L 3 U 101/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 34/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 101/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15.02.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist das Vorliegen der Berufskrankheiten Nr.1101 (Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen), 1102 (Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen), 1104 (Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen), 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) und 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) nach der Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1954 geborene Kläger war von 1968 bis 1996 als Spengler, Installateur und Heizungsbauer tätig. Aufgrund der Meldung des Dr.J. , Allgemeinarzt, B. , vom 14.01.1999 ermittelte die Beklagte, ob eine Berufskrankheit vorliegt. Der Kläger reichte bei der Beklagten ein Gutachten des Dr.K. , R., vom 07.05.1999. Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte medizinische Unterlagen und Befundberichte diverser Ärzte ein und zog die Rentenunterlagen von der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz bei. Außerdem holte sie eine Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes zu den Berufskrankheiten-Verdachtsfällen vom 18.01.2000 ein. Der Technische Aufsichtsdienst legte dar, dass der Versicherte im Gegensatz zu anderen Handwerksberufen sehr abwechslungsreiche Tätigkeiten als Sanitärinstallateur, Heizungsbauer und Metallbauer sowie Spengler ausgeübt hat. Einseitig lang anhaltende Kontakte zu Gefahrstoffen seien nicht zu ermitteln. Zu berücksichtigen sei, dass die Tätigkeiten fast ausschließlich auf Baustellen ausgeführt wurden, auf denen im Allgemeinen gute Lüftungsbedingungen vorherrschten. Ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Prof.Dr.S. vom 11.04.2000 ergab, dass eine Berufskrankheit nicht festgestellt werden könne. Beim Kläger liege ein Zustand nach vermutetem B6-Mangel auf der Grundlage eines Enzymdefektes und eine neurotische Störung mit Somatisierung sowie ein Wirbelsäulensyndrom vor. Nach der Einholung eines weiteren Befundberichtes des Dr.B., T., lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.07.2000 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach den Nr. 1101, 1102 oder 1104, 1302, 1317 und 2101 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2000 zurück.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 zu verurteilen, beim Kläger eine der Berufskrankheiten nach den Nrn. 1101, 1102, 1104, 1302 oder 1317 anzuerkennen und den Kläger entsprechend zu entschädigen. Zur Begründung legte er ein ärztliches Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr.Z. vom 28.12.2000, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr.P. vom 14.05.2001 und ein Gutachten des Prof.Dr.B. , Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie, vom 06.12.2000 vor. Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens des Prof.Dr.H. vom 05.05.2003 nach Aktenlage. Dieser ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger an einer schweren neurotischen Störung leide. Die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit lägen nicht vor. Mit Urteil vom 15.02.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf das Sachverständigengutachten des Prof.Dr.H. hingewiesen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung insbesondere darauf hingewiesen, dass er von der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer ab 01.02.2000 beziehe und bei ihm im Rahmen eines Vergleichs vor dem Bayer. Landessozialgericht die Schwerbehinderteneigenschaft mit Wirkung ab 27.09.2001 festgestellt worden sei. Außerdem hat der Kläger auf die Sachverständigengutachten des Toxikologen Prof.Dr.B. und die Stellungnahme des Dr.K. hingewiesen. Die medizinische Sachaufklärung sei unzureichend gewesen. Nachdem der Kläger Bedenken gegen den vom Gericht als Sachverständigen bestellten Prof.Dr.G. geltend gemacht hatte, holte der Senat zur Ermittlung des Sachverhaltes ein Sachverständigengutachten des Prof.Dr.D. vom 20.09.2005 nach Aktenlage ein. Dieser ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger eine schwere neurotische Störung mit Somatisierung im Vordergrund stehe. Außerdem liege ein Wirbelsäulensyndrom vor sowie ein Zustand nach vermutetem B6-Mangel. Diese Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit eine Berufskrankheit im Sinne des § 9 SGB VII. Mit Schreiben vom 16.11.2005 hat der Kläger eine Stellungnahme des Prof. Dr.B. zum Gutachten des Prof.Dr.D. übersandt. Dieser hat ausgeführt, dass der Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität seiner Meinung nach kaum geführt werden könne und ein Gutachten nach § 109 SGG kaum Erfolg haben werde.

In der mündlichen Verhandlung am 31.01.2007 haben die Parteien einer Einzelrichterentscheidung zugestimmt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15.02.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2000 zu verurteilen, beim Kläger eine der Berufskrankheiten nach den Nrn. 1101, 1102, 1104, 1302 oder 1317 anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen zu erbringen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Akte der Beklagten, die medizinischen Unterlagen der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz, die Akten des Sozialgerichts Regensburg im Rentenverfahren S 7 RJ 599/98 und die Akten des Sozialgerichts Regensburg im Schwerbehindertenstreit S 8 SB 608/99 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15.02.2005 ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat, wie das SG zutreffend festgestellt hat, keinen Anspruch auf die Anerkennung einer der Berufskrankheiten nach den Nrn. 1101, 1102, 1104, 1302 oder 1317 der BKV und die Gewährung von gesetzlichen Leistungen.

Der Senat konnte durch Einzelrichter entscheiden, da die Parteien einer Entscheidung nach § 155 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zugestimmt haben.

Nach § 9 Abs.1 SGB VII sind BKen solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Zu den vom Verordnungsgeber als entschädigungswürdig erachteten BKen gehören nach der Nr.1101 der Anlage zur BKV Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen, nach Nr.1102 Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen, nach Nr.1104 Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen, nach Nr.1302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe und nach Nr.1317 Polyneuropathien oder Enzephalopathien durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische.

Die Ermittlungen des Senats ergeben, dass der Kläger nicht an einer sogenannten "Listenkrankheit" leidet. Dies steht insbesondere auch fest aufgrund der beigezogenen medizinischen Unterlagen der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz. Darin befindet sich ein Entlassungsbericht der Medizinischen Klinik P. , in der der Kläger vom 16.09.1997 bis 14.10.1997 stationär behandelt wurde. Die Entlassung erfolgte regulär, der Kläger war arbeitsfähig. Als Diagnosen wurden gestellt: Neurotische Störung mit Somatisierungstendenz, Wirbelsäulensyndrom, chronische Gastritis, initiales Carpaltunnel-Syndrom links, Kopfekzem unklarer Genese und Spreizfüße beidseits. Diese nach der Aufgabe seiner Tätigkeit vom 18.09.1996 festgestellten Diagnosen sind keine Listenerkrankungen. Im Rentengutachten des Dr.Z. vom 28.12.2000 aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Klägers ist als Diagnose lediglich eine schwere Neurose festgestellt worden. Dr.Z. konnte bei der körperlichen Untersuchung keine krankhaften Befunde erheben. Auch die neurologische Untersuchung war ohne Befund. Die Ultraschalluntersuchung ergab normale Oberbauchorgane, beim Belastungs-EKG war er bis 100 Watt sehr gut belastbar, sämtliche Laboruntersuchungen war unauffällig, insbesondere das Blutbild, die Leberwerte, der Eisenspiegel und der Ferritinspiegel. Nicht nachgewiesen sind eine Encephalopathie des Schweregrades IIb sowie eine Polyneuropathie. Dem Arztbrief des Dr.K. vom 07.05.1999 ist kein objektiver Befund zu entnehmen, der die Diagnose einer Encephalopathie und peripheren Neuropathie des Stadiums IIb rechtfertigen würde. Die Diagnosestellung beruht allein auf den Angaben des Klägers. Der Senat hält sie insoweit nicht für nachvollziehbar. Die Diagnose einer Polyneuropathie durch Dr.B. (Arztbrief vom 13.05.2000) überzeugt im Hinblick auf die Vielzahl der entgegenstehenden Befunde nicht. So stellte der Nervenarzt Dr.P. aufgrund der Untersuchung des Klägers am 31.10.1996 fest, dass keine Hinweise auf eine Poly-neuropathie vorlägen. Auch die Universitätsklinik R. , Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, stellte keine Hinweise für eine Polyneuropathie fest. Vielmehr lägen chronische Lumbalgien und ein beginnendes Carpaltunnel-Syndrom links vor (Brief vom 07.11.1996). In einem weiteren Gutachten des Nervenarztes Dr.A. vom 25.02.1998 konnte weder eine Encephalopathie noch eine Polyneuropathie verifiziert werden. Dementsprechend konnte auch Prof.Dr.S. in seinem Gutachten vom 11.04.2000, das nach einer Untersuchung des Klägers am 17.03.2000 erstellt wurde, keine Listenkrankheiten feststellen. Er kommt zu dem Ergebnis, dass eine Berufskrankheit der streitgegenständlichen Nummern nicht festgestellt werden könne. Der vor dem Bayer. Landessozialgericht am 03.09.2002 geschlossene Vergleich enthält als Gesundheitsstörungen lediglich eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen, eine hypochondrische Fehlhaltung mit psychosomatischer Überformung und eine Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen. Auch insoweit ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Encephalopathie oder eine Polyneuropathie. Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten des Prof.Dr.D. vom 20.09.2005 kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine Listenerkrankung nicht nachgewiesen werden kann.

Eine chronische Vergiftung mit Quecksilber (BK-Nr.1102) konnte nicht nachgewiesen werden und wird sogar in dem vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten des Prof.Dr.B. vom 06.12.2000 ausgeschlossen.

Zusammenfassend konnte nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt werden, dass beim Kläger eine Listenerkrankung vorliegt. Damit erübrigt sich eine entsprechende Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 15.02.2005 konnte keinen Erfolg haben und war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund (§ 160 Abs.2 SGG) erkennbar ist.
Rechtskraft
Aus
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