Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 LW 23/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 13/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 7/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 8. März 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Hinblick auf die Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab August 2006.
Der 1960 geborene Kläger bewirtschaftete nach seinen Angaben zumindest bis 31.07.2006 eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 11,15 ha und eine forstwirtschaftlichen Fläche von 7,58 ha; weitere 11,4 ha seiner landwirtschaftlich genutzten Flächen sind ab April 2001 für sieben Jahre bis 30.09.2007 an G. verpachtet. Er bezog bis Ende 2006 laufend Zuschüsse auf Grund seiner jährlich beim Amt für Landwirtschaft gestellten Mehrfachanträge. Nach seinen Angaben werden wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen die landwirtschaftlichen Arbeiten im Wesentlichen von Maschinenring-Lohnunternehmen durchgeführt; er sei im wesentlichen aufsichtsführend im Betrieb tätig. Zumindest im November 2006 war ihm von der Beklagten ein Betriebshelfer bewilligt worden.
Nach dem Schwerbehindertengesetz ist bei ihm ein GdB von 30 festgestellt.
In seinem Rentenantrag vom 13.05.2002 gab er an, dass beabsichtigt sei, die Grundstücke seines landwirtschaftlichen Unternehmens zu verpachten und evtl. zum Teil zu verkaufen. Dr.R., Ärztin für Psychiatrie und Sozialmedizin der ärztlichen Gutachterstelle der LVA Niederbayern-Oberpfalz, stellte unter Berücksichtigung des Befundberichtes von Dr. H. sowie auf Grund ihrer eigenen Untersuchung fest, dass der Kläger auf Grund seiner schweren depressiven Episode ab Antragstellung bis voraussichtlich 31.05.2004 nicht mehr in der Lage sei, mindestens 3 h täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Auf Grund einer engmaschigen sach- und fachgerechten Therapie könne das Leistungsvermögen jedoch günstig beeinflusst werden.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 10.12.2002 mit, dass er ab 13.05.2002 erwerbsgemindert sei, und bat unter ausdrücklicher Beschreibung der Abgabevoraussetzungen um die Vorlage von Nachweisen hinsichtlich der Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens sowie der Zupachtungen. Da er trotz mehrerer Aufforderungen keinen Nachweis über die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens vorlegte, lehnte sie den Rentenantrag mit Bescheid vom 31.07.2003 ab, weil nicht festgestellt werden könne, ob der Kläger sein Unternehmen abgegeben habe.
Der dagegen ohne Begründung erhobene Widerspruch, mit dem um eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Hofübergabe bzw. Verpachtung gebeten wurde, wurde nach Aktenlage mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg beantragte der Kläger die Aussetzung des Verfahrens, weil er bislang noch keinen geeigneten Übernehmer gefunden habe. Denn auf Grund der anstehenden umfassenden Rechtsänderung durch die EU-Agrarreform sei die Rechtslage im Zusammenhang mit der Veräußerung bzw. Verpachtung landwirtschaftlicher Unternehmen derzeit unklar, so dass er die Klärung dieser Rechtsfragen abwarten müsse.
Nach einer Anhörungsmitteilung wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2005 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er das landwirtschaftliche Unternehmen nicht abgegeben habe. Im Hinblick darauf, dass er angeblich bereits seit Jahren vergeblich versuche, einen Übernehmer zu finden, beständen ernsthafte Zweifel an seinem Übergabewillen. Das Gericht sah daher keinen Anlass, weiter zuzuwarten und das Verfahren zum Ruhen zu bringen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, weil die vollständige Übergabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens zwar immer angestrebt, aber wegen der bislang noch nicht regulierten Veränderungen durch die Europäische Agrarreform (GAP) und der fehlenden Abstimmung sozialrechtlicher Bestimmungen etc. mangels Rechts- und Planungssicherheit noch nicht möglich gewesen sei. Auch bestehe eine Bindung hinsichtlich der Aufnahme seiner Flächen für fünf Jahre in ein Kulturlandschaftsprogramm. Unklar sei, wie im Hinblick auf Verhandlungen des Ministerrats der Europäischen Union und der Europäischen Kommission der Begriff "Stilllegung" des ALG auszulegen sei. Seit 01.08.2006 seien alle in seinem Eigentum befindlichen und nicht verpachteten Flächen stillgelegt. Die Pachtflächen, deren Pachtverträge bereits zum 30.09.2007 gekündigt seien, würden ebenfalls ab Oktober 2007 stillgelegt werden, so dass spätestens zum 01.10.2007 die Abgabevoraussetzung erfüllt und ab diesem Zeitpunkt Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren sei.
Der Senat hat eine Auskunft des Amtes für Landwirtschaft und Forsten C. beigezogen, wonach der Kläger von 2002 bis 2006 eine Ausgleichszulage, eine Kulturpflanzen-/Betriebsprämie und Leistungen aus dem Kulturlandschaftsprogramm erhalten hat.
Nach Beiziehung eines Befundberichtes von Dr. H. mit zahlreichen Fremdbefunden erkennt die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.01.2007 das Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung ab Mai 2002 auf unbestimmte Dauer an.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 08.03.2005 sowie den Bescheid vom 31.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 01.08.2006, hilfsweise ab 01.04.2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass das landwirtschaftliche Unternehmen nicht wirksam im Sinn des § 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben worden sei.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143,151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den sich der Senat in der mündlichen Verhandlung vom Kläger verschafft hat, ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine – auch nur partielle - Prozessunfähigkeit des Klägers. Seine freie Willensbestimmung war nicht eingeschränkt. Auch wenn sein Vortrag weitschweifig und ausholend war, so waren sein Denkablauf und die Wahrnehmung geordnet. Sein Vorbringen in freier Rede war wohl formuliert in längeren, gut strukturierten Sätzen. Auf die Einwände der Beklagten und des Senats reagierte er sachbezogen mit Argumenten. Den Klageantrag präzisierte er dahingehend, dass er eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht schon ab Antragstellung, sondern erst nach der vermeintlichen Stillegung ab August 2006 begehrt. Das äußere Erscheinungsbild war gepflegt. Sein Verhalten war weder aggressiv noch ungezügelt. Hinweise für kognitive Einschränkungen ergaben sich auch nicht aus den dem Senat vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere dem Befundbericht des behandelnden Allgemeinarztes Dr. H. vom 29.11.2006 mit zahlreichen Fremdbefunden. Die Klage hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2005 abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung im Sinn des § 13 Abs. 1 ALG in Verbindung mit § 43 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. S.1827) hat, und der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 nicht zu beanstanden ist. Denn die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ist nicht nachgewiesen.
Der Kläger ist zwar ab Antragstellung im Mai 2002 auf unbestimmte Dauer voll erwerbsgemindert und hat zum Zeitpunkt der Antragstellung die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt, aber das Erfordernis der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinn des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr.4 i.V.m. § 21 ALG ist zu keinem Zeitpunkt erfüllt.
Ein Unternehmen der Landwirtschaft ist nach § 21 Abs. 1 ALG abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn
1. die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind,
2. mit einem Nießbrauch zu Gunsten Dritter belastet sind oder
3. in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist.
Sofern die landwirtschaftlich genutzten Flächen Gegenstand eines Vertrages sind, bedarf dieser der Schriftform; der Vertrag oder die Unmöglichkeit der Nutzung im Sinn des Satzes 1 Nr. 3 muss sich auf einen Zeitraum von mindestens neun Jahren erstrecken. Der Zeitraum beginnt mit dem Abschluss des Vertrages, jedoch nicht vor Eintritt der Erwerbsminderung.
Nach § 21 Abs. 4 ALG steht es der Abgabe gleich, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen stillgelegt sind. Flächen gelten als stillgelegt, wenn die landwirtschaftliche Nutzung ruht und nicht die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vorliegen.
Bei einer nur teilweisen Abgabe gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft nach § 21 Abs. 7 ALG auch dann als abgegeben, wenn der Wirtschaftswert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens 25 vom Hundert der nach § 1 Abs. 5 festgelegten Mindestgröße nicht überschreitet und das Einfache der Mindestgröße nicht erreicht, und auf dem nicht abgegebenen Teil gewerbliche Tierzucht/Tierhaltung einzelbetrieblich oder gemeinschaftlich im Sinn des Bewertungsgesetzes nicht betrieben wird.
Keiner dieser Abgabetatbestände ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats ab August 2006 oder entsprechend dem Hilfsantrag ab April 2007 nachgewiesen. Das landwirtschaftliche Unternehmen wurde weder abgegeben im Sinn des § 21 Abs. 1 ALG , weil der Kläger selbst noch Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten Flächen ist, noch gilt sein Unternehmen gemäß § 21 Abs. 2 ALG als abgegeben.
Das landwirtschaftliche Unternehmen gilt nicht als abgegeben, weil die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 ALG nicht erfüllt sind. Es liegt insbesondere keine Verpachtung des landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinn des § 21 Abs. 2 Nr. 1 ALG vor, weil die an G. von April 2001 bis September 2007 verpachteten Flächen von nur 11,4 ha schon nicht mindestens neun Jahre lang verpachtet wurden.
Die landwirtschaftlich genutzten Flächen sind auch nicht stillgelegt im Sinn des § 21 Abs. 4 ALG und stehen daher einer Abgabe nicht gleich. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gelten Flächen als stillgelegt, wenn die landwirtschaftliche Nutzung ruht und nicht die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vorliegen. Der Begriff "stillgelegt" wird durch § 1 Abs. 1 Flächenstilllegungsverordnung – FSV - vom 25. November 1994 (BGBl I 3524) ausgefüllt. Hiernach ist eine landwirtschaftlich genutzte Fläche nur stillgelegt, wenn jede landwirtschaftliche Nutzung und jeder Anbau von Kulturpflanzen nicht nur vorübergehend eingestellt werden (nachhaltiges Brachlegen). In Anlehnung an die Begründung zu § 1 Abs. 6 Satz 2 ALG (Begriff der nachhaltigen Nichtnutzung) liegt Nachhaltigkeit des Brachlegens nur vor, wenn die Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung, also das Brachlegen, für einen Zeitraum von wenigstens fünf Jahren andauert; stillgelegt ist eine brachgelegte Fläche deshalb nur dann, wenn der Versicherte erklärt, er werde die Brachlegung für mindestens fünf Jahre aufrechterhalten (Verbandskommentar zum ALG, § 22 zu 2.4).
Zum einen hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er die landwirtschaftlichen Flächen ab August 2006 bzw. ab April 2007 nicht mehr nutzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er selbst die landwirtschaftlichen Arbeiten durchführt oder sich der Hilfe Dritter, wie Arbeiter des Maschinenrings oder Betriebshelfer, bedient. Auch wenn er selbst wegen seines Gesundheitszustandes nicht mehr alle landwirtschaftlichen Arbeiten verrichten kann, so muss er sich Tätigkeiten Dritter für sein landwirtschaftliches Unternehmen, in dem er nach seinen Angaben die Aufsicht führt, zurechnen lassen. Auch hat er nach der Auskunft des Amtes für Landwirtschaft und Forsten C. vom 03.04.2007 laufend bis 2006 staatliche Fördermittel für die Bewirtschaftung seiner Flächen bezogen. Sein Vortrag, dass die Flächen seit August 2006 stillgelegt worden seien, ist im übrigen im Hinblick auf die Bewilligung eines Betriebshelfers im November 2006 nicht glaubhaft. Selbst wenn zugunsten des Klägers von einer Stilllegung seiner vorher selbst bewirtschafteten Flächen ab August 2006 ausgegangen werden würde, so erfüllte er wegen der bis September 2007 noch verpachteten und so landwirtschaftlich genutzten Flächen von 11,4 ha nicht das Erfordernis der Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens, weil die verpachteten Flächen den zulässigen Selbstbehalt nach § 21 Abs. 7 ALG, 25 % der Mindestgröße - d.h. hier 1,50 ha - ,erheblich überschreiten würden. Unerheblich ist insoweit die bereits abgegebene Absichtserklärung des Klägers, die verpachteten Flächen nach Ablauf der Pachtdauer ab Oktober 2007 stillzulegen.
Zum anderen hat er gegenüber der Beklagten - trotz mehrmaliger Aufforderung hierzu - keine entsprechende Stilllegungserklärung mit dem Inhalt, dass er die Brachlegung für mindestens fünf Jahre aufrechterhalten wird, abgegeben. Ferner wurde die Stilllegungsprämie weder beantragt noch gewährt.
Die Flächen des Klägers gelten auch nicht im Sinn des § 21 Abs. 4 Satz 2 ALG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 FSV als stillgelegt im Sinn einer Nutzung zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken (insbesondere zu Zwecken des Naturschutzes und der Landschaftspflege), weil bereits das Ruhen der landwirtschaftlichen Nutzung aus o.g. Gründen nicht nachgewiesen ist.
Im Übrigen ersetzt die Einstellung der Bewirtschaftung noch nicht die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens (vgl. etwa BSG, Urteil vom 07.12.2000 Az. B 10 LW 17/99 R).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.
Gründe, gemäß § 160 Absatz 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist im Hinblick auf die Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab August 2006.
Der 1960 geborene Kläger bewirtschaftete nach seinen Angaben zumindest bis 31.07.2006 eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 11,15 ha und eine forstwirtschaftlichen Fläche von 7,58 ha; weitere 11,4 ha seiner landwirtschaftlich genutzten Flächen sind ab April 2001 für sieben Jahre bis 30.09.2007 an G. verpachtet. Er bezog bis Ende 2006 laufend Zuschüsse auf Grund seiner jährlich beim Amt für Landwirtschaft gestellten Mehrfachanträge. Nach seinen Angaben werden wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen die landwirtschaftlichen Arbeiten im Wesentlichen von Maschinenring-Lohnunternehmen durchgeführt; er sei im wesentlichen aufsichtsführend im Betrieb tätig. Zumindest im November 2006 war ihm von der Beklagten ein Betriebshelfer bewilligt worden.
Nach dem Schwerbehindertengesetz ist bei ihm ein GdB von 30 festgestellt.
In seinem Rentenantrag vom 13.05.2002 gab er an, dass beabsichtigt sei, die Grundstücke seines landwirtschaftlichen Unternehmens zu verpachten und evtl. zum Teil zu verkaufen. Dr.R., Ärztin für Psychiatrie und Sozialmedizin der ärztlichen Gutachterstelle der LVA Niederbayern-Oberpfalz, stellte unter Berücksichtigung des Befundberichtes von Dr. H. sowie auf Grund ihrer eigenen Untersuchung fest, dass der Kläger auf Grund seiner schweren depressiven Episode ab Antragstellung bis voraussichtlich 31.05.2004 nicht mehr in der Lage sei, mindestens 3 h täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein. Auf Grund einer engmaschigen sach- und fachgerechten Therapie könne das Leistungsvermögen jedoch günstig beeinflusst werden.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 10.12.2002 mit, dass er ab 13.05.2002 erwerbsgemindert sei, und bat unter ausdrücklicher Beschreibung der Abgabevoraussetzungen um die Vorlage von Nachweisen hinsichtlich der Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens sowie der Zupachtungen. Da er trotz mehrerer Aufforderungen keinen Nachweis über die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens vorlegte, lehnte sie den Rentenantrag mit Bescheid vom 31.07.2003 ab, weil nicht festgestellt werden könne, ob der Kläger sein Unternehmen abgegeben habe.
Der dagegen ohne Begründung erhobene Widerspruch, mit dem um eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Hofübergabe bzw. Verpachtung gebeten wurde, wurde nach Aktenlage mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Regensburg beantragte der Kläger die Aussetzung des Verfahrens, weil er bislang noch keinen geeigneten Übernehmer gefunden habe. Denn auf Grund der anstehenden umfassenden Rechtsänderung durch die EU-Agrarreform sei die Rechtslage im Zusammenhang mit der Veräußerung bzw. Verpachtung landwirtschaftlicher Unternehmen derzeit unklar, so dass er die Klärung dieser Rechtsfragen abwarten müsse.
Nach einer Anhörungsmitteilung wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2005 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil er das landwirtschaftliche Unternehmen nicht abgegeben habe. Im Hinblick darauf, dass er angeblich bereits seit Jahren vergeblich versuche, einen Übernehmer zu finden, beständen ernsthafte Zweifel an seinem Übergabewillen. Das Gericht sah daher keinen Anlass, weiter zuzuwarten und das Verfahren zum Ruhen zu bringen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, weil die vollständige Übergabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens zwar immer angestrebt, aber wegen der bislang noch nicht regulierten Veränderungen durch die Europäische Agrarreform (GAP) und der fehlenden Abstimmung sozialrechtlicher Bestimmungen etc. mangels Rechts- und Planungssicherheit noch nicht möglich gewesen sei. Auch bestehe eine Bindung hinsichtlich der Aufnahme seiner Flächen für fünf Jahre in ein Kulturlandschaftsprogramm. Unklar sei, wie im Hinblick auf Verhandlungen des Ministerrats der Europäischen Union und der Europäischen Kommission der Begriff "Stilllegung" des ALG auszulegen sei. Seit 01.08.2006 seien alle in seinem Eigentum befindlichen und nicht verpachteten Flächen stillgelegt. Die Pachtflächen, deren Pachtverträge bereits zum 30.09.2007 gekündigt seien, würden ebenfalls ab Oktober 2007 stillgelegt werden, so dass spätestens zum 01.10.2007 die Abgabevoraussetzung erfüllt und ab diesem Zeitpunkt Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren sei.
Der Senat hat eine Auskunft des Amtes für Landwirtschaft und Forsten C. beigezogen, wonach der Kläger von 2002 bis 2006 eine Ausgleichszulage, eine Kulturpflanzen-/Betriebsprämie und Leistungen aus dem Kulturlandschaftsprogramm erhalten hat.
Nach Beiziehung eines Befundberichtes von Dr. H. mit zahlreichen Fremdbefunden erkennt die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.01.2007 das Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung ab Mai 2002 auf unbestimmte Dauer an.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 08.03.2005 sowie den Bescheid vom 31.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 01.08.2006, hilfsweise ab 01.04.2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass das landwirtschaftliche Unternehmen nicht wirksam im Sinn des § 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben worden sei.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestands auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 143,151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den sich der Senat in der mündlichen Verhandlung vom Kläger verschafft hat, ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine – auch nur partielle - Prozessunfähigkeit des Klägers. Seine freie Willensbestimmung war nicht eingeschränkt. Auch wenn sein Vortrag weitschweifig und ausholend war, so waren sein Denkablauf und die Wahrnehmung geordnet. Sein Vorbringen in freier Rede war wohl formuliert in längeren, gut strukturierten Sätzen. Auf die Einwände der Beklagten und des Senats reagierte er sachbezogen mit Argumenten. Den Klageantrag präzisierte er dahingehend, dass er eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht schon ab Antragstellung, sondern erst nach der vermeintlichen Stillegung ab August 2006 begehrt. Das äußere Erscheinungsbild war gepflegt. Sein Verhalten war weder aggressiv noch ungezügelt. Hinweise für kognitive Einschränkungen ergaben sich auch nicht aus den dem Senat vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere dem Befundbericht des behandelnden Allgemeinarztes Dr. H. vom 29.11.2006 mit zahlreichen Fremdbefunden. Die Klage hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2005 abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung im Sinn des § 13 Abs. 1 ALG in Verbindung mit § 43 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. S.1827) hat, und der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 nicht zu beanstanden ist. Denn die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ist nicht nachgewiesen.
Der Kläger ist zwar ab Antragstellung im Mai 2002 auf unbestimmte Dauer voll erwerbsgemindert und hat zum Zeitpunkt der Antragstellung die Wartezeit sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt, aber das Erfordernis der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinn des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr.4 i.V.m. § 21 ALG ist zu keinem Zeitpunkt erfüllt.
Ein Unternehmen der Landwirtschaft ist nach § 21 Abs. 1 ALG abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn
1. die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind,
2. mit einem Nießbrauch zu Gunsten Dritter belastet sind oder
3. in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist.
Sofern die landwirtschaftlich genutzten Flächen Gegenstand eines Vertrages sind, bedarf dieser der Schriftform; der Vertrag oder die Unmöglichkeit der Nutzung im Sinn des Satzes 1 Nr. 3 muss sich auf einen Zeitraum von mindestens neun Jahren erstrecken. Der Zeitraum beginnt mit dem Abschluss des Vertrages, jedoch nicht vor Eintritt der Erwerbsminderung.
Nach § 21 Abs. 4 ALG steht es der Abgabe gleich, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen stillgelegt sind. Flächen gelten als stillgelegt, wenn die landwirtschaftliche Nutzung ruht und nicht die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vorliegen.
Bei einer nur teilweisen Abgabe gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft nach § 21 Abs. 7 ALG auch dann als abgegeben, wenn der Wirtschaftswert des nicht abgegebenen Teils des Unternehmens 25 vom Hundert der nach § 1 Abs. 5 festgelegten Mindestgröße nicht überschreitet und das Einfache der Mindestgröße nicht erreicht, und auf dem nicht abgegebenen Teil gewerbliche Tierzucht/Tierhaltung einzelbetrieblich oder gemeinschaftlich im Sinn des Bewertungsgesetzes nicht betrieben wird.
Keiner dieser Abgabetatbestände ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats ab August 2006 oder entsprechend dem Hilfsantrag ab April 2007 nachgewiesen. Das landwirtschaftliche Unternehmen wurde weder abgegeben im Sinn des § 21 Abs. 1 ALG , weil der Kläger selbst noch Eigentümer der landwirtschaftlich genutzten Flächen ist, noch gilt sein Unternehmen gemäß § 21 Abs. 2 ALG als abgegeben.
Das landwirtschaftliche Unternehmen gilt nicht als abgegeben, weil die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 ALG nicht erfüllt sind. Es liegt insbesondere keine Verpachtung des landwirtschaftlichen Unternehmens im Sinn des § 21 Abs. 2 Nr. 1 ALG vor, weil die an G. von April 2001 bis September 2007 verpachteten Flächen von nur 11,4 ha schon nicht mindestens neun Jahre lang verpachtet wurden.
Die landwirtschaftlich genutzten Flächen sind auch nicht stillgelegt im Sinn des § 21 Abs. 4 ALG und stehen daher einer Abgabe nicht gleich. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gelten Flächen als stillgelegt, wenn die landwirtschaftliche Nutzung ruht und nicht die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vorliegen. Der Begriff "stillgelegt" wird durch § 1 Abs. 1 Flächenstilllegungsverordnung – FSV - vom 25. November 1994 (BGBl I 3524) ausgefüllt. Hiernach ist eine landwirtschaftlich genutzte Fläche nur stillgelegt, wenn jede landwirtschaftliche Nutzung und jeder Anbau von Kulturpflanzen nicht nur vorübergehend eingestellt werden (nachhaltiges Brachlegen). In Anlehnung an die Begründung zu § 1 Abs. 6 Satz 2 ALG (Begriff der nachhaltigen Nichtnutzung) liegt Nachhaltigkeit des Brachlegens nur vor, wenn die Einstellung der landwirtschaftlichen Nutzung, also das Brachlegen, für einen Zeitraum von wenigstens fünf Jahren andauert; stillgelegt ist eine brachgelegte Fläche deshalb nur dann, wenn der Versicherte erklärt, er werde die Brachlegung für mindestens fünf Jahre aufrechterhalten (Verbandskommentar zum ALG, § 22 zu 2.4).
Zum einen hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er die landwirtschaftlichen Flächen ab August 2006 bzw. ab April 2007 nicht mehr nutzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob er selbst die landwirtschaftlichen Arbeiten durchführt oder sich der Hilfe Dritter, wie Arbeiter des Maschinenrings oder Betriebshelfer, bedient. Auch wenn er selbst wegen seines Gesundheitszustandes nicht mehr alle landwirtschaftlichen Arbeiten verrichten kann, so muss er sich Tätigkeiten Dritter für sein landwirtschaftliches Unternehmen, in dem er nach seinen Angaben die Aufsicht führt, zurechnen lassen. Auch hat er nach der Auskunft des Amtes für Landwirtschaft und Forsten C. vom 03.04.2007 laufend bis 2006 staatliche Fördermittel für die Bewirtschaftung seiner Flächen bezogen. Sein Vortrag, dass die Flächen seit August 2006 stillgelegt worden seien, ist im übrigen im Hinblick auf die Bewilligung eines Betriebshelfers im November 2006 nicht glaubhaft. Selbst wenn zugunsten des Klägers von einer Stilllegung seiner vorher selbst bewirtschafteten Flächen ab August 2006 ausgegangen werden würde, so erfüllte er wegen der bis September 2007 noch verpachteten und so landwirtschaftlich genutzten Flächen von 11,4 ha nicht das Erfordernis der Abgabe seines landwirtschaftlichen Unternehmens, weil die verpachteten Flächen den zulässigen Selbstbehalt nach § 21 Abs. 7 ALG, 25 % der Mindestgröße - d.h. hier 1,50 ha - ,erheblich überschreiten würden. Unerheblich ist insoweit die bereits abgegebene Absichtserklärung des Klägers, die verpachteten Flächen nach Ablauf der Pachtdauer ab Oktober 2007 stillzulegen.
Zum anderen hat er gegenüber der Beklagten - trotz mehrmaliger Aufforderung hierzu - keine entsprechende Stilllegungserklärung mit dem Inhalt, dass er die Brachlegung für mindestens fünf Jahre aufrechterhalten wird, abgegeben. Ferner wurde die Stilllegungsprämie weder beantragt noch gewährt.
Die Flächen des Klägers gelten auch nicht im Sinn des § 21 Abs. 4 Satz 2 ALG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 FSV als stillgelegt im Sinn einer Nutzung zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken (insbesondere zu Zwecken des Naturschutzes und der Landschaftspflege), weil bereits das Ruhen der landwirtschaftlichen Nutzung aus o.g. Gründen nicht nachgewiesen ist.
Im Übrigen ersetzt die Einstellung der Bewirtschaftung noch nicht die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens (vgl. etwa BSG, Urteil vom 07.12.2000 Az. B 10 LW 17/99 R).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung keinen Erfolg hatte.
Gründe, gemäß § 160 Absatz 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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