Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AS 6390/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4831/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 10. September 2007 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 25. Juni 2007 wird angeordnet, soweit dieser Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 10. Juni 2007 betrifft. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Vollziehung des Bescheides rückgängig zu machen durch Gewährung der auf diesen Zeitraum entfallenden Leistungen an den Antragsteller.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 1/3 seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) Stuttgart nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig und in der Sache teilweise begründet.
Rechtsgrundlage für den vom Antragsteller begehrten einstweiligen Rechtsschutz, mit welchem dieser die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum ab 1. Mai 2007 erstrebt, ist zum Einen die Bestimmung des § 86b Abs. 1 SGG, welche in Anfechtungssachen u.a. die gerichtliche Korrektur der fehlenden aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelt. Das Rechtsschutzverlangen ist insoweit unter die Bestimmungen des § 86b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG zu fassen, denn durch den in der Hauptsache angegriffenen Änderungsbescheid vom 25. Juni 2007 wird in die durch die Leistungsbewilligung vom 26. März 2007 für den Zeitraum 1. Mai bis 31. August 2007 erlangte Rechtsposition des Antragstellers eingegriffen. Da dem Widerspruch der Antragstellers gegen diesen Bescheid - da keine Erstattungsforderung betroffen ist (vgl. hierzu Conradis in LPK- SGB II, 2. Aufl., § 39 Rdnr. 7; Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 1. November 2005 - L 7 AS 292/05 ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. April 2006 - L 2 B 62/06 AS ER - (beide juris)) - kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II; vgl. Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 - L 7 AS 4111/07 ER-B -; ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Juli 2007 - L 8 AS 186/07 ER - juris; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39 Rdnr. 12), ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur gerichtlichen Korrektur die Regelung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG heranzuziehen; hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Liegt wie hier der Regelfall eines der Anfechtungsklage vorgeschalteten Widerspruchsverfahrens nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG vor, so ist der Antrag sachdienlicherweise dahin gehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet oder wiederhergestellt werden soll - und zwar auch nach Klageerhebung im Hauptsacheverfahren. Auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren ist nach Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) - und der in diesem Zuge geschaffenen Parallelregelung zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs grundsätzlich von dessen Einlegung bis zur Unanfechtbarkeit des angegriffenen Verwaltungsakts - trotz zwischenzeitlicher Klageerhebung - nach § 86a Abs. 1 SGG eintritt und demgemäß eine aufgrund des § 86b Abs. 1 SGG erlassene Anordnung, wenn sie nicht befristet wird, die aufschiebende Wirkung ebenfalls für diese Dauer hervorruft (vgl. BVerwGE 78, 192, 219), während die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer (Anfechtungs-) Klage allein bei einer Direktklage ohne Vorverfahren (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG) in Betracht zu ziehen ist (so entsprechend für die VwGO, Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl. § 80 Rdnr. 18 und Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rdnr. 49 m.w.N.; noch offen gelassen im Beschluss des Senats vom 19. Juni 2007 - L 7 AL 1572/07 ER-B -). Eine Differenzierung in der Weise, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs (lediglich) bis zur Rechtshängigkeit der Klage eintreten kann, um dann von deren möglicher aufschiebender Wirkung abgelöst zu werden (so Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86a Rdnr. 11), ist daher weder unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes noch aus sonstigen Gründen veranlasst.
Allerdings wird dem Rechtsschutzziel des Antragstellers vorliegend nicht hinreichend Rechnung getragen durch dessen Auslegung allein als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Dieses ist vielmehr, da durch den Bescheid vom 25. Juni 2007 die vorangegangene Bewilligungsentscheidung mit Wirkung ab 1. Mai 2007 aufgehoben und die bewilligten Leistungen ab diesem Zeitpunkt einbehalten wurden, zusätzlich als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG auf Rückgängigmachung der Vollziehung zu werten.
Für die Leistungsgewährung für die Zeit ab 1. September 2007 kommt demgegenüber eine einstweilige Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG in Form der Regelungsanordnung in Betracht, da der Antragsteller zwar am 17. Juli 2007 einen Fortzahlungsantrag gestellt hat, dieser aber (bislang) nicht beschieden worden ist.
Der in dieser Weise sachdienlich auszulegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat teilweise Erfolg, soweit es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs für den Zeitraum 1. Mai bis 10. Juni 2007 und die Rückgängigmachung der Vollziehung in diesem Zeitraum geht (dazu nachfolgend 1.). Ein weiter gehenden Aussetzungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für den übrigen streitbefangenen Zeitraum besteht dagegen nicht (dazu unten 2.).
1. Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt eine Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - L 7 AS 1196/06 ER-B - info also 2006, 132; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 - L 9 AS 17/06 ER - (juris); LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 - L 8 AS 238/06 ER-B -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a. a. O., § 86b Rdnrn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B - und vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4269/02 ER-B - (beide juris)); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (so schon Bundessozialgericht (BSG) BSGE 4, 151, 155; ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnrn. 208 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 12c). Ist der Verfahrensausgang dagegen als offen zu bezeichnen, ist darüber hinaus bei der Interessenabwägung in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur einstweiligen Anordnung entwickelten Grundsätze (vgl. BVerfG NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f.; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 ff.) auch die Schwere und Unabänderlichkeit des Eingriffs zu berücksichtigen, sodass - namentlich bei den der Existenzsicherung dienenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - insoweit eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - a.a.O. und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 205); in dieser Beziehung hat das Vollziehungsinteresse umso eher zurückzustehen, je schwerer und nachhaltiger die durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen.
Die sonach gebotene Interessenabwägung führt hier zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25. Juni 2007 in der Zeit vom 1. Mai bis 10. Juni 2007. Denn (nur) insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids.
Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 26. März 2007, mit dem Leistungen vom 1. April bis 31. August 2007 zugesprochen worden sind, kann nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 45 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu Lasten des Antragstellers geändert werden. Hier kommt § 48 SGB X in Betracht, da eine Änderung der Verhältnisse nach Erlass des Bescheids vom 26. März 2007 bzw. dessen Bekanntgabe - die nach der Fiktion des § 37 Abs. 2 SGB X soweit ersichtlich auf den 29. März 2007 fällt - im Streit ist. Nach dieser Vorschrift (i.V.m. §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft oder bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass einer Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegt dann vor, wenn die Änderung Auswirkungen auf die Anspruchsvoraussetzungen für die bewilligten Leistungen nach dem SGB II hat (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Juli 2007 - L 8 AS 186/07 ER - juris).
Das Vorliegen einer wesentlichen Änderung ist vorliegend unzweifelhaft, denn die Aufnahme einer dem Grunde nach gemäß den Bestimmungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderungsfähigen Ausbildung stellt mit Blick auf § 7 Abs. 5 SGB II eine leistungserhebliche Änderung im genannten Sinne dar. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II genügt die abstrakte Förderungsfähigkeit einer Ausbildung, hier die Fachschulausbildung des Antragstellers am Ulmkolleg zum Podologen. Die Tatsache, dass der Antragsteller wegen Überschreitung der Altersgrenze konkret keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung hat, steht dem nicht entgegen (vgl. entsprechend zum Leistungsausschluss wegen Nichterfüllung ausländerrechtlicher Voraussetzungen, Senatsbeschluss vom 21. März 2007 - L 7 AS 584/07 PKH-B -; in diesem Sinn auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Juli 2006 - L 10 AS 545/06 - (juris) und LSG Hamburg, Beschluss vom 24. November 2005 - L 5 B 256/05 ER AS - InfAuslR 2006, 148). Denn der persönliche Ausschluss des Antragstellers von der Ausbildungsförderung nach § 10 BAföG beseitigt nicht die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung, weshalb die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 5 SGB II eingreift. Für das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist weder aus den Akten noch aus dem Vorbringen des Antragstellers irgendein Anhaltspunkt ersichtlich. Die Tatsache, dass sein Lebensunterhalt während der Ausbildung nicht gewährleistet ist und er aktuell mit einer Räumungsklage seines Vermieters wegen Mietschulden überzogen worden ist, stellt keine Härte im Sinne dieser Vorschrift dar.
Ist somit die Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 26. März 2007 mit Wirkung für die Zukunft von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X gedeckt, so unterliegt die Aufhebung (schon) mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (Aufnahme der BAföG-fähigen Ausbildung zum 1. April 2007) rechtlichen Bedenken. Denn eine solche rückwirkende Aufhebung ist nur unten engen rechtlichen Voraussetzungen möglich, deren Vorliegen bei summarischer Prüfung hier nicht bejaht werden kann. Dem Antragsteller kann voraussichtlich weder die Verletzung einer Mitteilungspflicht (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) noch Vorsatz bzw. jedenfalls grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf den Wegfall seines Leistungsanspruchs (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X) vorgeworfen werden.
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Kennen oder die grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit ist der Erlass (Bekanntgabe) des zurückzunehmenden begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24; vgl. auch Urteil des Senats vom 9. August 2007 - L 7 AL 1335/07 -). Grobe Fahrlässigkeit setzt eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Maßes, d. h. eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung voraus; es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden sein, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet der Begünstigte z. B. die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt und konnte er dies nach seiner Persönlichkeitsstruktur und dem Bildungsstand erkennen, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris); BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45).
Hiervon ausgehend lässt sich eine Bösgläubigkeit des Antragstellers in Bezug auf den Wegfall der Leistungsberechtigung bei summarischer Prüfung nicht bereits ab Bekanntgabe des zurückgenommenen Bescheids, sondern erst ab dem 11. Juni 2007 feststellen. Ausweislich des Akteninhalts hat der Antragsteller im Rahmen der Antragstellung am 5. März 2007 auf dem dafür vorgesehenen Formular (Bl. 14 d. A.) durch seine Unterschrift bestätigt, "künftige Änderungen (insbesondere der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse) unaufgefordert und unverzüglich mit(zu)teilen". Hiervon wird eine Mitteilungspflicht in Bezug auf die Aufnahme einer Ausbildung nicht ohne Weiteres erfasst. Auch im Übrigen ist derzeit nach Aktenlage nicht erkennbar, dass der Antragsteller über die leistungsrechtlichen Auswirkungen der Aufnahme einer BaföG-fähigen Ausbildung belehrt worden ist. Eine solche Information lässt sich - soweit ersichtlich - weder dem Inhalt des Bewilligungsbescheids vom 26. März 2007 noch anderen Umständen entnehmen. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller die Broschüre "Arbeitslosengeld II/Sozialgeld" der Bundesagentur für Arbeit erhalten hat, aus welcher diese Information im Kern möglicherweise hätte entnommen werden können. Diese Broschüre liegt nach der telefonischen Auskunft der zuständigen Sachbearbeiterin zwar in der Außenstelle Mitte Nord des Antragsgegners aus, eine sichere Kenntniserlangung durch den Antragsteller ist damit aber nicht notwendig verbunden. Vielmehr ist derzeit überwiegend wahrscheinlich, dass - wie die zuständige Sachbearbeiterin dem Berichterstatter des Senats telefonisch bestätigt hat - der Antragsteller tatsächlich erst am 11. Juni 2007 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache in der Außenstelle Mitte Nord über die Ausschlussvorschrift des § 7 Abs. 5 SGB II in Kenntnis gesetzt wurde; grobfahrlässige Unkenntnis i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor diesem Zeitpunkt ist aus den genannten Gründen derzeit nicht überwiegend wahrscheinlich. Ein abschließende diesbezügliche Prüfung ist indessen dem beim SG anhängigen Hauptsacheverfahren (S 20 AS 6600/07) vorbehalten.
Spricht somit zum jetzigen Zeitpunkt Überwiegendes dafür, dass der Aufhebungsbescheid vom 25. Juni 2007 im Rahmen des Hauptsacheverfahrens keinen Bestand haben wird, soweit darin die Leistungsbewilligung rückwirkend für die Zeit vom 1. Mai bis 10. Juni 2007 aufgehoben wurde, so überwiegt im Rahmen der gebotenen umfassenden Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers insoweit das behördliche Vollzugsinteresse mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs für diesen Zeitraum anzuordnen ist. In Ausübung seines in § 86b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG eingeräumten Ermessens sieht es der Senat überdies als geboten an, über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs hinaus den Antragsgegner zugleich zur Rückgängigmachung der Vollziehung in Gestalt der Auszahlung der auf diesen Zeitraum entfallenden, zu Unrecht einbehaltenen Grundsicherungsleistungen zu verpflichten. Bei dieser Interessenabwägung des Senats spielt nicht nur die finanzielle Situation des Anragstellers und der drohende Wohnungsverlust eine Rolle, sondern auch, dass der Antragsgegner die Problematik der Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit hätte weitestgehend vermeiden können bei entsprechend sorgfältiger Lektüre der vom Antragsteller am 2. April 2007 (Bl. 26/2 d. A.) vorgelegten Unterlagen, die erkennen lassen, dass dieser offenbar eine Ausbildung begonnen haben musste. Für den Zeitraum ab dem 11. Juni 2007 überwiegt aus den genannten Gründen demgegenüber das behördliche Vollzugsinteresse.
2. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsanordnung betreffend den Bedarfszeitraum ab September 2007 liegen nicht vor. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Der Eilantrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt allerdings zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2005 - L 7 SO 4211/05 ER-B - und vom 12. Dezember 2005 - L 7 SO 4756/05 ER-B - (beide m.w.N.)). Erst dann ist zu prüfen, ob der Antrag begründet ist, nämlich ob ein Anordnungsanspruch, also die Erfolgsaussicht in der Hauptsache, sowie ein Anordnungsgrund, d.h. die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, bestehen und hinreichend glaubhaft gemacht sind (vgl. hierzu etwa Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des Eilantrags sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O. (beide m.w.N.)).
Hiervon ausgehend ist wegen Eingreifens des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht, weshalb der Erlass einer einstweiligen Anordnung schon aus diesem Grund ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 1/3 seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) Stuttgart nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig und in der Sache teilweise begründet.
Rechtsgrundlage für den vom Antragsteller begehrten einstweiligen Rechtsschutz, mit welchem dieser die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zeitraum ab 1. Mai 2007 erstrebt, ist zum Einen die Bestimmung des § 86b Abs. 1 SGG, welche in Anfechtungssachen u.a. die gerichtliche Korrektur der fehlenden aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage regelt. Das Rechtsschutzverlangen ist insoweit unter die Bestimmungen des § 86b Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGG zu fassen, denn durch den in der Hauptsache angegriffenen Änderungsbescheid vom 25. Juni 2007 wird in die durch die Leistungsbewilligung vom 26. März 2007 für den Zeitraum 1. Mai bis 31. August 2007 erlangte Rechtsposition des Antragstellers eingegriffen. Da dem Widerspruch der Antragstellers gegen diesen Bescheid - da keine Erstattungsforderung betroffen ist (vgl. hierzu Conradis in LPK- SGB II, 2. Aufl., § 39 Rdnr. 7; Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 1. November 2005 - L 7 AS 292/05 ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. April 2006 - L 2 B 62/06 AS ER - (beide juris)) - kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II; vgl. Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2007 - L 7 AS 4111/07 ER-B -; ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Juli 2007 - L 8 AS 186/07 ER - juris; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39 Rdnr. 12), ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur gerichtlichen Korrektur die Regelung des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG heranzuziehen; hiernach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Liegt wie hier der Regelfall eines der Anfechtungsklage vorgeschalteten Widerspruchsverfahrens nach § 86 Abs. 1 Satz 1 SGG vor, so ist der Antrag sachdienlicherweise dahin gehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet oder wiederhergestellt werden soll - und zwar auch nach Klageerhebung im Hauptsacheverfahren. Auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren ist nach Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) - und der in diesem Zuge geschaffenen Parallelregelung zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) - davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs grundsätzlich von dessen Einlegung bis zur Unanfechtbarkeit des angegriffenen Verwaltungsakts - trotz zwischenzeitlicher Klageerhebung - nach § 86a Abs. 1 SGG eintritt und demgemäß eine aufgrund des § 86b Abs. 1 SGG erlassene Anordnung, wenn sie nicht befristet wird, die aufschiebende Wirkung ebenfalls für diese Dauer hervorruft (vgl. BVerwGE 78, 192, 219), während die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer (Anfechtungs-) Klage allein bei einer Direktklage ohne Vorverfahren (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG) in Betracht zu ziehen ist (so entsprechend für die VwGO, Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl. § 80 Rdnr. 18 und Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 80 Rdnr. 49 m.w.N.; noch offen gelassen im Beschluss des Senats vom 19. Juni 2007 - L 7 AL 1572/07 ER-B -). Eine Differenzierung in der Weise, dass die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs (lediglich) bis zur Rechtshängigkeit der Klage eintreten kann, um dann von deren möglicher aufschiebender Wirkung abgelöst zu werden (so Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86a Rdnr. 11), ist daher weder unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes noch aus sonstigen Gründen veranlasst.
Allerdings wird dem Rechtsschutzziel des Antragstellers vorliegend nicht hinreichend Rechnung getragen durch dessen Auslegung allein als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Dieses ist vielmehr, da durch den Bescheid vom 25. Juni 2007 die vorangegangene Bewilligungsentscheidung mit Wirkung ab 1. Mai 2007 aufgehoben und die bewilligten Leistungen ab diesem Zeitpunkt einbehalten wurden, zusätzlich als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG auf Rückgängigmachung der Vollziehung zu werten.
Für die Leistungsgewährung für die Zeit ab 1. September 2007 kommt demgegenüber eine einstweilige Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG in Form der Regelungsanordnung in Betracht, da der Antragsteller zwar am 17. Juli 2007 einen Fortzahlungsantrag gestellt hat, dieser aber (bislang) nicht beschieden worden ist.
Der in dieser Weise sachdienlich auszulegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat teilweise Erfolg, soweit es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs für den Zeitraum 1. Mai bis 10. Juni 2007 und die Rückgängigmachung der Vollziehung in diesem Zeitraum geht (dazu nachfolgend 1.). Ein weiter gehenden Aussetzungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für den übrigen streitbefangenen Zeitraum besteht dagegen nicht (dazu unten 2.).
1. Die Eilentscheidung in Anfechtungssachen verlangt eine Interessenabwägung, wobei das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes und das durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich geschützte Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - L 7 AS 1196/06 ER-B - info also 2006, 132; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Januar 2006 - L 9 AS 17/06 ER - (juris); LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 - L 8 AS 238/06 ER-B -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a. a. O., § 86b Rdnrn. 12 ff.). Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in die Betrachtung einzubeziehen sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 7. Januar 2002 - L 13 AL 3590/01 ER-B - und vom 9. Januar 2003 - L 13 AL 4269/02 ER-B - (beide juris)); dabei kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei der Abwägung jedenfalls insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Rechtsbehelf offensichtlich begründet oder aussichtslos erscheint (so schon Bundessozialgericht (BSG) BSGE 4, 151, 155; ferner Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnrn. 208 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 12c). Ist der Verfahrensausgang dagegen als offen zu bezeichnen, ist darüber hinaus bei der Interessenabwägung in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur einstweiligen Anordnung entwickelten Grundsätze (vgl. BVerfG NJW 1997, 479, 480 f.; NJW 2003, 1236 f.; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 ff.) auch die Schwere und Unabänderlichkeit des Eingriffs zu berücksichtigen, sodass - namentlich bei den der Existenzsicherung dienenden Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II und dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - insoweit eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2006 - a.a.O. und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. März 2006 a.a.O.; Krodel, a.a.O., Rdnr. 205); in dieser Beziehung hat das Vollziehungsinteresse umso eher zurückzustehen, je schwerer und nachhaltiger die durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen.
Die sonach gebotene Interessenabwägung führt hier zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25. Juni 2007 in der Zeit vom 1. Mai bis 10. Juni 2007. Denn (nur) insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids.
Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 26. März 2007, mit dem Leistungen vom 1. April bis 31. August 2007 zugesprochen worden sind, kann nur bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 45 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu Lasten des Antragstellers geändert werden. Hier kommt § 48 SGB X in Betracht, da eine Änderung der Verhältnisse nach Erlass des Bescheids vom 26. März 2007 bzw. dessen Bekanntgabe - die nach der Fiktion des § 37 Abs. 2 SGB X soweit ersichtlich auf den 29. März 2007 fällt - im Streit ist. Nach dieser Vorschrift (i.V.m. §§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft oder bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass einer Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegt dann vor, wenn die Änderung Auswirkungen auf die Anspruchsvoraussetzungen für die bewilligten Leistungen nach dem SGB II hat (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Juli 2007 - L 8 AS 186/07 ER - juris).
Das Vorliegen einer wesentlichen Änderung ist vorliegend unzweifelhaft, denn die Aufnahme einer dem Grunde nach gemäß den Bestimmungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) förderungsfähigen Ausbildung stellt mit Blick auf § 7 Abs. 5 SGB II eine leistungserhebliche Änderung im genannten Sinne dar. Für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II genügt die abstrakte Förderungsfähigkeit einer Ausbildung, hier die Fachschulausbildung des Antragstellers am Ulmkolleg zum Podologen. Die Tatsache, dass der Antragsteller wegen Überschreitung der Altersgrenze konkret keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung hat, steht dem nicht entgegen (vgl. entsprechend zum Leistungsausschluss wegen Nichterfüllung ausländerrechtlicher Voraussetzungen, Senatsbeschluss vom 21. März 2007 - L 7 AS 584/07 PKH-B -; in diesem Sinn auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Juli 2006 - L 10 AS 545/06 - (juris) und LSG Hamburg, Beschluss vom 24. November 2005 - L 5 B 256/05 ER AS - InfAuslR 2006, 148). Denn der persönliche Ausschluss des Antragstellers von der Ausbildungsförderung nach § 10 BAföG beseitigt nicht die grundsätzliche Förderungsfähigkeit der Ausbildung, weshalb die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 5 SGB II eingreift. Für das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist weder aus den Akten noch aus dem Vorbringen des Antragstellers irgendein Anhaltspunkt ersichtlich. Die Tatsache, dass sein Lebensunterhalt während der Ausbildung nicht gewährleistet ist und er aktuell mit einer Räumungsklage seines Vermieters wegen Mietschulden überzogen worden ist, stellt keine Härte im Sinne dieser Vorschrift dar.
Ist somit die Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 26. März 2007 mit Wirkung für die Zukunft von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X gedeckt, so unterliegt die Aufhebung (schon) mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (Aufnahme der BAföG-fähigen Ausbildung zum 1. April 2007) rechtlichen Bedenken. Denn eine solche rückwirkende Aufhebung ist nur unten engen rechtlichen Voraussetzungen möglich, deren Vorliegen bei summarischer Prüfung hier nicht bejaht werden kann. Dem Antragsteller kann voraussichtlich weder die Verletzung einer Mitteilungspflicht (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) noch Vorsatz bzw. jedenfalls grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf den Wegfall seines Leistungsanspruchs (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X) vorgeworfen werden.
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Kennen oder die grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit ist der Erlass (Bekanntgabe) des zurückzunehmenden begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24; vgl. auch Urteil des Senats vom 9. August 2007 - L 7 AL 1335/07 -). Grobe Fahrlässigkeit setzt eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Maßes, d. h. eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung voraus; es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden sein, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet der Begünstigte z. B. die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt und konnte er dies nach seiner Persönlichkeitsstruktur und dem Bildungsstand erkennen, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris); BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45).
Hiervon ausgehend lässt sich eine Bösgläubigkeit des Antragstellers in Bezug auf den Wegfall der Leistungsberechtigung bei summarischer Prüfung nicht bereits ab Bekanntgabe des zurückgenommenen Bescheids, sondern erst ab dem 11. Juni 2007 feststellen. Ausweislich des Akteninhalts hat der Antragsteller im Rahmen der Antragstellung am 5. März 2007 auf dem dafür vorgesehenen Formular (Bl. 14 d. A.) durch seine Unterschrift bestätigt, "künftige Änderungen (insbesondere der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse) unaufgefordert und unverzüglich mit(zu)teilen". Hiervon wird eine Mitteilungspflicht in Bezug auf die Aufnahme einer Ausbildung nicht ohne Weiteres erfasst. Auch im Übrigen ist derzeit nach Aktenlage nicht erkennbar, dass der Antragsteller über die leistungsrechtlichen Auswirkungen der Aufnahme einer BaföG-fähigen Ausbildung belehrt worden ist. Eine solche Information lässt sich - soweit ersichtlich - weder dem Inhalt des Bewilligungsbescheids vom 26. März 2007 noch anderen Umständen entnehmen. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller die Broschüre "Arbeitslosengeld II/Sozialgeld" der Bundesagentur für Arbeit erhalten hat, aus welcher diese Information im Kern möglicherweise hätte entnommen werden können. Diese Broschüre liegt nach der telefonischen Auskunft der zuständigen Sachbearbeiterin zwar in der Außenstelle Mitte Nord des Antragsgegners aus, eine sichere Kenntniserlangung durch den Antragsteller ist damit aber nicht notwendig verbunden. Vielmehr ist derzeit überwiegend wahrscheinlich, dass - wie die zuständige Sachbearbeiterin dem Berichterstatter des Senats telefonisch bestätigt hat - der Antragsteller tatsächlich erst am 11. Juni 2007 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache in der Außenstelle Mitte Nord über die Ausschlussvorschrift des § 7 Abs. 5 SGB II in Kenntnis gesetzt wurde; grobfahrlässige Unkenntnis i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor diesem Zeitpunkt ist aus den genannten Gründen derzeit nicht überwiegend wahrscheinlich. Ein abschließende diesbezügliche Prüfung ist indessen dem beim SG anhängigen Hauptsacheverfahren (S 20 AS 6600/07) vorbehalten.
Spricht somit zum jetzigen Zeitpunkt Überwiegendes dafür, dass der Aufhebungsbescheid vom 25. Juni 2007 im Rahmen des Hauptsacheverfahrens keinen Bestand haben wird, soweit darin die Leistungsbewilligung rückwirkend für die Zeit vom 1. Mai bis 10. Juni 2007 aufgehoben wurde, so überwiegt im Rahmen der gebotenen umfassenden Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse des Antragstellers insoweit das behördliche Vollzugsinteresse mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs für diesen Zeitraum anzuordnen ist. In Ausübung seines in § 86b Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG eingeräumten Ermessens sieht es der Senat überdies als geboten an, über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs hinaus den Antragsgegner zugleich zur Rückgängigmachung der Vollziehung in Gestalt der Auszahlung der auf diesen Zeitraum entfallenden, zu Unrecht einbehaltenen Grundsicherungsleistungen zu verpflichten. Bei dieser Interessenabwägung des Senats spielt nicht nur die finanzielle Situation des Anragstellers und der drohende Wohnungsverlust eine Rolle, sondern auch, dass der Antragsgegner die Problematik der Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit hätte weitestgehend vermeiden können bei entsprechend sorgfältiger Lektüre der vom Antragsteller am 2. April 2007 (Bl. 26/2 d. A.) vorgelegten Unterlagen, die erkennen lassen, dass dieser offenbar eine Ausbildung begonnen haben musste. Für den Zeitraum ab dem 11. Juni 2007 überwiegt aus den genannten Gründen demgegenüber das behördliche Vollzugsinteresse.
2. Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsanordnung betreffend den Bedarfszeitraum ab September 2007 liegen nicht vor. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Der Eilantrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt allerdings zunächst die Statthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 9. Dezember 2005 - L 7 SO 4211/05 ER-B - und vom 12. Dezember 2005 - L 7 SO 4756/05 ER-B - (beide m.w.N.)). Erst dann ist zu prüfen, ob der Antrag begründet ist, nämlich ob ein Anordnungsanspruch, also die Erfolgsaussicht in der Hauptsache, sowie ein Anordnungsgrund, d.h. die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, bestehen und hinreichend glaubhaft gemacht sind (vgl. hierzu etwa Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit und Begründetheit des Eilantrags sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O. (beide m.w.N.)).
Hiervon ausgehend ist wegen Eingreifens des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 SGB II bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht, weshalb der Erlass einer einstweiligen Anordnung schon aus diesem Grund ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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