Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 2376/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 272/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. April 2003 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2001 abgewiesen.
II. Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu ersetzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um die nachträgliche Geltendmachung und Abrechnung der Nummer 5 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) in den Quartalen 3 und 4/97.
Die Kläger sind als Orthopäden in W. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und sind auch belegärztlich tätig. Mit Schriftsätzen vom 25. Mai und 24. Juni 1998 legten sie sog. "Nachreichungen zu den Quartalen 3/97 und 4/97 stationär" vor, mit denen sie um die nachträgliche manuelle Erfassung und Abrechnung der EBM-Nr. 5 in einer Vielzahl von stationären Behandlungsfällen baten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juli 1998 ab. Die Kläger hätten mit den von ihnen zusammen mit den jeweiligen Abrechnungsunterlagen abgegebenen Sammelerklärungen gemäß Anlage E zum Gesamtvertrag-Regionalkassen bzw. Anlage 5 zum Gesamtvertrag-Ersatzkassen die sachliche Richtigkeit ihrer Abrechnungen bestätigt. Dazu gehöre auch die Vollständigkeit der Abrechnung. Deshalb könnten im Nachhinein geltend gemachte Leistungen nicht anerkannt werden.
In ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machten die Kläger im Wesentlichen geltend, die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit einer Abrechnung schließe die Korrektur versehentlicher Irrtümer nicht aus. Angesichts der sehr großen Zahl abzurechnender Behandlungsfälle seien Unvollständigkeiten selbst bei größtmöglicher Sorgfalt nahezu unvermeidbar. Deshalb gebe es feste Regeln für die Zulässigkeit einer nachträglichen Abrechnung. In § 5 Abs.2 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM) seien als Sanktion für verspätete Abrechnung ohne erkennbare Unterscheidung hinsichtlich der Ursachen für die Verspätung prozentuale Vergütungsabschläge ausgewiesen. Als äußerste Grenze existiere die Neunmonatsfrist nach Ende des abzurechnenden Quartals. Diese sei in den vorliegenden Fällen eingehalten. Es sei kein qualitativer Unterschied erkennbar zwischen einem verlegten und deshalb nicht fristgerecht abgerechneten Behandlungsschein einerseits und der Nichterfassung erbrachter Leistungen infolge eines Irrtums über die Abrechungsbestimmungen andererseits.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2001 mit im Wesentlichen der gleichen Begründung wie im Bescheid zurückgewiesen. Ihre Auffassung sei durch ein Urteil des Sozialgerichts München (Az.: S 38 KA 429/87) bestätigt worden.
Im anschließenden Klageverfahren haben die Kläger durch ihre Bevollmächtigten unter anderem vorgetragen, in den Quartalen nach Einführung des EBM 96 habe es nicht zuletzt auch zu der hier streitgegenständlichen EBM-Nr. 5 sehr unterschiedliche Auffassungen gegeben. Während diese Ziffer in den ersten zwei Quartalen des Jahres 1996 bei jeder Behandlung im Rahmen einer Wochenendsprechstunde abrechenbar gewesen sei, sei dies ab dem dritten Quartal 1996 auf Notfallbehandlungen beschränkt worden. Die Kläger wüssten nach über drei Jahren nicht mehr, wie es versehentlich zur Nichtabrechung der Nr. 5 gekommen sei. Die Beklagte habe den Antrag der Kläger unter Hinweis auf die unterzeichneten Sammelerklärungen ohne jedwede weitere Überprüfung oder erkennbarer Ermessensausübung abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, Nachvergütungen bei offensichtlich übersehener Abrechung abzulehnen. Mithin schulde sie eine Ermessensentscheidung. Daran fehle es. Für verspätete Abrechungen gebe es prozentuale Vergütungsabschläge. Welcher entscheidende Unterschied bestehen solle zwischen einem irrtümlich noch nicht abgerechneten Behandlungsausweis einerseits und einer irrtümlich nicht angegebenen Leistung nach EBM-Nr. 5 in einer Vielzahl von Fällen andererseits, sei nicht zu erkennen. Im vorliegenden Fall handle es sich um einen offenkundigen Serienfehler, der leicht erkennbar sei, und dessen Behebung mit geringem Aufwand verbunden sei. In derartigen Fällen spreche der Grundsatz der gerechten Honorarverteilung für die Zulassung der nachträglichen Korrektur. Immerhin gehe es in jedem der streitgegenständlichen Quartale um einen fünfstelligen Honorarbetrag. Die verspätete Abrechnung der EBM-Nr. 5 sei auf ein Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Februar 1998 (Az.: S 42 KA 356/97) zurückzuführen, mit dem geklärt worden sei, dass die Abrechnung der EBM-Nr. 5 nicht auf Notfälle beschränkt sei.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Fristen des § 5 HVM für die Einreichung von Abrechnungen gälten nur für die Einreichung der gesamten Abrechnung, jedoch nicht für die Nachreichung einzelner Leistungen, nachdem bereits die sachliche Richtigkeit der eingereichten Abrechung bestätigt worden sei. Akzeptiert würden in begründeten Fällen (z.B. fehlende Chipkarte) sog. Nachtragsfälle.
Das Sozialgericht (SG) hat sich mit Urteil vom 30. April 2003 der Auffassung der Kläger angeschlossen und den Bescheid vom 21. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag der Kläger auf Nachvergütung der EBM-Nr. 5 in den Quartalen 3/97 und 4/97 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung führte es aus, Honorarbescheide im Vertragsarztrecht ergingen unter Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit, mithin als vorläufige Regelungen. Im Rahmen des Verfahrens der sachlich-rechnerischen Richtigstellung erfolgten in der Regel zu Lasten der Vertragsärzte Bescheidsaufhebungen und Rückforderungen. Rechtsgrundlage dafür seien § 45 Abs.2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs.4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/ Ersatzkassen (EKV-Ä). Danach könne die Beklagte Honorarbescheide zu Lasten des Vertragsarztes auch ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurücknehmen. Auch in Fällen, in denen bei Erlass des Honorarbescheides Unsicherheit über die Wirksamkeit rechtlicher Normen bestehe, könne dies innerhalb von vier Jahren nach dem Honorarbescheid geschehen. Dabei habe die Sammelerklärung für die Frage der richtig erstellten und abgegebenen Honorarabrechung eine grundlegende Bedeutung. Mit ihr garantiere der Vertragsarzt, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Behandlungsausweisen zuträfen. Die Garantiefunktion entfalle, wenn sich die Abrechungs-Sammelerklärung wegen Abrechnung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen als falsch erweise und der Fehler zumindest auf grober Fahrlässigkeit beruhe. Nach diesen Grundsätzen könne die Beklagte aus der Sicht der Kammer den Klägern die nachträgliche Vergütung der Leistungen nach Nr. 5 EBM in den Quartalen 3/97 und 4/97 nicht von vornherein verweigern. Die Abrechenbarkeit der genannten Ziffer habe sich für die Kläger erst nachträglich aus einem Urteil des SG ergeben. In Fällen dieser Art habe die Beklagte zu überprüfen, ob sie zur Zurücknahme des Honorarbescheids zu Gunsten des Arztes berechtigt sei. Dies könnte allenfalls durch § 5 Abs.4 HVM ausgeschlossen sein, doch seien vorliegend die dort genannten Fristen bei der Antragstellung noch nicht verstrichen gewesen. Die Beklagte habe deshalb zu entscheiden, ob im Fall der Kläger ein begründeter Ausnahmefall vorliege, der eine Nachvergütung, soweit die Leistungen gemäß EBM Nr. 5 tatsächlich erbracht worden seien, grundsätzlich ermögliche. Zwar könne die Beklagte nicht verpflichtet sein, jede bloß übersehene Abrechnung nachzuvergüten. Gerade in Fällen, in denen bei Erstellung der Abrechnung Unsicherheit über die Wirksamkeit bzw. Auslegung rechtlicher Normen bestanden habe, die Einfluss auf das Honorar hätten, könne aber ein begründeter Ausnahmefall für die Nachvergütung vorliegen.
Gegen das ihr am 8. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. November 2003 Berufung eingelegt (Az.: L 12 KA 164/03). Dieses Verfahren wurde mit Beschluss vom 27. September 2004 im Hinblick auf ein beim Bundessozialgericht (BSG) anhängiges Verfahren (Az.: B 6 KA 21/04 R) zum Ruhen gebracht, bei dem es unter anderem um die Anwendbarkeit des § 44 Abs.2 Satz 2 SGB X gegangen war. Nachdem das BSG am 9. Juni 2005 in dem vorgenannten Verfahren entschieden hatte, dass von dem in § 44 Abs.2 SGB X eröffneten Ermessen ein sachgemäßer Gebrauch gemacht worden sei, weil darauf abgestellt worden sei, dass die nachträgliche Korrektur eines zu niedrigen Punktwertes zu einer hohen Belastung der Gesamtvergütung für das laufende Quartal führen würde, hat der Bevollmächtigte des Klägers die Fortführung des Verfahrens (nunmehr unter dem Az.: L 12 KA 272/05) beantragt. Die in der Sache B 6 KA 21/04 R ergangene Entscheidung des BSG kläre nicht die im vorliegenden Verfahren zu beantwortenden Fragen. In einem anderen Verfahren (Az.: B 6 KA 19/04 R) habe sich das BSG mit der Frage befasst, ob Ausschlussfristen für die Vorlage der Quartalsabrechung wirksam seien, und ob verspätete Abrechnungen von der Honorierung ausgeschlossen werden dürften. In dieser Entscheidung habe es einzelne Abrechungsbestimmungen zum Teil als unwirksam angesehen. Diese Entscheidung treffe für den vorliegenden Fall zu, zumal den Klägern die verspätete Abrechung nicht angelastet werden könne.
Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. April 2003 aufzuheben und die Klage der Kläger abzuweisen.
Sie führt zur Begründung aus, Vertragsärzte hätten ihre Quartalsabrechung fristgerecht und vollständig unter Beifügung der sog. Sammelerklärung, mit der sie die ordnungsgemäße Leistungserbringung und sachliche Richtigkeit der Abrechnung bestätigen, einzureichen. Danach könne die Abrechnung weder um weitere Leistungen ergänzt noch die für die Abrechung von Leistungen erforderlichen Diagnosen nachgereicht werden. In begründeten Ausnahmefällen sei die verspätete Abgabe der gesamten Quartalsabrechnung bzw. das Nachreichen von Behandlungsfällen als sog. Nachtragsberechnung gemäß Abschnitt A § 5 HVM zulässig. Danach könne auf Antrag in begründeten Fällen die Frist zur Abgabe der Abrechnung verlängert werden. Anderenfalls würden verspätet eingereichte Honorarabrechungen mit Honorarkürzungen belegt. Neun Monate nach Ende des Quartals, in dem die Leistungen erbracht worden seien, sei die Abrechnung gänzlich ausgeschlossen. Nach diesen Bestimmungen könnten nur noch nicht zur Abrechnung eingereichte Behandlungsfälle nachträglich zur Abrechnung gebracht werden. Die nachträgliche Korrektur von bereits vorgelegten Abrechnungsscheinen bzw. die nachträgliche Abrechung von irrtümlich nicht abgerechneten Leistungen sei dagegen ausgeschlossen. Anträge auf nachträgliche Abrechung einzelner Leistungen in bereits abgerechneten Behandlungsfällen seien nicht von § 5 Abs.1 Satz 2 HVM umfasst und daher abzulehnen. Die Beklagte verweist insoweit auf das auch von Klägerseite zitierte Urteil des BSG vom 22. Juni 2005, Az.: B 6 KA 19/04 R. Aus der Möglichkeit, Honorarbescheide nachträglich wegen sachlich-rechnerischer Fehler gemäß §§ 45 Abs.2 Satz 1 BMV-Ä bzw. 34 Abs.4 Satz 2 EKV-Ä zu korrigieren, könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Ärzte ihrerseits die bereits eingereichten Abrechungen nachträglich nachbessern könnten. Auch nach §§ 44 ff. SGB X könnten die Kläger eine Neufestsetzung der Honorare für die Quartale 3/97 und 4/97 unter Berücksichtigung der nachträglich geltend gemachten EBM-Nr. 5 nicht beanspruchen.
Im Erörterungstermin vom 9. August 2006 haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des SG mit dem Az.: S 43 KA 2376/01 sowie die Berufungsakte mit den Az.: L 12 KA 164/03 bzw. L 12 KA 272/05 vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist zulässig. Der Senat konnte gemäß § 153 Abs.1 i.V.m. § 124 Abs.2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem die Beteiligten dem zugestimmt hatten.
Die Berufung erweist sich auch als begründet, denn der vom SG aufgehobene Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1998, mit dem diese die Vergütung der nachträglich geltend gemachten EBM-Nr. 5 in den Quartalen 3 und 4/97 abgelehnt hatte, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2001 ist entgegen der Auffassung des SG nicht zu beanstanden.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Vergütung der nachträglich, also nach Einreichung der Abrechnungen, geltend gemachten Leistungen nach EBM-Nr.5, die sie in den Quartalen 3 und 4/97 erbracht haben. Anspruchsgrundlage für das vertragsärztliche Honorar im vorgenannten Zeitraum ist § 85 Abs.4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der damals geltenden Fassung. Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die von den Krankenkassen gezahlte Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte und wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen (als Satzung) festgelegten Honorarverteilungsmaßstab (HVM) an. Der HVM der Beklagten sieht in § 4 vor, dass die in § 3 HVM näher umschriebenen vertragsärztlichen Leistungen, wozu unstreitig auch Leistungen nach Nr.5 des EBM 96 ("Inanspruchnahme des Arztes zwischen 20.00 und 8.00 Uhr, an Samstag, Sonn- und Feiertagen ... 300 Punkte") gehören, kalendervierteljährlich unter Beachtung der dafür geltenden Regelungen (z.B. Vorlage der Abrechungssammelerklärung) einzureichen sind. Die dabei zu verwendenden Abrechungsvordrucke/Datenträger sind innerhalb einer von der zuständigen Bezirkstelle der Beklagten festgesetzten Frist einzureichen, die im streitgegenständlichen Fall bei Nachreichung der EBM-Nr. 5 für beide Quartale (längst) verstrichen war (§ 5 Abs.1 Satz 1 HVM). (Nur) in begründeten Ausnahmefällen ist eine Fristverlängerung auf Antrag möglich. Daraus folgt, dass andernfalls - wenn es sich nicht um einen begründeten Ausnahmefall handelt - ein Vergütungsanspruch für die nach Fristablauf vorgelegten Abrechnungen grundsätzlich nicht besteht. Es handelt sich bei der Frist zur Vorlage um eine materielle Ausschlussfrist (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, Az.: B 6 KA 19/04 R = SozR 4-2500 § 85 Nr.19; LSG Baden-Württemberg vom 16.07.03, Az.: L 5 KA 2935/01). Aber auch wenn ein begründeter Ausnahmefall vorliegt, erfolgt bei Überschreitung der Vorlage- bzw. Verlängerungsfrist um mehr als einen Monat eine fünfprozentige, um mehr als zwei Monat eine zehnprozentige und nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Abrechungsunterlagen einzureichen sind, eine zwanzigprozentige Kürzung (§ 5 Abs.2 HVM). Neun Monate nach dem Ende des Quartals, in dem die Leistungen erbracht wurden, ist die Abrechung in jedem Fall - also auch in begründeten Ausnahmefällen - ausgeschlossen (§ 5 Abs.4 HVM).
Der Senat vermag im streitgegenständlichen Fall das Vorliegen eines begründeten Ausnahmefalles im Sinne der obigen Bestimmungen nicht zu erkennen. Zwar ist der Hinweis der Beklagten auf die Garantieerklärung in der der Quartalsabrechnung beigefügten (Abrechungssammel-)Erklärung in diesem Zusammenhang nicht ohne weiteres nachvollziehbar, denn damit bestätigt der Vertragsarzt nicht, dass er andere als die in der Abrechung enthaltenen Leistungen, nicht erbracht hat, sondern nur, dass die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß, persönlich, sachlich richtig und wirtschaftlich erbracht wurden (vgl. Bl.20, 21 SG-Akte). Andererseits steht für den Senat fest, dass die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs.1 Satz 2 i.V.m. Abs.2 und 4 HVM auf den Fall der Nachreichung einzelner Gebührenziffern in bereits abgerechneten Fällen nicht anwendbar ist. Das ergibt sich zum einen bereits aus dem Wortlaut: " ... wird die Abrechung ...", womit primär die gesamte Quartalsabrechung gemeint ist. Darüber hinaus wendet die Beklagte diese Regelung auch auf sog. "Nachtragsfälle" an, einzelne Behandlungsfälle, die, zum Beispiel weil der Überweisungsschein zur Zeit der Abrechnung noch nicht vorlag, nicht fristgerecht abgerechnet werden konnten. Derartige Fälle werden mit der Abrechnung für das Folgequartal abgewickelt. Dieses Vorgehen ist für die Beklagte nur mit vergleichsweise unbedeutendem zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden, während die Nachvergütung einzelner vom Vertragsarzt aus welchem Grund auch immer (z.B. einfaches Vergessen, Irrtum über die Abrechenbarkeit) nicht fristgerecht mit der Quartalsabrechnung geltend gemachter Leistungen, nach dem plausiblen Vorbringen der Beklagten zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führt (manuelle Bearbeitung der bereits abgerechneten Einzelfälle). Zudem erscheint die Nachvergütung einzelner Ziffern bei bereits abgerechneten Behandlungsfällen auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung, Budgetregelungen im EBM oder im HVM, Mengenbegrenzungsregelungen o.ä. problematisch, bei denen üblicherweise der Fallwert ein entscheidendes Kriterium ist. Der Senat kommt damit zu dem Ergebnis, dass die nachträgliche Abrechnung der streitigen Leistungen nach EBM-Nr. 5 aus den Quartalen 3 und 4/97 nach dem Regelungsgefüge des HVM der Beklagten (§ 5 HVM) nicht möglich ist, auch wenn dies, anders als etwa in § 5 Abs.2 S.3 des HVM der Kassenärztlichen Vereinigung Nordwürttemberg (s. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr.26 des Urteilsausdrucks nach juris), nicht ausdrücklich erwähnt ist.
Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 22. Juli 2005, Az.: B 6 KA 19/04 R, (= SozR 4-2500 § 85 Nr.19). Dort hat das BSG den vollständigen Ausschluss der Quartalsabrechnung eines Vertragsarztes von der Vergütung für unverhältnismäßig erachtet in einem Fall, in dem die Überschreitung der Einreichungsfrist auf einen Computerfehler zurückzuführen war. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen. Vielmehr hätte § 5 Abs.1 Satz 2 des HVM der Beklagten eine Regelung im Sinne des BSG-Urteils (nachträgliche Vergütung mit Abschlägen) durchaus ermöglicht. Darum geht es im vorliegenden Fall indessen nicht. Vielmehr geht es nur um die Abrechnung weiterer Leistungsziffern in bereits abgerechneten Einzelfällen mit einem Gesamtvolumen von ca. 8.800,00 EUR in zwei Quartalen. Setzt man das Interesse der Kläger in Relation zu dem Interesse der Beklagten und ihrer Mitglieder, der Vertragsärzte und -Psychotherapeuten in Bayern an einer zeitnahen Abwicklung der Verteilung der Gesamtvergütung, ist eine Unverhältnismäßigkeit nicht erkennbar. Das BSG bezeichnet in dem vorgenannten Urteil (a.a.O., RdNr.13) den Ausschluss der nachträglichen Korrektur bereits vorgelegter Abrechnungsscheine ausdrücklich als mit § 85 Abs.4 S.2 SGB V vereinbar.
Der Senat hatte in dem vorliegenden Rechtsstreit in Übereinstimmung mit den Parteien im Hinblick auf das damals beim BSG anhängige Verfahren mit dem Az.: B 6 KA 21/04 R das Ruhen des Verfahrens angeordnet. In der vom BSG zwischenzeitlich mit Urteil vom 22. Juni 2005 entschiedenen Sache war es um die Nachvergütung von in den bereits bestandskräftig abgerechneten Quartalen 1/95 bis 4/97 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen zu einem Punktwert von 10 DPf im Hinblick auf BSGE 83, 205; 84, 255 und 89, 1 gegangen. Das BSG führt in dem Urteil aus, dass die Kassenärztliche Vereinigung ihr Ermessen gemäß § 44 Abs.2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) rechtmäßig ausübe, wenn sie regelmäßig bestandskräftige Honorarbescheide nicht für die Vergangenheit zurücknehme. Diese Entscheidung ist, wie auch die Klägerseite feststellt, für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Denn in dem vom BSG entschiedenen Fall waren die Honorarbescheide für die Quartale 1/95 bis 4/97 rechtswidrig, weil der Punktwert zu niedrig war. Die Honorarbescheide waren demnach insoweit rechtswidrige belastende Verwaltungsakte. Da es sich beim vertragsärztlichen Honorar nicht um eine Sozialleistung handelt, findet § 44 Abs.2 S.2 SGB X Anwendung (ebenso BSGE 82, 50), sodass die Kassenärztliche Vereinigung bezüglich der Rücknahme bzw. der Neufestsetzung des Honorars eine Ermessensentscheidung treffen muss. Vorliegend waren jedoch die Honorarbescheide auch in Ansehung der EBM-Nr. 5 keineswegs rechtswidrig, denn die Kläger hatten diese Gebührenordnungsposition überhaupt nicht zur Abrechnung gebracht, so dass die Leistung zu Recht nicht in den Honorarbescheiden aufschien. § 44 SGB X ist demnach schon tatbestandsmäßig nicht erfüllt, so dass entgegen der Auffassung des SG eine Ermessensentscheidung nach § 44 Abs.2 SGB X von der Beklagten nicht verlangt werden kann. Anders wäre es nur, wenn die Kläger die Nr. 5 EBM in den streitigen Quartalen zur Abrechnung gebracht hätten und die Beklagte die Honorierung verweigert hätte. Wenn die Kläger diese Bescheide sodann angefochten hätten, wären sie nachträglich in den Genuss der Leistungsvergütung gelangt, da die Beklagte der Auffassung der 42. Kammer des SG München (Urteil vom 25.02.1998, Az.: S 42 KA 356/97) in einer Parallelsache gefolgt ist. Hätten die Kläger die die Nr. 5 ablehnenden Honorarbescheide bestandskräftig werden lassen, wäre ein Antrag nach § 44 Abs.2 SGB X möglich gewesen. Im Hinblick auf das vorgenannte Urteil des BSG (Az.: B 6 KA 21/04 R) wäre es aber nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte in dem Bemühen, die Belastung der Gesamtvergütung mit Nachzahlungen für die Vergangenheit so gering wie möglich zu halten, die Nachvergütung abgelehnt hätte.
Da das SG im vorliegenden Fall die Beklagte somit zu Unrecht zur Ermessensausübung auf der Grundlage des § 44 Abs.2 SGB X verurteilt hat, war das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der vor dem 2. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr.24 S.116 f.).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der HVM der Beklagten, um dessen Auslegung es geht, ist bayerisches Landesrecht.
II. Die Kläger haben der Beklagten die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu ersetzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
In diesem Rechtsstreit geht es um die nachträgliche Geltendmachung und Abrechnung der Nummer 5 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) in den Quartalen 3 und 4/97.
Die Kläger sind als Orthopäden in W. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und sind auch belegärztlich tätig. Mit Schriftsätzen vom 25. Mai und 24. Juni 1998 legten sie sog. "Nachreichungen zu den Quartalen 3/97 und 4/97 stationär" vor, mit denen sie um die nachträgliche manuelle Erfassung und Abrechnung der EBM-Nr. 5 in einer Vielzahl von stationären Behandlungsfällen baten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juli 1998 ab. Die Kläger hätten mit den von ihnen zusammen mit den jeweiligen Abrechnungsunterlagen abgegebenen Sammelerklärungen gemäß Anlage E zum Gesamtvertrag-Regionalkassen bzw. Anlage 5 zum Gesamtvertrag-Ersatzkassen die sachliche Richtigkeit ihrer Abrechnungen bestätigt. Dazu gehöre auch die Vollständigkeit der Abrechnung. Deshalb könnten im Nachhinein geltend gemachte Leistungen nicht anerkannt werden.
In ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machten die Kläger im Wesentlichen geltend, die Bestätigung der sachlichen Richtigkeit einer Abrechnung schließe die Korrektur versehentlicher Irrtümer nicht aus. Angesichts der sehr großen Zahl abzurechnender Behandlungsfälle seien Unvollständigkeiten selbst bei größtmöglicher Sorgfalt nahezu unvermeidbar. Deshalb gebe es feste Regeln für die Zulässigkeit einer nachträglichen Abrechnung. In § 5 Abs.2 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM) seien als Sanktion für verspätete Abrechnung ohne erkennbare Unterscheidung hinsichtlich der Ursachen für die Verspätung prozentuale Vergütungsabschläge ausgewiesen. Als äußerste Grenze existiere die Neunmonatsfrist nach Ende des abzurechnenden Quartals. Diese sei in den vorliegenden Fällen eingehalten. Es sei kein qualitativer Unterschied erkennbar zwischen einem verlegten und deshalb nicht fristgerecht abgerechneten Behandlungsschein einerseits und der Nichterfassung erbrachter Leistungen infolge eines Irrtums über die Abrechungsbestimmungen andererseits.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2001 mit im Wesentlichen der gleichen Begründung wie im Bescheid zurückgewiesen. Ihre Auffassung sei durch ein Urteil des Sozialgerichts München (Az.: S 38 KA 429/87) bestätigt worden.
Im anschließenden Klageverfahren haben die Kläger durch ihre Bevollmächtigten unter anderem vorgetragen, in den Quartalen nach Einführung des EBM 96 habe es nicht zuletzt auch zu der hier streitgegenständlichen EBM-Nr. 5 sehr unterschiedliche Auffassungen gegeben. Während diese Ziffer in den ersten zwei Quartalen des Jahres 1996 bei jeder Behandlung im Rahmen einer Wochenendsprechstunde abrechenbar gewesen sei, sei dies ab dem dritten Quartal 1996 auf Notfallbehandlungen beschränkt worden. Die Kläger wüssten nach über drei Jahren nicht mehr, wie es versehentlich zur Nichtabrechung der Nr. 5 gekommen sei. Die Beklagte habe den Antrag der Kläger unter Hinweis auf die unterzeichneten Sammelerklärungen ohne jedwede weitere Überprüfung oder erkennbarer Ermessensausübung abgelehnt. Sie sei nicht verpflichtet, Nachvergütungen bei offensichtlich übersehener Abrechung abzulehnen. Mithin schulde sie eine Ermessensentscheidung. Daran fehle es. Für verspätete Abrechungen gebe es prozentuale Vergütungsabschläge. Welcher entscheidende Unterschied bestehen solle zwischen einem irrtümlich noch nicht abgerechneten Behandlungsausweis einerseits und einer irrtümlich nicht angegebenen Leistung nach EBM-Nr. 5 in einer Vielzahl von Fällen andererseits, sei nicht zu erkennen. Im vorliegenden Fall handle es sich um einen offenkundigen Serienfehler, der leicht erkennbar sei, und dessen Behebung mit geringem Aufwand verbunden sei. In derartigen Fällen spreche der Grundsatz der gerechten Honorarverteilung für die Zulassung der nachträglichen Korrektur. Immerhin gehe es in jedem der streitgegenständlichen Quartale um einen fünfstelligen Honorarbetrag. Die verspätete Abrechnung der EBM-Nr. 5 sei auf ein Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Februar 1998 (Az.: S 42 KA 356/97) zurückzuführen, mit dem geklärt worden sei, dass die Abrechnung der EBM-Nr. 5 nicht auf Notfälle beschränkt sei.
Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Fristen des § 5 HVM für die Einreichung von Abrechnungen gälten nur für die Einreichung der gesamten Abrechnung, jedoch nicht für die Nachreichung einzelner Leistungen, nachdem bereits die sachliche Richtigkeit der eingereichten Abrechung bestätigt worden sei. Akzeptiert würden in begründeten Fällen (z.B. fehlende Chipkarte) sog. Nachtragsfälle.
Das Sozialgericht (SG) hat sich mit Urteil vom 30. April 2003 der Auffassung der Kläger angeschlossen und den Bescheid vom 21. Juli 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2001 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag der Kläger auf Nachvergütung der EBM-Nr. 5 in den Quartalen 3/97 und 4/97 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung führte es aus, Honorarbescheide im Vertragsarztrecht ergingen unter Vorbehalt späterer Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit, mithin als vorläufige Regelungen. Im Rahmen des Verfahrens der sachlich-rechnerischen Richtigstellung erfolgten in der Regel zu Lasten der Vertragsärzte Bescheidsaufhebungen und Rückforderungen. Rechtsgrundlage dafür seien § 45 Abs.2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs.4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/ Ersatzkassen (EKV-Ä). Danach könne die Beklagte Honorarbescheide zu Lasten des Vertragsarztes auch ohne Bindung an die Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurücknehmen. Auch in Fällen, in denen bei Erlass des Honorarbescheides Unsicherheit über die Wirksamkeit rechtlicher Normen bestehe, könne dies innerhalb von vier Jahren nach dem Honorarbescheid geschehen. Dabei habe die Sammelerklärung für die Frage der richtig erstellten und abgegebenen Honorarabrechung eine grundlegende Bedeutung. Mit ihr garantiere der Vertragsarzt, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Behandlungsausweisen zuträfen. Die Garantiefunktion entfalle, wenn sich die Abrechungs-Sammelerklärung wegen Abrechnung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen als falsch erweise und der Fehler zumindest auf grober Fahrlässigkeit beruhe. Nach diesen Grundsätzen könne die Beklagte aus der Sicht der Kammer den Klägern die nachträgliche Vergütung der Leistungen nach Nr. 5 EBM in den Quartalen 3/97 und 4/97 nicht von vornherein verweigern. Die Abrechenbarkeit der genannten Ziffer habe sich für die Kläger erst nachträglich aus einem Urteil des SG ergeben. In Fällen dieser Art habe die Beklagte zu überprüfen, ob sie zur Zurücknahme des Honorarbescheids zu Gunsten des Arztes berechtigt sei. Dies könnte allenfalls durch § 5 Abs.4 HVM ausgeschlossen sein, doch seien vorliegend die dort genannten Fristen bei der Antragstellung noch nicht verstrichen gewesen. Die Beklagte habe deshalb zu entscheiden, ob im Fall der Kläger ein begründeter Ausnahmefall vorliege, der eine Nachvergütung, soweit die Leistungen gemäß EBM Nr. 5 tatsächlich erbracht worden seien, grundsätzlich ermögliche. Zwar könne die Beklagte nicht verpflichtet sein, jede bloß übersehene Abrechnung nachzuvergüten. Gerade in Fällen, in denen bei Erstellung der Abrechnung Unsicherheit über die Wirksamkeit bzw. Auslegung rechtlicher Normen bestanden habe, die Einfluss auf das Honorar hätten, könne aber ein begründeter Ausnahmefall für die Nachvergütung vorliegen.
Gegen das ihr am 8. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5. November 2003 Berufung eingelegt (Az.: L 12 KA 164/03). Dieses Verfahren wurde mit Beschluss vom 27. September 2004 im Hinblick auf ein beim Bundessozialgericht (BSG) anhängiges Verfahren (Az.: B 6 KA 21/04 R) zum Ruhen gebracht, bei dem es unter anderem um die Anwendbarkeit des § 44 Abs.2 Satz 2 SGB X gegangen war. Nachdem das BSG am 9. Juni 2005 in dem vorgenannten Verfahren entschieden hatte, dass von dem in § 44 Abs.2 SGB X eröffneten Ermessen ein sachgemäßer Gebrauch gemacht worden sei, weil darauf abgestellt worden sei, dass die nachträgliche Korrektur eines zu niedrigen Punktwertes zu einer hohen Belastung der Gesamtvergütung für das laufende Quartal führen würde, hat der Bevollmächtigte des Klägers die Fortführung des Verfahrens (nunmehr unter dem Az.: L 12 KA 272/05) beantragt. Die in der Sache B 6 KA 21/04 R ergangene Entscheidung des BSG kläre nicht die im vorliegenden Verfahren zu beantwortenden Fragen. In einem anderen Verfahren (Az.: B 6 KA 19/04 R) habe sich das BSG mit der Frage befasst, ob Ausschlussfristen für die Vorlage der Quartalsabrechung wirksam seien, und ob verspätete Abrechnungen von der Honorierung ausgeschlossen werden dürften. In dieser Entscheidung habe es einzelne Abrechungsbestimmungen zum Teil als unwirksam angesehen. Diese Entscheidung treffe für den vorliegenden Fall zu, zumal den Klägern die verspätete Abrechung nicht angelastet werden könne.
Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. April 2003 aufzuheben und die Klage der Kläger abzuweisen.
Sie führt zur Begründung aus, Vertragsärzte hätten ihre Quartalsabrechung fristgerecht und vollständig unter Beifügung der sog. Sammelerklärung, mit der sie die ordnungsgemäße Leistungserbringung und sachliche Richtigkeit der Abrechnung bestätigen, einzureichen. Danach könne die Abrechnung weder um weitere Leistungen ergänzt noch die für die Abrechung von Leistungen erforderlichen Diagnosen nachgereicht werden. In begründeten Ausnahmefällen sei die verspätete Abgabe der gesamten Quartalsabrechnung bzw. das Nachreichen von Behandlungsfällen als sog. Nachtragsberechnung gemäß Abschnitt A § 5 HVM zulässig. Danach könne auf Antrag in begründeten Fällen die Frist zur Abgabe der Abrechnung verlängert werden. Anderenfalls würden verspätet eingereichte Honorarabrechungen mit Honorarkürzungen belegt. Neun Monate nach Ende des Quartals, in dem die Leistungen erbracht worden seien, sei die Abrechnung gänzlich ausgeschlossen. Nach diesen Bestimmungen könnten nur noch nicht zur Abrechnung eingereichte Behandlungsfälle nachträglich zur Abrechnung gebracht werden. Die nachträgliche Korrektur von bereits vorgelegten Abrechnungsscheinen bzw. die nachträgliche Abrechung von irrtümlich nicht abgerechneten Leistungen sei dagegen ausgeschlossen. Anträge auf nachträgliche Abrechung einzelner Leistungen in bereits abgerechneten Behandlungsfällen seien nicht von § 5 Abs.1 Satz 2 HVM umfasst und daher abzulehnen. Die Beklagte verweist insoweit auf das auch von Klägerseite zitierte Urteil des BSG vom 22. Juni 2005, Az.: B 6 KA 19/04 R. Aus der Möglichkeit, Honorarbescheide nachträglich wegen sachlich-rechnerischer Fehler gemäß §§ 45 Abs.2 Satz 1 BMV-Ä bzw. 34 Abs.4 Satz 2 EKV-Ä zu korrigieren, könne nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Ärzte ihrerseits die bereits eingereichten Abrechungen nachträglich nachbessern könnten. Auch nach §§ 44 ff. SGB X könnten die Kläger eine Neufestsetzung der Honorare für die Quartale 3/97 und 4/97 unter Berücksichtigung der nachträglich geltend gemachten EBM-Nr. 5 nicht beanspruchen.
Im Erörterungstermin vom 9. August 2006 haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des SG mit dem Az.: S 43 KA 2376/01 sowie die Berufungsakte mit den Az.: L 12 KA 164/03 bzw. L 12 KA 272/05 vor, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist zulässig. Der Senat konnte gemäß § 153 Abs.1 i.V.m. § 124 Abs.2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem die Beteiligten dem zugestimmt hatten.
Die Berufung erweist sich auch als begründet, denn der vom SG aufgehobene Bescheid der Beklagten vom 21. Juli 1998, mit dem diese die Vergütung der nachträglich geltend gemachten EBM-Nr. 5 in den Quartalen 3 und 4/97 abgelehnt hatte, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2001 ist entgegen der Auffassung des SG nicht zu beanstanden.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Vergütung der nachträglich, also nach Einreichung der Abrechnungen, geltend gemachten Leistungen nach EBM-Nr.5, die sie in den Quartalen 3 und 4/97 erbracht haben. Anspruchsgrundlage für das vertragsärztliche Honorar im vorgenannten Zeitraum ist § 85 Abs.4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der damals geltenden Fassung. Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die von den Krankenkassen gezahlte Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte und wendet dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen (als Satzung) festgelegten Honorarverteilungsmaßstab (HVM) an. Der HVM der Beklagten sieht in § 4 vor, dass die in § 3 HVM näher umschriebenen vertragsärztlichen Leistungen, wozu unstreitig auch Leistungen nach Nr.5 des EBM 96 ("Inanspruchnahme des Arztes zwischen 20.00 und 8.00 Uhr, an Samstag, Sonn- und Feiertagen ... 300 Punkte") gehören, kalendervierteljährlich unter Beachtung der dafür geltenden Regelungen (z.B. Vorlage der Abrechungssammelerklärung) einzureichen sind. Die dabei zu verwendenden Abrechungsvordrucke/Datenträger sind innerhalb einer von der zuständigen Bezirkstelle der Beklagten festgesetzten Frist einzureichen, die im streitgegenständlichen Fall bei Nachreichung der EBM-Nr. 5 für beide Quartale (längst) verstrichen war (§ 5 Abs.1 Satz 1 HVM). (Nur) in begründeten Ausnahmefällen ist eine Fristverlängerung auf Antrag möglich. Daraus folgt, dass andernfalls - wenn es sich nicht um einen begründeten Ausnahmefall handelt - ein Vergütungsanspruch für die nach Fristablauf vorgelegten Abrechnungen grundsätzlich nicht besteht. Es handelt sich bei der Frist zur Vorlage um eine materielle Ausschlussfrist (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, Az.: B 6 KA 19/04 R = SozR 4-2500 § 85 Nr.19; LSG Baden-Württemberg vom 16.07.03, Az.: L 5 KA 2935/01). Aber auch wenn ein begründeter Ausnahmefall vorliegt, erfolgt bei Überschreitung der Vorlage- bzw. Verlängerungsfrist um mehr als einen Monat eine fünfprozentige, um mehr als zwei Monat eine zehnprozentige und nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die Abrechungsunterlagen einzureichen sind, eine zwanzigprozentige Kürzung (§ 5 Abs.2 HVM). Neun Monate nach dem Ende des Quartals, in dem die Leistungen erbracht wurden, ist die Abrechung in jedem Fall - also auch in begründeten Ausnahmefällen - ausgeschlossen (§ 5 Abs.4 HVM).
Der Senat vermag im streitgegenständlichen Fall das Vorliegen eines begründeten Ausnahmefalles im Sinne der obigen Bestimmungen nicht zu erkennen. Zwar ist der Hinweis der Beklagten auf die Garantieerklärung in der der Quartalsabrechnung beigefügten (Abrechungssammel-)Erklärung in diesem Zusammenhang nicht ohne weiteres nachvollziehbar, denn damit bestätigt der Vertragsarzt nicht, dass er andere als die in der Abrechung enthaltenen Leistungen, nicht erbracht hat, sondern nur, dass die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß, persönlich, sachlich richtig und wirtschaftlich erbracht wurden (vgl. Bl.20, 21 SG-Akte). Andererseits steht für den Senat fest, dass die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs.1 Satz 2 i.V.m. Abs.2 und 4 HVM auf den Fall der Nachreichung einzelner Gebührenziffern in bereits abgerechneten Fällen nicht anwendbar ist. Das ergibt sich zum einen bereits aus dem Wortlaut: " ... wird die Abrechung ...", womit primär die gesamte Quartalsabrechung gemeint ist. Darüber hinaus wendet die Beklagte diese Regelung auch auf sog. "Nachtragsfälle" an, einzelne Behandlungsfälle, die, zum Beispiel weil der Überweisungsschein zur Zeit der Abrechnung noch nicht vorlag, nicht fristgerecht abgerechnet werden konnten. Derartige Fälle werden mit der Abrechnung für das Folgequartal abgewickelt. Dieses Vorgehen ist für die Beklagte nur mit vergleichsweise unbedeutendem zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden, während die Nachvergütung einzelner vom Vertragsarzt aus welchem Grund auch immer (z.B. einfaches Vergessen, Irrtum über die Abrechenbarkeit) nicht fristgerecht mit der Quartalsabrechnung geltend gemachter Leistungen, nach dem plausiblen Vorbringen der Beklagten zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand führt (manuelle Bearbeitung der bereits abgerechneten Einzelfälle). Zudem erscheint die Nachvergütung einzelner Ziffern bei bereits abgerechneten Behandlungsfällen auch im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung, Budgetregelungen im EBM oder im HVM, Mengenbegrenzungsregelungen o.ä. problematisch, bei denen üblicherweise der Fallwert ein entscheidendes Kriterium ist. Der Senat kommt damit zu dem Ergebnis, dass die nachträgliche Abrechnung der streitigen Leistungen nach EBM-Nr. 5 aus den Quartalen 3 und 4/97 nach dem Regelungsgefüge des HVM der Beklagten (§ 5 HVM) nicht möglich ist, auch wenn dies, anders als etwa in § 5 Abs.2 S.3 des HVM der Kassenärztlichen Vereinigung Nordwürttemberg (s. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr.26 des Urteilsausdrucks nach juris), nicht ausdrücklich erwähnt ist.
Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 22. Juli 2005, Az.: B 6 KA 19/04 R, (= SozR 4-2500 § 85 Nr.19). Dort hat das BSG den vollständigen Ausschluss der Quartalsabrechnung eines Vertragsarztes von der Vergütung für unverhältnismäßig erachtet in einem Fall, in dem die Überschreitung der Einreichungsfrist auf einen Computerfehler zurückzuführen war. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen. Vielmehr hätte § 5 Abs.1 Satz 2 des HVM der Beklagten eine Regelung im Sinne des BSG-Urteils (nachträgliche Vergütung mit Abschlägen) durchaus ermöglicht. Darum geht es im vorliegenden Fall indessen nicht. Vielmehr geht es nur um die Abrechnung weiterer Leistungsziffern in bereits abgerechneten Einzelfällen mit einem Gesamtvolumen von ca. 8.800,00 EUR in zwei Quartalen. Setzt man das Interesse der Kläger in Relation zu dem Interesse der Beklagten und ihrer Mitglieder, der Vertragsärzte und -Psychotherapeuten in Bayern an einer zeitnahen Abwicklung der Verteilung der Gesamtvergütung, ist eine Unverhältnismäßigkeit nicht erkennbar. Das BSG bezeichnet in dem vorgenannten Urteil (a.a.O., RdNr.13) den Ausschluss der nachträglichen Korrektur bereits vorgelegter Abrechnungsscheine ausdrücklich als mit § 85 Abs.4 S.2 SGB V vereinbar.
Der Senat hatte in dem vorliegenden Rechtsstreit in Übereinstimmung mit den Parteien im Hinblick auf das damals beim BSG anhängige Verfahren mit dem Az.: B 6 KA 21/04 R das Ruhen des Verfahrens angeordnet. In der vom BSG zwischenzeitlich mit Urteil vom 22. Juni 2005 entschiedenen Sache war es um die Nachvergütung von in den bereits bestandskräftig abgerechneten Quartalen 1/95 bis 4/97 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen zu einem Punktwert von 10 DPf im Hinblick auf BSGE 83, 205; 84, 255 und 89, 1 gegangen. Das BSG führt in dem Urteil aus, dass die Kassenärztliche Vereinigung ihr Ermessen gemäß § 44 Abs.2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) rechtmäßig ausübe, wenn sie regelmäßig bestandskräftige Honorarbescheide nicht für die Vergangenheit zurücknehme. Diese Entscheidung ist, wie auch die Klägerseite feststellt, für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Denn in dem vom BSG entschiedenen Fall waren die Honorarbescheide für die Quartale 1/95 bis 4/97 rechtswidrig, weil der Punktwert zu niedrig war. Die Honorarbescheide waren demnach insoweit rechtswidrige belastende Verwaltungsakte. Da es sich beim vertragsärztlichen Honorar nicht um eine Sozialleistung handelt, findet § 44 Abs.2 S.2 SGB X Anwendung (ebenso BSGE 82, 50), sodass die Kassenärztliche Vereinigung bezüglich der Rücknahme bzw. der Neufestsetzung des Honorars eine Ermessensentscheidung treffen muss. Vorliegend waren jedoch die Honorarbescheide auch in Ansehung der EBM-Nr. 5 keineswegs rechtswidrig, denn die Kläger hatten diese Gebührenordnungsposition überhaupt nicht zur Abrechnung gebracht, so dass die Leistung zu Recht nicht in den Honorarbescheiden aufschien. § 44 SGB X ist demnach schon tatbestandsmäßig nicht erfüllt, so dass entgegen der Auffassung des SG eine Ermessensentscheidung nach § 44 Abs.2 SGB X von der Beklagten nicht verlangt werden kann. Anders wäre es nur, wenn die Kläger die Nr. 5 EBM in den streitigen Quartalen zur Abrechnung gebracht hätten und die Beklagte die Honorierung verweigert hätte. Wenn die Kläger diese Bescheide sodann angefochten hätten, wären sie nachträglich in den Genuss der Leistungsvergütung gelangt, da die Beklagte der Auffassung der 42. Kammer des SG München (Urteil vom 25.02.1998, Az.: S 42 KA 356/97) in einer Parallelsache gefolgt ist. Hätten die Kläger die die Nr. 5 ablehnenden Honorarbescheide bestandskräftig werden lassen, wäre ein Antrag nach § 44 Abs.2 SGB X möglich gewesen. Im Hinblick auf das vorgenannte Urteil des BSG (Az.: B 6 KA 21/04 R) wäre es aber nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte in dem Bemühen, die Belastung der Gesamtvergütung mit Nachzahlungen für die Vergangenheit so gering wie möglich zu halten, die Nachvergütung abgelehnt hätte.
Da das SG im vorliegenden Fall die Beklagte somit zu Unrecht zur Ermessensausübung auf der Grundlage des § 44 Abs.2 SGB X verurteilt hat, war das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.1 und 4 SGG in der vor dem 2. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 116 Nr.24 S.116 f.).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der HVM der Beklagten, um dessen Auslegung es geht, ist bayerisches Landesrecht.
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