L 7 AS 4815/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 1588/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4815/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Kläger begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der 1946 geborene Kläger zu 1), der mit der 1953 geborenen Klägerin zu 2) verheiratet ist, beantragte bei der Beklagten am 3. November 2004 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Im Antragsformular gab er für sich kein Einkommen, für seine Ehefrau Gehalt aufgrund einer Beschäftigung in der Seniorenresidenz S. an. Zusätzlich legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung zur Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung vor, wonach er an Diabetes mellitus, Hyperlipidämie und Hyperurikämie leidet. Wohnkosten gab der Kläger zu 1) für die von ihm und der Klägerin zu 2) bewohnte Wohnung von 47 Quadratmetern in Höhe von 273,54 EUR Kaltmiete zuzüglich 98,29 EUR Heizkosten sowie 74,20 EUR Nebenkosten an.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen liege Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II nicht vor. Abzüglich der gesetzlich vorgesehenen Freibeträge sei ein Erwerbseinkommen in Höhe von 1.241,97 EUR zu berücksichtigen. Dem stehe ein Gesamtbedarf von 1.042,72 EUR gegenüber (622,00 EUR Regelleistung, 86,92 EUR Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 333,80 EUR). Das Einkommen übersteige damit den Bedarf.

Hiergegen wandte sich der Kläger zu 1) mit seinem Widerspruch und machte geltend, die Berechnung des durchschnittlichen Netto-Einkommens der Ehefrau sei ganz offensichtlich falsch. Diese arbeite ausschließlich in Nachtschicht und habe einen Arbeitsvertrag, wonach sie nur mit einer Arbeitsleistung von 80% zu beschäftigen sei. Wenn in den Verdienstabrechnungen die Arbeitsleistung trotzdem mit 100% errechnet worden sei, sei dies darauf zurückzuführen, dass auf die geleistete Arbeit auch noch die Leistungen für Sonn-, Feiertags- sowie Nachtarbeit und für Überstunden hinzugerechnet worden sei. Diese zusätzlichen Leistungen seien herauszurechnen, maßgeblich sei allein das nach dem Arbeitsvertrag erzielte Einkommen bei einer vertraglichen Arbeitsleistung von 80%.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, wobei sie ausdrücklich darauf hinwies, nicht über die Leistungen für Unterkunft und Heizung zu entscheiden, für welche der kommunale Träger zuständig sei. Die Bedarfsgemeinschaft bestehend aus dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) habe einen Gesamtbedarf in Höhe von 955,80 EUR (Regelbedarf zuzüglich Kosten der Unterkunft). Bei den vom Kläger zu 1) geltend gemachten Erkrankungen werde nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge kein Mehrbedarf berücksichtigt, da diese laut ausgestellter ärztlicher Bescheinigung mit Adipositas zusammenhingen. Hier könne ein Mehrbedarf für Reduktionskost nicht gewährt werden. Auf den Gesamtbedarf sei das zu berücksichtigende Einkommen anzurechnen. Aufgrund der wechselnden Höhe des Einkommens der Klägerin zu 2) sei ein Durchschnittseinkommen aus den vorliegenden Gehaltsabrechnungen der Monate Januar bis April 2004 sowie August und Oktober 2004 errechnet worden. Es ergebe sich ein durchschnittliches Bruttoeinkommen in Höhe von 1.731,36 EUR sowie ein Durchschnittsnettoeinkommen in Höhe von 1.401,30 EUR. Unter Abzug eines Pauschalbetrages für Versicherungen in Höhe von 30,00 EUR, Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 23,39 EUR, einer Werbungskostenpauschale in Höhe von 15,33 EUR sowie Fahrtkosten in Höhe von 19,04 EUR bleibe ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.313,54 EUR. Abzüglich des Freibetrags des § 30 SGB II in Höhe von 227,61 EUR verbleibe ein anzusetzendes Erwerbseinkommen in Höhe von 1.085,93 EUR. Mangels Hilfebedürftigkeit bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Mit seiner am 25. April 2005 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage macht der Kläger zu 1) weiter geltend, dass Nacht-, Feiertags- und Sonntagszuschläge sowie geleistete Überstunden bzw. Abbau von Überstunden herauszurechnen seien. Dies ergebe Abschläge in Höhe von 1.099,40 EUR, sodass sich für Januar 2005 ein berücksichtigungsfähiges Einkommen lediglich in Höhe von 320,00 EUR ergebe. Durchschnittlich errechne sich im ersten Quartal 2005 ein anrechenbares monatliches Einkommen in Höhe von nur 453,85 EUR. Das Einkommen eines Erwerbstätigen, der nur ausnahmsweise Nacht-, Feiertags- und Sonntagsarbeit leiste, könne nicht genauso behandelt werden wie das eines Erwerbstätigen, der - wie die Klägerin zu 2) - überobligatorisch die Belastung ausschließlicher Nachtarbeit schon seit Jahren auf sich nehme.

Mit Urteil vom 27. Juli 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das zu berücksichtigende Erwerbseinkommen der Klägerin zu 2) trotz Nichteinberechnung von Sonn-, Nachtarbeits- und Feiertagszuschlägen den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft übersteige. Mangels Hilfebedürftigkeit bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, erst recht nicht gegen die Beklagte, die nur für Leistungen zum Lebensunterhalt zuständig sei.

Hiergegen richtet sich die am 21. September 2006 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Kläger. Es wird weiterhin vorgetragen, dass die auf überobligatorischer Mehrarbeit der Klägerin zu 2 beruhenden Arbeitseinkünfte nicht als Einkommen berücksichtigt werden könnten. Ansonsten würde dies bedeuten, dass Pflegepersonal durch die Einkommenseinbuße des Hartz IV-Leistungen beanspruchenden Ehemannes benachteiligt, nämlich gerade wegen der überobligatorischen Arbeitsleistung "bestraft" werde. Dies könne aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit nicht rechtens sein. Darüber hinaus macht der Kläger zu 1 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung geltend. Die vom erstinstanzlichen Gericht vertretene Auffassung möge für Patienten zutreffen, die an Diabetes mellitus Typ I litten, denn in diesen Fällen rage die zuständige Kasse sämtliche Kosten der krankheitsbedingten Mehraufwendungen. Bei Patienten, die wie der Kläger zu 1 an Diabetes mellitus Typ IIb litten, zahle die zuständige Kasse nur die Kosten für preiswerte Arznei. Für den Kläger zu 1 bedeute dies durch den Kauf der für ihn verträglichen Diabetes-Medikamente eine monatliche Kostenbelastung mit 64,00 EUR. Außerdem beliefen sich die Kosten für die krankheitsbedingte Ernährung, nämlich für speziell geeignete Lebensmittel auf ca. 200,00 EUR monatlich. Bei der Bedarfsberechnung sei daher ein Mehrbedarf mit ca. 264,00 EUR pro Monat zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen (teilweise) sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2005 zu verurteilen, den Klägern ab 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren und hierbei einen krankheitsbedingten Mehrbedarf des Klägers zu 1) in Höhe von 264,00 EUR monatlich zu berücksichtigen und monatliches Einkommen der Klägerin zu 2) lediglich in Höhe von 453,85 EUR anzurechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das erstinstanzliche Urteil sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings seien steuerfreie Nacht- Sonntags- und Feiertagszuschläge als Einkommen im Sinne des SGB II zu berücksichtigen. Diese Zuschläge seien dazu bestimmt, einen Verpflegungsmehraufwand abzudecken. Sie seien daher zweckbestimmte Einnahmen. Eine Anwendung des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II komme jedoch nicht in Betracht, da Leistungen für Verpflegung in der Regelleistung enthalten seien. Die genannten Zuschläge dienten somit keinem anderen Zweck als die Alg II-Leistungen und seien daher als Einkommen anzurechnen. Soweit in Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit tatsächlich Verpflegungsmehraufwendungen anfielen und diese notwendig seien, könnten sie als Werbungskosten abgesetzt werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Leistungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats verwiesen.

II.

Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.

Der Senat kann gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu mit Schreiben vom 13. April 2007 gehört worden, sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Senat hat die Klägerin zu 2) in den Rechtsstreit miteinbezogen. Dies entspricht dem Interesse der Kläger wie auch dem ausdrücklichen Antrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger auf Einbeziehung nach schriftlichem Hinweis des Senats (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - (juris)). Streitgegenstand ist allein der angefochtene Bescheid vom 16. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2005 und damit allein die von den Klägern gegenüber der Beklagten geltend gemachten Leistungen, nicht jedoch Kosten der Unterkunft, für welche nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II der Kommunale Träger zuständig ist.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Da vorliegend angefochten ein Ablehnungsbescheid ist, ist Gegenstand des Verfahrens die gesamte Zeit seit 1. Januar 2005 bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz, somit der Entscheidung des LSG (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R - (juris); a.A. Mayer, NZS 2007, 17, 19 unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 2. September 2005 - L 8 AS 1995/05 - (juris)). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Kläger haben in der streitbefangenen Zeit keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gegen die Beklagte.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte.

Die eine Bedarfsgemeinschaft bildenden Kläger erfüllen die Altersgrenzen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, sie haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und sind erwerbsfähig. Für den Kläger zu 1) gilt Letzteres jedoch nur bis 30. Juni 2006. Ab dem 1. Juli 2006 bezieht er eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und gehört damit nicht mehr zum Kreis der Personen, die anspruchsberechtigt nach dem SGB II sind. Vorrangig für den Kläger zu 1 ist insoweit ab 1. Juli 2006 ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Die Kläger sind jedoch während des gesamten Zeitraums nicht hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Nach Abs. 2 der Vorschrift sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.

Der Hilfebedarf der Kläger umfasst den Regelbedarf (§ 20), Mehrbedarfe (§ 21) sowie Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22). Maßgebend ist somit für die Kläger der Regelbedarf in Höhe von 622,00 EUR (§ 20 Abs. 2 und 3 SGB II) sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe von insgesamt 333,80 EUR, zusammen somit 955,80 EUR.

Ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II steht dem Kläger zu 1) nicht zu. Bei dem Kläger zu 1) besteht Diabetes mellitus Typ IIb, Hyperlipidämie, Hyperurikämie und Adipositas (96 kg bei einer Körpergröße von 168 cm). Diese Gesundheitsstörungen bedürfen aus medizinischen Gründen keiner kostenaufwändigen Ernährung. Hinsichtlich der Art der Erkrankung und der Höhe der Krankenkostzulage können nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1516, S. 57) die hierzu vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge entwickelten und an typisierten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden. Die Bezugnahme des Gesetzgebers auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins hat diese zu einer Art antizipierten Sachverständigengutachten gemacht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Juni 2006 - L 20 B 109/06 AS - (juris)). Ob vorliegend von diesen Empfehlungen, die sowohl den Gerichten wie auch den Leistungserbringern verlässliche Informationen zum Zwecke einer einheitlichen Verwaltungshandhabung geben, wegen Erschütterung der dort zugrunde gelegten Annahmen durch neuere Erkenntnisse abzuweichen ist, stellt sich für die hier maßgeblichen Erkrankungen des Klägers zu 1), welche allesamt mit Übergewicht in Verbindung stehen, nicht (vgl. zu neueren Erkenntnissen insbesondere den Begutachungsleitfaden des Arbeitsausschusses der Sozialdezernenten Westfalen-Lippe von Januar 2002 - (www.lwl.org) sowie das Rationalisierungsschema 2004 des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner u.a.). Bei Diabetes mellitus Typ IIb besteht nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum früheren § 23 Abs. 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) kein Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfszuschlags wegen kostenaufwändiger Ernährung (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. September 2001, FEVS 53, 310; Niedersächs. OVG, Beschluss vom 17. Oktober 2003, FEVS 55, 230). Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass auch bei Hyperlipidämie (Erhöhung der Blutfettwerte) und Hyperurikämie bei Übergewicht wegen der insoweit erforderlichen Reduktionskost keine Mehraufwendungen entstehen (vgl. Gerenkamp in Mergler/Zink, Kommentar zum SGB II, Stand Januar 2007, § 21 Rdnr. 23). Auch die Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe kommen in der 2. Auflage von 1997 jedenfalls bei Übergewicht des Kranken zu dem Ergebnis, dass ernährungsbedingte Mehrkosten nicht entstehen, vielmehr bei einer angenommenen Energiezufuhr von 1000 Kalorien täglich sogar ein Differenzbetrag von 47 DM monatlich des im Regelsatz enthaltenen Ernährungsanteils nicht in Anspruch genommen werden müsse (vgl. die Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge , Heft 48, 2. Aufl. 1997, Tabelle S. 36). Hintergrund ist die Einsicht, dass der früher praktizierte überhöhte und kostenintensive Eiweißanteil in der Diabetesdiät nicht mehr empfehlenswert ist, zumal er die Gefahr von Nierenschäden mit sich bringt (so das Gutachten "Zur Gewährung von Krankenkostzulagen aus ernährungsmedizinischer Sicht" vom 22. Januar 1996 von Prof. Kluthe und Dr. Zürcher, abgedruckt in Heft 48, 2. Aufl. der Kleineren Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, S. 127, 136). Für die bei dem Kläger zu 1) vorliegenden Erkrankungen Diabetes mellitus IIb, Hyperlipidämie und Hyperurikämie bei Adipositas kann kein Mehrbedarfszuschlag gewährt werden. Die berufstätige Klägerin zu 2) hat keinen Mehrbedarfszuschlag geltend gemacht, es ist auch nicht ersichtlich, dass bei ihr irgendeine Krankheit bestünde, die einen derartigen Mehrbedarf erfordern würde.

Soweit der Kläger zu 1) nunmehr im Berufungsverfahren vorträgt, ihm entstünden krankheitsbedingte Mehraufwendungen für Ernährung in Höhe von ca. 200,00 EUR monatlich, ist er hier zu substantiierten Vortrag schuldig geblieben. Trotz schriftlichen Hinweises des Senats hat der Kläger zu 1) weder genauer vorgetragen, wie sich dieser Betrag zusammensetzt, noch hat er Belege über entsprechende Ausgaben vorgelegt. Nachdem insoweit schon nicht substantiiert vorgetragen wurde, ist der Senat nicht verpflichtet, diesem Vortrag weiter nachzugehen, insbesondere die Klägerin zu 2) hierzu anzuhören (vgl. zu Mitwirkungsobliegenheiten der Beteiligten auch Urteil des Senats vom 1. Februar 2007 - L 7 SO 4267/05). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, das es letztlich nicht darauf ankommt, ob der Kläger zu 1) tatsächlich für Ernährung 200,00 EUR (zusätzlich) im Monat ausgibt, da jedenfalls seine Erkrankungen aus medizinischen Gründen, wie oben dargestellt, derartige Ausgaben nicht erfordern.

Soweit der Kläger zu 1) einen weiteren Bedarf in Höhe von 64,00 EUR monatlich für Medikamente geltend macht, hat er dies nicht belegt. Die vorgelegten Apothekenrechnungen, die im wesentlichen vom Kläger zu 1) zu leistende Zuzahlungen betreffen, ergeben keine derartigen Ausgaben. Als höchste Ausgabe ist im November 2005 eine Zahlung von 42,97 EUR festzustellen. In den anderen Monaten, soweit für sie überhaupt Belege vorgelegt wurden, liegt der gezahlte Betrag sogar noch darunter. Selbst wenn von dem geltend gemachten Bedarf in Höhe von 64,00 EUR ausgegangen würde, käme allenfalls eine Darlehensgewährung nach § 23 SGB II in Betracht. Der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II betrifft nur ernährungsbedingte Mehraufwendungen, nicht jedoch Aufwendungen für Medikamente. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege u.a., auch Kosten für Zuzahlungen für Medikamente oder für nicht verschreibungspflichtige Medikamente, die von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen werden (vgl. § 34 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)). Kann im Einzelfall ein von der Regelleistung umfasster Bedarf dennoch nicht gedeckt werden, kommt die Gewährung eines Darlehens gemäß § 23 Abs. 1 SGB II in Betracht. Den verfassungsrechtlichen Bedenken, die sich aus der unterschiedlichen Regelung im SGB II einerseits - nur Darlehensgewährung bei unabweisbarem Bedarf nach § 23 Abs. 1 SGB II - und im Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) andererseits - individuelle Berücksichtigung des unabweisbaren Bedarfs über die Öffnungsklausel des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII andererseits - herleiten (vgl. Däubler, NZS 2005, 225,241; Bieback, NZS 2005, 337, 339; Brünner in LPK-SGB II § 20 Rdnr. 23 ff.), könnte durch eine Modifizierung der durch § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II eröffneten Aufrechnungsbefugnis begegnet werden (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 16. Dezember 2005 - L 8 AS 2764/05 und vom 15. Dezember 2006 - L 12 AS 4271/06). Ob hier tatsächlich ein unabweisbarer Bedarf i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorliegt, was nach teilweise vertretener Auffassung frühestens dann der Fall ist, wenn eine Bedarfsunterdeckung von 20 % vorliegt (so LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. Juli 2006 - L 1 B 23/06 AS ER - und Hessisches LSG, Beschluss vom 11. April 2006 - L 7 B 236/06 AS ER - (beide juris)), kann jedoch letztlich offen bleiben, denn selbst bei Annahme eines Anspruches können die Kläger aus ihrem Einkommen jedenfalls den Teil des Bedarfs decken, für den die Beklagte nur zuständig ist (vgl. § 6 Abs. 1 SGB II). Anzuerkennen ist nach alledem ein Bedarf in Höhe von 955,80 EUR, fiktiv zuzüglich 64,00 EUR monatlich. Auf die Beklagte entfällt davon ein Betrag in Höhe von 611,00 EUR, ggf. zuzüglich 64,00 EUR, somit maximal 675,00 EUR, denn die Kosten der Unterkunft und Heizung sind vom Kommunalen Träger zu tragen und sind damit nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Damit sind die Kläger jedenfalls gegenüber der Beklagten nicht hilfebedürftig, denn das ihnen zur Verfügung stehende Einkommen überschreitet den vorhandenen Bedarf. Zu berücksichtigen ist dabei, dass das vorhandene Einkommen nach § 19 Satz 3 SGB II zunächst die Leistungen der Agentur für Arbeit mindert. Dies bedeutet, dass jedenfalls gegen die Beklagte kein Anspruch besteht, wenn aufgrund des vorhandenen Einkommens von dieser keine Leistungen erbracht werden können. Was als Einkommen heranzuziehen ist, bestimmt sich nach § 11 Abs. 1 SGB II. Danach sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Vom Einkommen sind abzusetzen nach § 11 Abs. 2 auf das Einkommen entrichtete Steuern (Nr. 1), Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (Nr. 2), Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (Nr. 3), geförderte Altersvorsorge nach § 82 des Einkommenssteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbetrag nach § 86 Einkommenssteuergesetz nicht überschreiten, die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (Nr. 5) und für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach § 30 (Nr. 6). Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in der ab 1. Oktober 2005 geltenden Fassung (Freibetragsneuregelungsgesetz vom 14. August 2005 - BGBl. I, 2407) ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, anstelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100,00 EUR monatlich abzusetzen. Nach Satz 3 gilt Satz 2 nicht, wenn das monatliche Einkommen mehr als 400,00 EUR beträgt und der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von 100,00 EUR übersteigt. Von dem so errechneten, um die als Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 5 bzw. Satz 2 SGB II bereinigten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist zusätzlich noch der Freibetrag nach § 11 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II abzusetzen. Zur Berechnung dieses Freibetrages wird für die vom 1. Januar bis 30. September 2005 geltende Rechtslage auf die Ausführungen des SG verwiesen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 3 SGG). Für die ab 1. Oktober 2005 geltende Rechtslage durch das Freibetragsneuregelungsgesetz (siehe oben) beläuft sich der Freibetrag bei Erwerbstätigkeit nach § 30 Satz 2 SGB II 1. für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100,00 EUR übersteigt und nicht mehr als 800,00 EUR beträgt, auf 20 v.H. und 2. für den Teil des monatlichen Einkommens, das 800,00 EUR übersteigt und nicht mehr als 1.200,00 EUR beträgt, auf 10 v.H. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II sind als Einkommen Einnahmen nicht zu berücksichtigen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge aufgrund der Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 2 als Einkommen heranzuziehen sind, kommt es vorliegend nicht an (für eine Privilegierung solcher Zuschläge nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II: LSG Thüringen, Beschluss vom 2. März 2005 - 7 AS 112/05 ER - NZS 2005, 662; Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 54; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand März 2007, K 11 Rdnr. 231; Zeitler in Mergler/Zink a.a.O., § 11 Rdnr. 89; anders die Durchführungsanweisungen der BA 3.3 Abs. 7 zu § 11; zur Nichtanrechnung von Nachtarbeitszuschlägen bei Alhi vgl. BSG, Urteil vom 21. März 1990, SozR 3-4100 § 138 Nr. 2). Der Senat lässt diese Frage daher ausdrücklich offen. Denn selbst wenn diese Beträge außer Betracht gelassen werden, verbleibt den Klägern ein Einkommen, welches zur Bedarfsdeckung jedenfalls bezüglich der hier streitigen Bedarfe ausreicht.

Für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2005 kann insoweit auf die Berechnungen des SG zurückgegriffen werden. Danach verbleibt ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 956,80 EUR, welches den Bedarf übersteigt. Für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 31. Januar 2006 ist als Einkommen zu berücksichtigen das Bruttoeinkommen in Höhe von 1.603,00 EUR abzüglich der Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 341,44 EUR (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 SGB II), abzüglich eines Betrags von 100,00 EUR (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II sowie abzüglich des Freibetrags nach § 30 SGB II in Höhe von 180,00 EUR (140 + 40 nach Satz 2 Nrn. 1 und 2 der Vorschrift) Es verbleibt somit aufgrund der geänderten Freibetragsregelung sogar ein höheres einzusetzendes Einkommen in Höhe von 981,56 EUR. Zusätzlich ist ab Januar 2006 auch noch das Einkommen des Klägers zu 1 aus Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu berücksichtigen. Der Zahlbetrag der Rente beträgt 636,09 EUR. Selbst wenn hiervon nochmals der Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 23,39 EUR sowie eine weitere Pauschale von 30,00 EUR für weitere Versicherungen abgezogen wird, verbleibt weiteres Einkommen in Höhe von 582,70 EUR, insgesamt im Januar 2006 für die Bedarfsgemeinschaft somit 1.564,26 EUR. Damit ist der gesamte Bedarf einschließlich Kosten der Unterkunft gedeckt.

Für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 2006 ist für den Kläger zu 1 weiterhin die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von 582,70 EUR anzurechnen sowie für die Klägerin zu 2 Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Ab Februar 2006 hat die Klägerin ein geringeres Bruttoentgelt in Höhe von 1.282,40 EUR erzielt. Abzüglich der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 278,28 EUR, des Freibetrags nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in Höhe von 100,00 EUR sowie des weiteren Freibetrags nach § 30 SGB II in Höhe von 180,00 EUR verbleibt ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 724,12 EUR, insgesamt somit für die Bedarfsgemeinschaft 1.306,82 EUR. Dieses Einkommen übersteigt den Bedarf.

Für die Zeit ab 1. Juli 2006 ist der Kläger zu 1) nicht mehr selbst leistungsberechtigt nach dem SGB II. Aufgrund der ihm zustehenden Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 1.272,18 EUR (Zahlbetrag ohne den gesondert gewährten Zuschuss zur Krankenversicherung) und das anzurechnende eigene Einkommen der Klägerin in Höhe von 724,12 EUR besteht keine Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 2) (zur Bedarfsberechnung bei sogenannten gemischten Bedarfsgemeinschaften vgl. Senatsurteil vom 21. September 2006 - L 7 SO 5536/05 - Breith. 2007, 329).

Zu Recht hat das SG ausgeführt, dass die Ableistung von Überstunden durch die Klägerin zu 2) keine andere Beurteilung erfordert. Überstundenvergütungen gehören zu den laufenden Einnahmen (Hessischer VGH, Beschluss vom 27. Juli 2004 - 10 UE 2988/02 - (juris)). Insbesondere gibt es weder eine Grundlage noch eine Rechtfertigung dafür, ein fiktives Einkommen aufgrund einer vertraglich vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zugrunde zu legen, wenn tatsächlich in Höherem Umfang gearbeitet wird bzw. Überstunden abgegolten werden. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Zusammenfassend verbleibt es dabei, dass das Einkommen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft den Bedarf, welcher gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden kann, im gesamten streitbefangenen Zeitraum übersteigt, sodass keine Hilfebedürftigkeit vorliegt und somit auch gegen die Beklagte kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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