L 14 R 316/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 4045/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 316/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 4. April 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1956 geborene Klägerin, die nach eigenen Angaben zwischen 1973 und 1999 als Büroangestellte/Sachbearbeiterin und zuletzt als Vertriebsassistentin in einem Immobilienbüro tätig war, stellte am 13.03.2002 bei der Beklagten Rentenantrag wegen eines Zustands nach Brustkrebsoperation am 25.06.1998 mit nachfolgenden Bestrahlungen und erheblichen Folgebeschwerden.

Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch den Nervenarzt Dr.S. , der eine längerfristige depressive Reaktion diagnostizierte und leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne hohen Zeit- und Leistungsdruck und mit der Möglichkeit, mit dem linken Arm kleinere Pausen einzulegen, sechs Stunden täglich und mehr für möglich hielt.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12.06.2002 ab. Auf den Widerspruch der Klägerin holte sie weitere Gutachten zur Erwerbsminderung der Klägerin auf internistischem, orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet ein. Der Internist Dr.P. diagnostizierte ein Mammacarcinom links mit Zustand nach brusterhaltender Tumorresektion, axillärer Lymphknotendissektion und adjuvanter Radiatio 1998 ohne Hinweis auf Rezidiv oder Metastasen. Als weitere Diagnosen benannte er u.a. einen Zustand nach Ulcus ventrikuli bzw. duodeni, ein depressives Syndrom mit Somatisierungsstörung und Angststörung sowie eine Harninkontinenz. Er hielt die Klägerin trotz dieser Gesundheitsstörungen für in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Überkopfarbeiten, Nacht- und Wechselschicht und ohne besonderen Zeitdruck vollschichtig zu verrichten (Gutachten vom 22.01.2003).

Der Orthopäde Dr.P. erhob am 30.01.2003 bei der Klägerin die Diagnosen: "Somatoforme Schmerzstörung, Enthesiopathie der linken Schulter, cervicales Wirbelsäulensyndrom, lumbales Wirbelsäulensyndrom, Hallux valgus beidseits, Calcaneodynie rechts, Femoropatellarthrose links, Styloiditis radii beidseits". Er hielt leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden täglich für möglich, wobei länger dauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule, sowie Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ausscheiden sollten.

Der Nervenarzt Dr.N. erhob die Diagnosen "Verdacht auf länger dauernde depressive Reaktion, Verdacht auf Restless legs Syndrom, Ausschluss Plexus brachialis Läsion links" und ging von mindestens sechsstündiger Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung aus. Wegen reduzierter psychischer Belastbarkeit seien stark kundenorientierte Tätigkeiten, erhöhte Ansprüche an Anpassungsvermögen und Zeit- und Akkorddruck ungünstig. Der Gutachter empfahl eine adäquate psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung bzw. entsprechende Rehamaßnahmen bei allerdings derzeit fraglicher Motivation (Gutachten vom 28.10.2003).

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2004 zurück. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) kam es nach Beiziehung aktueller Befundberichte der behandelnden Ärzte zur Einholung eines Gutachtens auf nervenärztlichem Gebiet durch Dr.Dr.W ... In seinem Gutachten vom 07.12.2005 stellte dieser einen Zustand nach Tumorektomie linke Mammilla mit Lymphknotendissektion linke Axilla am 25.06.1998 bei Mamma Carzinom links sowie eine länger dauernde depressive Reaktion fest. In seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung kam er zu dem Ergebnis, dass der Klägerin ausschließlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne einseitige und einarmige Arbeitsbelastung, ohne besondere Anforderungen an die beidhändige Geschicklichkeit, ohne Überkopfarbeiten, ohne häufiges Bücken, ohne Akkord, Schicht und Nachtarbeit, ohne Zeitdruck und ohne Publikumsverkehr sechs Stunden und mehr täglich zumutbar seien.

Das SG wies die Klage, gestützt auf dieses Gutachten und unter Bezugnahme auf die damit übereinstimmende ärztliche Leistungsbeurteilung im Verwaltungsverfahren, mit Urteil vom 04.04.2006 ab. Es führte aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach §§ 43, 240, 241 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Zwar erfülle sie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 241 Abs.2 SGB VI, da sie noch wirksam freiwillige Beiträge für im Versicherungsverlauf nicht belegte Zeiten ab 2001 nachentrichten könne (§ 197 Abs.2 SGB VI). Sie erfülle aber nicht die medizinischen Voraussetzungen der begehrten Rente, denn sie sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne der genannten Vorschriften. Trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Störungen sei sie noch in der Lage, unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen leichte Arbeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen zu verrichten. Zu diesem Ergebnis seien alle bisher befragten Gutachter (bei insgesamt fünf Gutachten bisher drei Neurologen und Psychiater) gekommen. Eine Einschränkung bestehe lediglich im Bezug auf die letzte Tätigkeit als Vertriebsassistentin, da Publikumsverkehr nur noch in geringfügigem Umfang zumutbar sei. Den im schlüssigen Gutachten des Dr.Dr.W. festgestellten Erkrankungen könne ausreichend mit qualitativen Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden (Arbeiten ohne Außendruck wie Zeitdruck oder Publikumsverkehr, keine Akkord- und Schichtarbeiten), eine zeitliche Leistungseinschränkung resultiere daraus nicht. Die Klägerin könne damit den bisherigen Beruf einer Vertriebsassistentin nicht mehr ausüben, dennoch sei sie nicht wenigstens berufsunfähig. Sie sei nämlich durchaus in der Lage, kaufmännische Tätigkeiten, z.B. als Sachbearbeiterin, auszuführen.

Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil. Eine Berufungsbegründung legt sie trotz mehrfacher Anforderungen nicht vor. Ebenso unterzeichnete sie nicht ein übersandtes Formular zur Entbindung ihrer behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 04.04.2006 sowie des Bescheides vom 12.06.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2004 zu verpflichten, ihr Rente wegen Erwerbsminderung auf ihren Antrag vom 13.03.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 05.12.2006, 21.12.2006 darauf hingewiesen, dass er die Berufung nicht für begründet halte. Er hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs.4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.

Zu Recht hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Es hat nach umfangreichen Ermittlungen im angefochtenen Urteil ausführlich und für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass ein Rentenanspruch der Klägerin wegen Erwerbsminderung nach den einschlägigen Vorschriften der §§ 43, 240 SGB VI im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht bestand. Auch der Senat hält aufgrund seiner Überprüfung das zugrunde liegende neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr.Dr.W. trotz der Einwendungen der Klägerin gegen einzelne Aussagen dieses Gutachtens in erster Instanz für gründlich, in sich schlüssig und auch in der Schlussfolgerung für überzeugend. Es bestehen danach bei der Klägerin zwar ohne Zweifel gewisse Leistungseinschränkungen qualitativer Art (keine schweren körperlichen Arbeiten, keine besonderen psychischen Belastungen), leichte körperliche Büroarbeiten ohne besondere nervliche Belastungen erscheinen aber weiterhin in dem gesetzlich geforderten Umfang von mindestens sechs Stunden täglich möglich.

An diesen Sachverhalt hat sich auch im Berufungsverfahren nichts geändert. Eine Verschlechterung wird von der Klägerin nicht geltend gemacht. Offenbar ist sie weiterhin mit der Begutachtung durch Dr.Dr.W. nicht einverstanden, teilt dazu aber unverständlicherweise nichts mit. Trotz mehrfacher Aufforderung erfolgte ihrerseits keinerlei Berufungsbegründung oder konstruktive Mitwirkung beim Verfahren.

Bei dieser Sachlage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Die Entscheidung darüber konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs.4 SGG ergehen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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