L 18 B 713/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 AS 121/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 713/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. April 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht (SG) Neuruppin die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12. Januar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2007 angeordnet. Über die von der Antragstellerin bei verständiger Würdigung ihres Begehrens (§ 123 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) ebenfalls erstrebte Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG hat das SG hingegen nicht (mit-)entschieden. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist damit allein die vom SG ausgesprochene Anordnung der aufschiebenden Wirkung, die das SG ungeachtet der in der Beschlussformel gewählten Formulierung nicht auf die Zeit ab Klageerhebung hatte beschränken wollen und die sich deshalb auf den gesamten von dem Absenkungsbescheid vom 12. Januar 2007 erfassten Zeitraum von Februar bis April 2007 erstreckt.

Das SG hat die aufschiebende Wirkung der Klage, die gemäß § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, zu Recht nach § 86 b Abs. 1 Satz 1Nr. 2 SGG angeordnet. Denn es bestehen im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

Der Antragsgegner hat mit dem Bescheid vom 12. Januar 2007 für den Zeitraum vom 01. Februar 2007 bis 30. April 2007 die für die Antragstellerin maßgebende Regelleistung "unter Wegfall des Zuschlages nach § 24 SGB II um 30 % abgesenkt" mit der Begründung, dass die Antragstellerin am 07. August 2006 eine Arbeitsgelegenheit begonnen habe, zu der sie in der Woche vom 13. November bis 17. November 2006 ohne Angabe von Gründen nicht erschienen sei. Am 16. November 2006 habe sie mit ihrem zuständigen Fallmanager ein persönliches Gespräch geführt und sei deshalb für diesen Tag entschuldigt; die übrige Zeit habe sie jedoch unentschuldigt gefehlt. Ein wichtiger Grund für das Fernbleiben liege nicht vor. Insofern träten nunmehr die gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 a, 1 c SGB II ein.

Die erforderliche Rechtsgrundlage für diesen Bescheid bildet – davon ist auch der Antragsgegner ausgegangen - § 31 Abs. 1 SGB II. Die danach mögliche Absenkung des Arbeitslosengeldes II in einer ersten Stufe um 30 % der Regelleistung ist indes nach den in den Nrn. 1 und 2 dieser Vorschrift getroffenen Regelungen unabhängig davon, welcher der darin aufgeführten Tatbestände erfüllt ist, ausnahmslos nur zulässig, wenn die Hilfebedürftige zuvor über die – dann ggf. eintretenden - Rechtsfolgen belehrt worden ist. Diese Rechtsfolgenbelehrung, die richtig, konkret, vollständig und verständlich sein muss, hat aber der Pflichtverletzung und der Absenkung in jedem Fall voraus zu gehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. März 2007 – L 28 B 153/07 AS ER – abrufbar unter: www.sozialgerichtsbarkeit.de ; siehe dazu auch Berlit in LPK – SGB II § 31 Rn. 64 ff.). An einer diesen Anforderungen entsprechenden und der Pflichtverletzung, die der Antragsgegner der Antragstellerin vorwirft, vorausgehenden Rechtsfolgenbelehrung fehlt es indes im vorliegenden Falle. Denn die Eingliederungsvereinbarung (EV), die die Beteiligten am 09. Mai 2006 geschlossen hatten und die eine ausführliche Rechtsfolgenbelehrung enthält, war nicht - mehr – Grundlage für den Arbeitseinsatz der Antragstellerin ab 07. August 2006. Eine neue diesem Arbeitseinsatz zugrunde liegende EV ist aber zu keiner Zeit vor dem 13. November 2006, dem ersten Tag, an dem die Antragstellerin unentschuldigt gefehlt haben soll, unterzeichnet worden. Da sich die EV vom 09. Mai 2006 ausschließlich auf einen Arbeitseinsatz in der Zeit vom 01. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006 bezog, kann die darin enthaltene Rechtsfolgenbelehrung sich konkret nicht auf die in der Zeit vom 07. August 2006 bis 06. Februar 2007 durchgeführte Maßnahme beziehen. Dass der Abschluss einer neuen EV erforderlich war, davon ist im Übrigen auch der Antragsgegner ausgegangen, indem er der Antragstellerin den "Abschluss einer Anpassung " (Schreiben vom 17. November 2007) vorgeschlagen hatte. Die Antragstellerin ist dann zwar bei ihrem Gespräch mit ihrem Fallmanager am 16. November 2006 über die Folgen einer Weigerung, eine neue EV abzuschließen, mündlich belehrt worden. Diese Belehrung bezieht sich aber ausschließlich auf eine etwaige Weigerung, einen EV abzuschließen, die der Antragsgegner nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hatte. Da der Antragstellerin zudem eine Pflichtverletzung ab 13. November 2006 vorgeworfen wird, handelt es sich bei der mündlichen Rechtsfolgenbelehrung vom 16. November 2006 auch nicht um eine der Pflichtverletzung vorausgehende Rechtsfolgenbelehrung. Denn der Sanktionsbescheid vom 12. Januar 2007 stellt allein auf ein unentschuldigtes Fehlen der Antragstellerin ab 13. November 2006 ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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