatzteilen und anderen kleineren Teilen ist in dem Betrieb nicht buchhalterisch extra aufgeführt worden, weil sie der Instandsetzung und damit dem Hauptzweck des Betriebes gedient hat. Damit hat auch Herr R eindrücklich geschildert, dass Hauptzweck gerade nicht die Neuproduktion war, die buchhalterisch extra ausgewiesen hätte werden müssen, sondern die Instandsetzung, und die Neuproduktion von Ersatzteilen diesem Hauptzweck gedient hat.

Damit hat schwerpunktmäßig eine industrielle Instandsetzung in dem Betrieb stattgefunden. Eine industrielle Instandsetzung und Modernisierung von Gütern unterfiel aber nicht - wie dargestellt - dem Produktionsbegriff im Sinne des fordistischen Produktionsmodells, wie er der Versorgungsordnung zugrunde gelegt war. Diese serienmäßige Instandsetzung im Rahmen eines industriellen Prozesses war, auch wenn sie, was der Senat nicht verkennt, hoch spezialisiert von spezialisierten Fachkräften durchgeführt wurde, nicht darauf gerichtet, ein neues Sachgut serienmäßig herzustellen, sondern im Rahmen einer industriemäßigen Organisation nicht mehr gebrauchsfähige Güter nach einzelner Durchsicht jeweils wieder gebrauchsfähig zu machen. Allein das Ansetzen einer Instandsetzung am Einzelgut zur Feststellung der Fehlerhaftigkeit und des Instandsetzungsbedarfs verdeutlicht, dass keine serienmäßige Neuproduktion vorgenommen worden ist. Ein instand gesetztes Triebwerk stellt kein aliud im Verhältnis zum angelieferten nicht mehr gebrauchsfähigen Triebwerk dar. Auch die Steigerung des Gebrauchswertes bzw. die Wiederherstellung des Gebrauchswertes führt nicht dazu, dass von einem Neuprodukt gesprochen werden kann. Dass im VEB I auch neben der industriellen Instandsetzung neue Produkte gefertigt worden sind, führt nicht zur Einbeziehung dieses Betriebes in die Versorgungsordnung. Hauptziel war - wie dargestellt - die (industrielle) Instandsetzung von Flugzeugturbinen.

Auch die Unterstellung des Betriebes unter ein Industrieministerium führt nicht dazu, dass von einem industriellen Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung auszugehen ist. Wie dargestellt, wurden von der VOAVItech nicht alle Industriebetriebe erfasst, sondern nur die volkseigenen Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens. Im Wirtschaftsleben der ehemaligen DDR wurde - wie sich aus der Systematik der Volkswirtschaftszweige der Deutschen Demokratischen Republik (Ausgabe 1985) des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik/Staatliche Zentralverwaltung für Statistik ergibt - zwischen Reparatur- und Montagebetrieben und anderen Industriebetrieben unterschieden. Reparatur- und Montagebetriebe waren der Wirtschaftsgruppe 15489 zugeordnet, zu dieser Wirtschaftsgruppe war auch der VEB I zugeordnet. Daneben gab es z. B. Betriebe des Landmaschinenbaus, des Schiffbaus, des Schienenfahrzeugbaus, des Straßenfahrzeug- und Traktorenbaus und ähnliche Betriebe, in denen Maschinen neu gebaut wurden. Allein aus dieser Systematik ergibt sich ebenfalls eine Unterscheidung im Sprachgebrauch der DDR und im Wirtschaftsleben zwischen Reparatur, Instandsetzungswerken und Produktions/Baubetrieben.

Die Tatsache, dass die im VEB I vorgenommene "Herstellung" von funktionsfähigen Flugzeugturbinen die einzige "Flugzeugturbinenproduktion" in der ehemaligen DDR darstellte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass im Wirtschaftsleben der DDR die serienmäßige Instandsetzung der Flugzeugturbinen zur Wiederherstellung der Gebrauchsfähigkeit im Rahmen der so genannten speziellen Produktion einen der industriellen (Neu-)Produktion gleichzusetzenden Rang hatte, weil die vormals auch in der ehemaligen DDR vorgenommene eigenständige Neuproduktion von Flugzeugturbinen eingestellt worden war (ein Betriebsteil für Triebwerksneubau bestand nur bis 1961, vergl.: "Die Industrie in Ludwigsfelde" 1936 – 1989" Heft I: Die Geschichte der Großbetriebe. Hg.: Gehrmann, Seite 55 ff.), führt dieser Umstand nicht dazu, eine durchgeführte "Instandsetzung" als "Neu-Produktion" zu bewerten. Bei der Frage, ob der Beschäftigungsbetrieb des Klägers von der Versorgungsordnung erfasst war, ist nicht auf das Auftreten des Betriebes in der Wirtschaftswirklichkeit der ehemaligen DDR abzustellen, sondern auf das in der hier heranzuziehenden Versorgungsordnung bestimmte Versorgungsrecht (BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 3/02 R, SozR 3-8750 § 1 Nr. 7)."

Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des 21. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg an. Er kommt auf der Grundlage der aus den genannten Verfahren beigezogenen Beweismittel aus den vom 21. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg dazu genannten Gründen zum selben rechtlichen Ergebnis. Die industrielle Fertigung von Sachgütern war nicht Hauptzweck des VEB I L. Dieser bestand vielmehr in der, wenn auch industriellen Instandsetzung von Flugzeugturbinen. Diese Turbinen dürften – worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - zudem nach der Anlieferung an das Instandsetzungswerk im Eigentum der Flugzeugeigner verblieben sein, was ebenfalls gegen eine Neuproduktion spricht, denn letztere setzt die Schaffung einer neuen Sache voraus.

Dieser Betrieb ist auch nicht nach § 1 Abs. 2 2. DB zur AVtI-VO einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt. Er wird in dieser Vorschrift nicht erwähnt.

Soweit sich der Kläger gegenüber solchen Kollegen gleichheitswidrig behandelt fühlt, denen keine Versorgungsurkunde erteilt worden war, deren Zugehörigkeit zur AVtI gleichwohl durch die Beklagte festgestellt wurde, vermag der Senat dies nachzuvollziehen. Daraus folgt jedoch nicht, dass im Fall des Klägers in derselben Weise verfahren werden kann. Nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sind die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden. Wird das vom Kläger erhobene Begehren als rechtswidrig erkannt, ist es ausgeschlossen, diesem Begehren zu entsprechen, denn dadurch würde ein verfassungswidriger Zustand herbeigeführt. Vielmehr ist die Beklagte in einem solchen Fall aufgefordert zu prüfen, ob die den genannten Kollegen erteilten Bescheide über die Feststellung der Zugehörigkeit zur AVtI nach den Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts wegen Rechtswidrigkeit zurückzunehmen sind.

Die Berufung der Beklagten hat daher Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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