Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 61 AS 2410/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 1002/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin 21. Mai 2007 insoweit aufgehoben, als die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet worden ist, den Antragstellern höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu zahlen. Ihre Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden insoweit abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern (neben der Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten für das Verfahren erster Instanz) die außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 21. Mai 2007 (unter Antragsabweisung im Übrigen) verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit vom 30. Januar bis zum 30. April 2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt monatlich 525,16 EUR - statt in Höhe von 364,59 EUR - zu zahlen. Dieser Beschluss ist den Bevollmächtigten der Antragsteller beziehungsweise ihrer beigeordneten Rechtsanwältin am 23. Mai 2007 zugestellt worden. Die Antragsgegnerin hat den Beschluss nicht umgesetzt. Sie hat am 19. Juni 2007 Beschwerde erhoben und gleichzeitig beantragt, die Vollstreckung auszusetzen. Die Antragsteller haben keine Maßnahmen im Hinblick auf eine Vollstreckung aus dem Beschluss ergriffen.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Beschluss des SG Berlin vom 21. Mai 2007 ist aufzuheben, denn er ist nicht innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe vollzogen beziehungsweise die Vollziehung ist nicht einmal eingeleitet worden. Dies folgt aus § 929 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), der nach herrschender Ansicht gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf eine nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ergangene einstweilige Anordnung anwendbar ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 04. Januar 2007 – L 11 B 509/06 AS und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Januar 2006 – L 7 SO 4891/05 ER-B, jeweils veröffentlicht in juris und m w Nachw aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung;
Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl, § 86b RdNr 46 m w Nachw). Dieser Ansicht schließt sich der Senat jedenfalls für den Fall an, dass der betreffende Antragsteller – wie hier – anwaltlich vertreten ist. Nach § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Die danach erforderlichen Voraussetzungen liegen hier vor. Nach Zustellung des Beschlusses des SG Berlin am 23. Mai 2007 hätten die Antragsteller spätestens am 25. Juni 2007 (der 23. Juni 2007 war ein Samstag) die Vollstreckung einleiten müssen. Das ist nicht geschehen. Die Vollstreckungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO beginnt nicht erst, wenn der jeweilige Antragsteller erkennen kann, dass die Behörde der einstweiligen Anordnung nicht folgen will (so aber entgegen der ganz überwiegenden Ansicht zu § 123 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. Dezember 1987 - 6 B 90/87, veröffentlicht in juris). Gegen diese Auffassung sprechen der eindeutige Wortlaut des § 929 Abs. 2 ZPO und die Erwägung, dass es ansonsten zu Rechtsunsicherheit käme, die gerade im Vollstreckungsrecht vermieden werden soll.
Ist die Vollziehung der einstweiligen Anordnung unstatthaft, so hat sie ihren Regelungsgehalt verloren. Sie ist demzufolge nach Fristablauf auf Antrag aufzuheben (Keller aaO m w Nachw). Eine Entscheidung über den weiteren Antrag der Beschwerdeführerin, die Vollstreckung auszusetzen (§ 199 Abs. 2 SGG), ist jedenfalls deshalb nicht (mehr) zu treffen, da der Senat mit diesem Beschluss abschließend über die Beschwerde entscheidet.
Es steht den Antragstellern grundsätzlich frei, einen neuen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem zuständigen SG zu stellen.
Die Kostenentscheidung entspricht billigem Ermessen (vgl. § 193 SGG). Der Senat hat berücksichtigt, dass er voraussichtlich keinen Anlass gesehen hätte, den Beschluss des SG Berlin teilweise aufzuheben beziehungsweise abzuändern (vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden im Schreiben an die Antragsgegnerin vom 29. Juni 2007), die Beschwerde also nur wegen des Ablaufs der Frist aus § 929 Abs. 2 ZPO erfolgreich war. Das Obsiegen aus diesem Grund steht einer Belastung der Antragsgegnerin mit Kosten indes nicht entgegen, da sie, indem sie die – vollziehbare – einstweilige Anordnung nicht ausgeführt hat, jedenfalls bis zur Beschwerdeeinlegung nicht rechtmäßig agiert hat und die Antragsteller von der Beschwerdeeinlegung beziehungsweise dem Aussetzungsantrag erst nach Ablauf der
Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfahren haben. Vorher durften sie davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin der Entscheidung des SG Berlin nachkommen werde.
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 21. Mai 2007 (unter Antragsabweisung im Übrigen) verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit vom 30. Januar bis zum 30. April 2007 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt monatlich 525,16 EUR - statt in Höhe von 364,59 EUR - zu zahlen. Dieser Beschluss ist den Bevollmächtigten der Antragsteller beziehungsweise ihrer beigeordneten Rechtsanwältin am 23. Mai 2007 zugestellt worden. Die Antragsgegnerin hat den Beschluss nicht umgesetzt. Sie hat am 19. Juni 2007 Beschwerde erhoben und gleichzeitig beantragt, die Vollstreckung auszusetzen. Die Antragsteller haben keine Maßnahmen im Hinblick auf eine Vollstreckung aus dem Beschluss ergriffen.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Beschluss des SG Berlin vom 21. Mai 2007 ist aufzuheben, denn er ist nicht innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe vollzogen beziehungsweise die Vollziehung ist nicht einmal eingeleitet worden. Dies folgt aus § 929 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), der nach herrschender Ansicht gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf eine nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ergangene einstweilige Anordnung anwendbar ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 04. Januar 2007 – L 11 B 509/06 AS und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Januar 2006 – L 7 SO 4891/05 ER-B, jeweils veröffentlicht in juris und m w Nachw aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung;
Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl, § 86b RdNr 46 m w Nachw). Dieser Ansicht schließt sich der Senat jedenfalls für den Fall an, dass der betreffende Antragsteller – wie hier – anwaltlich vertreten ist. Nach § 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Befehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Die danach erforderlichen Voraussetzungen liegen hier vor. Nach Zustellung des Beschlusses des SG Berlin am 23. Mai 2007 hätten die Antragsteller spätestens am 25. Juni 2007 (der 23. Juni 2007 war ein Samstag) die Vollstreckung einleiten müssen. Das ist nicht geschehen. Die Vollstreckungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO beginnt nicht erst, wenn der jeweilige Antragsteller erkennen kann, dass die Behörde der einstweiligen Anordnung nicht folgen will (so aber entgegen der ganz überwiegenden Ansicht zu § 123 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. Dezember 1987 - 6 B 90/87, veröffentlicht in juris). Gegen diese Auffassung sprechen der eindeutige Wortlaut des § 929 Abs. 2 ZPO und die Erwägung, dass es ansonsten zu Rechtsunsicherheit käme, die gerade im Vollstreckungsrecht vermieden werden soll.
Ist die Vollziehung der einstweiligen Anordnung unstatthaft, so hat sie ihren Regelungsgehalt verloren. Sie ist demzufolge nach Fristablauf auf Antrag aufzuheben (Keller aaO m w Nachw). Eine Entscheidung über den weiteren Antrag der Beschwerdeführerin, die Vollstreckung auszusetzen (§ 199 Abs. 2 SGG), ist jedenfalls deshalb nicht (mehr) zu treffen, da der Senat mit diesem Beschluss abschließend über die Beschwerde entscheidet.
Es steht den Antragstellern grundsätzlich frei, einen neuen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem zuständigen SG zu stellen.
Die Kostenentscheidung entspricht billigem Ermessen (vgl. § 193 SGG). Der Senat hat berücksichtigt, dass er voraussichtlich keinen Anlass gesehen hätte, den Beschluss des SG Berlin teilweise aufzuheben beziehungsweise abzuändern (vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden im Schreiben an die Antragsgegnerin vom 29. Juni 2007), die Beschwerde also nur wegen des Ablaufs der Frist aus § 929 Abs. 2 ZPO erfolgreich war. Das Obsiegen aus diesem Grund steht einer Belastung der Antragsgegnerin mit Kosten indes nicht entgegen, da sie, indem sie die – vollziehbare – einstweilige Anordnung nicht ausgeführt hat, jedenfalls bis zur Beschwerdeeinlegung nicht rechtmäßig agiert hat und die Antragsteller von der Beschwerdeeinlegung beziehungsweise dem Aussetzungsantrag erst nach Ablauf der
Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO erfahren haben. Vorher durften sie davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin der Entscheidung des SG Berlin nachkommen werde.
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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