Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 V 334/92
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 V 18/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.09.1994 wird zurückgewiesen.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der schwerkriegsbeschädigte Versorgungsberechtigte J. S. ist 1920 geboren und am 12.09.2002 verstorben. Streitig sind zwischen den Parteien höhere Versorgungsleistungen gemäß §§ 1, 30 und 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) als die bislang bewilligten bzw. die Rückforderung von Versorgungsleistung, die aufgrund des Urteils des SG München vom 27.09.1994 vorläufig angewiesen worden sind.
Auf den Antrag vom 13.04.1977 hat der Beklagte mit Bescheid des Versorgungsamtes M. vom 30.11.1977 in Gestalt des Abhilfebescheides des Versorgungsamtes M. vom 01.03.1978 sowie des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes Bayern vom 22.03.1978 die nunmehr anerkannten Schädigungsfolgen wie folgt bezeichnet: 1. Teilverlust des linken Oberschenkels; 2. Bewegungseinschränkung des linken Daumens; 3. Haarbalgentzündungen und Furunkulose am Amputationsstumpf; 4. reizlose Narbenbildung am rechten Unterschenkel und geringer Kuppendefekt an der rechten Großzehe nach Erfrierung; im Sinne der Entstehung.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist wie bisher gemäß § 30 Abs. 1 BVG mit 80 v.H. bewertet worden. Eine besondere berufliche Betroffenheit i.S. von § 30 Abs. 2 BVG hat nicht vorgelegen. Der Versorgungsberechtigte ist als Finanzbeamter in vollem Umfang einsatzfähig gewesen.
Der Leidensverschlimmerungsantrag vom 31.10.1991 ist am 04.11. 1991 im Versorgungsamt M. eingegangen. Der Versorgungsberechtigte hat vor allem das Vorliegen von Rückenschmerzen wegen einer außergewöhnlichen Veränderung der Wirbelsäule vorgetragen. Außerdem habe er erhebliche Beschwerden mit dem rechten Hüftgelenk, dem rechten Knie, der rechten Schulter; die dazu noch immer häufiger und stärker auftretenden Stumpfschmerzen würden für ihn immer mehr zu einer großen psychischen Belastung.
Der versorgungsärztliche Dienst ist nach Untersuchung vom 12.05.1992 zu folgendem Ergebnis gekommen: In der Gesamtschau könne gesagt werden, dass die Schädigungsfolgen nach dem BVG bei den vorliegenden Funktionsstörungen nicht höher einzuschätzen seien als vorher. Die bereits abgelehnten Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule seien weiterhin schädigungsfremder Natur mit Betroffensein des gesamten Achsenskeletts und anlagebedingter Übergangsstörung. Die an den Schultergelenken geltend gemachten Behinderungen seien biologisch degenerativ seiten-gleich stark ausgeprägt, sogar mit Linksbetonung, und nicht auf das Stockgehen zurückzuführen. Die geringgradigen Funktionsstörungen im rechten Hüft- und Kniegelenk seien allenfalls biologisch degenerativer Art, da an der paarigen Extremität in der gesamten wissenschaftlichen Literatur kein sog. Überlastungsschaden festgestellt werden könne. Außerdem werde die Prothese ständig getragen und bei angelegter Prothese komme es zu einem Beckengleichstand, so dass eine Fehlstatik keinesfalls vorliege.
Hierauf gestützt ist der Leidensverschlimmerungsantrag vom 31.10.1991 mit dem streitgegenständlichen Bescheid des AVF M. vom 26.08.1992 ablehnend verbeschieden worden. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 29.09.1992 ist mit Widerspruchsbescheid des BLVF vom 07.12.1992 zurückgewiesen worden. Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.11. 1992 sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass ein Nierenleiden nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen nicht nachgewiesen sei und die Koronarsklerose nicht in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG stehe. Es handele sich um eine Manifestation der Arteriosklerose bei Bluthochdruck.
In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat der gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bestellte Sachverständige Dr. P. mit orthopädischem Gutachten vom 08.02.1994 ausgeführt: In den für den Bescheid vom 01.03.1978 maßgebenden Verhältnissen sei eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten. Die nunmehr geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien mit Wahrscheinlichkeit durch die bereits anerkannten Schädigungsfolgen hervorgerufen bzw. verschlimmert worden. Noch anzuerkennende Schädigungsfolgen: - Teilverlust des linken Oberschenkels mit sekundären struktu rellen Veränderungen im Bereich der LWS und sekundärer Fehl haltung der BWS und HWS. - Bewegungsbeeinträchtigung am linken Hüftgelenk. - Bewegungseinschränkung des linken Daumens im Grundgelenk und Endgelenk. - Reizlose Narben: rechte Kniekehle, rechter Unterschenkel, Ge sichtsbereich, rechte Großzehe.
Dementsprechend sei die MdE ab Januar 1994 mit 90 v.H. einzuschätzen. Nach den in der Aktenlage vorgefundenen medizinischen Befunden sei von November 1991 (= Neufeststellungsantrag) mit Dezember 1993 von einer MdE von 80 v.H. auszugehen.
Das Sozialgericht München ist mit Urteil vom 27.09.1994 den gutachterlichen Ausführungen von Dr. P. vom 08.02.1994 in allen Punkten gefolgt: Feststellung von "strukturellen Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" sowie "Bewegungseinschränkung am linken Hüftgelenk" als mittelbare Schädigungsfolge mit einer Gesamt-MdE von 90 v.H. ab 01.01. 1994 (nicht jedoch ab Antragseingang November 1991).
Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten vom 22.11.1994 ging am selben Tag im Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) ein. Der Beklagte stellte die Versorgungs- und Schwerbehinderten-Akten des Versorgungsberechtigten zur Verfügung. Von seiten des Senats wurde die erstinstanzlichen Unterlagen beigezogen.
Mit Berufungsbegründung vom 07.12.1994 wurde ausgeführt, dass entgegen dem Gutachten Dr. P. vom 08.02.1994 keine sorgfältige Abgrenzung gegenüber den bestehenden gesundheitlichen Störungen an der Wirbelsäule mit versorgungsfremder Ursache vorgenommen worden sei. Es könne nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass für die heute bestehenden Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule das schädigende Ereignis bzw. die Schädigungsfolgen wesentliche Bedingung und damit gleichfalls Schädigungsfolgen seien. Beispielsweise sei darauf hinzuweisen, dass eine Fehlhaltung der Wirbelsäule durch Fehlerziffer A 44 vorwehrdienstlich dokumentiert sei; die unvollständige Bogenschlussanomalie bei S 1 sei nicht schädigungsbedingt; das ausgeprägte Baastrup-Syndrom sei anlagebedingt. Im Widerspruchsbescheid des BLVF vom 22.03.1978 sei ausgeführt worden, dass die flache rechtskonvexe Skoliose ebenfalls anlagebedingt sei. Erfahrungstatsache sei, dass kompensatiorische Seitbiegungen der Wirbelsäule bei Beinverlusten oder Beinverkürzungen bestimmten Mustern folgen würden. Im konkreten Fall liege das "typische Muster" nicht vor. Rückwirkungen auf die Halswirbelsäule träten nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auf. Das im vorliegenden Fall wiederholt berichtete "Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom" dürfte wohl kaum auf das schädigende Ereignis bzw. die Schädigungsfolgen zurückzuführen sein. Eine entsprechende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs lasse sich unter keinem Gesichtspunkt begründen.
Der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten machte mit Berufungserwiderung vom 28.03.1995 darauf aufmerksam, dass dieser im April 1993 am Herzen operiert worden sei (vier Bypässe, Einsatz einer Herzklappe); der Zusammenhang zwischen der Herzerkrankung und der Beinamputation sei zu bejahen. Im Übrigen seien erhebliche Durchblutungsstörungen im Stumpfbereich hervorzuheben. Mit den Unterarmkrücken könnten nur noch ganz kurze Strecken zurückgelegt werden. Hinzu komme, dass der Versorgungsberechtigte im April 1994 auch noch einen operativen Eingriff wegen eines Hauttumors im Stirnbereich gehabt habe. Außerdem habe der Versorgungsberechtigte längere Zeit keine Prothese benutzen können; künftig werde er nur noch in geringerem Umfang eine Prothese tragen können.
Der nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG bestellte ärztliche Sachverständige Dr. F. kam mit orthopädischem Gutachten vom 22.06.1995 zu dem Ergebnis, dass im Vorgutachten und in den Stellungnahmen die Wirbelsäulenseitverbiegung fehlerhaft befundet worden sei, woraus dann unrealistische Rückschlüsse gezogen worden seien. Vielmehr sei die Skoliose der Lendenwirbelsäule nicht nur deswegen nach rechts gerichtet, weil "eine artifizielle Ausgangslage" des Untersuchten vorgelegen habe, sondern weil es sich um eine weitgehend fixierte anlagebedingte Drehseitverbiegung mit bereits kräftigen Randspornbildungen handele, die nicht einmal links und einmal rechts gerichtet sein könne. Insbesondere die Ausführung des Vorgutachters in den Stellungnahmen vom 05.04.1994 und 04.07.1994 seien auch nicht im Ansatz wissenschaftlich nachvollziehbar. Eine weitere Begutachtung werde nicht für erforderlich gehalten. Hinweise auf wesentliche Durchblutungsstörungen im Stumpf lägen klinisch nicht vor. Der Stumpf sei normal gefärbt und gut warm. Ein internistisches oder angiologisches Gutachten sei insoweit entbehrlich.
Die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten betonten mit ergänzender Klagebegründung vom 20.09.1995, dass hinsichtlich der tatsächlichen Stumpfbeschwerden noch ein entsprechendes Fachgutachten einzuholen sei; hinsichtlich der orthopädischen Beurteilung werde die Einholung eines Obergutachtens angeregt. Weiterhin sei erneut darauf hinzuweisen, dass die Unterlagen über die Nervenoperation im Jahre 1946 nicht mehr auffindbar seien. Die Nervenoperation habe bei dem Versorgungsberechtigten zu einem den ganzen Körper betreffenden Nervenleiden geführt, das sich im Laufe des Alters immer mehr verschlimmert habe. So habe er sehr häufig so starke Stumpfschmerzen, dass er sie nur mit sehr starken Schmerzmitteln ertragen könne.
Dr. F. führte mit Stellungnahme vom 14.10.1995 aus, der Kläger habe geäußert, dass er mit Stock und Prothese ca. 100 m gehen könne. Es sei also durchaus von falschen Voraussetzungen bezüglich des Tragens der Prothese und der Belastbarkeit des Stumpfes ausgegangen worden.
Mit Schriftsätzen vom 22.11.1995 und 19.12.1995 rügten die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten nochmals, dass Unterlagen nicht verwendet worden seien, die Vorgänge zwischen Mitte 1944 und Anfang 1947 zu rekonstruieren seien sowie im Hinblick auf die Stumpfbeschwerden akutelle Befundberichte einzuholen seien. - Dr. B. stellte mit Nachricht vom 08.01.1996 seine Unterlagen zur Verfügung. Dr. F. übermittelte am 08.01.1996 einen Befundbericht mit Fremdbefunden. Die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten legten mit Schriftsatz vom 01.02.1996 ärztliche Bescheinigungen vom 08.03.1946 und 09.04.1946 vor. Dort hat Dr. K. u.a. bestätigt, dass das Neurom entfernt und die überschüssigen Weichteile beseitigt werden müssten.
Dr. F. gab am 09.02.1996 eine ergänzende Stellungnahme dahingehend ab, dass eine bleibende Erhöhung der MdE sich jedenfalls aus den neu mitgeteilten Befundberichten zu den Stumpfverhältnissen nicht begründen lasse.
Gestützt auf die chirurgische Stellungnahme von Dr. H. vom 07.03.1996 hielt der Beklagte an seiner Auffassung fest, dass eine höhere MdE als 80 v.H. nicht akzeptiert werden könne. Diesem Votum widersprachen die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten mit Schriftsatz vom 21.05.1996.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.06.1996 erkannte der Bevollmächtigte des Beklagten bei dem Versorgungsberechtigten als weitere Schädigungsfolgen im Sinne der Verschlimmerung an: "Baastrup sche Erkrankung" und "Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule". Eine Auswirkung auf die MdE ergebe sich daraus nicht. - Der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten nahm dieses Anerkenntnis hinsichtlich der Anerkennung der Schädigungsfolgen an, nicht jedoch hinsichtlich der Feststellung zur MdE. - Der Bevollmächtigte des Klägers legte Anschlussberufung ein und beantragte, eine Verschlechterung der Stumpfbeschwerden und vom Stumpf ausgehende Nervenbeschwerden als weitere Schädigungsfolgen anerzuerkennen und ab Januar 1994 Rente nach angemessen erhöhter MdE zu gewähren. Im übrigen stellte er den Antrag aus dem Schriftsatz vom 17.01.1995. Der Vertreter des Beklagten beantragte die Zurückweisung der Anschlussberufung.
Der Versorgungsberechtigte berichtete in der Untersuchung vom 22.11.1996 gegenüber Dr. K. , die Schmerzen würden mehr geworden sein. Sie würden zwar nicht häufiger auftreten, seien aber in ihrer Intensität stärker. Nur Tramal-Tropfen würden helfen. Wenn er eine halbe Stunde vergehen lasse, seien die Beschwerden in der Regel auszuhalten. Er habe auch Probleme mit der Prothese seit er das Mittel zur Blutverdünnung nehme. Nach der Herzoperation habe man ihn auf Marcumar eingestellt. Marcumar erhöhe auch die Blutungsgefahr. Wenn er die Prothese längere Zeit nicht trage, komme es zu einem Bluterguss am "Tober". Er habe nach der Herzoperation die Prothese ein dreiviertel Jahr nicht benutzen können. Heute benutze er die Prothese nur noch in der Wohnung. Wenn er sich längere Strecken auf der Straße bewege, brauche er den Rollstuhl. Krücken könne er nicht halten, weil er ja nach der Herzoperation eine Lähmung beider Arme bekommen habe. Eine Restlähmung sei immer noch vorhanden, die linke Hand sei dabei deutlich mehr betroffen als die rechte. Dr. K. fasste gutachtlich zusammen, dass dennoch die MdE nach wie vor um 80 v.H. zu bemessen sei.
Nach Einholung eines weiteren Befundberichtes von Dr. B. vom 22.07.1997 wurde wie von den Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten mit Schriftsatz vom 09.07.1997 beantragt, Dr. P. nochmals gemäß § 109 Abs. 1 SGG gehört. Dieser bekräftigte mit orthopädischem Gutachten vom 08.05.1998 sein Votum, dass entsprechend den in der Aktenlage vorgefundenen medizinischen Befunden von November 1991 mit Dezember 1993 von einer MdE von 80 v.H. auszugehen sei. Ab Januar 1994 sei die MdE mit 90 v.H. einzuschätzen. Vor allem bestehe ein "Teilverlust des linken Unterschenkels mit sekundärer Veränderungen im Bereich der LWS und sekundärer Fehlhaltung der LWS und HWS" neben weiteren Schädigungsfolgen.
Der versorgungsärztliche Dienst (Dr. B.) verneinte dies mit chirurgischer Stellungnahme vom 16.06.1998 und stellte eine weitere Sachverhaltsaufklärung anheim.
Dr. F. führte mit weiterer Stellungnahme vom 13.07.1998 aus, dass dem Votum des Dr. P. insbesondere betreffend den Funktionsdaten der Wirbelsäule nicht gefolgt werden könne.
Der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten wies mit Schriftsatz vom 19.03.1999 erneut auf die Notwendigkeit hin, in Berücksichtigung der divergierenden ärztlichen Voten ein weiteres Gutachten von einer geeigneten, beruflich besonders qualifizierten Stelle einzuholen. Im Übrigen sei der Kläger am 09.09.1997 auf der Straße schwer gestürzt und habe sich hierbei erheblich am rechten Kniegelenk verletzt. Ein entsprechender Leidensverschlimmerungsantrag sei bei dem Beklagten eingereicht worden. Des weiteren werde Dr. F. wegen Befangenheit abgelehnt. Am 07.07.1999 erließ das BayLSG einen Beschluss dahingehend, dass das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 19.03.1999 gegen den ärztlichen Sachverständigen Dr. F. als unzulässig zurückgewiesen werde.
In Hinblick auf den vorgetragenen schweren Sturz des Versorgungsberechtigten vom 09.09.1997 und etwaigen hieraus resultierenden Schädigungsfolgen am rechten Knie wurde in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.1999 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Der Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 04.02.2000 mit, abweichend von der Regelung in dem Bescheid vom 03.01.2000 sei wegen des anhängigen Berufungsverfahrens, in dem die Höhe der MdE streitig sei, die MdE um 90 v.H. für die in dem Bescheid genannten Schädigungsfolgen bereits ab 01.09.1997 und nicht erst ab Eingang des Neufeststellungsantrags festzustellen. Gegen die Feststellung einer MdE von 90 v.H. ab dem Sturz vom 09.09.1997 bestünden entsprechend dem Votum des Dr. B. vom 28.01.2000 keine Einwände.
Dies nahm der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten mit Schriftsatz vom 30.05.2000 zum Anlass, ab 01.02.1998 die Feststellung einer Gesamt-MdE von 100 v.H. zu beantragen. Im Rahmen weiterer Ermittlungen wurden vor allem die Unterlagen des P.-Krankenhauses L. , des Klinikums I. Medizinische Klinik I und der Orthopädischen Klinik im Klinikum I. beigezogen.
Der Versorgungsberechtigte verstarb am 12.09.2002. Der Beklagte fasste seine Rechtsauffassung mit Schreiben vom 28.10.2002 dahingehend zusammen, dass nach seiner Ansicht ab 01.01.1994 lediglich eine MdE von 80 v.H. und ab 01.09.1997 eine MdE von 90 v.H. anzuerkennen sei. Unter vorläufiger Ausführung des Urteils des Sozialgerichts München vom 27.09.1994 seien jedoch ab 27.09.1994 Zahlungen entsprechend einer MdE von 90 v.H. und ab 01.02.2000 nach einer MdE von 100 v.H. erfolgt.
Das Amtsgericht N. teilte am 29.08.2003 mit, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte von Frau H. A. beerbt worden ist. Beide Beteiligte erklärten ihr Einverständnis mit einer Fortführung des Verfahrens im schriftlichen Verfahren nach § 124 SGG mit Schriftsätzen vom 20.01.2004 bzw. 04.10.2004.
In der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2007 beantragt der Bevollmächtigte des Beklagten, das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.09.1994 insoweit aufzuheben, als der Bescheid vom 26.08.1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.1992 dahingehend abgeändert wurde, dass "strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" als mittelbare Schädigungsfolgen mit einer Gesamt-MdE von 90 v.H. ab Januar 1994 festgestellt wurden. Des weiteren beantragt er, die Klage insoweit zurückzuweisen.
Der Bevollmächtigte der nunmehrigen Klägerin stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 30.05.2000:
I. Die Berufung des Beklagten ist, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, zurückzuweisen. II. Im Wege der Anschlussberufung wird der Bescheid des Beklagten vom 03.01.2000 dahingehend abgeändert, dass nunmehr ab 01.02.1998 als Folge einer Schädigung im Sinne des BVG anerkannt werden: 1. Teilverlust des linken Oberschenkels, 2. Bewegungseinschränkung des linken Daumens, 3. Haarbalgentzündungen und Furunkulose am Amputations- stumpf, 4. reizlose Narbenbildung am rechten Unterschenkel und ge ringer Kuppendefekt an der rechten Großzehe nach Er frierung, 5. Bewegungseinschränkung am linken Hüftgelenk, 6. Baastrup sche Erkrankung, 7. Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule, 8. operativ behandelte Quadrizepssehnenruptur rechts mit sekundärer Unsicherheit im Kniegelenk, 9. strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehl haltung von BWS und HWS, 10. Verschlechterung der Stumpfbeschwerden mit vom Stumpf ausgehenden Nervenbeschwerden, 11. irreparabler Riss des hinteren Kreuzbandes des rechten Kniegelenks mit Folge der Instabilität des Kniegelenks, 12. Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke. Diese mittelbare Schädigungsfolge wird ab 01.02.1998 mit einer Gesamt-MdE von 100 v.H. festgestellt. III. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens, auch soweit die Berufung teilweise von den Beklagten zurückgenommen wurde, zu erstatten.
Daraufhin beantragt der Bevollmächtigte des Beklagten, die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs. 2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Entsprechendes gilt für die Anschussberufung der Klägerin. Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 27.09.1994 - S 29 V 334/92 - den Bescheid vom 26.08. 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.1992 zutreffend dahingehend abgeändert, als "strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" und "Bewegungseinschränkung am linken Hüftgelenk" als mittelbare Schädigungsfolgen mit einer Gesamt-MdE von 90 v.H. ab Januar 1994 festgestellt worden sind.
Die bei dem verstorbenen Versorgungsberechtigten bestehenden "strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" sind als mittelbare Schädigungsfolge festzustellen. Denn es besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem schädigenden Vorgang und der genannten Gesundheitsstörung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" fassen die hier gegebene Problematik eines "Überlastungsschadens" in Randziff. 129 wie folgt zusammen: Einem Gliedmaßenverlust kann nur dann eine wesentliche Bedeutung für degenerative Wirbelsäulenveränderungen beigemessen werden, wenn infolge des Gliedmaßenverlustes eine nicht ausgleichbare Biegung der Wirbelsäule vorliegt und soweit sich die degenerativen Veränderungen allein oder bevorzugt in diesem Bereich (konkavseitig) befinden. Dies ist hier zweifelhaft. Schon die Untersuchungsergebnisse des Beklagten sind nicht eindeutig. So wird in den Gutachten von Dr. A. vom 08.07.1983 nur von einer "leichten linkskonvexen großbogigen Verbiegung der Brustwirbelsäule" gesprochen. Dr. W. kommt dagegen in seinem Gutachten vom 12.05.1992 zu dem Ergebnis einer "rechtskonvexen Verbiegung im oberen Anteil". Dr. P. weist mit ergänzender Stellungnahme vom 05.04.1994 daraufhin, dass sich die beschriebenen degenerativen Veränderungen auf der Konkavseite der nun nachweislich nicht ausgleichbaren Biegung der Wirbelsäule befinden.
Für den erkennenden Senat ist daher entscheidungserheblich, dass entsprechend Randziff. 129 der "Anhaltspunkte" im Übrigen zu beachten ist, dass sog. Wirbelsäulensyndrome auch durch das Zusammenwirken von schädigungsunabhängigen degenerativen Veränderungen und amputationsbedingten Ausgleichsbiegungen zustande kommen können; es hängt dann vom Ausmaß der degenerativen Veränderungen und der Art und dem Ausmaß der amputationsbedingten Biegungen ab, ob letztere als wesentliche Bedingung angesehen werden können. Eine Verschlimmerung von Wirbelsäulenschäden durch einen Gliedmaßenverlust kommt in Betracht, wenn sich die Änderung der Statik nach der Amputation funktionell besonders ungünstig auswirkt, wie es beispielsweise nach einer Beinamputation bei einem asymetrischen lumbosakralen Übergangswirbel oder bei Spondylosisthesis der Fall sein kann. Hier ist im anspruchsbegründenden Sinne entscheidungserheblich, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte seine Prothese nur hat eingeschränkt tragen können. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass mit Bescheid vom 03.09.1956 u.a. "Haarbalgentzündungen und Furunkulose am Amputationsstumpf" als dritte Schädigungsfolge anerkannt worden ist. Auch im Rahmen der versorgungsärztlichen Begutachtung bei Dr. H. vom 08.11.1977 hat der verstorbene Versorgungsberechtigte darauf hingewiesen, dass er wegen seiner dauernden Abzeßbildungen am Stumpf zu leiden habe. Er müsse häufig mehrmals täglich seine entzündlichen Hautveränderungen am Stumpf verbinden. Außerdem verspüre er zunehmend in der letzten Zeit Schmerzen am rechten Knie, insbesondere beim Treppensteigen. Zu ganz verschiedenen Zeiten verspüre er starke Phantomschmerzen, die ihn zur Einnahme von Schmerzmitteln zwängen. Er müsse dann jedes Mal mit seiner Arbeit (Finanzbeamter) aufhören und so schnell wie möglich nach Hause gehen, um seine Prothese abzunehmen.
Auch wesentlich später hat der verstorbene Versorgungsberechtigte seine Prothese nicht tragen können. Aus der Anamnese des Gutachtens Dr. K. vom 26.09.1996 ergibt sich, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte vom 04.04. bis 13.04.1993 wegen einer koronaren Herzerkrankung stationär im Klinikum I. behandelt worden ist. Er hat deswegen ca. ein dreiviertel Jahr im Anschluss an die Herzoperation die Prothese nicht tragen können. Dies fällt zeitlich zusammen mit der Erhöhung der MdE um 10 v.H. ab Januar 1994 (bzw. ab Februar 1998 infolge des Neufeststellungsantrags nach Sturz vom 09/1997). Aus der Sicht des erkennenden Senats sind die gutachterlichen Ausführungen von Dr. P. vom 08.02.1994 zumindest im Ergebnis schlüssig, wenn er ab Januar 1994 eine Anhebung der MdE von 80 v.H. auf 90 v.H. befürwortet hat. Denn in dem dreiviertel Jahr zuvor hat der verstorbene Versorgungsberechtigte mit der Folge keine Prothese tragen können, dass in Übereinstimmung mit Randziff. 129 der "Anhaltspunkte" von einer für die Wirbelsäule und die Statik "funktionell besonders ungünstigen Auswirkung" auszugehen ist. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.09.1994 - S 29 V 334/92 - ist daher zurückzuweisen.
Entsprechendes gilt für die Anschlussberufung der nunmehrigen Klägerin. Nachdem in den umfassenden Akten kein Arzt von Seiten des versorgungsärztlichen Dienstes und auch kein gerichtlich bestellter Sachverständiger dafür plädiert hat, ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom im Bereich des linken Oberschenkelstumpfes zu berücksichtigen bzw. deswegen die MdE um 10 v.H. zu erhöhen, ist die Anschlussberufung der Klägerin in diesem Punkt offensichtlich unbegründet. Der Senat verkennt nicht, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte an Stumpfbeschwerden gelitten hat. In Berücksichtigung der gutachterlichen Ausführungen von Dr. K. vom 26.09.1996 hat jedoch insoweit kein außergewöhnliches Schmerzsyndrom vorgelegen.
Soweit von Klägerseite darüberhinaus die Anerkennung eines Überlastungsschadens im Bereich beider Schultergelenke angestrebt worden ist, ist auch dieses Begehren unbegründet. Entsprechend dem Gutachten von Dr. P. vom 08.02.1994 hat der verstorbene Versorgungsberechtigte u.a. an einer fortgeschrittenen Tendopathie beider Schultergelenke gelitten, ebenso an einer Arthrose im Bereich beider Schultereckgelenke. Die Omarthrose ist beidseits jeweils seitengleich ausgeprägt gewesen. Weiterhin sind geringgradige degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke diagnostiziert worden. Im Bereich beider Handgelenke sind linksbetonte degenerative Veränderungen beschrieben worden. In Übereinstimmung mit Randziff. 128 ff. der "Anhaltspunkte" hat Dr. P. jedoch die vorstehend bezeichneten schicksalshaften Veränderungen nicht als weitere mittelbare Schädigungsfolge gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG berücksichtigt. Die Anschlussberufung der Klägerin ist daher ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der schwerkriegsbeschädigte Versorgungsberechtigte J. S. ist 1920 geboren und am 12.09.2002 verstorben. Streitig sind zwischen den Parteien höhere Versorgungsleistungen gemäß §§ 1, 30 und 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) als die bislang bewilligten bzw. die Rückforderung von Versorgungsleistung, die aufgrund des Urteils des SG München vom 27.09.1994 vorläufig angewiesen worden sind.
Auf den Antrag vom 13.04.1977 hat der Beklagte mit Bescheid des Versorgungsamtes M. vom 30.11.1977 in Gestalt des Abhilfebescheides des Versorgungsamtes M. vom 01.03.1978 sowie des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes Bayern vom 22.03.1978 die nunmehr anerkannten Schädigungsfolgen wie folgt bezeichnet: 1. Teilverlust des linken Oberschenkels; 2. Bewegungseinschränkung des linken Daumens; 3. Haarbalgentzündungen und Furunkulose am Amputationsstumpf; 4. reizlose Narbenbildung am rechten Unterschenkel und geringer Kuppendefekt an der rechten Großzehe nach Erfrierung; im Sinne der Entstehung.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ist wie bisher gemäß § 30 Abs. 1 BVG mit 80 v.H. bewertet worden. Eine besondere berufliche Betroffenheit i.S. von § 30 Abs. 2 BVG hat nicht vorgelegen. Der Versorgungsberechtigte ist als Finanzbeamter in vollem Umfang einsatzfähig gewesen.
Der Leidensverschlimmerungsantrag vom 31.10.1991 ist am 04.11. 1991 im Versorgungsamt M. eingegangen. Der Versorgungsberechtigte hat vor allem das Vorliegen von Rückenschmerzen wegen einer außergewöhnlichen Veränderung der Wirbelsäule vorgetragen. Außerdem habe er erhebliche Beschwerden mit dem rechten Hüftgelenk, dem rechten Knie, der rechten Schulter; die dazu noch immer häufiger und stärker auftretenden Stumpfschmerzen würden für ihn immer mehr zu einer großen psychischen Belastung.
Der versorgungsärztliche Dienst ist nach Untersuchung vom 12.05.1992 zu folgendem Ergebnis gekommen: In der Gesamtschau könne gesagt werden, dass die Schädigungsfolgen nach dem BVG bei den vorliegenden Funktionsstörungen nicht höher einzuschätzen seien als vorher. Die bereits abgelehnten Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule seien weiterhin schädigungsfremder Natur mit Betroffensein des gesamten Achsenskeletts und anlagebedingter Übergangsstörung. Die an den Schultergelenken geltend gemachten Behinderungen seien biologisch degenerativ seiten-gleich stark ausgeprägt, sogar mit Linksbetonung, und nicht auf das Stockgehen zurückzuführen. Die geringgradigen Funktionsstörungen im rechten Hüft- und Kniegelenk seien allenfalls biologisch degenerativer Art, da an der paarigen Extremität in der gesamten wissenschaftlichen Literatur kein sog. Überlastungsschaden festgestellt werden könne. Außerdem werde die Prothese ständig getragen und bei angelegter Prothese komme es zu einem Beckengleichstand, so dass eine Fehlstatik keinesfalls vorliege.
Hierauf gestützt ist der Leidensverschlimmerungsantrag vom 31.10.1991 mit dem streitgegenständlichen Bescheid des AVF M. vom 26.08.1992 ablehnend verbeschieden worden. Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 29.09.1992 ist mit Widerspruchsbescheid des BLVF vom 07.12.1992 zurückgewiesen worden. Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 03.11. 1992 sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass ein Nierenleiden nach den aktenkundigen ärztlichen Unterlagen nicht nachgewiesen sei und die Koronarsklerose nicht in ursächlichem Zusammenhang mit einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG stehe. Es handele sich um eine Manifestation der Arteriosklerose bei Bluthochdruck.
In dem sich anschließenden sozialgerichtlichen Verfahren hat der gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bestellte Sachverständige Dr. P. mit orthopädischem Gutachten vom 08.02.1994 ausgeführt: In den für den Bescheid vom 01.03.1978 maßgebenden Verhältnissen sei eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten. Die nunmehr geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien mit Wahrscheinlichkeit durch die bereits anerkannten Schädigungsfolgen hervorgerufen bzw. verschlimmert worden. Noch anzuerkennende Schädigungsfolgen: - Teilverlust des linken Oberschenkels mit sekundären struktu rellen Veränderungen im Bereich der LWS und sekundärer Fehl haltung der BWS und HWS. - Bewegungsbeeinträchtigung am linken Hüftgelenk. - Bewegungseinschränkung des linken Daumens im Grundgelenk und Endgelenk. - Reizlose Narben: rechte Kniekehle, rechter Unterschenkel, Ge sichtsbereich, rechte Großzehe.
Dementsprechend sei die MdE ab Januar 1994 mit 90 v.H. einzuschätzen. Nach den in der Aktenlage vorgefundenen medizinischen Befunden sei von November 1991 (= Neufeststellungsantrag) mit Dezember 1993 von einer MdE von 80 v.H. auszugehen.
Das Sozialgericht München ist mit Urteil vom 27.09.1994 den gutachterlichen Ausführungen von Dr. P. vom 08.02.1994 in allen Punkten gefolgt: Feststellung von "strukturellen Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" sowie "Bewegungseinschränkung am linken Hüftgelenk" als mittelbare Schädigungsfolge mit einer Gesamt-MdE von 90 v.H. ab 01.01. 1994 (nicht jedoch ab Antragseingang November 1991).
Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten vom 22.11.1994 ging am selben Tag im Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) ein. Der Beklagte stellte die Versorgungs- und Schwerbehinderten-Akten des Versorgungsberechtigten zur Verfügung. Von seiten des Senats wurde die erstinstanzlichen Unterlagen beigezogen.
Mit Berufungsbegründung vom 07.12.1994 wurde ausgeführt, dass entgegen dem Gutachten Dr. P. vom 08.02.1994 keine sorgfältige Abgrenzung gegenüber den bestehenden gesundheitlichen Störungen an der Wirbelsäule mit versorgungsfremder Ursache vorgenommen worden sei. Es könne nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass für die heute bestehenden Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule das schädigende Ereignis bzw. die Schädigungsfolgen wesentliche Bedingung und damit gleichfalls Schädigungsfolgen seien. Beispielsweise sei darauf hinzuweisen, dass eine Fehlhaltung der Wirbelsäule durch Fehlerziffer A 44 vorwehrdienstlich dokumentiert sei; die unvollständige Bogenschlussanomalie bei S 1 sei nicht schädigungsbedingt; das ausgeprägte Baastrup-Syndrom sei anlagebedingt. Im Widerspruchsbescheid des BLVF vom 22.03.1978 sei ausgeführt worden, dass die flache rechtskonvexe Skoliose ebenfalls anlagebedingt sei. Erfahrungstatsache sei, dass kompensatiorische Seitbiegungen der Wirbelsäule bei Beinverlusten oder Beinverkürzungen bestimmten Mustern folgen würden. Im konkreten Fall liege das "typische Muster" nicht vor. Rückwirkungen auf die Halswirbelsäule träten nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auf. Das im vorliegenden Fall wiederholt berichtete "Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-Syndrom" dürfte wohl kaum auf das schädigende Ereignis bzw. die Schädigungsfolgen zurückzuführen sein. Eine entsprechende Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs lasse sich unter keinem Gesichtspunkt begründen.
Der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten machte mit Berufungserwiderung vom 28.03.1995 darauf aufmerksam, dass dieser im April 1993 am Herzen operiert worden sei (vier Bypässe, Einsatz einer Herzklappe); der Zusammenhang zwischen der Herzerkrankung und der Beinamputation sei zu bejahen. Im Übrigen seien erhebliche Durchblutungsstörungen im Stumpfbereich hervorzuheben. Mit den Unterarmkrücken könnten nur noch ganz kurze Strecken zurückgelegt werden. Hinzu komme, dass der Versorgungsberechtigte im April 1994 auch noch einen operativen Eingriff wegen eines Hauttumors im Stirnbereich gehabt habe. Außerdem habe der Versorgungsberechtigte längere Zeit keine Prothese benutzen können; künftig werde er nur noch in geringerem Umfang eine Prothese tragen können.
Der nach § 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG bestellte ärztliche Sachverständige Dr. F. kam mit orthopädischem Gutachten vom 22.06.1995 zu dem Ergebnis, dass im Vorgutachten und in den Stellungnahmen die Wirbelsäulenseitverbiegung fehlerhaft befundet worden sei, woraus dann unrealistische Rückschlüsse gezogen worden seien. Vielmehr sei die Skoliose der Lendenwirbelsäule nicht nur deswegen nach rechts gerichtet, weil "eine artifizielle Ausgangslage" des Untersuchten vorgelegen habe, sondern weil es sich um eine weitgehend fixierte anlagebedingte Drehseitverbiegung mit bereits kräftigen Randspornbildungen handele, die nicht einmal links und einmal rechts gerichtet sein könne. Insbesondere die Ausführung des Vorgutachters in den Stellungnahmen vom 05.04.1994 und 04.07.1994 seien auch nicht im Ansatz wissenschaftlich nachvollziehbar. Eine weitere Begutachtung werde nicht für erforderlich gehalten. Hinweise auf wesentliche Durchblutungsstörungen im Stumpf lägen klinisch nicht vor. Der Stumpf sei normal gefärbt und gut warm. Ein internistisches oder angiologisches Gutachten sei insoweit entbehrlich.
Die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten betonten mit ergänzender Klagebegründung vom 20.09.1995, dass hinsichtlich der tatsächlichen Stumpfbeschwerden noch ein entsprechendes Fachgutachten einzuholen sei; hinsichtlich der orthopädischen Beurteilung werde die Einholung eines Obergutachtens angeregt. Weiterhin sei erneut darauf hinzuweisen, dass die Unterlagen über die Nervenoperation im Jahre 1946 nicht mehr auffindbar seien. Die Nervenoperation habe bei dem Versorgungsberechtigten zu einem den ganzen Körper betreffenden Nervenleiden geführt, das sich im Laufe des Alters immer mehr verschlimmert habe. So habe er sehr häufig so starke Stumpfschmerzen, dass er sie nur mit sehr starken Schmerzmitteln ertragen könne.
Dr. F. führte mit Stellungnahme vom 14.10.1995 aus, der Kläger habe geäußert, dass er mit Stock und Prothese ca. 100 m gehen könne. Es sei also durchaus von falschen Voraussetzungen bezüglich des Tragens der Prothese und der Belastbarkeit des Stumpfes ausgegangen worden.
Mit Schriftsätzen vom 22.11.1995 und 19.12.1995 rügten die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten nochmals, dass Unterlagen nicht verwendet worden seien, die Vorgänge zwischen Mitte 1944 und Anfang 1947 zu rekonstruieren seien sowie im Hinblick auf die Stumpfbeschwerden akutelle Befundberichte einzuholen seien. - Dr. B. stellte mit Nachricht vom 08.01.1996 seine Unterlagen zur Verfügung. Dr. F. übermittelte am 08.01.1996 einen Befundbericht mit Fremdbefunden. Die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten legten mit Schriftsatz vom 01.02.1996 ärztliche Bescheinigungen vom 08.03.1946 und 09.04.1946 vor. Dort hat Dr. K. u.a. bestätigt, dass das Neurom entfernt und die überschüssigen Weichteile beseitigt werden müssten.
Dr. F. gab am 09.02.1996 eine ergänzende Stellungnahme dahingehend ab, dass eine bleibende Erhöhung der MdE sich jedenfalls aus den neu mitgeteilten Befundberichten zu den Stumpfverhältnissen nicht begründen lasse.
Gestützt auf die chirurgische Stellungnahme von Dr. H. vom 07.03.1996 hielt der Beklagte an seiner Auffassung fest, dass eine höhere MdE als 80 v.H. nicht akzeptiert werden könne. Diesem Votum widersprachen die Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten mit Schriftsatz vom 21.05.1996.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.06.1996 erkannte der Bevollmächtigte des Beklagten bei dem Versorgungsberechtigten als weitere Schädigungsfolgen im Sinne der Verschlimmerung an: "Baastrup sche Erkrankung" und "Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule". Eine Auswirkung auf die MdE ergebe sich daraus nicht. - Der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten nahm dieses Anerkenntnis hinsichtlich der Anerkennung der Schädigungsfolgen an, nicht jedoch hinsichtlich der Feststellung zur MdE. - Der Bevollmächtigte des Klägers legte Anschlussberufung ein und beantragte, eine Verschlechterung der Stumpfbeschwerden und vom Stumpf ausgehende Nervenbeschwerden als weitere Schädigungsfolgen anerzuerkennen und ab Januar 1994 Rente nach angemessen erhöhter MdE zu gewähren. Im übrigen stellte er den Antrag aus dem Schriftsatz vom 17.01.1995. Der Vertreter des Beklagten beantragte die Zurückweisung der Anschlussberufung.
Der Versorgungsberechtigte berichtete in der Untersuchung vom 22.11.1996 gegenüber Dr. K. , die Schmerzen würden mehr geworden sein. Sie würden zwar nicht häufiger auftreten, seien aber in ihrer Intensität stärker. Nur Tramal-Tropfen würden helfen. Wenn er eine halbe Stunde vergehen lasse, seien die Beschwerden in der Regel auszuhalten. Er habe auch Probleme mit der Prothese seit er das Mittel zur Blutverdünnung nehme. Nach der Herzoperation habe man ihn auf Marcumar eingestellt. Marcumar erhöhe auch die Blutungsgefahr. Wenn er die Prothese längere Zeit nicht trage, komme es zu einem Bluterguss am "Tober". Er habe nach der Herzoperation die Prothese ein dreiviertel Jahr nicht benutzen können. Heute benutze er die Prothese nur noch in der Wohnung. Wenn er sich längere Strecken auf der Straße bewege, brauche er den Rollstuhl. Krücken könne er nicht halten, weil er ja nach der Herzoperation eine Lähmung beider Arme bekommen habe. Eine Restlähmung sei immer noch vorhanden, die linke Hand sei dabei deutlich mehr betroffen als die rechte. Dr. K. fasste gutachtlich zusammen, dass dennoch die MdE nach wie vor um 80 v.H. zu bemessen sei.
Nach Einholung eines weiteren Befundberichtes von Dr. B. vom 22.07.1997 wurde wie von den Bevollmächtigten des Versorgungsberechtigten mit Schriftsatz vom 09.07.1997 beantragt, Dr. P. nochmals gemäß § 109 Abs. 1 SGG gehört. Dieser bekräftigte mit orthopädischem Gutachten vom 08.05.1998 sein Votum, dass entsprechend den in der Aktenlage vorgefundenen medizinischen Befunden von November 1991 mit Dezember 1993 von einer MdE von 80 v.H. auszugehen sei. Ab Januar 1994 sei die MdE mit 90 v.H. einzuschätzen. Vor allem bestehe ein "Teilverlust des linken Unterschenkels mit sekundärer Veränderungen im Bereich der LWS und sekundärer Fehlhaltung der LWS und HWS" neben weiteren Schädigungsfolgen.
Der versorgungsärztliche Dienst (Dr. B.) verneinte dies mit chirurgischer Stellungnahme vom 16.06.1998 und stellte eine weitere Sachverhaltsaufklärung anheim.
Dr. F. führte mit weiterer Stellungnahme vom 13.07.1998 aus, dass dem Votum des Dr. P. insbesondere betreffend den Funktionsdaten der Wirbelsäule nicht gefolgt werden könne.
Der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten wies mit Schriftsatz vom 19.03.1999 erneut auf die Notwendigkeit hin, in Berücksichtigung der divergierenden ärztlichen Voten ein weiteres Gutachten von einer geeigneten, beruflich besonders qualifizierten Stelle einzuholen. Im Übrigen sei der Kläger am 09.09.1997 auf der Straße schwer gestürzt und habe sich hierbei erheblich am rechten Kniegelenk verletzt. Ein entsprechender Leidensverschlimmerungsantrag sei bei dem Beklagten eingereicht worden. Des weiteren werde Dr. F. wegen Befangenheit abgelehnt. Am 07.07.1999 erließ das BayLSG einen Beschluss dahingehend, dass das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 19.03.1999 gegen den ärztlichen Sachverständigen Dr. F. als unzulässig zurückgewiesen werde.
In Hinblick auf den vorgetragenen schweren Sturz des Versorgungsberechtigten vom 09.09.1997 und etwaigen hieraus resultierenden Schädigungsfolgen am rechten Knie wurde in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.1999 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Der Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 04.02.2000 mit, abweichend von der Regelung in dem Bescheid vom 03.01.2000 sei wegen des anhängigen Berufungsverfahrens, in dem die Höhe der MdE streitig sei, die MdE um 90 v.H. für die in dem Bescheid genannten Schädigungsfolgen bereits ab 01.09.1997 und nicht erst ab Eingang des Neufeststellungsantrags festzustellen. Gegen die Feststellung einer MdE von 90 v.H. ab dem Sturz vom 09.09.1997 bestünden entsprechend dem Votum des Dr. B. vom 28.01.2000 keine Einwände.
Dies nahm der Bevollmächtigte des Versorgungsberechtigten mit Schriftsatz vom 30.05.2000 zum Anlass, ab 01.02.1998 die Feststellung einer Gesamt-MdE von 100 v.H. zu beantragen. Im Rahmen weiterer Ermittlungen wurden vor allem die Unterlagen des P.-Krankenhauses L. , des Klinikums I. Medizinische Klinik I und der Orthopädischen Klinik im Klinikum I. beigezogen.
Der Versorgungsberechtigte verstarb am 12.09.2002. Der Beklagte fasste seine Rechtsauffassung mit Schreiben vom 28.10.2002 dahingehend zusammen, dass nach seiner Ansicht ab 01.01.1994 lediglich eine MdE von 80 v.H. und ab 01.09.1997 eine MdE von 90 v.H. anzuerkennen sei. Unter vorläufiger Ausführung des Urteils des Sozialgerichts München vom 27.09.1994 seien jedoch ab 27.09.1994 Zahlungen entsprechend einer MdE von 90 v.H. und ab 01.02.2000 nach einer MdE von 100 v.H. erfolgt.
Das Amtsgericht N. teilte am 29.08.2003 mit, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte von Frau H. A. beerbt worden ist. Beide Beteiligte erklärten ihr Einverständnis mit einer Fortführung des Verfahrens im schriftlichen Verfahren nach § 124 SGG mit Schriftsätzen vom 20.01.2004 bzw. 04.10.2004.
In der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2007 beantragt der Bevollmächtigte des Beklagten, das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.09.1994 insoweit aufzuheben, als der Bescheid vom 26.08.1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.1992 dahingehend abgeändert wurde, dass "strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" als mittelbare Schädigungsfolgen mit einer Gesamt-MdE von 90 v.H. ab Januar 1994 festgestellt wurden. Des weiteren beantragt er, die Klage insoweit zurückzuweisen.
Der Bevollmächtigte der nunmehrigen Klägerin stellt die Anträge aus dem Schriftsatz vom 30.05.2000:
I. Die Berufung des Beklagten ist, soweit sie nicht zurückgenommen wurde, zurückzuweisen. II. Im Wege der Anschlussberufung wird der Bescheid des Beklagten vom 03.01.2000 dahingehend abgeändert, dass nunmehr ab 01.02.1998 als Folge einer Schädigung im Sinne des BVG anerkannt werden: 1. Teilverlust des linken Oberschenkels, 2. Bewegungseinschränkung des linken Daumens, 3. Haarbalgentzündungen und Furunkulose am Amputations- stumpf, 4. reizlose Narbenbildung am rechten Unterschenkel und ge ringer Kuppendefekt an der rechten Großzehe nach Er frierung, 5. Bewegungseinschränkung am linken Hüftgelenk, 6. Baastrup sche Erkrankung, 7. Spondylarthrose der unteren Lendenwirbelsäule, 8. operativ behandelte Quadrizepssehnenruptur rechts mit sekundärer Unsicherheit im Kniegelenk, 9. strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehl haltung von BWS und HWS, 10. Verschlechterung der Stumpfbeschwerden mit vom Stumpf ausgehenden Nervenbeschwerden, 11. irreparabler Riss des hinteren Kreuzbandes des rechten Kniegelenks mit Folge der Instabilität des Kniegelenks, 12. Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke. Diese mittelbare Schädigungsfolge wird ab 01.02.1998 mit einer Gesamt-MdE von 100 v.H. festgestellt. III. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens, auch soweit die Berufung teilweise von den Beklagten zurückgenommen wurde, zu erstatten.
Daraufhin beantragt der Bevollmächtigte des Beklagten, die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs. 2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Entsprechendes gilt für die Anschussberufung der Klägerin. Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 27.09.1994 - S 29 V 334/92 - den Bescheid vom 26.08. 1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.1992 zutreffend dahingehend abgeändert, als "strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" und "Bewegungseinschränkung am linken Hüftgelenk" als mittelbare Schädigungsfolgen mit einer Gesamt-MdE von 90 v.H. ab Januar 1994 festgestellt worden sind.
Die bei dem verstorbenen Versorgungsberechtigten bestehenden "strukturelle Veränderungen im Bereich der LWS und Fehlhaltung von BWS und HWS" sind als mittelbare Schädigungsfolge festzustellen. Denn es besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem schädigenden Vorgang und der genannten Gesundheitsstörung im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" fassen die hier gegebene Problematik eines "Überlastungsschadens" in Randziff. 129 wie folgt zusammen: Einem Gliedmaßenverlust kann nur dann eine wesentliche Bedeutung für degenerative Wirbelsäulenveränderungen beigemessen werden, wenn infolge des Gliedmaßenverlustes eine nicht ausgleichbare Biegung der Wirbelsäule vorliegt und soweit sich die degenerativen Veränderungen allein oder bevorzugt in diesem Bereich (konkavseitig) befinden. Dies ist hier zweifelhaft. Schon die Untersuchungsergebnisse des Beklagten sind nicht eindeutig. So wird in den Gutachten von Dr. A. vom 08.07.1983 nur von einer "leichten linkskonvexen großbogigen Verbiegung der Brustwirbelsäule" gesprochen. Dr. W. kommt dagegen in seinem Gutachten vom 12.05.1992 zu dem Ergebnis einer "rechtskonvexen Verbiegung im oberen Anteil". Dr. P. weist mit ergänzender Stellungnahme vom 05.04.1994 daraufhin, dass sich die beschriebenen degenerativen Veränderungen auf der Konkavseite der nun nachweislich nicht ausgleichbaren Biegung der Wirbelsäule befinden.
Für den erkennenden Senat ist daher entscheidungserheblich, dass entsprechend Randziff. 129 der "Anhaltspunkte" im Übrigen zu beachten ist, dass sog. Wirbelsäulensyndrome auch durch das Zusammenwirken von schädigungsunabhängigen degenerativen Veränderungen und amputationsbedingten Ausgleichsbiegungen zustande kommen können; es hängt dann vom Ausmaß der degenerativen Veränderungen und der Art und dem Ausmaß der amputationsbedingten Biegungen ab, ob letztere als wesentliche Bedingung angesehen werden können. Eine Verschlimmerung von Wirbelsäulenschäden durch einen Gliedmaßenverlust kommt in Betracht, wenn sich die Änderung der Statik nach der Amputation funktionell besonders ungünstig auswirkt, wie es beispielsweise nach einer Beinamputation bei einem asymetrischen lumbosakralen Übergangswirbel oder bei Spondylosisthesis der Fall sein kann. Hier ist im anspruchsbegründenden Sinne entscheidungserheblich, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte seine Prothese nur hat eingeschränkt tragen können. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass mit Bescheid vom 03.09.1956 u.a. "Haarbalgentzündungen und Furunkulose am Amputationsstumpf" als dritte Schädigungsfolge anerkannt worden ist. Auch im Rahmen der versorgungsärztlichen Begutachtung bei Dr. H. vom 08.11.1977 hat der verstorbene Versorgungsberechtigte darauf hingewiesen, dass er wegen seiner dauernden Abzeßbildungen am Stumpf zu leiden habe. Er müsse häufig mehrmals täglich seine entzündlichen Hautveränderungen am Stumpf verbinden. Außerdem verspüre er zunehmend in der letzten Zeit Schmerzen am rechten Knie, insbesondere beim Treppensteigen. Zu ganz verschiedenen Zeiten verspüre er starke Phantomschmerzen, die ihn zur Einnahme von Schmerzmitteln zwängen. Er müsse dann jedes Mal mit seiner Arbeit (Finanzbeamter) aufhören und so schnell wie möglich nach Hause gehen, um seine Prothese abzunehmen.
Auch wesentlich später hat der verstorbene Versorgungsberechtigte seine Prothese nicht tragen können. Aus der Anamnese des Gutachtens Dr. K. vom 26.09.1996 ergibt sich, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte vom 04.04. bis 13.04.1993 wegen einer koronaren Herzerkrankung stationär im Klinikum I. behandelt worden ist. Er hat deswegen ca. ein dreiviertel Jahr im Anschluss an die Herzoperation die Prothese nicht tragen können. Dies fällt zeitlich zusammen mit der Erhöhung der MdE um 10 v.H. ab Januar 1994 (bzw. ab Februar 1998 infolge des Neufeststellungsantrags nach Sturz vom 09/1997). Aus der Sicht des erkennenden Senats sind die gutachterlichen Ausführungen von Dr. P. vom 08.02.1994 zumindest im Ergebnis schlüssig, wenn er ab Januar 1994 eine Anhebung der MdE von 80 v.H. auf 90 v.H. befürwortet hat. Denn in dem dreiviertel Jahr zuvor hat der verstorbene Versorgungsberechtigte mit der Folge keine Prothese tragen können, dass in Übereinstimmung mit Randziff. 129 der "Anhaltspunkte" von einer für die Wirbelsäule und die Statik "funktionell besonders ungünstigen Auswirkung" auszugehen ist. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27.09.1994 - S 29 V 334/92 - ist daher zurückzuweisen.
Entsprechendes gilt für die Anschlussberufung der nunmehrigen Klägerin. Nachdem in den umfassenden Akten kein Arzt von Seiten des versorgungsärztlichen Dienstes und auch kein gerichtlich bestellter Sachverständiger dafür plädiert hat, ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom im Bereich des linken Oberschenkelstumpfes zu berücksichtigen bzw. deswegen die MdE um 10 v.H. zu erhöhen, ist die Anschlussberufung der Klägerin in diesem Punkt offensichtlich unbegründet. Der Senat verkennt nicht, dass der verstorbene Versorgungsberechtigte an Stumpfbeschwerden gelitten hat. In Berücksichtigung der gutachterlichen Ausführungen von Dr. K. vom 26.09.1996 hat jedoch insoweit kein außergewöhnliches Schmerzsyndrom vorgelegen.
Soweit von Klägerseite darüberhinaus die Anerkennung eines Überlastungsschadens im Bereich beider Schultergelenke angestrebt worden ist, ist auch dieses Begehren unbegründet. Entsprechend dem Gutachten von Dr. P. vom 08.02.1994 hat der verstorbene Versorgungsberechtigte u.a. an einer fortgeschrittenen Tendopathie beider Schultergelenke gelitten, ebenso an einer Arthrose im Bereich beider Schultereckgelenke. Die Omarthrose ist beidseits jeweils seitengleich ausgeprägt gewesen. Weiterhin sind geringgradige degenerative Veränderungen beider Ellenbogengelenke diagnostiziert worden. Im Bereich beider Handgelenke sind linksbetonte degenerative Veränderungen beschrieben worden. In Übereinstimmung mit Randziff. 128 ff. der "Anhaltspunkte" hat Dr. P. jedoch die vorstehend bezeichneten schicksalshaften Veränderungen nicht als weitere mittelbare Schädigungsfolge gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG berücksichtigt. Die Anschlussberufung der Klägerin ist daher ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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