Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 67/70
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Hepatitis infectiosa, an der ein Steward der Deutschen Lufthansa in einem tropischen Gebiet erkrankt, kann nicht als Berufskrankheit anerkannt werden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. November 1969 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der im Jahre 1936 geborene Kläger, der seit Januar 1962 bei der als Steward beschäftigt war, erkrankte am 30. Juni 1964 auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Dakar (Republik Senegal) an Gelbsucht. In der Unternehmeranzeige über eine Berufskrankheit (BK) wurde angegeben, daß er das Essen im Hotel n’Gor (Dakar) eingenommen hatte. Der prakt. Arzt Dr. K., M. D., bescheinigte am 1. September 1964, daß sich der Kläger wegen einer schweren Hepatitis am 4. Juli 1964 in seine Behandlung begeben habe. Nach den vorgelegten Unterlagen eines Arztes aus Dakar sei die Krankheit bereits dort ausgebrochen. In dem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 25. Februar 1965 kamen Prof. Dr. G. und Dr. Z. vom Städtischen Krankenhaus S. zu dem Ergebnis, daß es sich bei dem Kläger um eine inzwischen folgenlos abgeklungene Hepatitis infectiosa gehandelt habe. Die Voraussetzungen zur Anerkennung als BK gem. Nr. 37 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung vom 25. April 1961 (6. BKVO) lägen nicht vor, da der Kläger nicht zu dem dort genannten Personenkreis gehöre, desgleichen nicht zur Anerkennung als BK gem. Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO, da eine Tropenkrankheit i.S. der 6. BKVO nicht bestanden habe. Der Landesgewerbearzt in W. vertrat in der Stellungnahme vom 13. April 1965 die gleiche Auffassung.
Gestützt auf diese Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juli 1965 den Entschädigungsanspruch des Klägers ab. Er gehöre nicht zu dem in Nr. 37 der Anlage zur 6. BKVO genannten Personenkreis. Es liege auch keine Tropenkrankheit i.S. von Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO vor.
Tropenkrankheiten seien hiernach vorwiegend den Tropen und Subtropen eigentümliche Erkrankungen, die infolge der besonderen klimatischen und anderen Verhältnisse dort bevorzugt aufträten. Diese Voraussetzung werde von der Hepatitis infectiosa, die in der ganzen Welt verbreitet sei, nicht erfüllt. Eine derartige Erkrankung bedeute auch dann keine Tropenkrankheit, wenn sie anfällig einmal in den Tropen erworben werde.
Hiergegen hat der Kläger am 12. August 1965 bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. (SG) Klage erhoben. Nach seiner Auffassung sei die Hepatitis infectiosa als BK anzuerkennen. Zur gleichen Zeit wie er selbst seien auch noch andere Angehörige des fliegenden Personals der DLH an Hepatitis infectiosa erkrankt gewesen. Die Gelbsucht habe vom 30. Juni bis Ende Oktober 1964 gedauert. Am 4. Mai 1964 sei er durch den Flughafenarzt Dr. F. gegen Pocken, Cholera, Typhus und Paratyphus A und B geimpft worden. Nach diesen Impfungen habe er sich nicht wohl gefühlt. Im Mai und Juni 1964 habe er mehrwöchige Aufenthalte in Afrika und Südamerika gehabt. Er könne nicht sagen, ob einer der Passagiere an Gelbsucht erkrankt gewesen sei. Der Kläger hat eine ärztliche Bescheinigung des Dr. K., M., vom 3. Dezember 1966 vorgelegt. Nach dessen Ansicht hat bei dem Kläger zweifellos eine Hepatitis infectiosa vorgelegen. Der Kläger habe sich wahrscheinlich in den Tropen angesteckt.
In einer Stellungnahme vom 28. August 1966 führte der Flughafenarzt Dr. F. u.a. aus, bei Flugbegleitern bestünden durch Kontakte in der ganzen Welt so viele Möglichkeiten zur Infektion mit Virushepatitis, daß die Möglichkeit durch eine Tetravaccine-Impfung infiziert worden zu sein, als eine sehr vage Hilfskonstruktion erscheine.
Die Beklagte legte zur Begründung ihrer Auffassung ein Gutachten des Facharztes für innere Krankheiten Dr. Sch. H. vom 15. Oktober 1966 vor. Dieser Arzt weist darauf hin, als Inkubationszeit (Zeitraum zwischen Eindringen der Erreger in den Organismus und dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen) einer Virushepatitis sei, gerechnet ab dem Tag der Krankmeldung am 30. Juni 1964, hinsichtlich der epidemischen Form der Zeitraum vom 21. Mai bis 23. Juni 1964 anzusetzen, hinsichtlich einer Serumhepatitis derjenige von etwa Ende Dezember 1963 bis Mitte Mai 1964. Aus den Unterlagen sei keinerlei Hinweis darauf zu erkenn, daß der Kläger innerhalb der Inkubationszeit beruflichen Kontakt mit hepatitiskranken Personen gehabt habe. Es sei "im höchsten Grade” unwahrscheinlich, daß anläßlich der Schutzimpfungen, insbesondere derjenigen am 5. November 1973 und 4. Juni 1964 eine Übertragung von Hepatitisvirus erfolgt sei. Eine BK komme nicht in Betracht, da das Personal von Luftverkehrsgesellschaften nicht unter die Nr. 37 der Anlage 1 zur 6. BKVO falle und die Virushepatitis nicht zu den Tropenkrankheiten (Nr. 44 der Anl. 1 zur 6. BKVO) zu zählen sei. Ein unfallartiges Ereignis hinsichtlich der Übertragung von Keimen, nämlich durch die Berufsausübung verursachte Aufnahme von Krankheitserregern innerhalb einer Arbeitsschicht, lasse sich bei der vorliegenden Sachlage auch nicht einigermaßen überzeugend begründen. Die Hepatitis des Klägers könne nicht auf berufliche Einwirkungen irgendwelcher Art ursächlich bezogen werden.
In einem weiteren Gutachten vom 11. Februar 1967 führte Dr. Sch. u.a. noch aus, auch wenn man unterstelle, daß der Kläger entsprechend seinem Vorbringen bereits am 4. Mai 1964 geimpft worden sei, könne eine Serumhepatitis nicht als auch nur einigermaßen wahrscheinlich bezeichnet werden.
Auf Antrag des Klägers holte das Sozialgericht gem. § 109 SGG in der II. Medizinischen Universitätsklinik F. das von Prof. Dr. Ch. erstattete Gutachten vom 22. September 1969 ein. Der Gutachter vertrat die Ansicht, daß der Kläger sich die Hepatitis infectiosa "innerhalb einer Arbeitsschicht, d.h. während seines 19-tägigen Aufenthaltes in Lagos vom 25. Mai bis 13. Juni 1964” zugezogen habe, so daß ein Arbeitsunfall anzunehmen sei. er halte es nicht für wahrscheinlich, das zeitlich etwa im Abstand von einigen Tagen oder Wochen auftretende Infektionen mit jeweils kleinen Infektionsdosen sich so summieren könnten, daß sie schließlich nach mehreren Wochen zu einer manifesten Erkrankung an Hepatitis infectiosa führten. Es sei ganz unwahrscheinlich, daß sich der Kläger im Privatleben infiziert habe, weil er den größten Teil der Inkubationszeit nicht zu Hause gewesen sei und in seinem Wohnort und seiner Familie nachweislich während der Inkubationszeit bei anderen Personen keine Hepatitiserkrankungen vorgekommen seien. Eine Hepatitis-Infektion infolge einer durchgeführten Schutzimpfung sei ebenfalls unwahrscheinlich.
Durch Urteil vom 28. November 1969 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die bei dem Kläger aufgetretene Hepatitis infectiosa sei weder nach Nr. 37 noch nach Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO als BK anzuerkennen. Aber auch ein Arbeitsunfall könne nicht angenommen werden. Selbst wenn die Infektion an einem bestimmten Tag eingetreten sein sollte, müßte hinreichend wahrscheinlich sein, daß sie während der Arbeit und nicht bei eigenwirtschaftlicher Tätigkeit entstanden sei. Daran fehle es jedoch. Bei der infektiösen Gelbsucht erfolge die Infektion durch das Essen. Diese Tätigkeit gehöre aber auch bei Dienstreisen zum eigenwirtschaftlichen Bereich, der aber unversichert sei. Außerdem komme noch hinzu, daß nicht zu klären sei, ob der Kläger das infizierte Essen während des Dienstes oder in der Freizeit zu sich genommen habe. Bei dieser Sachlage müsse der Kläger den Nachteil der Unmöglichkeit einer Klärung selbst tragen.
Gegen das ihm am 7. Januar 1970 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Januar 1970 Berufung eingelegt.
Von Amts wegen wurde im T. P. L.-Krankenhaus, T., das von Chefarzt Dr. R. und Facharzt für innere Krankheiten Dr. Sch. erstattete Gutachten vom 20. März 1970 eingeholt. Die Gutachter vertreten zusammenfassend die Auffassung, daß es sich bei der Erkrankung des Klägers an Hepatitis infectiosa weder um eine BK nach Nr. 37 noch um eine Tropenkrankheit nach Nr. 44 der Anlage zur 6. (bzw. 7.) BKVO gehandelt habe. Eine Erkrankung des Klägers an Serumhepatitis könne, wie schon Dr. Sch. und Prof. Dr. Ch. dargelegt hätten, mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Für die Beurteilung der Hepatitis infectiosa seien im Falle des Klägers auch keine "neuen Erkenntnisse” i.S. von § 551 Abs. 2 RVO gewonnen worden, die eine Anerkennung als BK rechtfertigen könnten. Da für die durchgemachte Hepatitis infectiosa während der Inkubationszeit keine beruflichen Umstände der Infektion festzustellen seien, sei auch der Tatbestand eines Arbeitsunfalls nicht erfüllt.
Weiterhin wurde von der DLH die Auskunft vom 8. August 1974 eingeholt. Nach dieser war der Kläger in den Zeiträumen vom 25. Mai bis 13. Juni 1964 als Flugbegleiter für die Flüge und eingeteilt, die die Strecke Lagos-Johannisburg-Lagos bedienten. Die in den Bungalows in Lagos untergebrachten Besatzungen hätten von der DLH nur das Frühstück, das von einem lokalen Koch in der Bungalowküche zubereitet worden sei, bekommen. Alle dafür nötigen Zutaten, außer Früchten, seien aus Deutschland eingeflogen worden. Für die Lagerung und einwandfreie Zubereitung sei eine Engländerin verantwortlich gewesen. Die Verpflegungstransporte aus Südafrika seien Eigeninitiative der Besatzungen gewesen und hätten nichts mit der DLH zu tun gehabt. Die Besatzungen hätten jederzeit in eines der in der Nähe gelegenen Hotels zum Essen gehen können. Die Bungalows seien Neubauten und von der gemietet worden. Außer dem Frühstück sei es den Besatzungsmitgliedern vollkommen freigestellt gewesen, wo und wann sie ihre Mahlzeiten einnehmen wollten.
Der Kläger macht zur Begründung der Berufung im wesentlichen geltend: Prof. Ch. habe in seinem Gutachten auf die besonders große Ansteckungsgefahr für Europäer in bestimmten Tropengebieten und besonders in mohammedanischen Ländern hingewiesen. Es sei bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte zumindest zweifelhaft, ob die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum eigenwirtschaftlichen Bereich bei Dienstreisen zugrunde gelegt werden könne. Der berufsbedingte Aufenthalt in Nigeria habe besonderen, den normalen Dienstreisen nicht eigentümlichen Risiken der Infektion unterlegen. Er habe das Risiko durch eigenes Verhalten nicht wesentlich beeinflussen können. In Lagos sei er dienstlich gewesen. Alle Besatzungsmitglieder hätten in von der gemieteten Bungalows gewohnt. Zweimal in der Woche seien sie von Lagos nach Johannisburg geflogen und hätten dort Fleisch und andere Waren eingekauft, die dann von einheimischen, von der angestellten und bezahlten Helfern in der gemeinsamen Küche zubereitet worden seien. Eine direkte Kontrolle über die Sauberkeit bei der Zubereitung der Mahlzeiten sei von niemandem ausgeübt worden. Sie, die Besatzungsmitglieder, seien essensmäßig immer von diesen angestellten Arbeitskräften abhängig gewesen. Die genannten "freien Tage” in Lagos seien dienstlich freie Tage zwischen den Flügen gewesen, an denen sie immer zusammengeblieben oder zum Strand gegangen seien, gefeiert und gegessen hätten. Es habe für sie keine andere Möglichkeit gegeben.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. November 1969 sowie den angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1965 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Folgen der Virus-Lebererkrankung Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. für die Zeit vom 1. November 1964 bis 31. Oktober 1965 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. November 1969 zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides. Dem Kläger sei es nach der Schilderung des damaligen Stationsleiters der , Sch., durch organisatorische Maßnahmen der möglich gewesen, sich in Lagos hygienisch einwandfrei zu versorgen, zumal für die Lagerung der Lebensmittel und Zubereitung der Speisen eine Europäerin verantwortlich gewesen sei. Bei Nutzung dieser Möglichkeiten habe für den Kläger während des Inkubationszeitraumes aus beruflichen Gründen kein wesentlich erhöhtes Risiko, an Hepatitis infectiosa zu erkranken bestanden.
Die in dem bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. anhängigen Verfahren – Az.: S-4/U-60/69 – eingeholte Auskunft der vom 5. Juni 1972 sowie das Gutachten des Prof. Dr. M., H., vom 25. Oktober 1974 wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Auf den weiteren Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakte wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.
Sie ist aber unbegründet. Die Vorinstanz hat mit Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlaß seiner Erkrankung an Hepatitis. Es liegt weder eine zu entschädigende Berufskrankheit im Sinne von § 551 Abs. 1 RVO noch ein Arbeitsunfall i.S. von § 548 RVO vor.
Hierzu ist zunächst festzustellen, daß es sich bei der Erkrankung des Klägers an Gelbsucht um eine Hepatitis infectiosa (Infektion mit Hepatitis – A – Virus) gehandelt hat, wie in den ärztlichen Gutachten übereinstimmend ausgeführt wird. Ausweislich der Bescheinigung des Dr. K. vom 3. Dezember 1966, der als Hausarzt den Kläger während der Dauer der Erkrankung behandelte, bestand auf Grund der erhobenen Befunde kein Zweifel, daß eine Hepatitis infectiosa vorlag. Auch die anderen Gutachter, die bei dem Kläger zwar keine wesentlichen krankhaften Befunde mehr erheben konnten, bestätigen unter Berücksichtigung der aktenkundigen klinischen Befunde diese Diagnose. Diese Hepatitis-Infektion zog sich der Kläger wahrscheinlich während seines Aufenthaltes in Lagos in der Zeit vom 25. Mai bis 13. Juni 1964 zu bzw. auf einem der von dort aus unternommenen Flüge nach Johannisburg. Daß sich der Kläger im häuslichen Kreis abgesteckt hat, ist unwahrscheinlich. Dr. med. K. hat in diesem Zusammenhang in seiner Bescheinigung vom 3. Dezember 1966 besonders betont, daß eine Ansteckung im häuslichen Milieu auszuschließen sei, da bei ihm als einzigem Arzt am Wohnort des Klägers während dieser Zeit kein Fall von Hepatitis aufgetreten sei. Darüber hinaus hält auch Prof. Dr. Ch. in seinem Gutachten vom 22. September 1969 eine Ansteckung in der Heimat für unwahrscheinlich, weil der Kläger den größten Teil der für die Hepatitis infectiosa gültigen Inkubationszeit nicht zu Hause gewesen sei. Da nach den Gutachten des Prof. Dr. Ch. sowie der Dres. R. und S. die Inkubationszeit für die Hepatitis infectiosa 15 bis 50 Tage beträgt, kommen die Gutachter zutreffend zu dem Ergebnis, daß sich der Kläger in der Zeit zwischen dem 10. Mai 1964 und dem 15. Juni 1964 angesteckt hat. Während dieses Zeitraums befand er sich an 27 Tagen beruflich im Ausland, davon allein an 19 Tagen in Lagos. Dieses zeitliche Verhältnis macht es wahrscheinlich, daß sich der Kläger in Lagos bzw. auf einem der Flüge nach Johannisburg angesteckt hat.
Der Kläger hat geltend gemacht, daß er am 4. Mai 1964 – während der Inkubationszeit – durch den Flughafenarzt in Frankfurt a.M. mit Tetravaccine geimpft worden sei und sich hierbei infiziert und damit eine Serumhepatitis zugezogen haben könne. Selbst wenn diesem Zeitpunkt eine solche Schutzimpfung durchgeführt wurde, so ist doch eine hierdurch erfolgte Infektion nicht wahrscheinlich zu machen, wie Prof. Dr. Ch. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Der Flughafenarzt Dr. F. hat hieran in der Auskunft vom 27. Januar 1967 mitgeteilt, daß ausschließlich im Autoklaven bei 180° mit gespanntem Dampf sterilisiert worden sei. Diese Methode entspricht aber nach den Ausführungen des Dr. F. den allgemein geforderten Sicherungen gegenüber der Übertragung einer Hepatitis. Überzeugend weist Prof. Dr. Ch. in seinem Gutachten vom 22. September 1969 zwar darauf hin, daß sich trotzdem eine Übertragung des Virus der Serum-Hepatitis und damit eine Infektion durch die am 4. Mai 1964 erfolgte Tetravaccine-Impfung nicht sicher ausschließen lasse, weil, wie im Jahre 1964 noch allgemein üblich, mit den zur Impfung benutzten Spritzen wahrscheinlich auch bei anderen Patienten Blut entnommen worden sei und sich Fehler in der Sterilisation im Autoklaven selbst in der bestgeleiteten Klinik oder ärztlichen Praxis nie völlig vermeiden ließen. Nur bei einer Impfung mit Einmal-Spritzen und Einmal-Kanülen könne eine Infektion mit dem Virus der Serum-Hepatitis sicher ausgeschlossen werden. Der von Prof. Dr. Ch. aufgezeigten Möglichkeit einer Infektion mit einem solchen Virus stehen jedoch die klinischen Befunde entgegen, die nach Auffassung aller Gutachter mit Wahrscheinlichkeit auf eine Hepatitis infectiosa hinweisen. Auch die beigezogene Auskunft der DLH vom 5. Juni 1972 (in dem Rechtsstreit Meisel) spricht dafür, daß keine Serum-Hepatitis vorlag. Danach wurde, abgesehen von dem Fall , in allen vier Unternehmeranzeigen über eine Berufskrankheit für den Zeitraum von 1964 bis 1966 hinsichtlich einer Hepatitiserkrankung nur der Aufenthalt und der Genuß von Speisen in tropischen Ländern als Ursache angegeben, obwohl in dieser Zeitspanne 1107 Blutentnahmen – davon allein 867 im Jahre 1966 – mit Recordspritzen und Metallkanülen durchgeführt wurden. Auch nachdem seit Anfang 1967 nur noch Einmal-Spritzen und Einmal-Kanülen verwendet wurden, seien bei den in den Jahren 1967 bis 1971 durchgeführten Blutentnahmen 13 Fälle von Hepatitis aufgetreten, die als Berufskrankheit gemeldet worden seien. Ursache für diese Erkrankungen sei in allen Fällen der Aufenthalt und die Ernährung in tropischen Ländern gewesen. Nach allem ist es hiernach unwahrscheinlich, daß sich der Kläger bei Vornahme einer Schutzimpfung infiziert hat.
Nach § 551 Abs. 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch eine Berufskrankheit. Darunter fallen Krankheiten, die in der Anlage zur 6. BKVO, die zur Zeit der Erkrankung galt, als solche bezeichnet sind und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet.
Zunächst scheidet die Anwendung der Nr. 37 der Anlage zur 6. BKVO aus. Danach sind Infektionskrankheiten dann Berufskrankheiten i.S. der RVO, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war und sich die Erkrankung dort zugezogen hat. Zwar war der Kläger an einer Infektionskrankheit i.S. der genannten Regelung erkrankt. Jedoch gehörte er in seiner Tätigkeit als Flugbegleiter nicht zu dem genannten Personenkreis, der vorwiegend die Angehörigen der Heil- und Pflegeberufe umfaßt. Die 7. BKVO hat die Nr. 37 der Anlage zwar dahin erweitert, daß eine Infektionskrankheit auch dann zu entschädigen ist, wenn der Versicherte durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße ausgesetzt war. Ob diese Voraussetzung bei dem Kläger seinerzeit vorlag, bedurfte jedoch keiner weiteren Prüfung, da die am 1. Juli 1968 in Kraft getretene 7. BKVO sich keine Rückwirkung zugelegt hat und somit keine Anwendung finden kann.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO. Nach dieser Vorschrift sind Tropenkrankheiten als Berufskrankheiten zu entschädigen. Allerdings wird dort nicht definiert, was unter einer solchen zu verstehen ist. Lediglich wird in den zu Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblättern darauf hingewiesen, daß Tropenkrankheiten vorwiegend den Tropen und Subtropen eigentümliche Erkrankung sind, die infolge der besonderen klimatischen und anderen Verhältnisse dort bevorzugt bzw. besonders häufig auftreten (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, Bd. III Anh. S. 78; RVA in EuM Bd. 22 S. 232 f.). In der dort enthaltenen Zusammenstellung von beispielhaft, genannten Tropenkrankheiten ist die Hepatitis infectiosa nicht aufgeführt worden. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urt. v. 19.9.1974 – Az.: 8 RU 64/73) ist bei der Entscheidung, ob eine Tropenkrankheit nach Nr. 44 vorliegt, allein auf die obige Definition dieses Begriffs abzustellen. Sie brauche nicht ausschließlich nur in diesem Gegenden vorzukommen. Das BSG hat zur Frage der Bazillenruhr als Tropenkrankheit darauf hingewiesen, aus der Tatsache, daß diese Krankheit auf der ganzen Welt anzutreffen sei, dürfe allein noch nicht gefolgert werden, sie könne deshalb unter keinen Umständen zu den Tropenkrankheiten gezählt werden. Vielmehr sei zu prüfen, ob die Krankheit zu den den Tropen vorwiegend eigentümlichen Krankheiten zähle, die dort infolge der spezifischen Verhältnisse "besonders häufig” vorkommen. Unter Hinweis auf ein Gutachten des Prof. Dr. M. vom 2. Februar 1962 kommt das BSG zu dem Ergebnis, daß die Bazillenruhr in den warmen Gebieten eine andere und weit gefährlichere Bedrohung der Gesundheit – gerade auch eines aus Deutschland dorthin entsandten Berufstätigen – darstelle, als es bei der Ruhr der Fall sei, die in gemäßigten Breiten gelegentlich aufzutreten pflege, zumal die Bazillenruhr heute in Deutschland "zum Teil sehr selten” geworden sei.
Auch bei Berücksichtigung dieser vom BSG aufgestellten Grundsätze im vorliegenden Rechtsstreit kann der vom Kläger durchgemachten Hepatitis infectiosa nicht der Charakter einer Tropenkrankheit im Sinne von Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO zuerkannt werden. Dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten der Dres. R. und S. zufolge tritt die Hepatitis infectiosa in den warmen Gebieten nicht sehr häufiger auf als in Deutschland. Nach den Darlegungen dieser Gutachter haben statistische Untersuchungen ergeben, daß die Erkrankungen an Hepatitis infectiosa in allen Ländern vorkommen und keine Beziehungen zu klimatischen Einflüssen haben. Zwar bringe der Aufenthalt in Entwicklungsländern mit mangelhaften hygienischen und sanitären Verhältnissen für Europäer auch heute noch ein stark erhöhtes Infektionsrisiko an Hepatitis infectiosa mit sich. Die Häufigkeit der Erkrankung nehme mit einem vermehrten Kontakt zur einheimischen Bevölkerung deutlich zu. Es bestehe eine direkte Abhängigkeit der Erkrankungshäufigkeit zum Standard der sanitären und hygienischen Lebensverhältnisse der Bewohner. Auch in den außereuropäischen Großstädten und in tropischen und subtropischen Gebieten mit guten hygienischen Verhältnissen liege die Häufigkeit von Hepatitiserkrankungen jedoch nur unwesentlich höher als in Europa. Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko im obigen Sinne besteht nach der statistischen Zusammenstellung der Gutachter für das fliegende Personal der nicht.
Es betrage bei einer Erkrankungsrate von 00,7 % pro Jahr nur das doppelte im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Das Risiko liegt, wie die Zusammenstellung erkennen läßt, nicht höher als z.B. bei Mitarbeitern der Fa. S. auf Außenmontage im Inland. Von der als Tropenkrankheit anerkannten Bazillenruhr unterscheidet sich die Hepatitis infectiosa dem Gutachten zufolge auch dadurch, daß sie in den warmen Gebieten keine gefährlichere Bedrohung der Gesundheit für deutsche Versicherte darstellt, als es z.B. bei einer in Deutschland auftretenden Hepatitis infectiosa der Fall ist. Beim Kläger ist die Krankheit auch bereits seit langem folgenlos abgeheilt.
Mit Recht weisen die Dres. R. und S. bezüglich des verhältnismäßig geringen Ansteckungsrisikos für das fliegende Personal der noch darauf hin, daß, was im übrigen auch gerichtsbekannt ist, dieses in Übersee in der Regel in ausgesucht guten Hotels unterbracht wird. Der Dienst erfordert grundsätzlich auch keinen engen beruflichen Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung, wie dies z.B. bei Entwicklungshelfern der Fall ist. Im vorliegenden Rechtsstreit lagen die Verhältnisse nicht wesentlich anders. Die Flugzeugbesatzungen – und damit auch der Kläger – waren in Lagos in von der DLH gemieteten neuerbauten Bungalows untergebracht. Sie erhielten ausweislich der Auskunft der vom 5. August 1974 von der das Frühstück, das von einem lokalen Koch in der Bungalowküche zubereitet wurde. Für die Lagerung und einwandfreie Zubereitung der dafür nötigen Zutaten, die, abgesehen von Früchten, sämtlich aus Deutschland eingeflogen wurden, war eine Engländerin verantwortlich. Außer dem Frühstück war es den Besatzungsmitgliedern freigestellt, wo und wann sie ihre Mahlzeiten einnehmen wollten. Sie konnten jederzeit in eines der in der Nähe gelegenen Hotels zum Essen gehen. Daraus ergibt sich aber eindeutig, daß ein Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung aus dienstlichen Gründen nicht geboten war.
Die von den Gutachtern Dres. R. und S. vertretene Auffassung wird durch das für das SG Frankfurt a.M. in dem Rechtsstreit Az.: S-4/U-60/69 (Meisel) von Prof. Dr. M. erstattete Gutachten vom 25. Oktober 1974, das zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde, nicht widerlegt. Dort ist die Anerkennung einer Hepatitis infectiosa als Infektionskrankheit i.S. der Nr. 37 der Anlage zur 7. BKVO im wesentlichen mit der Begründung bejaht worden, daß in tropischen Ländern mit ungünstigen hygienischen Bedingungen die Möglichkeit, sich eine Hepatitis-Infektion zuzuziehen, viel eher gegeben sei als in europäischen Ländern. Prof. Dr. M. stellt hierbei entscheidend auf die Tätigkeit von Entwicklungshelfern in tropischen Gebieten ab und erwähnt nur summarisch die Flugbesatzungen, die nach seiner Auffassung unter Nr. 37 der Anlage 1 zur 7. BKVO fallen. Als Infektionskrankheit i.S. der enger gefaßt gewesenen Nr. 44 der Anlage zu der hier maßgebenden 6. BKVO kann die Hepatitis infectiosa im vorliegenden Fall jedoch nicht entschädigt werden, wie oben ausgeführt ist. Soweit Prof. Dr. M. darauf beweist, daß er die Hepatitis schon früher als "fakultative Tropenkrankheit” bezeichnet habe, will er erkennbar nur zum Ausdruck bringen, daß dieser "nicht sehr glückliche Ausdruck” verdeutlichen solle, daß die Möglichkeit einer Hepatitis-Infektion in tropischen Ländern viel eher gegeben sei als in europäischen Breiten. Diese kurzen Ausführungen sind aber nicht geeignet, die oben genannten Voraussetzungen für eine Tropenkrankheit darzutun.
Die Erkrankung des Klägers ist auch kein Arbeitsunfall i.S. von § 548 RVO. Im Gesetz ist der Unfallbegriff nicht näher bestimmt. Nach der in Rechtsprechung und Lehre übereinstimmenden Auffassung gilt als Arbeitsunfall grundsätzlich ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung einer versicherten Tätigkeit längstens in einer Arbeitsschicht eingetreten ist. Für den Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsschädigung mit einem Arbeitsunfall genügt die bloße Möglichkeit nicht. Vielmehr muß der ursächliche Zusammenhang zumindest wahrscheinlich sein, d.h., bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, daß die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (vgl. Urteil des BSG vom 2.6.1959 – Az.: 2 RU 158/56 – SozR Nr. 20 zu § 542 RVO).
Berufliche Ursachen für die Hepatitis-Infektion sind nicht ersichtlich. Der Umstand, daß sich der Kläger aus dienstlichen Gründen im Ausland aufhielt, rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme eines Arbeitsunfalls. Für Arbeitsunfälle bei dienstlichen Auslandsaufenthalten gelten die gleichen Grundsätze wie sie bei solchen im Inland zu berücksichtigen sind. Bei Unfällen auf Dienstreisen ist zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem versicherten Beschäftigungsverhältnis zusammenhängen und deshalb versichert sind, und anderen Verrichtungen, die der privaten Lebenssphäre des Beschäftigten angehören, für die daher kein Unfallversicherungsschutz besteht (vgl. Urteil des BSG vom 25.3.1964 – Az.: 2 RU 123/61). Der Versicherungsschutz entfällt hiernach in der Regel dann, wenn der Beschäftigte sich rein privaten, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen widmet. Eine Hepatitis-Infektion erfolgt im wesentlichen durch Nahrungsaufnahme. Der Kläger hat vorgebracht, daß er sich mit seinen Arbeitskollegen in Lagos zum großen Teil selbst versorgt habe, indem sie sich Lebensmittel in Johannisburg besorgten und diese ohne besondere Aufsicht in ihren Bungalow in Lagos von einheimischen Helfern zubereiten ließen. Bei der Beschaffung von Lebensmitteln und der Aufnahme von Nahrung handelt es sich aber um Tätigkeiten, die dem unversicherten Lebensbereich anzurechnen sind (vgl. Urteile des BSG vom 30.6.1961 – 2 RU 78/60 und vom 7.3.1969 – 2 RU 264/66). Die vom Kläger gewählte Art der Essenzubereitung war auch nicht betriebsbedingt. Er hätte sich nämlich in einem der großen Hotels in Lagos verpflegen können. In den modernen Städten tropischer Länder liegt aber die Häufigkeit von Hepatitiserkrankungen nur unwesentlich höher als in Europa, wie von den Gutachtern Dres. R. und S. ausgeführt worden ist. Im übrigen kann sich der Kläger auch außerhalb der Hauptmahlzeiten infiziert haben. Nach seinen Angaben hatten sie zwischen den Flügen dienstfreie Tage, an denen sie gemeinsam "feierten und aßen.” Im Hinblick auf die vielseitige Möglichkeit, sich zu infizieren, ist aber im Einzelfall besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Infektionskrankheit durch die berufliche Beschäftigung verursacht worden ist (vgl. Urteil des BSG vom 29. Januar 1974, 8/7 RU 58/71).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach § 551 Abs. 2 RVO. Nach dieser Bestimmung sollen die Träger der Unfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit entschädigen, sofern sie nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO erfüllt. Neue Erkenntnisse liegen jedoch in Bezug auf Hepatitis-Infektionen nicht vor, wie in dem Gutachten der Dres. R und S. dargetan worden ist. Auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. M. vom 25. Oktober 1974 ergibt sich hierfür nichts.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193 Abs. 1, 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der im Jahre 1936 geborene Kläger, der seit Januar 1962 bei der als Steward beschäftigt war, erkrankte am 30. Juni 1964 auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Dakar (Republik Senegal) an Gelbsucht. In der Unternehmeranzeige über eine Berufskrankheit (BK) wurde angegeben, daß er das Essen im Hotel n’Gor (Dakar) eingenommen hatte. Der prakt. Arzt Dr. K., M. D., bescheinigte am 1. September 1964, daß sich der Kläger wegen einer schweren Hepatitis am 4. Juli 1964 in seine Behandlung begeben habe. Nach den vorgelegten Unterlagen eines Arztes aus Dakar sei die Krankheit bereits dort ausgebrochen. In dem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 25. Februar 1965 kamen Prof. Dr. G. und Dr. Z. vom Städtischen Krankenhaus S. zu dem Ergebnis, daß es sich bei dem Kläger um eine inzwischen folgenlos abgeklungene Hepatitis infectiosa gehandelt habe. Die Voraussetzungen zur Anerkennung als BK gem. Nr. 37 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung vom 25. April 1961 (6. BKVO) lägen nicht vor, da der Kläger nicht zu dem dort genannten Personenkreis gehöre, desgleichen nicht zur Anerkennung als BK gem. Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO, da eine Tropenkrankheit i.S. der 6. BKVO nicht bestanden habe. Der Landesgewerbearzt in W. vertrat in der Stellungnahme vom 13. April 1965 die gleiche Auffassung.
Gestützt auf diese Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juli 1965 den Entschädigungsanspruch des Klägers ab. Er gehöre nicht zu dem in Nr. 37 der Anlage zur 6. BKVO genannten Personenkreis. Es liege auch keine Tropenkrankheit i.S. von Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO vor.
Tropenkrankheiten seien hiernach vorwiegend den Tropen und Subtropen eigentümliche Erkrankungen, die infolge der besonderen klimatischen und anderen Verhältnisse dort bevorzugt aufträten. Diese Voraussetzung werde von der Hepatitis infectiosa, die in der ganzen Welt verbreitet sei, nicht erfüllt. Eine derartige Erkrankung bedeute auch dann keine Tropenkrankheit, wenn sie anfällig einmal in den Tropen erworben werde.
Hiergegen hat der Kläger am 12. August 1965 bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. (SG) Klage erhoben. Nach seiner Auffassung sei die Hepatitis infectiosa als BK anzuerkennen. Zur gleichen Zeit wie er selbst seien auch noch andere Angehörige des fliegenden Personals der DLH an Hepatitis infectiosa erkrankt gewesen. Die Gelbsucht habe vom 30. Juni bis Ende Oktober 1964 gedauert. Am 4. Mai 1964 sei er durch den Flughafenarzt Dr. F. gegen Pocken, Cholera, Typhus und Paratyphus A und B geimpft worden. Nach diesen Impfungen habe er sich nicht wohl gefühlt. Im Mai und Juni 1964 habe er mehrwöchige Aufenthalte in Afrika und Südamerika gehabt. Er könne nicht sagen, ob einer der Passagiere an Gelbsucht erkrankt gewesen sei. Der Kläger hat eine ärztliche Bescheinigung des Dr. K., M., vom 3. Dezember 1966 vorgelegt. Nach dessen Ansicht hat bei dem Kläger zweifellos eine Hepatitis infectiosa vorgelegen. Der Kläger habe sich wahrscheinlich in den Tropen angesteckt.
In einer Stellungnahme vom 28. August 1966 führte der Flughafenarzt Dr. F. u.a. aus, bei Flugbegleitern bestünden durch Kontakte in der ganzen Welt so viele Möglichkeiten zur Infektion mit Virushepatitis, daß die Möglichkeit durch eine Tetravaccine-Impfung infiziert worden zu sein, als eine sehr vage Hilfskonstruktion erscheine.
Die Beklagte legte zur Begründung ihrer Auffassung ein Gutachten des Facharztes für innere Krankheiten Dr. Sch. H. vom 15. Oktober 1966 vor. Dieser Arzt weist darauf hin, als Inkubationszeit (Zeitraum zwischen Eindringen der Erreger in den Organismus und dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen) einer Virushepatitis sei, gerechnet ab dem Tag der Krankmeldung am 30. Juni 1964, hinsichtlich der epidemischen Form der Zeitraum vom 21. Mai bis 23. Juni 1964 anzusetzen, hinsichtlich einer Serumhepatitis derjenige von etwa Ende Dezember 1963 bis Mitte Mai 1964. Aus den Unterlagen sei keinerlei Hinweis darauf zu erkenn, daß der Kläger innerhalb der Inkubationszeit beruflichen Kontakt mit hepatitiskranken Personen gehabt habe. Es sei "im höchsten Grade” unwahrscheinlich, daß anläßlich der Schutzimpfungen, insbesondere derjenigen am 5. November 1973 und 4. Juni 1964 eine Übertragung von Hepatitisvirus erfolgt sei. Eine BK komme nicht in Betracht, da das Personal von Luftverkehrsgesellschaften nicht unter die Nr. 37 der Anlage 1 zur 6. BKVO falle und die Virushepatitis nicht zu den Tropenkrankheiten (Nr. 44 der Anl. 1 zur 6. BKVO) zu zählen sei. Ein unfallartiges Ereignis hinsichtlich der Übertragung von Keimen, nämlich durch die Berufsausübung verursachte Aufnahme von Krankheitserregern innerhalb einer Arbeitsschicht, lasse sich bei der vorliegenden Sachlage auch nicht einigermaßen überzeugend begründen. Die Hepatitis des Klägers könne nicht auf berufliche Einwirkungen irgendwelcher Art ursächlich bezogen werden.
In einem weiteren Gutachten vom 11. Februar 1967 führte Dr. Sch. u.a. noch aus, auch wenn man unterstelle, daß der Kläger entsprechend seinem Vorbringen bereits am 4. Mai 1964 geimpft worden sei, könne eine Serumhepatitis nicht als auch nur einigermaßen wahrscheinlich bezeichnet werden.
Auf Antrag des Klägers holte das Sozialgericht gem. § 109 SGG in der II. Medizinischen Universitätsklinik F. das von Prof. Dr. Ch. erstattete Gutachten vom 22. September 1969 ein. Der Gutachter vertrat die Ansicht, daß der Kläger sich die Hepatitis infectiosa "innerhalb einer Arbeitsschicht, d.h. während seines 19-tägigen Aufenthaltes in Lagos vom 25. Mai bis 13. Juni 1964” zugezogen habe, so daß ein Arbeitsunfall anzunehmen sei. er halte es nicht für wahrscheinlich, das zeitlich etwa im Abstand von einigen Tagen oder Wochen auftretende Infektionen mit jeweils kleinen Infektionsdosen sich so summieren könnten, daß sie schließlich nach mehreren Wochen zu einer manifesten Erkrankung an Hepatitis infectiosa führten. Es sei ganz unwahrscheinlich, daß sich der Kläger im Privatleben infiziert habe, weil er den größten Teil der Inkubationszeit nicht zu Hause gewesen sei und in seinem Wohnort und seiner Familie nachweislich während der Inkubationszeit bei anderen Personen keine Hepatitiserkrankungen vorgekommen seien. Eine Hepatitis-Infektion infolge einer durchgeführten Schutzimpfung sei ebenfalls unwahrscheinlich.
Durch Urteil vom 28. November 1969 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die bei dem Kläger aufgetretene Hepatitis infectiosa sei weder nach Nr. 37 noch nach Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO als BK anzuerkennen. Aber auch ein Arbeitsunfall könne nicht angenommen werden. Selbst wenn die Infektion an einem bestimmten Tag eingetreten sein sollte, müßte hinreichend wahrscheinlich sein, daß sie während der Arbeit und nicht bei eigenwirtschaftlicher Tätigkeit entstanden sei. Daran fehle es jedoch. Bei der infektiösen Gelbsucht erfolge die Infektion durch das Essen. Diese Tätigkeit gehöre aber auch bei Dienstreisen zum eigenwirtschaftlichen Bereich, der aber unversichert sei. Außerdem komme noch hinzu, daß nicht zu klären sei, ob der Kläger das infizierte Essen während des Dienstes oder in der Freizeit zu sich genommen habe. Bei dieser Sachlage müsse der Kläger den Nachteil der Unmöglichkeit einer Klärung selbst tragen.
Gegen das ihm am 7. Januar 1970 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. Januar 1970 Berufung eingelegt.
Von Amts wegen wurde im T. P. L.-Krankenhaus, T., das von Chefarzt Dr. R. und Facharzt für innere Krankheiten Dr. Sch. erstattete Gutachten vom 20. März 1970 eingeholt. Die Gutachter vertreten zusammenfassend die Auffassung, daß es sich bei der Erkrankung des Klägers an Hepatitis infectiosa weder um eine BK nach Nr. 37 noch um eine Tropenkrankheit nach Nr. 44 der Anlage zur 6. (bzw. 7.) BKVO gehandelt habe. Eine Erkrankung des Klägers an Serumhepatitis könne, wie schon Dr. Sch. und Prof. Dr. Ch. dargelegt hätten, mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Für die Beurteilung der Hepatitis infectiosa seien im Falle des Klägers auch keine "neuen Erkenntnisse” i.S. von § 551 Abs. 2 RVO gewonnen worden, die eine Anerkennung als BK rechtfertigen könnten. Da für die durchgemachte Hepatitis infectiosa während der Inkubationszeit keine beruflichen Umstände der Infektion festzustellen seien, sei auch der Tatbestand eines Arbeitsunfalls nicht erfüllt.
Weiterhin wurde von der DLH die Auskunft vom 8. August 1974 eingeholt. Nach dieser war der Kläger in den Zeiträumen vom 25. Mai bis 13. Juni 1964 als Flugbegleiter für die Flüge und eingeteilt, die die Strecke Lagos-Johannisburg-Lagos bedienten. Die in den Bungalows in Lagos untergebrachten Besatzungen hätten von der DLH nur das Frühstück, das von einem lokalen Koch in der Bungalowküche zubereitet worden sei, bekommen. Alle dafür nötigen Zutaten, außer Früchten, seien aus Deutschland eingeflogen worden. Für die Lagerung und einwandfreie Zubereitung sei eine Engländerin verantwortlich gewesen. Die Verpflegungstransporte aus Südafrika seien Eigeninitiative der Besatzungen gewesen und hätten nichts mit der DLH zu tun gehabt. Die Besatzungen hätten jederzeit in eines der in der Nähe gelegenen Hotels zum Essen gehen können. Die Bungalows seien Neubauten und von der gemietet worden. Außer dem Frühstück sei es den Besatzungsmitgliedern vollkommen freigestellt gewesen, wo und wann sie ihre Mahlzeiten einnehmen wollten.
Der Kläger macht zur Begründung der Berufung im wesentlichen geltend: Prof. Ch. habe in seinem Gutachten auf die besonders große Ansteckungsgefahr für Europäer in bestimmten Tropengebieten und besonders in mohammedanischen Ländern hingewiesen. Es sei bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte zumindest zweifelhaft, ob die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum eigenwirtschaftlichen Bereich bei Dienstreisen zugrunde gelegt werden könne. Der berufsbedingte Aufenthalt in Nigeria habe besonderen, den normalen Dienstreisen nicht eigentümlichen Risiken der Infektion unterlegen. Er habe das Risiko durch eigenes Verhalten nicht wesentlich beeinflussen können. In Lagos sei er dienstlich gewesen. Alle Besatzungsmitglieder hätten in von der gemieteten Bungalows gewohnt. Zweimal in der Woche seien sie von Lagos nach Johannisburg geflogen und hätten dort Fleisch und andere Waren eingekauft, die dann von einheimischen, von der angestellten und bezahlten Helfern in der gemeinsamen Küche zubereitet worden seien. Eine direkte Kontrolle über die Sauberkeit bei der Zubereitung der Mahlzeiten sei von niemandem ausgeübt worden. Sie, die Besatzungsmitglieder, seien essensmäßig immer von diesen angestellten Arbeitskräften abhängig gewesen. Die genannten "freien Tage” in Lagos seien dienstlich freie Tage zwischen den Flügen gewesen, an denen sie immer zusammengeblieben oder zum Strand gegangen seien, gefeiert und gegessen hätten. Es habe für sie keine andere Möglichkeit gegeben.
Er beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. November 1969 sowie den angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 1965 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Folgen der Virus-Lebererkrankung Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. für die Zeit vom 1. November 1964 bis 31. Oktober 1965 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 28. November 1969 zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides. Dem Kläger sei es nach der Schilderung des damaligen Stationsleiters der , Sch., durch organisatorische Maßnahmen der möglich gewesen, sich in Lagos hygienisch einwandfrei zu versorgen, zumal für die Lagerung der Lebensmittel und Zubereitung der Speisen eine Europäerin verantwortlich gewesen sei. Bei Nutzung dieser Möglichkeiten habe für den Kläger während des Inkubationszeitraumes aus beruflichen Gründen kein wesentlich erhöhtes Risiko, an Hepatitis infectiosa zu erkranken bestanden.
Die in dem bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. anhängigen Verfahren – Az.: S-4/U-60/69 – eingeholte Auskunft der vom 5. Juni 1972 sowie das Gutachten des Prof. Dr. M., H., vom 25. Oktober 1974 wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Auf den weiteren Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakte wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.
Sie ist aber unbegründet. Die Vorinstanz hat mit Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlaß seiner Erkrankung an Hepatitis. Es liegt weder eine zu entschädigende Berufskrankheit im Sinne von § 551 Abs. 1 RVO noch ein Arbeitsunfall i.S. von § 548 RVO vor.
Hierzu ist zunächst festzustellen, daß es sich bei der Erkrankung des Klägers an Gelbsucht um eine Hepatitis infectiosa (Infektion mit Hepatitis – A – Virus) gehandelt hat, wie in den ärztlichen Gutachten übereinstimmend ausgeführt wird. Ausweislich der Bescheinigung des Dr. K. vom 3. Dezember 1966, der als Hausarzt den Kläger während der Dauer der Erkrankung behandelte, bestand auf Grund der erhobenen Befunde kein Zweifel, daß eine Hepatitis infectiosa vorlag. Auch die anderen Gutachter, die bei dem Kläger zwar keine wesentlichen krankhaften Befunde mehr erheben konnten, bestätigen unter Berücksichtigung der aktenkundigen klinischen Befunde diese Diagnose. Diese Hepatitis-Infektion zog sich der Kläger wahrscheinlich während seines Aufenthaltes in Lagos in der Zeit vom 25. Mai bis 13. Juni 1964 zu bzw. auf einem der von dort aus unternommenen Flüge nach Johannisburg. Daß sich der Kläger im häuslichen Kreis abgesteckt hat, ist unwahrscheinlich. Dr. med. K. hat in diesem Zusammenhang in seiner Bescheinigung vom 3. Dezember 1966 besonders betont, daß eine Ansteckung im häuslichen Milieu auszuschließen sei, da bei ihm als einzigem Arzt am Wohnort des Klägers während dieser Zeit kein Fall von Hepatitis aufgetreten sei. Darüber hinaus hält auch Prof. Dr. Ch. in seinem Gutachten vom 22. September 1969 eine Ansteckung in der Heimat für unwahrscheinlich, weil der Kläger den größten Teil der für die Hepatitis infectiosa gültigen Inkubationszeit nicht zu Hause gewesen sei. Da nach den Gutachten des Prof. Dr. Ch. sowie der Dres. R. und S. die Inkubationszeit für die Hepatitis infectiosa 15 bis 50 Tage beträgt, kommen die Gutachter zutreffend zu dem Ergebnis, daß sich der Kläger in der Zeit zwischen dem 10. Mai 1964 und dem 15. Juni 1964 angesteckt hat. Während dieses Zeitraums befand er sich an 27 Tagen beruflich im Ausland, davon allein an 19 Tagen in Lagos. Dieses zeitliche Verhältnis macht es wahrscheinlich, daß sich der Kläger in Lagos bzw. auf einem der Flüge nach Johannisburg angesteckt hat.
Der Kläger hat geltend gemacht, daß er am 4. Mai 1964 – während der Inkubationszeit – durch den Flughafenarzt in Frankfurt a.M. mit Tetravaccine geimpft worden sei und sich hierbei infiziert und damit eine Serumhepatitis zugezogen haben könne. Selbst wenn diesem Zeitpunkt eine solche Schutzimpfung durchgeführt wurde, so ist doch eine hierdurch erfolgte Infektion nicht wahrscheinlich zu machen, wie Prof. Dr. Ch. in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Der Flughafenarzt Dr. F. hat hieran in der Auskunft vom 27. Januar 1967 mitgeteilt, daß ausschließlich im Autoklaven bei 180° mit gespanntem Dampf sterilisiert worden sei. Diese Methode entspricht aber nach den Ausführungen des Dr. F. den allgemein geforderten Sicherungen gegenüber der Übertragung einer Hepatitis. Überzeugend weist Prof. Dr. Ch. in seinem Gutachten vom 22. September 1969 zwar darauf hin, daß sich trotzdem eine Übertragung des Virus der Serum-Hepatitis und damit eine Infektion durch die am 4. Mai 1964 erfolgte Tetravaccine-Impfung nicht sicher ausschließen lasse, weil, wie im Jahre 1964 noch allgemein üblich, mit den zur Impfung benutzten Spritzen wahrscheinlich auch bei anderen Patienten Blut entnommen worden sei und sich Fehler in der Sterilisation im Autoklaven selbst in der bestgeleiteten Klinik oder ärztlichen Praxis nie völlig vermeiden ließen. Nur bei einer Impfung mit Einmal-Spritzen und Einmal-Kanülen könne eine Infektion mit dem Virus der Serum-Hepatitis sicher ausgeschlossen werden. Der von Prof. Dr. Ch. aufgezeigten Möglichkeit einer Infektion mit einem solchen Virus stehen jedoch die klinischen Befunde entgegen, die nach Auffassung aller Gutachter mit Wahrscheinlichkeit auf eine Hepatitis infectiosa hinweisen. Auch die beigezogene Auskunft der DLH vom 5. Juni 1972 (in dem Rechtsstreit Meisel) spricht dafür, daß keine Serum-Hepatitis vorlag. Danach wurde, abgesehen von dem Fall , in allen vier Unternehmeranzeigen über eine Berufskrankheit für den Zeitraum von 1964 bis 1966 hinsichtlich einer Hepatitiserkrankung nur der Aufenthalt und der Genuß von Speisen in tropischen Ländern als Ursache angegeben, obwohl in dieser Zeitspanne 1107 Blutentnahmen – davon allein 867 im Jahre 1966 – mit Recordspritzen und Metallkanülen durchgeführt wurden. Auch nachdem seit Anfang 1967 nur noch Einmal-Spritzen und Einmal-Kanülen verwendet wurden, seien bei den in den Jahren 1967 bis 1971 durchgeführten Blutentnahmen 13 Fälle von Hepatitis aufgetreten, die als Berufskrankheit gemeldet worden seien. Ursache für diese Erkrankungen sei in allen Fällen der Aufenthalt und die Ernährung in tropischen Ländern gewesen. Nach allem ist es hiernach unwahrscheinlich, daß sich der Kläger bei Vornahme einer Schutzimpfung infiziert hat.
Nach § 551 Abs. 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch eine Berufskrankheit. Darunter fallen Krankheiten, die in der Anlage zur 6. BKVO, die zur Zeit der Erkrankung galt, als solche bezeichnet sind und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet.
Zunächst scheidet die Anwendung der Nr. 37 der Anlage zur 6. BKVO aus. Danach sind Infektionskrankheiten dann Berufskrankheiten i.S. der RVO, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig war und sich die Erkrankung dort zugezogen hat. Zwar war der Kläger an einer Infektionskrankheit i.S. der genannten Regelung erkrankt. Jedoch gehörte er in seiner Tätigkeit als Flugbegleiter nicht zu dem genannten Personenkreis, der vorwiegend die Angehörigen der Heil- und Pflegeberufe umfaßt. Die 7. BKVO hat die Nr. 37 der Anlage zwar dahin erweitert, daß eine Infektionskrankheit auch dann zu entschädigen ist, wenn der Versicherte durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße ausgesetzt war. Ob diese Voraussetzung bei dem Kläger seinerzeit vorlag, bedurfte jedoch keiner weiteren Prüfung, da die am 1. Juli 1968 in Kraft getretene 7. BKVO sich keine Rückwirkung zugelegt hat und somit keine Anwendung finden kann.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO. Nach dieser Vorschrift sind Tropenkrankheiten als Berufskrankheiten zu entschädigen. Allerdings wird dort nicht definiert, was unter einer solchen zu verstehen ist. Lediglich wird in den zu Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblättern darauf hingewiesen, daß Tropenkrankheiten vorwiegend den Tropen und Subtropen eigentümliche Erkrankung sind, die infolge der besonderen klimatischen und anderen Verhältnisse dort bevorzugt bzw. besonders häufig auftreten (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, Bd. III Anh. S. 78; RVA in EuM Bd. 22 S. 232 f.). In der dort enthaltenen Zusammenstellung von beispielhaft, genannten Tropenkrankheiten ist die Hepatitis infectiosa nicht aufgeführt worden. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urt. v. 19.9.1974 – Az.: 8 RU 64/73) ist bei der Entscheidung, ob eine Tropenkrankheit nach Nr. 44 vorliegt, allein auf die obige Definition dieses Begriffs abzustellen. Sie brauche nicht ausschließlich nur in diesem Gegenden vorzukommen. Das BSG hat zur Frage der Bazillenruhr als Tropenkrankheit darauf hingewiesen, aus der Tatsache, daß diese Krankheit auf der ganzen Welt anzutreffen sei, dürfe allein noch nicht gefolgert werden, sie könne deshalb unter keinen Umständen zu den Tropenkrankheiten gezählt werden. Vielmehr sei zu prüfen, ob die Krankheit zu den den Tropen vorwiegend eigentümlichen Krankheiten zähle, die dort infolge der spezifischen Verhältnisse "besonders häufig” vorkommen. Unter Hinweis auf ein Gutachten des Prof. Dr. M. vom 2. Februar 1962 kommt das BSG zu dem Ergebnis, daß die Bazillenruhr in den warmen Gebieten eine andere und weit gefährlichere Bedrohung der Gesundheit – gerade auch eines aus Deutschland dorthin entsandten Berufstätigen – darstelle, als es bei der Ruhr der Fall sei, die in gemäßigten Breiten gelegentlich aufzutreten pflege, zumal die Bazillenruhr heute in Deutschland "zum Teil sehr selten” geworden sei.
Auch bei Berücksichtigung dieser vom BSG aufgestellten Grundsätze im vorliegenden Rechtsstreit kann der vom Kläger durchgemachten Hepatitis infectiosa nicht der Charakter einer Tropenkrankheit im Sinne von Nr. 44 der Anlage zur 6. BKVO zuerkannt werden. Dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten der Dres. R. und S. zufolge tritt die Hepatitis infectiosa in den warmen Gebieten nicht sehr häufiger auf als in Deutschland. Nach den Darlegungen dieser Gutachter haben statistische Untersuchungen ergeben, daß die Erkrankungen an Hepatitis infectiosa in allen Ländern vorkommen und keine Beziehungen zu klimatischen Einflüssen haben. Zwar bringe der Aufenthalt in Entwicklungsländern mit mangelhaften hygienischen und sanitären Verhältnissen für Europäer auch heute noch ein stark erhöhtes Infektionsrisiko an Hepatitis infectiosa mit sich. Die Häufigkeit der Erkrankung nehme mit einem vermehrten Kontakt zur einheimischen Bevölkerung deutlich zu. Es bestehe eine direkte Abhängigkeit der Erkrankungshäufigkeit zum Standard der sanitären und hygienischen Lebensverhältnisse der Bewohner. Auch in den außereuropäischen Großstädten und in tropischen und subtropischen Gebieten mit guten hygienischen Verhältnissen liege die Häufigkeit von Hepatitiserkrankungen jedoch nur unwesentlich höher als in Europa. Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko im obigen Sinne besteht nach der statistischen Zusammenstellung der Gutachter für das fliegende Personal der nicht.
Es betrage bei einer Erkrankungsrate von 00,7 % pro Jahr nur das doppelte im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Das Risiko liegt, wie die Zusammenstellung erkennen läßt, nicht höher als z.B. bei Mitarbeitern der Fa. S. auf Außenmontage im Inland. Von der als Tropenkrankheit anerkannten Bazillenruhr unterscheidet sich die Hepatitis infectiosa dem Gutachten zufolge auch dadurch, daß sie in den warmen Gebieten keine gefährlichere Bedrohung der Gesundheit für deutsche Versicherte darstellt, als es z.B. bei einer in Deutschland auftretenden Hepatitis infectiosa der Fall ist. Beim Kläger ist die Krankheit auch bereits seit langem folgenlos abgeheilt.
Mit Recht weisen die Dres. R. und S. bezüglich des verhältnismäßig geringen Ansteckungsrisikos für das fliegende Personal der noch darauf hin, daß, was im übrigen auch gerichtsbekannt ist, dieses in Übersee in der Regel in ausgesucht guten Hotels unterbracht wird. Der Dienst erfordert grundsätzlich auch keinen engen beruflichen Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung, wie dies z.B. bei Entwicklungshelfern der Fall ist. Im vorliegenden Rechtsstreit lagen die Verhältnisse nicht wesentlich anders. Die Flugzeugbesatzungen – und damit auch der Kläger – waren in Lagos in von der DLH gemieteten neuerbauten Bungalows untergebracht. Sie erhielten ausweislich der Auskunft der vom 5. August 1974 von der das Frühstück, das von einem lokalen Koch in der Bungalowküche zubereitet wurde. Für die Lagerung und einwandfreie Zubereitung der dafür nötigen Zutaten, die, abgesehen von Früchten, sämtlich aus Deutschland eingeflogen wurden, war eine Engländerin verantwortlich. Außer dem Frühstück war es den Besatzungsmitgliedern freigestellt, wo und wann sie ihre Mahlzeiten einnehmen wollten. Sie konnten jederzeit in eines der in der Nähe gelegenen Hotels zum Essen gehen. Daraus ergibt sich aber eindeutig, daß ein Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung aus dienstlichen Gründen nicht geboten war.
Die von den Gutachtern Dres. R. und S. vertretene Auffassung wird durch das für das SG Frankfurt a.M. in dem Rechtsstreit Az.: S-4/U-60/69 (Meisel) von Prof. Dr. M. erstattete Gutachten vom 25. Oktober 1974, das zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde, nicht widerlegt. Dort ist die Anerkennung einer Hepatitis infectiosa als Infektionskrankheit i.S. der Nr. 37 der Anlage zur 7. BKVO im wesentlichen mit der Begründung bejaht worden, daß in tropischen Ländern mit ungünstigen hygienischen Bedingungen die Möglichkeit, sich eine Hepatitis-Infektion zuzuziehen, viel eher gegeben sei als in europäischen Ländern. Prof. Dr. M. stellt hierbei entscheidend auf die Tätigkeit von Entwicklungshelfern in tropischen Gebieten ab und erwähnt nur summarisch die Flugbesatzungen, die nach seiner Auffassung unter Nr. 37 der Anlage 1 zur 7. BKVO fallen. Als Infektionskrankheit i.S. der enger gefaßt gewesenen Nr. 44 der Anlage zu der hier maßgebenden 6. BKVO kann die Hepatitis infectiosa im vorliegenden Fall jedoch nicht entschädigt werden, wie oben ausgeführt ist. Soweit Prof. Dr. M. darauf beweist, daß er die Hepatitis schon früher als "fakultative Tropenkrankheit” bezeichnet habe, will er erkennbar nur zum Ausdruck bringen, daß dieser "nicht sehr glückliche Ausdruck” verdeutlichen solle, daß die Möglichkeit einer Hepatitis-Infektion in tropischen Ländern viel eher gegeben sei als in europäischen Breiten. Diese kurzen Ausführungen sind aber nicht geeignet, die oben genannten Voraussetzungen für eine Tropenkrankheit darzutun.
Die Erkrankung des Klägers ist auch kein Arbeitsunfall i.S. von § 548 RVO. Im Gesetz ist der Unfallbegriff nicht näher bestimmt. Nach der in Rechtsprechung und Lehre übereinstimmenden Auffassung gilt als Arbeitsunfall grundsätzlich ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung einer versicherten Tätigkeit längstens in einer Arbeitsschicht eingetreten ist. Für den Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsschädigung mit einem Arbeitsunfall genügt die bloße Möglichkeit nicht. Vielmehr muß der ursächliche Zusammenhang zumindest wahrscheinlich sein, d.h., bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, daß die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (vgl. Urteil des BSG vom 2.6.1959 – Az.: 2 RU 158/56 – SozR Nr. 20 zu § 542 RVO).
Berufliche Ursachen für die Hepatitis-Infektion sind nicht ersichtlich. Der Umstand, daß sich der Kläger aus dienstlichen Gründen im Ausland aufhielt, rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme eines Arbeitsunfalls. Für Arbeitsunfälle bei dienstlichen Auslandsaufenthalten gelten die gleichen Grundsätze wie sie bei solchen im Inland zu berücksichtigen sind. Bei Unfällen auf Dienstreisen ist zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem versicherten Beschäftigungsverhältnis zusammenhängen und deshalb versichert sind, und anderen Verrichtungen, die der privaten Lebenssphäre des Beschäftigten angehören, für die daher kein Unfallversicherungsschutz besteht (vgl. Urteil des BSG vom 25.3.1964 – Az.: 2 RU 123/61). Der Versicherungsschutz entfällt hiernach in der Regel dann, wenn der Beschäftigte sich rein privaten, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflußten Belangen widmet. Eine Hepatitis-Infektion erfolgt im wesentlichen durch Nahrungsaufnahme. Der Kläger hat vorgebracht, daß er sich mit seinen Arbeitskollegen in Lagos zum großen Teil selbst versorgt habe, indem sie sich Lebensmittel in Johannisburg besorgten und diese ohne besondere Aufsicht in ihren Bungalow in Lagos von einheimischen Helfern zubereiten ließen. Bei der Beschaffung von Lebensmitteln und der Aufnahme von Nahrung handelt es sich aber um Tätigkeiten, die dem unversicherten Lebensbereich anzurechnen sind (vgl. Urteile des BSG vom 30.6.1961 – 2 RU 78/60 und vom 7.3.1969 – 2 RU 264/66). Die vom Kläger gewählte Art der Essenzubereitung war auch nicht betriebsbedingt. Er hätte sich nämlich in einem der großen Hotels in Lagos verpflegen können. In den modernen Städten tropischer Länder liegt aber die Häufigkeit von Hepatitiserkrankungen nur unwesentlich höher als in Europa, wie von den Gutachtern Dres. R. und S. ausgeführt worden ist. Im übrigen kann sich der Kläger auch außerhalb der Hauptmahlzeiten infiziert haben. Nach seinen Angaben hatten sie zwischen den Flügen dienstfreie Tage, an denen sie gemeinsam "feierten und aßen.” Im Hinblick auf die vielseitige Möglichkeit, sich zu infizieren, ist aber im Einzelfall besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Infektionskrankheit durch die berufliche Beschäftigung verursacht worden ist (vgl. Urteil des BSG vom 29. Januar 1974, 8/7 RU 58/71).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach § 551 Abs. 2 RVO. Nach dieser Bestimmung sollen die Träger der Unfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit entschädigen, sofern sie nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO erfüllt. Neue Erkenntnisse liegen jedoch in Bezug auf Hepatitis-Infektionen nicht vor, wie in dem Gutachten der Dres. R und S. dargetan worden ist. Auch aus dem Gutachten des Prof. Dr. M. vom 25. Oktober 1974 ergibt sich hierfür nichts.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193 Abs. 1, 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes.
Rechtskraft
Aus
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