L 23 B 137/07 SO ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 90 SO 1537/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 137/07 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die nach §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Juni 2007, mit dem das Sozialgericht Berlin es abgelehnt hat, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller umgehend Leistungen der Grundsicherung ab Dezember 2006 zu gewähren, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom 06. Juli 2007), ist unbegründet.

Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Er hat seine derzeitige Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Denn er ist Eigentümer eines Pkw der Marke Toyota Avensis 2.0 D 4D (T22), den er im Jahr 2000 während des Bezugs von Sozialhilfeleistungen für 40 865,34 DM (mit den Kosten des Kredits: 42 316,00 DM, 42 Raten à 698,00 DM zzgl. Anzahlung in Höhe von 13 000,00 DM) angeschafft hat. Dieses Fahrzeug hat nach den vom Antragsgegner durchgeführten Internetrecherchen, die der erkennende Senat nachvollzogen hat, gegenwärtig einen aktuellen Händler-Einkaufswert je nach Bewertungsanbieter von 6 099,00 bis 6 464,00 EUR (Quelle: HTTP://dat.de/fzgwerte, Stand: 23. Juli 2007). Das vom Antragsteller bei der erneuten Beantragung von Grundsicherungsleistungen im Dezember 2006 beim Antragsgegner vorgelegte "Gutachten" der Firma Auto W GmbH & Co. KG vom 27. November 2006 kann nur als Gefälligkeitsgutachten eingeschätzt werden. Denn in diesem wird der Gesamtzustand des Fahrzeugs ausdrücklich mit "normal" und Vorschäden als "unbekannt" angegeben. Danach ist nicht im Ansatz erkennbar, warum das Kraftfahrzeug, das im Übrigen auch lt. Kaufvertrag über eine werterhöhende Metallic-Lackierung verfügt, erheblich weniger als die Hälfte des Wertes haben sollte, der sich aus der auch der Begutachtung durch die Auto W GmbH & Co. KG angeblich zugrunde liegenden Gebrauchtfahrzeugbewertung nach DAT System ergeben würde (im Mai 2007: 6 571,00 EUR); zumal dieser nicht glaubhafte Wert von 2 600,00 EUR genau dem Betrag entspricht, der bei der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung als so genanntes kleines Barvermögen unberücksichtigt bleiben würde. Der Antragsteller hat hierzu selbst vorgetragen, dass er im Jahr 2005 auf die Weitergewährung von Grundsicherungsleistungen verzichtet hatte, weil er Angst gehabt habe, ansonsten seinen Pkw vorrangig einsetzen zu müssen. Erst nachdem ihm in einem weiteren sozialgerichtlichen Verfahren vom dortigen Richter erklärt worden sei, dass sein Pkw als so genanntes Schonvermögen gelten könnte (mündliche Verhandlung im Verfahren S 88 SO 1131/06 am 20. November 2006), hat er eine Begutachtung in Auftrag gegeben, die einen Wert des Pkw festgestellt hat, der genau diesem Wert des Schonvermögens entspricht, und sodann am 05. Dezember 2006 einen erneuten Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung gestellt. Der angebliche Wert von 2 600,00 EUR des Pkw ist danach unglaubhaft. Mag auch der Wert des Fahrzeuges aufgrund zweier vom Antragsteller angegebener kleinerer Sachschäden, die er nicht beseitigt haben will, unter dem Wert liegen, der sich über die Internetbewertungsmaschinen nach dem DAT System ergibt, so ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Wert von 2 600,00 EUR überschritten wird. Das danach vorhandene Vermögen hat der Antragsteller gemäß § 41 Abs. 2 i. V. m. § 90 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vor der Inanspruchnahme von Leistungen des Antragsgegners zunächst einzusetzen.

Der Pkw des Anragstellers ist nicht nach § 90 Abs. 2 SGB XII geschützt. Es handelt sich nicht etwa um Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII, wonach die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden darf vom Einsatz oder von der Verwertung von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind. Zum einen geht der Antragsteller einer Erwerbstätigkeit, für die er ggf. auf die Nutzung eines Kfz angewiesen sein könnte, nicht nach. Zum anderen stünde auch der Wert des Kfz zu dem bisher vom Antragsteller erzielten und demnach auch zukünftig zu erwartenden Jahreseinkommen von ca. 1 320,00 EUR (12 x 110,00 EUR) außer Verhältnis (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 30. September 1996, 8 E 401/95, NJW 1997, 540 m. w. N.).

Der Pkw des Antragstellers ist auch nicht nach § 90 Abs. 3 SGB XII vor der Verwertung geschützt. Nach dieser Vorschrift darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Auch wenn aufgrund der vom Versorgungsamt festgestellten außergewöhnlichen Gehbehinderung des Antragstellers die Notwendigkeit der Haltung eines Kraftfahrzeuges anerkannt werden könnte, gilt dies jedenfalls nicht für das Fahrzeug des Antragstellers, das über eine erhebliche Komfortausstattung (Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, Edelholzinnenausstattung, Klimaanlage, beheizbare Front- und Heckscheibe und vieles mehr) verfügt. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, selbst wenn er grundsätzlich auf die Haltung eines Kfz angewiesen sein sollte, seinen Pkw zu verwerten und durch einen Gebrauchtwagen ohne gehobene Ausstattungsmerkmale zu ersetzen und den Differenzbetrag zur Bestreitung seines ungedeckten Bedarfs einzusetzen.

Vor diesem Hintergrund konnte es der Senat dahinstehen lassen, ob die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung an den Antragsteller bereits nach § 41 Abs. 3 SGB XII ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen, die in den letzten zehn Jahren ihre Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben. Ob bereits die Anschaffung eines Neuwagens für 40 000,00 DM während des Bezugs von Sozialhilfe, wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt hat, oder aber der Einsatz eines dem Antragsteller im Jahr 2005 zugeflossenen Erlöses aus der Auflösung eines Wertpapierdepots in Höhe von 6 463,37 EUR sowie des Ertrags einer Lebensversicherung im Januar 2007 in Höhe von 9 860,70 EUR zur Schuldentilgung bei gleichzeitiger Beantragung von ergänzenden Leistungen der Grundsicherung als zumindest grob fahrlässiges Herbeiführen der Bedürftigkeit angesehen werden kann, brauchte der Senat danach nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Saved