Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 4695/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 RA 41/04 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung einer großen Witwenrente für den Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 und die Erstattung eines Überzahlungsbetrages iHv 183,60 EUR.
Die 1935 geborene Ehefrau des Klägers (Versicherte), die ihre gesamte versicherte Erwerbstätigkeit im Beitrittsgebiet - B (O) - ausgeübt hatte und der antragsgemäß von der Beklagten ab dem 01. Januar 1996 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Zugrundelegung von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) gewährt worden war (Bescheid vom 13. November 1995), verstarb am 04. Februar 2002. Zu diesem Zeitpunkt lebte sie mit dem 1936 geborenen Kläger, der eine Altersrente aus eigener Versicherung von der Beklagten bezog, in der Wohnung "straße in B (W)", d.h. auf dem Gebiet des ehemaligen B (W). Die Beklagte bewilligte dem Kläger antragsgemäß eine große Witwerrente ab dem 01. März 2002 unter Zugrundelegung von 33,9576 persönlichen Entgeltpunkten (Ost), dem aktuellen Rentenwert (Ost) und dem Rentenartfaktor 1,0 für die ersten drei Monate. Ab dem 01. Juni 2002 legte sie den Rentenartfaktor 0,6 zu Grunde und minderte den Bruttorentenbetrag um das anzurechnende Einkommen iHv 132,87 EUR bzw. ab 01. Juli 2002 iHv 138,68 EUR (Bescheid vom 25. Juni 2002). In der Anlage 8 zum Rentenbescheid erläuterte sie die Bestimmung des Anrechnungsbetrages wie folgt: Ausgehend von einem Nettorentenbetrag aus eigener Versicherung von 1.000,47 EUR und einem Freibetrag iHv 668,29 EUR (26,4-fache des aktuellen Rentenwertes von 25,31406 EUR) sei ab 01. März 2002 ein Betrag von 132,87 EUR (40 % des den Freibetrag übersteigenden Einkommens) und ausgehend von einem Nettorentenbetrag aus eigener Versicherung von 1.029,39 EUR und einem Freibetrages iHv 682,70 EUR (26,4-fache des aktuellen Rentenwertes von 25,86 EUR) sei ab dem 01. Juli 2002 ein Betrag von 138,68 EUR monatlich anzurechnen. Zudem heißt es auf Seite 4 des Rentenbescheides vom 25. Juni 2002 unter der Rubrik Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten:
" Die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in die neuen Bundesländer hat eine Änderung der Höhe des Freibetrages zur Folge und ist uns daher unverzüglich mitzuteilen Soweit Änderungen Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben, werden wir den Bescheid – auch rückwirkend – ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern. Größere Überzahlungen können vermieden werden, wenn sie uns entsprechend den Mitteilungspflichten umgehend benachrichtigen."
Zum 01. Januar 2003 zog der Kläger von B (W) in seine jetzige Wohnung in der "straße in B (L)". Die Beklagte erhielt im April 2003 vom Renten-Service den Hinweis, dass der Kläger in die neuen Bundesländer verzogen sei. Nach entsprechenden Ermittlungen beim Landeseinwohnermeldeamt (Auskunft vom 06. Mai 2003) nahm sie eine Neuberechnung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens für die Zeit ab dem 01. Januar 2003 vor. Hierbei legte sie gemäß §§ 97 Abs. 2 Nr. 1, 228a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als Freibetrag nunmehr das 26,4-fache des aktuellen Rentenwertes (Ost) von 22,70 EUR zu Grunde, so dass sich ausgehend von einem Nettorenteneinkommen aus eigener Versicherung von 1.029,39 EUR ein anzurechnendes Einkommen von 172,04 EUR bzw. ab 01. Juli 2003 unter Zugrundelegung eines Rentennettoeinkommens aus eigener Versicherung von 1.038,23 EUR und eines Freibetrages von dem 26,4-fachen des aktuellen Rentenwertes (Ost) von 22,97 EUR ein Betrag von 172,73 EUR als anzurechnendes Einkommen ergab. Mit Bescheid vom 22. Mai 2003 stellte die Beklagte den Auszahlungsanspruch der großen Witwerrente ab dem 01. Januar 2003 neu fest und ermittelte für den Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 einen Überzahlungsbetrag iHv 183,60 EUR. Weiter heißt es in dem Bescheid, dass der Rentenbescheid vom 25. Juni 2002 mit Wirkung ab 01. Januar 2003 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben werde und die entstandene Überzahlung nach § 50 SGB X zu erstatten sei. Aufgrund des Wohnsitzwechsels zum 01. Januar 2003 sei der Freibetrag – Ost zu berücksichtigen, so dass sich nunmehr ein höherer anzurechnender Einkommensbetrag ergebe. Es sei insoweit eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie bei Erlass des Rentenbescheides vorgelegen hätten, eingetreten, die auch für die Zukunft zu berücksichtigen sei. Die Aufhebung für die Vergangenheit rechtfertige sich aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn 3 und 4 SGB X. Zum einen werde Einkommen erzielt, welches zum Wegfall bzw. zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe. Zum anderen sei der Kläger im Rentenbescheid über seine Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung des Wohnsitzwechsels und dessen ggf. bestehenden Auswirkungen auf die Rentenhöhe hingewiesen worden. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. August 2003 zurück: Als Beitrittsgebiet nach § 18 Abs. 3 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) werde das in Art 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet bezeichnet, welches aus den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen bestehe sowie dem Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz bisher nicht gegolten habe. Danach würden diejenigen Teile Berlins zum Beitrittsgebiet gehören, in denen das Grundgesetz bis zum Wirksamwerden des Beitritts nicht gegolten habe. Hierzu zähle auch B (L). § 228a Abs. 3 SGB VI sei auf die Bestimmung des Freibetrages für die Hinterbliebenenrente anzuwenden. Der Freibetrag bei der Einkommensanrechnung iSd § 97 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI werde daher unter Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (Ost) berechnet. Dies basiere darauf, dass die Einkommensverhältnisse innerhalb der Bundesrepublik bzw. innerhalb der Stadt Berlin im Hinblick auf das Beitrittsgebiet noch nicht das Niveau der alten Bundesländer erreicht habe. Insoweit werde auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Oktober 2000 – B 8 KN 8/99 R – verwiesen. Danach bestünden keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken bzgl. der Anwendung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bei der Bestimmung des Freibetrages für die Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten. Dies gelte, zumal der Gesetzgeber eine dauerhafte Ungleichbehandlung nicht vorgesehen habe, da ja der aktuelle Rentenwert (Ost) sukzessive mit der Einkommensentwicklung an den aktuellen Rentenwert herangeführt werde.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger sich zuletzt nur noch gegen die Aufhebung des Rentenbescheides für die Vergangenheit und die Festsetzung einer Erstattungsforderung iHv 183,60 EUR gewandt. So hat er im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärt, er behalte sich hinsichtlich seiner Forderung auf Regulierung des ihm für die absehbare Zukunft entstandenen Schadens (monatlicher Nachteil von ca. 30,60 EUR) eine Amtshaftungsklage beim Landgericht vor und mache diesen Anspruch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht mehr geltend. Ihm sei bewusst, dass bei einem Wohnsitz im Ostteil B die Entscheidung der Beklagten, den Freibetrag-Ost anzuwenden, richtig sei. Die Beklagte habe ihn aber nicht hinreichend belehrt. Hätte unter der Rubrik "Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten" im Rentenbescheid vom 25. Juni 2002 gestanden, dass die ehemaligen Ostbezirke den neuen Bundesländern gleichzusetzen seien, dann hätte er mit Rücksicht auf seine finanzielle Situation eine adäquate Wohnung im Westteil der Stadt angemietet.
Das SG hat durch Urteil vom 22. März 2004, dem Kläger zugestellt am 14. April 2004, die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Rentenbescheides vom 25. Juni 2002 vorgelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung iSd § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X eingetreten. Der Rentenbescheid sei deswegen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben gewesen. So habe der Kläger seit Januar 2003 Einkommen erzielt, welches zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe. Nach dem Umzug in einen östlichen Bezirk Berlins sei der Freibetrag-Ost (§§ 97 Abs. 2 Nr. 1, 228a Abs. 3 SGB VI) anzuwenden gewesen. Dies werde vom Kläger auch nicht mehr bestritten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelungen bestünden nicht und seien vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden. Durch den Freibetrag-Ost sei das in der Höhe unveränderte Einkommen nunmehr in größerem Umfang auf die Rente anzurechnen, woraus sich eine Minderung des Rentenanspruches ergebe. Auf ein Verschulden komme es im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht an. Daher werde offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt seien. Auch lägen keine Umstände vor, die für einen atypischen Fall hätten sprechen können. Nur in diesem Fall wäre der Beklagten ein Ermessen bei der Aufhebung eröffnet gewesen. Insbesondere treffe die Beklagte kein Verschulden an der Überzahlung, denn der Hinweis im ursprünglichen Rentenbescheid zu den Mitteilungspflichten werde als ausreichend angesehen. Die nach § 48 SGB X zu beachtenden Fristen seien von der Beklagten eingehalten worden. Auch aus dem Umstand, dass die erforderliche Anhörung (§ 24 SGB X) nicht vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides erfolgt sei, könne eine Rechtswidrigkeit nicht folgen. Denn deren Nachholung, die bis zur letzten Tatsacheninstanz nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 SGB X möglich sei, sei erfolgt. Schließlich könne auch unter dem Gesichtspunkt eines sozial-rechtlichen Herstellungsanspruchs kein anderes Ergebnis herbeigeführt werden. Vorliegend fehle es bereits an einem Beratungsfehler der Beklagten, insbesondere habe sie den Kläger nicht unaufgefordert darüber belehren müssen, dass auch ein Umzug innerhalb Berlins in den Ostteil der Stadt zu einer Anwendung des Freibetrags-Ost führe. Ein konkretes Beratungsersuchen habe der Kläger jedoch nicht an die Beklagte herantragen. Die Erstattungsforderung ergebe sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Im Hinblick darauf, dass nur eine Rückforderung von unter 500,00 EUR betroffen wäre, sei die Sache nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht berufungsfähig. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG lägen nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung wendet sich der Kläger mit seiner am 03. Mai 2004 bei Gericht eingegangenen Beschwerde: Die Rechtssache sei von grundsätzlicher Bedeutung. Im Verlauf der 14 Jahre seit der Vereinigung reduziere sich mit zunehmender Zeit die Wahrnehmung dieses Prozesses immer mehr auf die Begriffe "alte Bundesländer" und "neue Bundesländer", während der Begriff "Beitrittsgebiet" nur noch Bedeutung für die verwaltungstechnische Beurteilung habe und den Menschen nicht mehr gegenwärtig sei. Dies gelte insbesondere für Berlin, was eindeutig zu den alten Bundesländern gehöre mit der einmaligen und einzigartigen Besonderheit, dass nur im Bundesland Berlin die Einzugsgebiete für die verwaltungstechnischen Obliegenheiten nach dem Gebietsstand vom 02. Oktober 1990 geordnet seien. Hiervon unberührt bleibe auch die Zusammenlegung der Stadtbezirke aus ehemaligen West- und Ostbezirken, wie z.B. der Stadtbezirk M (ehemals M/T/W) und der Stadtbezirk F/K. Es fehle daher an einer hinreichenden Belehrung bzw. einer aufklärenden Information zum Wohnortwechsel innerhalb des Bundeslandes Berlin. Auch bestehe hinsichtlich der Funktion der Hinterbliebenenrente ein grundsätzliches Problem, denn im Bundesland Berlin zeigten sich die wirtschaftlichen Unterschiede nicht als Gefälle zwischen Ost- und Westbezirken. Vielmehr seien z.B. beim Umzug in der B Straße von der Ost- auf die Westseite oder umgekehrt die Lebensverhältnisse explicit die Gleichen. Nach den Ergebnissen des Sozialstrukturatlas 2003 lebe z.B. im Bezirk Kr (West-Berlin) jeder Vierte in Armut, während im Bezirk Kö (Ost-Berlin) die soziale Lage immer noch am günstigsten sei. Unter diesem Aspekt ergebe sich die Frage, ob ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs. 1 Grundgesetz –GG-) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs. 1 GG) vorliege. Denn in dem von der Beklagten angeführten Urteil des BSG werde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass Prüfungsmaßstab insoweit das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei. Die Rentenkürzung durch Anwendung des aktuellen Rentenwertes (Ost) erweise sich bei den in Berlin gegebenen Verhältnissen weder als geeignet noch als erforderlich, um im Rahmen der Höhe der Hinterbliebenenrente deren Funktion als Unterhalts- und Lebensstandardsicherung Rechnung zu tragen.
Der Beklagten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden; sie hat mitgeteilt, dass der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch zwischenzeitlich zurückgewiesen worden sei.
Bei Entscheidungsfindung haben neben der Gerichtsakte auch die Verwaltungsakte der Beklagten (Versicherungsnummer) vorgelegen.
II.
Die form- und fristgerecht (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Berufung bedarf der Zulassung, weil sie weder wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), noch der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt. Denn der Kläger hat sich nach dem Stand der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem SG mit seiner Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) nur noch gegen die teilweise Aufhebung des Rentenauszahlungsanspruches für den Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 (6 x 30,60 EUR monatlich) und die daraus resultierende Erstattungsforderung iHv 183,60 EUR gewandt. Allein dieses Klagebegehren war Gegenstand der Entscheidung des SG (Urteil vom 22. März 2004) und in diesem Umfang ist der Kläger beschwert.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil ein Berufungszulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Weder ist erkennbar, dass das Urteil des SG von einer Entscheidung des Landessozialgericht (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) beruht, noch wird vom Kläger ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht, der vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Auch hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 144 RdNr 28). Dies kann der Fall sein, wenn die Klärung der Rechtsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist, wenn von der derzeitigen Unsicherheit eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist, aber auch, wenn tatsächliche, zum Beispiel wirtschaftliche Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit eng berühren (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Aufl. 2005, § 160 RdNr 6b mwN). Eine Rechtsfrage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt ist. Zudem ist die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage nur klärungsbedürftig, wenn es im konkreten Einzelfall auf sie ankommt, wenn sie also für den zu entscheidenden Streitfall rechtserheblich ist (Kummer, NZS 1993, S 337 ff (S 341 f)).
Vorliegend fehlt es schon an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Zum einen ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 228a Abs. 3 SGB VI iVm § 97 SGB VI, d.h. die Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bei Bestimmung des Freibetrages im Rahmen der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten bei Umzug des Rentenberechtigten in das Beitrittsgebiet, wozu – was dem Kläger bekannt ist - auch das Gebiet des Landes Berlin gehört, in dem das Grundgesetz vor dem 03. Oktober 1990 nicht galt, höchstrichterlich durch die Entscheidung des BSG vom 19. Oktober 2000 – B 8 KN 8/99 R (SozR 3-2600 § 228a Nr. 1) geklärt. Dies gilt auch für das Bundesland Berlin, da die dortigen Verhältnisse nicht anders zu beurteilen sind als die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland. Schließlich lassen sich auch in den alten Bundesländern wirtschaftlich schwache bzw. in den neuen Bundesländern wirtschaftlich starke Regionen finden.
Im Übrigen bezeichnet der Kläger in seinem Vorbringen zur Nichtzulassungsbeschwerde keine für die Entscheidung des Rechtsstreites erhebliche Rechtsfrage. Im Wesentlichen rügt der Kläger, von der Beklagten bei Bewilligung der Witwerrente nicht hinreichend über die Folgen eines Umzuges ins Beitrittsgebiet, d.h. insbesondere bei einem Umzug innerhalb Berlins, belehrt bzw. aufgeklärt worden zu sein. Dieser Umstand ist jedoch für die (Teil-)Aufhebung des Rentenbescheides ab Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X und Rückforderung der überzahlten Beträge nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, auf die das SG seine Entscheidung stützt, nicht erheblich. Eben so wenig ist die Frage des Umfanges der Beratungspflicht für den vom Kläger geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch von Bedeutung. Selbst wenn man den im Bescheid vom 25. Juni 2002 enthaltenen Hinweis als ungenügend ansehen und damit einen Beratungsfehler annehmen würde, sind vorliegend die weiteren in ständige Rechtsprechung des BSG ausgeformten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu verneinen. Danach bedarf es neben einer Pflichtverletzung des Versicherungsträgers noch der Bewirkung eines sozialrechtlichen Nachteils, für den die Pflichtverletzung ursächlich war, sowie eines Schutzzweckzusammenhanges zwischen Pflichtverletzung und Nachteil. Zudem darf der "Schadensausgleich" nur auf eine gesetzlich zulässige Amtshandlung gerichtet sein (zum Ganzen etwa BSG in SozR 3-2600 § 58 Nr. 2). Der Umzug des Klägers ist kein mit den Mitteln des Sozialversicherungsrechts auszugleichender oder rückgängig zu machender Umstand und hat zwingend zur Folge, dass die Beklagte die Regelungen zur Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten und damit § 228a Abs. 3 SGB VI bei Bestimmung des Auszahlungsanspruches des Klägers anzuwenden hat. Abgesehen davon, ist auch nicht vom Kläger dargetan, dass die Wahl seines Wohnsitzes im wesentlichen auf dem als "unzureichend" angesehenen Hinweis der Beklagten zu den Auswirkungen eines Umzuges auf den Freibetrag im Rentenbescheid beruht hat und damit kausal für die Minderung des Rentenzahlbetrages gewesen ist.
Letztlich fehle es auch bei Annahme einer entscheidungserheblichen klärungsbedürftigen Rechtsfrage an einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung. Schon die regionale Begrenzung auf das Bundesland Berlin lässt erkennen, dass nur eine geringe Anzahl der eine Witwen- bzw. Witwerrenten beziehenden Berechtigten davon betroffen sein könnte. Zudem ist bei der fortschreitenden Angleichung des aktuellen Rentenwertes (Ost) an den aktuellen Rentenwert nicht mit größeren wirtschaftlichen Auswirkungen zu rechnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Das Urteil des SG ist damit rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
Gründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung einer großen Witwenrente für den Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 und die Erstattung eines Überzahlungsbetrages iHv 183,60 EUR.
Die 1935 geborene Ehefrau des Klägers (Versicherte), die ihre gesamte versicherte Erwerbstätigkeit im Beitrittsgebiet - B (O) - ausgeübt hatte und der antragsgemäß von der Beklagten ab dem 01. Januar 1996 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Zugrundelegung von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) gewährt worden war (Bescheid vom 13. November 1995), verstarb am 04. Februar 2002. Zu diesem Zeitpunkt lebte sie mit dem 1936 geborenen Kläger, der eine Altersrente aus eigener Versicherung von der Beklagten bezog, in der Wohnung "straße in B (W)", d.h. auf dem Gebiet des ehemaligen B (W). Die Beklagte bewilligte dem Kläger antragsgemäß eine große Witwerrente ab dem 01. März 2002 unter Zugrundelegung von 33,9576 persönlichen Entgeltpunkten (Ost), dem aktuellen Rentenwert (Ost) und dem Rentenartfaktor 1,0 für die ersten drei Monate. Ab dem 01. Juni 2002 legte sie den Rentenartfaktor 0,6 zu Grunde und minderte den Bruttorentenbetrag um das anzurechnende Einkommen iHv 132,87 EUR bzw. ab 01. Juli 2002 iHv 138,68 EUR (Bescheid vom 25. Juni 2002). In der Anlage 8 zum Rentenbescheid erläuterte sie die Bestimmung des Anrechnungsbetrages wie folgt: Ausgehend von einem Nettorentenbetrag aus eigener Versicherung von 1.000,47 EUR und einem Freibetrag iHv 668,29 EUR (26,4-fache des aktuellen Rentenwertes von 25,31406 EUR) sei ab 01. März 2002 ein Betrag von 132,87 EUR (40 % des den Freibetrag übersteigenden Einkommens) und ausgehend von einem Nettorentenbetrag aus eigener Versicherung von 1.029,39 EUR und einem Freibetrages iHv 682,70 EUR (26,4-fache des aktuellen Rentenwertes von 25,86 EUR) sei ab dem 01. Juli 2002 ein Betrag von 138,68 EUR monatlich anzurechnen. Zudem heißt es auf Seite 4 des Rentenbescheides vom 25. Juni 2002 unter der Rubrik Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten:
" Die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in die neuen Bundesländer hat eine Änderung der Höhe des Freibetrages zur Folge und ist uns daher unverzüglich mitzuteilen Soweit Änderungen Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben, werden wir den Bescheid – auch rückwirkend – ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern. Größere Überzahlungen können vermieden werden, wenn sie uns entsprechend den Mitteilungspflichten umgehend benachrichtigen."
Zum 01. Januar 2003 zog der Kläger von B (W) in seine jetzige Wohnung in der "straße in B (L)". Die Beklagte erhielt im April 2003 vom Renten-Service den Hinweis, dass der Kläger in die neuen Bundesländer verzogen sei. Nach entsprechenden Ermittlungen beim Landeseinwohnermeldeamt (Auskunft vom 06. Mai 2003) nahm sie eine Neuberechnung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens für die Zeit ab dem 01. Januar 2003 vor. Hierbei legte sie gemäß §§ 97 Abs. 2 Nr. 1, 228a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als Freibetrag nunmehr das 26,4-fache des aktuellen Rentenwertes (Ost) von 22,70 EUR zu Grunde, so dass sich ausgehend von einem Nettorenteneinkommen aus eigener Versicherung von 1.029,39 EUR ein anzurechnendes Einkommen von 172,04 EUR bzw. ab 01. Juli 2003 unter Zugrundelegung eines Rentennettoeinkommens aus eigener Versicherung von 1.038,23 EUR und eines Freibetrages von dem 26,4-fachen des aktuellen Rentenwertes (Ost) von 22,97 EUR ein Betrag von 172,73 EUR als anzurechnendes Einkommen ergab. Mit Bescheid vom 22. Mai 2003 stellte die Beklagte den Auszahlungsanspruch der großen Witwerrente ab dem 01. Januar 2003 neu fest und ermittelte für den Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 einen Überzahlungsbetrag iHv 183,60 EUR. Weiter heißt es in dem Bescheid, dass der Rentenbescheid vom 25. Juni 2002 mit Wirkung ab 01. Januar 2003 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben werde und die entstandene Überzahlung nach § 50 SGB X zu erstatten sei. Aufgrund des Wohnsitzwechsels zum 01. Januar 2003 sei der Freibetrag – Ost zu berücksichtigen, so dass sich nunmehr ein höherer anzurechnender Einkommensbetrag ergebe. Es sei insoweit eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie bei Erlass des Rentenbescheides vorgelegen hätten, eingetreten, die auch für die Zukunft zu berücksichtigen sei. Die Aufhebung für die Vergangenheit rechtfertige sich aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn 3 und 4 SGB X. Zum einen werde Einkommen erzielt, welches zum Wegfall bzw. zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe. Zum anderen sei der Kläger im Rentenbescheid über seine Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung des Wohnsitzwechsels und dessen ggf. bestehenden Auswirkungen auf die Rentenhöhe hingewiesen worden. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. August 2003 zurück: Als Beitrittsgebiet nach § 18 Abs. 3 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) werde das in Art 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet bezeichnet, welches aus den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen bestehe sowie dem Teil des Landes Berlin, in dem das Grundgesetz bisher nicht gegolten habe. Danach würden diejenigen Teile Berlins zum Beitrittsgebiet gehören, in denen das Grundgesetz bis zum Wirksamwerden des Beitritts nicht gegolten habe. Hierzu zähle auch B (L). § 228a Abs. 3 SGB VI sei auf die Bestimmung des Freibetrages für die Hinterbliebenenrente anzuwenden. Der Freibetrag bei der Einkommensanrechnung iSd § 97 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI werde daher unter Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (Ost) berechnet. Dies basiere darauf, dass die Einkommensverhältnisse innerhalb der Bundesrepublik bzw. innerhalb der Stadt Berlin im Hinblick auf das Beitrittsgebiet noch nicht das Niveau der alten Bundesländer erreicht habe. Insoweit werde auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Oktober 2000 – B 8 KN 8/99 R – verwiesen. Danach bestünden keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken bzgl. der Anwendung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bei der Bestimmung des Freibetrages für die Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten. Dies gelte, zumal der Gesetzgeber eine dauerhafte Ungleichbehandlung nicht vorgesehen habe, da ja der aktuelle Rentenwert (Ost) sukzessive mit der Einkommensentwicklung an den aktuellen Rentenwert herangeführt werde.
Mit seiner Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hat der Kläger sich zuletzt nur noch gegen die Aufhebung des Rentenbescheides für die Vergangenheit und die Festsetzung einer Erstattungsforderung iHv 183,60 EUR gewandt. So hat er im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärt, er behalte sich hinsichtlich seiner Forderung auf Regulierung des ihm für die absehbare Zukunft entstandenen Schadens (monatlicher Nachteil von ca. 30,60 EUR) eine Amtshaftungsklage beim Landgericht vor und mache diesen Anspruch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht mehr geltend. Ihm sei bewusst, dass bei einem Wohnsitz im Ostteil B die Entscheidung der Beklagten, den Freibetrag-Ost anzuwenden, richtig sei. Die Beklagte habe ihn aber nicht hinreichend belehrt. Hätte unter der Rubrik "Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten" im Rentenbescheid vom 25. Juni 2002 gestanden, dass die ehemaligen Ostbezirke den neuen Bundesländern gleichzusetzen seien, dann hätte er mit Rücksicht auf seine finanzielle Situation eine adäquate Wohnung im Westteil der Stadt angemietet.
Das SG hat durch Urteil vom 22. März 2004, dem Kläger zugestellt am 14. April 2004, die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Rentenbescheides vom 25. Juni 2002 vorgelegen hätten, sei eine wesentliche Änderung iSd § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X eingetreten. Der Rentenbescheid sei deswegen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben gewesen. So habe der Kläger seit Januar 2003 Einkommen erzielt, welches zur Minderung des Rentenanspruchs geführt habe. Nach dem Umzug in einen östlichen Bezirk Berlins sei der Freibetrag-Ost (§§ 97 Abs. 2 Nr. 1, 228a Abs. 3 SGB VI) anzuwenden gewesen. Dies werde vom Kläger auch nicht mehr bestritten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelungen bestünden nicht und seien vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden. Durch den Freibetrag-Ost sei das in der Höhe unveränderte Einkommen nunmehr in größerem Umfang auf die Rente anzurechnen, woraus sich eine Minderung des Rentenanspruches ergebe. Auf ein Verschulden komme es im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht an. Daher werde offen gelassen, ob die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X erfüllt seien. Auch lägen keine Umstände vor, die für einen atypischen Fall hätten sprechen können. Nur in diesem Fall wäre der Beklagten ein Ermessen bei der Aufhebung eröffnet gewesen. Insbesondere treffe die Beklagte kein Verschulden an der Überzahlung, denn der Hinweis im ursprünglichen Rentenbescheid zu den Mitteilungspflichten werde als ausreichend angesehen. Die nach § 48 SGB X zu beachtenden Fristen seien von der Beklagten eingehalten worden. Auch aus dem Umstand, dass die erforderliche Anhörung (§ 24 SGB X) nicht vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides erfolgt sei, könne eine Rechtswidrigkeit nicht folgen. Denn deren Nachholung, die bis zur letzten Tatsacheninstanz nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 SGB X möglich sei, sei erfolgt. Schließlich könne auch unter dem Gesichtspunkt eines sozial-rechtlichen Herstellungsanspruchs kein anderes Ergebnis herbeigeführt werden. Vorliegend fehle es bereits an einem Beratungsfehler der Beklagten, insbesondere habe sie den Kläger nicht unaufgefordert darüber belehren müssen, dass auch ein Umzug innerhalb Berlins in den Ostteil der Stadt zu einer Anwendung des Freibetrags-Ost führe. Ein konkretes Beratungsersuchen habe der Kläger jedoch nicht an die Beklagte herantragen. Die Erstattungsforderung ergebe sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Im Hinblick darauf, dass nur eine Rückforderung von unter 500,00 EUR betroffen wäre, sei die Sache nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht berufungsfähig. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG lägen nicht vor.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung wendet sich der Kläger mit seiner am 03. Mai 2004 bei Gericht eingegangenen Beschwerde: Die Rechtssache sei von grundsätzlicher Bedeutung. Im Verlauf der 14 Jahre seit der Vereinigung reduziere sich mit zunehmender Zeit die Wahrnehmung dieses Prozesses immer mehr auf die Begriffe "alte Bundesländer" und "neue Bundesländer", während der Begriff "Beitrittsgebiet" nur noch Bedeutung für die verwaltungstechnische Beurteilung habe und den Menschen nicht mehr gegenwärtig sei. Dies gelte insbesondere für Berlin, was eindeutig zu den alten Bundesländern gehöre mit der einmaligen und einzigartigen Besonderheit, dass nur im Bundesland Berlin die Einzugsgebiete für die verwaltungstechnischen Obliegenheiten nach dem Gebietsstand vom 02. Oktober 1990 geordnet seien. Hiervon unberührt bleibe auch die Zusammenlegung der Stadtbezirke aus ehemaligen West- und Ostbezirken, wie z.B. der Stadtbezirk M (ehemals M/T/W) und der Stadtbezirk F/K. Es fehle daher an einer hinreichenden Belehrung bzw. einer aufklärenden Information zum Wohnortwechsel innerhalb des Bundeslandes Berlin. Auch bestehe hinsichtlich der Funktion der Hinterbliebenenrente ein grundsätzliches Problem, denn im Bundesland Berlin zeigten sich die wirtschaftlichen Unterschiede nicht als Gefälle zwischen Ost- und Westbezirken. Vielmehr seien z.B. beim Umzug in der B Straße von der Ost- auf die Westseite oder umgekehrt die Lebensverhältnisse explicit die Gleichen. Nach den Ergebnissen des Sozialstrukturatlas 2003 lebe z.B. im Bezirk Kr (West-Berlin) jeder Vierte in Armut, während im Bezirk Kö (Ost-Berlin) die soziale Lage immer noch am günstigsten sei. Unter diesem Aspekt ergebe sich die Frage, ob ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs. 1 Grundgesetz –GG-) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs. 1 GG) vorliege. Denn in dem von der Beklagten angeführten Urteil des BSG werde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass Prüfungsmaßstab insoweit das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei. Die Rentenkürzung durch Anwendung des aktuellen Rentenwertes (Ost) erweise sich bei den in Berlin gegebenen Verhältnissen weder als geeignet noch als erforderlich, um im Rahmen der Höhe der Hinterbliebenenrente deren Funktion als Unterhalts- und Lebensstandardsicherung Rechnung zu tragen.
Der Beklagten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden; sie hat mitgeteilt, dass der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch zwischenzeitlich zurückgewiesen worden sei.
Bei Entscheidungsfindung haben neben der Gerichtsakte auch die Verwaltungsakte der Beklagten (Versicherungsnummer) vorgelegen.
II.
Die form- und fristgerecht (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Berufung bedarf der Zulassung, weil sie weder wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), noch der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt. Denn der Kläger hat sich nach dem Stand der (letzten) mündlichen Verhandlung vor dem SG mit seiner Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) nur noch gegen die teilweise Aufhebung des Rentenauszahlungsanspruches für den Zeitraum vom 01. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2003 (6 x 30,60 EUR monatlich) und die daraus resultierende Erstattungsforderung iHv 183,60 EUR gewandt. Allein dieses Klagebegehren war Gegenstand der Entscheidung des SG (Urteil vom 22. März 2004) und in diesem Umfang ist der Kläger beschwert.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil ein Berufungszulassungsgrund im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Weder ist erkennbar, dass das Urteil des SG von einer Entscheidung des Landessozialgericht (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) beruht, noch wird vom Kläger ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht, der vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Auch hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie bisher nicht geklärte, aber klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 144 RdNr 28). Dies kann der Fall sein, wenn die Klärung der Rechtsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist, wenn von der derzeitigen Unsicherheit eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist, aber auch, wenn tatsächliche, zum Beispiel wirtschaftliche Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit eng berühren (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Aufl. 2005, § 160 RdNr 6b mwN). Eine Rechtsfrage ist jedoch nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich geklärt ist. Zudem ist die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage nur klärungsbedürftig, wenn es im konkreten Einzelfall auf sie ankommt, wenn sie also für den zu entscheidenden Streitfall rechtserheblich ist (Kummer, NZS 1993, S 337 ff (S 341 f)).
Vorliegend fehlt es schon an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Zum einen ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 228a Abs. 3 SGB VI iVm § 97 SGB VI, d.h. die Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes (Ost) bei Bestimmung des Freibetrages im Rahmen der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten bei Umzug des Rentenberechtigten in das Beitrittsgebiet, wozu – was dem Kläger bekannt ist - auch das Gebiet des Landes Berlin gehört, in dem das Grundgesetz vor dem 03. Oktober 1990 nicht galt, höchstrichterlich durch die Entscheidung des BSG vom 19. Oktober 2000 – B 8 KN 8/99 R (SozR 3-2600 § 228a Nr. 1) geklärt. Dies gilt auch für das Bundesland Berlin, da die dortigen Verhältnisse nicht anders zu beurteilen sind als die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland. Schließlich lassen sich auch in den alten Bundesländern wirtschaftlich schwache bzw. in den neuen Bundesländern wirtschaftlich starke Regionen finden.
Im Übrigen bezeichnet der Kläger in seinem Vorbringen zur Nichtzulassungsbeschwerde keine für die Entscheidung des Rechtsstreites erhebliche Rechtsfrage. Im Wesentlichen rügt der Kläger, von der Beklagten bei Bewilligung der Witwerrente nicht hinreichend über die Folgen eines Umzuges ins Beitrittsgebiet, d.h. insbesondere bei einem Umzug innerhalb Berlins, belehrt bzw. aufgeklärt worden zu sein. Dieser Umstand ist jedoch für die (Teil-)Aufhebung des Rentenbescheides ab Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X und Rückforderung der überzahlten Beträge nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, auf die das SG seine Entscheidung stützt, nicht erheblich. Eben so wenig ist die Frage des Umfanges der Beratungspflicht für den vom Kläger geltend gemachten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch von Bedeutung. Selbst wenn man den im Bescheid vom 25. Juni 2002 enthaltenen Hinweis als ungenügend ansehen und damit einen Beratungsfehler annehmen würde, sind vorliegend die weiteren in ständige Rechtsprechung des BSG ausgeformten tatbestandlichen Voraussetzungen für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu verneinen. Danach bedarf es neben einer Pflichtverletzung des Versicherungsträgers noch der Bewirkung eines sozialrechtlichen Nachteils, für den die Pflichtverletzung ursächlich war, sowie eines Schutzzweckzusammenhanges zwischen Pflichtverletzung und Nachteil. Zudem darf der "Schadensausgleich" nur auf eine gesetzlich zulässige Amtshandlung gerichtet sein (zum Ganzen etwa BSG in SozR 3-2600 § 58 Nr. 2). Der Umzug des Klägers ist kein mit den Mitteln des Sozialversicherungsrechts auszugleichender oder rückgängig zu machender Umstand und hat zwingend zur Folge, dass die Beklagte die Regelungen zur Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten und damit § 228a Abs. 3 SGB VI bei Bestimmung des Auszahlungsanspruches des Klägers anzuwenden hat. Abgesehen davon, ist auch nicht vom Kläger dargetan, dass die Wahl seines Wohnsitzes im wesentlichen auf dem als "unzureichend" angesehenen Hinweis der Beklagten zu den Auswirkungen eines Umzuges auf den Freibetrag im Rentenbescheid beruht hat und damit kausal für die Minderung des Rentenzahlbetrages gewesen ist.
Letztlich fehle es auch bei Annahme einer entscheidungserheblichen klärungsbedürftigen Rechtsfrage an einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung. Schon die regionale Begrenzung auf das Bundesland Berlin lässt erkennen, dass nur eine geringe Anzahl der eine Witwen- bzw. Witwerrenten beziehenden Berechtigten davon betroffen sein könnte. Zudem ist bei der fortschreitenden Angleichung des aktuellen Rentenwertes (Ost) an den aktuellen Rentenwert nicht mit größeren wirtschaftlichen Auswirkungen zu rechnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Das Urteil des SG ist damit rechtskräftig (§ 145 Abs 4 Satz 4 SGG).
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