Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 34/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger bei einem am 23.09.2004 erlittenen Unfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.
Der 1956 geborene Kläger ist in der Poststelle des C1 I U und C2, beschäftigt. Nach Angaben des Klägers bietet sein Arbeitgeber im Herbst jeden Jahres allen Mitarbeitern eine Grippeschutzimpfung an. Die Grippeschutzimpfung wird vom Betriebsarzt für die Arbeitnehmer kostenlos durchgeführt. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. Lediglich die Kosten für das Impfserum rechnet der Betriebsarzt unmittelbar über die Krankenkasse des Arbeitnehmers ab. Die Termine zur Grippeschutzimpfung werden von seiten des Arbeitgebers vereinbart. Der Betriebsarzt betreibt seine Praxis wenige 100 m von der Bank entfernt. Für den 23.09.2004 hatte der Arbeitgeber für den Kläger während der Arbeitszeit einen Impftermin vereinbart. Der Kläger nahm diesen Termin wahr. Nach der Impfung verunfallte der Kläger im Treppenhaus des Gebäudes, in dem sich sich die Praxisräume des Betriebsarztes befinden. Er rutschte auf der Kante einer Treppenstufe weg und zog sich eine linksseitige Schulterluxation zu. Mit Bescheid vom 04.11.2004 lehnte es die Beklagte ab, den Unfall vom 23.09.2004 als Arbeitsunfall festzustellen. Zur Begründung führte sie aus, Grippeschutzimpfungen gehörten grundsätzlich zum unversicherten persönlichen Lebensbereich, da sie wesentlich der eigenen Gesundheit dienten. Der Widerspruch des Klägers war erfoglos (Widerspruchsbescheid vom 24.01.2005). Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, ein wesentliches betriebliches Interesse an der Grippeschutzimpfung habe in seinem Fall schon deshalb bestanden, weil praktisch kein Arbeitszeitausfall durch Aufsuchen des Betriebsarztes entstanden sei und darüber hinaus Ausfallzeiten durch Grippekrankheiten vermieden würden.
Schriftsätzlich begehrt der Kläger, den Bescheid vom 04.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 23.09.2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die daraus sich ergebenden Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte begehrt die Klageabweisung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 04.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2005 ist rechtmäßig. Bei dem Unfall vom 23.09.2004 hat es sich um keinen Versicherungsfall (Arbeitsunfall) gehandelt. Der Kläger kann daher auch keine Leistungen beanspruchen. Gemäß § 8 Abs. 2 SGB VII ist der versicherten Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zuzurechnen. Gesundheitsmaßnahmen, zu denen auch allgemeine Grippeschutzimpfungen gehören, sind in erster Linie unversicherte persönliche Angelegenheiten. Ein daneben möglicherweise betrieblicherseits bestehendes Interesse begründet daher keinen Versicherungsschutz (vgl. BSG SozR Nr. 2 zu § 548 RVO), sofern nicht besondere betriebliche Umstände hinzukommen. Unterstellt man im vorliegenden Fall zu Gunsten des Klägers die besonderen betrieblichen Umstände und nimmt daher Versicherungsschutz auf dem Weg zum Arzt bzw. auf dem Rückweg zum Arbeitgeber an, so ist die sogenannte Außentürregel zu beachten, der Versicherungsschutz beschränkt sich damit auf das Werksgelände und den öffentlichen Weg zur Praxis, Wege innerhalb des Praxisgebäudes sind dagegen unversichert (vgl. Kasseler Kommentar, SGB VII, § 8 Randnummer 80 mit Rechtsprechungshinweisen). Diese Auffassung wird damit begründet (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 11.11.1998 - L 2 U 2275/98 - ), dass in Fällen des Arztbesuches der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht weiter reichen kann als derjenige z. B. bei einer Nahrungsaufnahme außerhalb des Betriebsgeländes: Die Nahrungsaufnahme selbst wird dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zugeordnet, weil die Nahrungsaufnahme auch ohne berufliche Tätigkeit erforderlich wird. Andererseits sind die Wege zur Nahrungsaufnahme versichert, weil das Essen und Trinken während der Arbeitszeit die Arbeitskraft des Versicherten erhalten soll und es ihm ermöglicht, seine betriebliche Tätigkeit uneingeschränkt fortzusetzen. Der auf dem Weg zur oder von der Nahrungsaufnahme bestehende Versicherungsschutz endet nach ständiger Rechtsprechung bzw. beginnt erst wieder mit dem Durchschreiten der Außentür, z. B. einer Kantine, einer Gaststätte, der eigenen Wohnung oder eines Einkaufszentrums. Dagegen unterfallen Unfälle innerhalb der Kantine, der Gaststätte, der eigenen Wohnung oder des Einkaufszentrums und bei der Nahrungsaufnahme bzw. dem Kauf selbst grundsätzlich nicht mehr dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 15). Der Unfallversicherungsschutz im Zusammenhang mit Essen und Trinken am Arbeitsplatz beruht auf denselben Erwägungen wie derjenige beim Aufsuchen eines Arztes außerhalb des Betriebsgeländes. Bezogen auf den vorliegenden Rechtsstreit bedeutet dies, dass in dem Gebäude, indem sich die Praxis des Betriebsarztes befunden hat, für den Kläger kein Versicherungsschutz bestanden hat. Dieser Versicherungsschutz begann auf dem Rückweg zur Arbeitsstelle erst an der Außentür des Praxisgebäudes. Seiner Einlassung nach ist der Kläger jedoch innerhalb des Gebäudes verunfallt. Versicherungsschutz scheidet daher aus. Soweit das Bundessozialgericht Unfallversicherungsschutz auch für Unfälle innerhalb der Werksambulanz angenommen hat (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 31) rechtfertigt dies keine andere Entscheidung, denn beim Aufsuchen einer Werksambulanz im ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit handelt es sich um einen Betriebsweg und nicht um einen Weg im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB VII (so auch LSG Baden-Württemberg a. a. O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger bei einem am 23.09.2004 erlittenen Unfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.
Der 1956 geborene Kläger ist in der Poststelle des C1 I U und C2, beschäftigt. Nach Angaben des Klägers bietet sein Arbeitgeber im Herbst jeden Jahres allen Mitarbeitern eine Grippeschutzimpfung an. Die Grippeschutzimpfung wird vom Betriebsarzt für die Arbeitnehmer kostenlos durchgeführt. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. Lediglich die Kosten für das Impfserum rechnet der Betriebsarzt unmittelbar über die Krankenkasse des Arbeitnehmers ab. Die Termine zur Grippeschutzimpfung werden von seiten des Arbeitgebers vereinbart. Der Betriebsarzt betreibt seine Praxis wenige 100 m von der Bank entfernt. Für den 23.09.2004 hatte der Arbeitgeber für den Kläger während der Arbeitszeit einen Impftermin vereinbart. Der Kläger nahm diesen Termin wahr. Nach der Impfung verunfallte der Kläger im Treppenhaus des Gebäudes, in dem sich sich die Praxisräume des Betriebsarztes befinden. Er rutschte auf der Kante einer Treppenstufe weg und zog sich eine linksseitige Schulterluxation zu. Mit Bescheid vom 04.11.2004 lehnte es die Beklagte ab, den Unfall vom 23.09.2004 als Arbeitsunfall festzustellen. Zur Begründung führte sie aus, Grippeschutzimpfungen gehörten grundsätzlich zum unversicherten persönlichen Lebensbereich, da sie wesentlich der eigenen Gesundheit dienten. Der Widerspruch des Klägers war erfoglos (Widerspruchsbescheid vom 24.01.2005). Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, ein wesentliches betriebliches Interesse an der Grippeschutzimpfung habe in seinem Fall schon deshalb bestanden, weil praktisch kein Arbeitszeitausfall durch Aufsuchen des Betriebsarztes entstanden sei und darüber hinaus Ausfallzeiten durch Grippekrankheiten vermieden würden.
Schriftsätzlich begehrt der Kläger, den Bescheid vom 04.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 23.09.2004 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die daraus sich ergebenden Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte begehrt die Klageabweisung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 04.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2005 ist rechtmäßig. Bei dem Unfall vom 23.09.2004 hat es sich um keinen Versicherungsfall (Arbeitsunfall) gehandelt. Der Kläger kann daher auch keine Leistungen beanspruchen. Gemäß § 8 Abs. 2 SGB VII ist der versicherten Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zuzurechnen. Gesundheitsmaßnahmen, zu denen auch allgemeine Grippeschutzimpfungen gehören, sind in erster Linie unversicherte persönliche Angelegenheiten. Ein daneben möglicherweise betrieblicherseits bestehendes Interesse begründet daher keinen Versicherungsschutz (vgl. BSG SozR Nr. 2 zu § 548 RVO), sofern nicht besondere betriebliche Umstände hinzukommen. Unterstellt man im vorliegenden Fall zu Gunsten des Klägers die besonderen betrieblichen Umstände und nimmt daher Versicherungsschutz auf dem Weg zum Arzt bzw. auf dem Rückweg zum Arbeitgeber an, so ist die sogenannte Außentürregel zu beachten, der Versicherungsschutz beschränkt sich damit auf das Werksgelände und den öffentlichen Weg zur Praxis, Wege innerhalb des Praxisgebäudes sind dagegen unversichert (vgl. Kasseler Kommentar, SGB VII, § 8 Randnummer 80 mit Rechtsprechungshinweisen). Diese Auffassung wird damit begründet (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 11.11.1998 - L 2 U 2275/98 - ), dass in Fällen des Arztbesuches der gesetzliche Unfallversicherungsschutz nicht weiter reichen kann als derjenige z. B. bei einer Nahrungsaufnahme außerhalb des Betriebsgeländes: Die Nahrungsaufnahme selbst wird dem unversicherten eigenwirtschaftlichen Bereich zugeordnet, weil die Nahrungsaufnahme auch ohne berufliche Tätigkeit erforderlich wird. Andererseits sind die Wege zur Nahrungsaufnahme versichert, weil das Essen und Trinken während der Arbeitszeit die Arbeitskraft des Versicherten erhalten soll und es ihm ermöglicht, seine betriebliche Tätigkeit uneingeschränkt fortzusetzen. Der auf dem Weg zur oder von der Nahrungsaufnahme bestehende Versicherungsschutz endet nach ständiger Rechtsprechung bzw. beginnt erst wieder mit dem Durchschreiten der Außentür, z. B. einer Kantine, einer Gaststätte, der eigenen Wohnung oder eines Einkaufszentrums. Dagegen unterfallen Unfälle innerhalb der Kantine, der Gaststätte, der eigenen Wohnung oder des Einkaufszentrums und bei der Nahrungsaufnahme bzw. dem Kauf selbst grundsätzlich nicht mehr dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 15). Der Unfallversicherungsschutz im Zusammenhang mit Essen und Trinken am Arbeitsplatz beruht auf denselben Erwägungen wie derjenige beim Aufsuchen eines Arztes außerhalb des Betriebsgeländes. Bezogen auf den vorliegenden Rechtsstreit bedeutet dies, dass in dem Gebäude, indem sich die Praxis des Betriebsarztes befunden hat, für den Kläger kein Versicherungsschutz bestanden hat. Dieser Versicherungsschutz begann auf dem Rückweg zur Arbeitsstelle erst an der Außentür des Praxisgebäudes. Seiner Einlassung nach ist der Kläger jedoch innerhalb des Gebäudes verunfallt. Versicherungsschutz scheidet daher aus. Soweit das Bundessozialgericht Unfallversicherungsschutz auch für Unfälle innerhalb der Werksambulanz angenommen hat (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 31) rechtfertigt dies keine andere Entscheidung, denn beim Aufsuchen einer Werksambulanz im ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit handelt es sich um einen Betriebsweg und nicht um einen Weg im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB VII (so auch LSG Baden-Württemberg a. a. O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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