L 4 R 4030/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1677/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4030/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.

Die am 1950 geborene Klägerin zog 1972 aus ihrem Herkunftsland Kroatien in die Bundesrepublik Deutschland. Sie nahm zunächst bis November 1976 eine Tätigkeit als Aushilfe in einer Küche auf. Danach war sie bis Januar 1987 als Bestückerin am Band und anschließend bis Februar 1993 als Montagearbeiterin bei der Firma M. K. Digital AG beschäftigt. Nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses war die Klägerin arbeitslos. Sie bezog vom 01. Oktober 1993 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 11. September 1995 Arbeitslosengeld. Ein Antrag auf Arbeitslosenhilfe wurde zunächst nicht gestellt. Nach ihren Angaben unternahm sie im Oktober 2003 den (nach drei Tagen gescheiterten) Versuch, halbtags an der Kasse eines Lebensmittelmarktes zu arbeiten. Derzeit bezieht sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose.

Am 21. November 1995 beantragte sie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nach Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens vom 13. März 1996 bei Dr. F. lehnte die Landesversicherungsanstalt Baden, eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), die beantragte Rente ab (Bescheid der Beklagten vom 21. März 1996, Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1996). Die von der Klägerin erhobene Klage (S 6 RJ 1564/96) wies das Sozialgericht Reutlingen (SG) mit Urteil vom 05. März 1998 ab. Grundlage war das nervenärztliche Gutachten des Dr. B. vom 12. Dezember 1997.

Am 15. Januar 1999 beantragte die Klägerin erneut eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Nachdem die Beklagte ein internistisches Gutachten durch Dr. P. vom 19. März 1999 erhoben hatte, wurde der Antrag durch Bescheid vom 24. März 1999 abgelehnt. Im anschließenden Widerspruchsverfahren wurde durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie K. das weitere Gutachten vom 17. September 1999 erstellt. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 1999 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens S 11 RJ 3116/99) vor dem SG wurde auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. G. vom 19. Juni 2000 und. anschließend von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. N. vom 03. Juli 2001 erhoben. Gestützt auf das Gutachten des Dr. N., der zu dem Ergebnis kam, die psychischen Gesundheitsstörungen (Angststörung und depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymie sowie ein Migräneleiden) reduzierten die körperliche und psychische Belastbarkeit in qualitativer Hinsicht, die Klägerin könne leichte körperliche und geistige Tätigkeiten ohne Zeitdruck und ohne Nachtarbeit noch verrichten, wies das SG die Klage durch Urteil vom 25. September 2001 ab. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin (L 11 RJ 4443/01) blieb erfolglos (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 17. Juni 2002). Das Bundessozialgericht (BSG) wies den Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG vom 17. Juni 2002 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ab (Beschluss vom 01. August 2002 - B 5 RJ 6/02 BH -).

Am 11. August 2003 beantragte die Klägerin erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sie bezog sich auf von ihr vorgelegte Atteste des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Be. vom 14. Juli 2003 und des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin S. vom 31. Juli 2003. Die Beklagte zog das Gutachten der Ärztin H. vom 09. Januar 2003 und das psychologische Gutachten des Dipl.-Psych. D. vom 13. Februar 2003 bei, die diese für die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Villingen-Schwenningen, erstellt hatten. Arzt für Psychotherapeutische Medizin S. beschrieb - wie auch Dr. Be. - ein chronisch rezidivierendes depressives Syndrom, wobei aktuell eine depressive Stimmungslage, Schwindel, Geräuschempfindlichkeit, rezidivierende Spannungskopfschmerzen und Migräneattacken bestünden. Dipl.-Psych. D. äußerte die Prognose, dass die Wahrscheinlichkeit, die Klägerin in Arbeit vermitteln zu können, gegen Null tendiere. Frau H. kam zu dem Ergebnis, dass eine vollschichtige Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe. Die Erkrankungen einschließlich der körperlichen Diagnosen seien nicht so stark ausgeprägt, dass die Klägerin nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit ausüben könne. In der von der Beklagten veranlassten nervenärztlichen Stellungnahme vom 04. September 2003 nahm Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. in Auswertung der zuvor genannten Unterlagen keine Änderung im Leistungsvermögen im Vergleich zu den Vorgutachten an.

Mit Bescheid vom 11. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Auch liege keine Berufsunfähigkeit vor. Mit Fernkopie vom 21. Oktober 2003 legte die Klägerin Widerspruch ein und führte aus, der Widerspruch sei möglicherweise verspätet. Sie sei zunächst im Urlaub gewesen. Bei ihrem Bevollmächtigten habe sie erst am 20. Oktober 2003 einen Termin erhalten. Sie stelle jedoch den Antrag, den Bescheid aufzuheben und bezog sich auf die Einschätzung im Attest des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin S. vom 31. Juli 2003, auf das Attest des Dr. Be. vom 14. Juli 2003 und das psychologische Gutachten von Dipl.-Psych. D. vom 13. Februar 2003. Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) und wies den Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 11. September 2003 durch Bescheid vom 11. November 2003 zurück. Die jetzt von der Klägerin erneut in Bezug genommenen Befunde seien bereits bei Erteilung des Ablehnungsbescheids bekannt gewesen. Weitere Erkenntnisse, die eine andere Entscheidung begründen könnten, lägen nicht vor. Auch die während des Rechtsmittelverfahrens vor dem LSG vorgelegten und erhobenen Befunde seien berücksichtigt worden. Es sei deshalb weder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden, noch sei das Recht unrichtig angewandt worden.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich aufgrund der Leistungseinschätzung des Dipl.-Psych. D. und des Facharztes S ... Sie legte ein weiteres Attest des Dr. Be. vom 08. März 2004 vor. Dr. Be. berichtete von einer allgemeinen Verschlechterung des Gesundheitszustands mit einer erheblichen Einschränkung der psychischen und körperlichen Belastbarkeit. Kürzliche Arbeitsversuche seien am Durchhaltevermögen der grundsätzlich arbeitswilligen Klägerin gescheitert. Sie sei nur unter halbschichtig belastbar. Die Beklagte veranlasste eine weitere, interdisziplinäre Begutachtung der Klägerin in der Ärztlichen Gutachterstelle R ... In dem internistischen Zusatzgutachten vom 26. März 2004 kommt Internist Dr. Mü. zu dem Ergebnis, es liege ein Bluthochdruck, ein neu entdeckter Diabetes mellitus ohne Komplikationen, ein Übergewicht sowie diskrete Narbenrestbeschwerden nach einer Gallenblasenoperation 1992 vor. Aufgrund des hohen Blutdrucks ergäben sich Funktionseinschränkungen nur bezüglich Tätigkeiten mit Nachtschicht, Wechselschicht und Zeitdruck. Die übrigen Erkrankungen seien unter Leistungsaspekten unerheblich. Im chirurgisch-orthopädischen Zusatzgutachten vom 29. März 2004 führte Facharzt für Orthopädie Dr. C. zusammenfassend aus, es liege eine rezidivierende Cervicobrachialgie, eine rezidivierende Lumboischialgie und eine Rückenmuskelinsuffizienz vor. Es bestünden Fersenspornbeschwerden beidseits. Wegen der Erkrankungen der Wirbelsäule sei das Leistungsvermögen im Bereich der Hebetätigkeit eingeschränkt. Für eine leichte körperliche, wechselnde Tätigkeit ohne stärkere Gewichtsbelastung sei weiterhin vollschichtiges Leistungsvermögen anzunehmen. Im neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 31. März 2004 führte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie St. unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Zusatzgutachten des Dr. Mü. und des Dr. C. aus, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien sechs Stunden und mehr am Tag möglich. Dies umfasse Arbeiten ohne Wechsel-/Nachtschicht, besonderen Zeitdruck, besondere geistige Anspannung, ohne übermäßigen Publikumsverkehr, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten. Eine Verschlechterung im Vergleich zu den Vorgutachten sei nicht feststellbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück.

Die Klägerin hat am 26. Mai 2004 Klage beim SG erhoben. Zur Begründung hat sich die Klägerin im Wesentlichen auf ihren Vortrag im Vorverfahren, das Attest des Dr. Be. vom 08. März 2004 sowie dessen ärztliche Bescheinigung vom 29. April 2004 zur Feststellung einer schwerwiegenden chronischen Krankheit im Sinne des § 62 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V), wonach wegen des Bluthochdrucks und auch der Depression eine Dauerbehandlung, deren Ende nicht absehbar sei, erforderlich sei, bezogen. Er habe auch bestätigt, dass ohne eine kontinuierliche medizinische Versorgung nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten sei.

Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. He. vom 15. November 2004 entgegengetreten.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. Be. hat in seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2004 mitgeteilt, es liege ein depressives Syndrom mit Somatisierungsstörung, ein chronischer Tinnitus, ein chronisch-diffuses Schmerzsyndrom, eine Pollinose, eine Adipositas, Hypertonie, Hyperlipidämie und ein latenter Diabetes mellitus vor. Seit seiner Behandlungsübernahme, speziell ab Juli 2003, habe er keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin festgestellt. Es bestünden prinzipiell keine Bedenken gegen körperlich leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich. Aufgrund der Gesamtsituation und ihrer Persönlichkeit werde die Klägerin bei den Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes auch bei einer geringeren Stundenzahl nicht durchhalten können und wollen. Diese Stellungnahme hat Dr. Be. nach persönlicher Vorsprache der Klägerin in einem weiteren Attest vom 22. Oktober 2004 relativiert, in dem er nunmehr angegeben hat, in Kenntnis der rezidivierenden depressiven Episoden mit erheblicher Einschränkung der psychischen Belastbarkeit sei die Klägerin aus heutiger Sicht auf Dauer auch für körperlich leichte Arbeiten nur unter halbschichtig belastbar. Facharzt für Psychotherapeutische Medizin S. hat in seiner Stellungnahme vom 27. Oktober 2004 ausgeführt, es bestehe ein chronisch rezidivierendes depressives Syndrom, eine Somatisierungsstörung, ein kombinierter Migräne- und Spannungskopfschmerz, chronische Narbenschmerzen, ein Hypertonus, ein chronisches Lumbalsyndrom und ein Tinnitus. Im Vordergrund stehe die depressive Symptomatik mit ausgeprägter Somatisierung. Aufgrund einer im Herbst 2003 durchgeführten Trainingsmaßnahme, die zur Dekompensation und erneuten Arbeitsunfähigkeit geführt habe, erscheine eine geregelte Tätigkeit mit mindestens sechs Stunden täglich nicht möglich.

Das SG hat das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. Stä. vom 05. April 2005 erhoben. Er hat die Diagnosen einer undifferenzierten Somatisierungsstörung, einer Angst und Depression gemischt sowie einer Migräne gestellt und zusammenfassend ausgeführt, eine schwergradige psychische Funktionsstörung habe sich nicht herausarbeiten lassen. Der Schweregrad der Migräne könne nicht quantifiziert werden. Den psychischen Störungen komme kein erheblicher und damit kein leistungsrelevanter Krankheitswert zu. Die bei der jetzigen Begutachtung feststellbaren Störungen seien leichtgradig. Darüber hinaus werde erheblich aggraviert mit dem klar erklärten Ziel, eine Rente gewährt zu erhalten. Die Klägerin sei in der Lage, vollschichtig eine regelmäßige Tätigkeit auszuüben.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2005 hat die Klägerin ein von ihr selbst veranlasstes Gutachten der Dipl.-Med. No. vom 15. Juli 2005 auszugsweise vorgelegt. Dipl.-Med. No. ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen und in Tagschicht vollschichtig zumutbar seien. Mit Urteil vom selben Tag hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf das Gutachten des Dr. Stä. sowie die im Widerspruchsverfahren erhobenen Gutachten der Frau St., des Dr. Mü. und des Dr. C. gestützt.

Gegen das ihr am 07. September 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. September 2005 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie sich im Wesentlichen auf ihren bisherigen Vortrag bezieht. Ihre Einschätzung, wonach sie auch aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage sei, auch nur stundenweise eine wirtschaftlich verwertbare Arbeit zu leisten, werde durch ein von ihr selbst veranlasstes Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Dipl. Psych. Re. bestätigt. Dr. Re. hat in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten vom 09. November 2005 zusammenfassend ausgeführt, die Klägerin sei zurzeit nicht erwerbsfähig. Es liege eine depressiv-narzistische Entwicklung (Dysthymie) auf dem Hintergrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit der Folge chronischer Schlafstörungen und einer Benzodiazepinabhängigkeit, eine Panikstörung und Erschöpfung, eine Hypochondrie als Form einer Somatisierungsstörung, ein chronisches Kopfschmerzsyndrom mit Schmerzmittelabusus und Migräne, der Verdacht auf einen Analgetikakopfschmerz sowie ein Spannungskopfschmerz vor. Es liege keine Rentenneurose vor. Aufgrund der komplexen Problematik sei die Klägerin nicht in ein Arbeitsverhältnis zu integrieren. Weiter hat die Klägerin die Bescheinigungen des Dr. Be. vom 08. März und 22. November 2004 sowie dessen erneutes Attest vom 26. September 2005 vorgelegt, in dem er darauf hinweist, dass nach seiner letzten Bescheinigung aus dem November 2004 keine Besserung des Gesundheitszustandes eingetreten sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Juli 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2004 zu verurteilen, ihren Bescheid vom 11. September 2003 zurückzunehmen und ihr ab 01. August 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Sie hat die Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Dr. Gi. vom 20. April 2006 vorgelegt. Bei der Klägerin bestehe ein seit vielen Jahren unverändertes Beschwerdebild, welches letztendlich durch Dr. Re. nur wieder bestätigt werde und bei realistischer Betrachtung keine derartigen funktionellen Einschränkungen und Beeinträchtigungen nach sich ziehe, dass sich hieraus eine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens ableiten lasse, wenn entsprechende, bereits vorgegebene Funktionseinschränkungen beachtet würden.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG ist Dr. Re. zum Gutachter bestellt worden. In seinem Gutachten vom 28. November 2006 hat er die bereits in seinem früheren Gutachten genannten Gesundheitsstörungen wiederholt. Diese führten zu einer erheblichen Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit und der allgemeinen Lebensqualität. Die Klägerin sei nur unter drei Stunden täglich belastbar, bezogen auf leichte Arbeiten ohne jegliche Zusatzanforderungen. Ein einigermaßen exaktes Datum, seit wann die Leistungseinschränkungen nachweisbar seien, lasse sich nicht angeben. Es könne vielleicht auf den Oktober 2003 zurückgegriffen werden. Dr. Stä. habe aufgrund der fehlenden tiefenpsychologischen Perspektive die hartnäckige Verankerung der Störung in der Persönlichkeit bzw. ihre Schwere unterschätzt.

Zu den Beurteilungen des Dr. Re. hat die Beklagte die Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin Dr. Bu. vom 12. Februar 2007 vorgelegt. Aus dem Gutachten ergäben sich keine eindeutigen neuen medizinischen Gesichtspunkte, die eine entscheidende Änderung der bisherigen Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründet könnten. Dr. Re. hat ergänzend in einer von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme vom 31. Mai 2007 nochmals dargelegt, die meisten Vorgutachten würden seines Erachtens zu symptomzentriert argumentieren und die Einbettung der Symptomatik in die Gesamtpersönlichkeit nur ungenügend berücksichtigen. Zu den aktuellen Lebensbezügen gehörten auch die kulturelle Herkunft der Klägerin, ihr ständiges Konsultieren von Nervenärzten seit 25 Jahren und der anhaltende Rentenkampf als beharrlicher Kampf um Gerechtigkeit für die eigene Person. Dies sei nur aus der Lebensgeschichte zu erklären.

Der Berichterstatter hat die Akten der Klägerin von der Agentur für Arbeit Villingen-Schwenningen beigezogen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG sowie die Senatsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin bei der Agentur für Arbeit Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 11. September 2003 zurückzunehmen. Bei Erlass dieses Bescheides wurde weder das Recht unrichtig angewandt, noch ist von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unzutreffend erweist. Der Klägerin steht eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht zu.

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin, den Bescheid vom 11. September 2003 zurückzunehmen, ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Bei Erlass des Bescheids vom 11. September 2003 wurde weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Der Klägerin steht eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nicht zu. Abzustellen ist im Rahmen des Überprüfungsantrages nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids bzw. Widerspruchsbescheids bzw. auf den Zeitpunkt, zu dem der Bescheid Wirkung entfalten soll. Die Rechtmäßigkeit des Rentenablehnungsbescheids beurteilt sich nach der Sach- und Rechtslage im September 2003 nach heutiger Sicht (vgl. BSGE 90, 136, 138). Insoweit liegt ursprüngliche Rechtswidrigkeit auch dann vor, wenn deren richtige medizinische Beurteilung erst später möglich geworden ist (vgl. Wiesner in v. Wulffen, SGB X, 5. Auflage, § 44 Rdnr. 10). Nicht zu prüfen ist, ob sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach September 2003 geändert hat. Eine solche wesentliche Änderung der Verhältnisse wäre nach § 48 SGB X zu beurteilen.

1. Nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser, als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert.

Nach diesen Maßstäben war die Klägerin im September 2003 nicht erwerbsgemindert. Sie war in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte körperliche Arbeiten mit gewissen Einschränkungen hinsichtlich der qualitativen Belastungen zu verrichten.

a) Auf internistischem Fachgebiet lagen bei der Klägerin ein Bluthochdruck, eine Zuckererkrankung, Übergewicht und diskrete Narbenrestbeschwerden nach einer Gallenblasenoperation 1992 vor. Wegen des hohen Blutdrucks sind der Klägerin nur noch Tätigkeiten ohne Nachtschicht, Wechselschicht und ohne Zeitdruck möglich. Anderweitige Funktionseinschränkungen ergeben sich aus den genannten Erkrankungen nicht. Die Überzeugung des Gerichts beruht auf dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Internisten Dr. Mü. vom 26. März 2004, der bei der Untersuchung keine weitergehenden Leistungseinschränkungen feststellen konnte.

b) Auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet litt die Klägerin an rezidivierenden Cervicobrachialgien, rezidivierenden Lumboischialgien und Fersenspornbeschwerden beidseits. Wie Dr. C. in seinem schlüssigen Gutachten vom 29. März 2004 dargelegt hat, führten diese Erkrankungen dazu, dass die Klägerin nur noch leichte körperliche Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung ohne stärkere Gewichtsbelastung ausüben kann. Eine quantitative Leistungseinschränkung resultierte hieraus nicht. Dies ergibt sich auch aus den Feststellungen des Beschlusses des LSG vom 17. Juni 2002 (S. 9), denen sich der Senat anschließt.

c) Das Schwergewicht der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen lag und liegt nach übereinstimmender Einschätzung der gehörten Ärzte und Sachverständigen auf psychiatrischem Fachgebiet. Bei der Klägerin lagen im September 2003 ein depressives Syndrom, Somatisierungsstörungen sowie kombinierte Migräne- und Spannungskopfschmerzen vor. Dies ergibt sich aus den von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Attesten des Arztes für Psychotherapeutische Medizin S. vom 31. Juli 2003 und des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Be. vom 14. Juli 2003, dem psychologischen Gutachten des Dipl.-Psych. D. vom 13. Februar 2003 sowie aus dem ärztlichen Gutachten der Frau H. vom 09. Januar 2003. Die Gesundheitsstörungen ergeben sich auch aus den im vorangegangenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren betreffend den früheren Rentenantrag der Klägerin vom 15. Januar 1999 erhobenen Gutachten. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen besteht ein Leistungsvermögen für leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von sechs Stunden und mehr. Dies ergibt sich aus der nervenärztlichen Stellungnahme der Frau St. vom 04. September 2003. Diese steht in Übereinstimmung mit den Feststellungen im Beschluss des LSG vom 17. Juni 2002, die der Senat nach eigener Überprüfung für zutreffend hält. Auch die Ärztin H. hielt in ihrem Gutachten vom 09.Januar 2003 eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin für gegeben. Soweit der Facharzt für Psychotherapeutische Medizin S. in seinem Attest eine Erwerbsfähigkeit der Klägerin bezweifelt, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Er beschreibt ein depressives Syndrom, wobei eine depressive Stimmungslage bestehe. Aus welchen Gründen hierdurch und in welchem Umfang eine erheblich reduzierte körperliche und psychische Belastbarkeit verursacht sein soll, erläutert er jedoch nicht. Er bezieht sich in seiner Stellungnahme vom 31. Juli 2003 auf die Beurteilung des Dipl.-Psych. D. in seinem Gutachten vom 13. Februar 2003 für die Bundesagentur für Arbeit. Diese Einschätzung des Dipl.-Psych. D. ist indessen bereits durch das amtsärztliche Gutachten der Frau H. vom 09. Januar 2003 widerlegt.

Auch aufgrund der im weiteren Verlauf erhobenen Gutachten und ärztlichen Stellungnahmen vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Klägerin im September 2003 voll oder zumindest teilweise erwerbsgemindert war.

Der gerichtliche Sachverständige Dr. Stä. stellte in seinem Gutachten vom 05. April 2005 die Diagnosen undifferenzierte Somatisierungsstörung, Angst und depressive Störung gemischt sowie Migräne. Diese Erkrankungen sind leicht ausgeprägt. Sie führen lediglich zu einer qualitativen Leistungseinschränkung. Der Klägerin sind deshalb Tätigkeiten in Wechselschicht oder Dauernachtschicht, Akkord- und Fließbandarbeiten, Arbeiten mit besonderer Verantwortung und besonderer geistiger Beanspruchung nicht zumutbar. Im Übrigen ist die Klägerin allerdings in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Bezüglich dieser Leistungsbeurteilung stützt sich der Senat auf das Gutachten des Dr. Stä ... Der Senat hält das Gutachten für überzeugend. Dr. Stä. hat unter ausführlicher Anamneseerhebung sowie Auswertung der Akten und Untersuchungsbefunde dargelegt, dass die Klägerin bewusstseinsklar und orientiert war. Die Klägerin wirke energie- und kraftvoll, zeigte einen zielgerichteten Antrieb und deutliche Vitalität. Eine Depression oder Verzweiflung konnte der Gutachter nicht feststellen. In der Untersuchungssituation war die Klägerin schnell und gut auflockerbar, konnte herzhaft lachen, scherzen, zeigte nicht einmal ansatzweise eine Depression oder Herabgestimmtheit. Der formale Gedankengang war unauffällig. Eine Grübelneigung oder auf bestimmte Inhalte eingeengtes Denken war nicht feststellbar. Auch auffällige Denkinhalte im Sinne eines Wahns oder phobischer Gedanken konnte der Gutachter ebenso wenig wie Wahrnehmungsstörungen oder Ich-Störungen erkennen. Das Konzentrationsvermögen war voll erhalten. Hinweise für einen sozialen Rückzug oder für die Aufgabe der üblichen Alltagsaktivitäten ergaben sich nicht. Demgegenüber hat die Klägerin ihre bewusste Absicht, eine Versorgung über die Rente zu erlangen, mit Deutlichkeit vorgetragen. Die Beschwerdeschilderung war von Aggravation gekennzeichnet und durch Widersprüchlichkeiten eingeschränkt. Der vom Gutachter erhobene Tagesablauf zeigte keine Auffälligkeiten auf. Die Klägerin wacht in der Regel zwischen 07.30 Uhr und 08.30 Uhr auf, frühstückt mit dem Mann und ging bis vor etwa einem Jahr vor der Untersuchung mit einem kleinen Hund öfter spazieren. Danach bereitet die Klägerin das Essen vor und erledigt den Haushalt, wenn auch mit doppeltem Zeitaufwand wie früher. Der weitere Tagesablauf zeigt eine klare Strukturierung. Daneben hat die Klägerin Hobbys. Hier hat sie sich früher mit dem Hund beschäftigt. Sie treibt Gymnastik und fährt bei schönem Wetter mit dem Fahrrad. Vor dem Hintergrund dieses vom Gutachter erhobenen und auf den Angaben der Klägerin beruhenden Tagesablaufs ist die Schlussfolgerung des Gutachters, dass praktisch keine psychischen Auffälligkeiten feststellbar waren, nachvollziehbar und schlüssig. Lediglich schnell vorübergehende und geringgradige Änderungen in der Stimmung beim Gesprächsverlauf waren feststellbar, ohne dass diesen nach der Einschätzung des Gutachters pathologischer Wert zukommt. Es handelt sich vielmehr um Varianten des normalen psychischen Erlebens eines Menschen. Auch eine erhebliche Angststörung weder im Sinne einer Agoraphobie, noch einer Panikerkrankung oder generalisierender Angststörung von erheblichem Ausmaß konnte durch den Gutachter herausgearbeitet werden.

Die Einschätzung des Gutachters, dass deshalb die Klägerin noch in der Lage ist, unter Willensanspannung eine leichtere körperliche Beschäftigung unter Berücksichtigung der internistischen und orthopädischen qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten, ist stichhaltig. Er stimmt damit mit der Leistungsbewertung der Vorgutachter überein. Die Nervenärztin und Psychiaterin St., die Nervenärztin Frau H., der Nervenarzt und Psychiater Dr. N., die Ärztin K., Dr. B. und Dr. F. kamen in ihren in den vorangegangenen Verfahren erhobenen Gutachten zu einem hinsichtlich der Leistungseinschränkung übereinstimmenden Ergebnis. Lediglich Dr. G. kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, das Ausmaß der Leistungseinschränkung sei nicht exakt feststellbar. Auch das von der Klägerin selbst veranlasste und in der mündlichen Verhandlung vor dem SG in teilweisen Auszügen vorgelegte Gutachten der Dipl.-Med. No. vom 15. Juli 2005, welches der Senat als Parteivorbringen der Klägerin berücksichtigt, kommt zu einem damit übereinstimmenden Ergebnis.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den verschiedenen Stellungnahmen des Dr. Re ... Sowohl das von der Klägerin vorgelegte nervenärztliche Privatgutachten vom 09. November 2005 als auch das auf Antrag der Klägerin eingeholte Gutachten vom 31. Mai 2007 sind in sich nicht schlüssig und überzeugen den Senat auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme vom 31. Mai 2007 nicht. Zur Begründung der erheblichen Auswirkungen der psychischen Erkrankungen und der Angststörungen geht Dr. Re. davon aus, dass die Klägerin nur noch in Begleitung des Ehemannes aus dem Haus gehe. Bereits in der Anamneseerhebung hat - worauf Dr. Bu. in seiner Stellungnahme vom 12. Februar 2007 die der Senat als Parteivorbringen der Beklagten berücksichtigt, zu Recht hinweist - die Klägerin jedoch angegeben, dass sie mit dem Fahrrad alleine herumfahre und spazieren gehe. Überhaupt hat Dr. Re. trotz ausführlicher tiefenpsychologischer Exploration auf eine Erhebung des normalen Tagesablaufs weitgehend verzichtet. Sein Gutachten zeigt nicht, wie sich die diagnostizierten Erkrankungen auf das tägliche Leben der Klägerin auswirken. Er hat weiter nicht berücksichtigt, dass sich die Angaben der Klägerin ihm gegenüber in erheblichem Umfang von dem Vorbringen, das sie bei der Anamneseerhebung durch die früheren Gutachter gemacht hat, unterscheiden. Einen Versuch, dieses aufzuklären, hat er nicht unternommen. Darüber hinaus hat er die von ihm angenommene weitestgehende Leistungseinschränkung u.a. mit Konzentrationsstörungen begründet, die er allerdings im Rahmen seiner Untersuchung als solche nicht verifiziert hat. Insoweit hat er sich lediglich auf Angaben der Klägerin gestützt, was letztendlich insbesondere im Hinblick auf die Feststellungen bei der Untersuchung durch Dr. Stä. zu kurz greift. Als Diagnose gibt Dr. Re. zwar eine Dysthymie auf dem Hintergrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung an, berücksichtigt aber nicht, dass es sich dabei - worauf Dr. Gi. und Dr. Bu. zu Recht hinweisen - um eine chronische depressive Verstimmung handelt, die den Betroffenen befähigt, mit den wesentlichen Anforderungen des täglichen Lebens fertig zu werden. Es liegt definitionsgemäß noch nicht einmal eine leichte depressive Episode vor. Wegen der unvollständigen Anamneseerhebung, der Widersprüchlichkeiten in der Anamneseerhebung und der widersprüchlichen Verwertung von erhobenen Befunden ist die gutachterliche Einschätzung des Dr. Re. insgesamt nicht schlüssig. Sie vermag den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Leistungsbeurteilung durch Dr. Stä. inhaltlich unzutreffend sein könnte. Hinzukommt, dass Dr. Re. das von ihm angenommene eingeschränkte Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich als im Oktober 2003 nachweisbar angesehen hat und damit für einen Zeitraum nach September 2003, der, wie oben dargelegt, für die Beurteilung hier nicht maßgeblich ist.

Entsprechendes gilt für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit durch Dr. Be ... Zwar hat Dr. Be. mehrfach betont, er halte die Klägerin nicht mehr für fähig, eine nennenswerte wirtschaftliche Arbeitsleistung zu erbringen. Dennoch hat er in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem SG vom 26. Juli 2004 angegeben, es bestünden keine Bedenken gegen eine körperliche Tätigkeit mit einer Dauer von sechs Stunden täglich. Auch seiner zur Vorlage bei der gesetzlichen Krankenkasse ausgestellten ärztlichen Bescheinigung über das Vorliegen einer chronischen Dauererkrankung kommt kein weitergehender Beweiswert zu. Es handelt sich dabei um ein Attest, das völlig anderen Zwecken dient. Dass eine Erkrankung dauernd behandlungsbedürftig ist, was mit dieser Bescheinigung nachgewiesen wird, führt allein nicht zwangsläufig zu einer Leistungseinschränkung, die eine Erwerbsminderung begründet.

Auch die im weiteren Verlauf des Verfahrens von Facharzt für Psychotherapeutische Medizin S. vorgelegten Atteste und seine sachverständigen Zeugenaussage vom 27. Oktober 2004 enthalten keine weitergehenden Befundmitteilungen, die über das Attest vom 31. Juli 2003 hinausgehen und damit eine andere Beurteilung rechtfertigen würden.

2. Der Klägerin steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat einen Beruf nicht erlernt. Sie war als ungelernte Arbeiterin tätig. Sie ist damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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