L 29 B 1496/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 18204/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 1496/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. August 2007 aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt M A, K S , B, beigeordnet. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer wendet sich gegen einen Beschluss, mit dem er verpflichtet worden ist, für die Zeit von August bis Oktober 2007 teilweise im Wege der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs anteilige Unterkunftskosten für den Antragsteller zu 2) sowie den vollen Regelsatz für den Antragsteller zu 1) zu gewähren.

Der am geborene Antragsteller zu 1) und der geborene Antragsteller zu 2), der chinesischer Staatsangehöriger ist, leben seit dem 11. September 2003 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sie bewohnen zusammen eine 2 ½ Zimmer Wohnung, für die sich die Miete auf 532,49 EUR einschließlich Heizkosten beläuft. Die Antragsteller bezogen seit dem 01. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. Juli 2007 bis 31. August 2007 in Höhe von insgesamt 916,49 EUR. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller am 02. Juli 2007 Widerspruch ein und wandten sich gegen die Anrechnung von Einkommen des Antragstellers zu 2) und dagegen, dass die Leistung nur für zwei Monate bewilligt wurde.

Am 28. Juni 2007 erschien der Antragsteller zu 2) nicht zu einem Termin beim Antragsgegner, zu dem er nach dessen Angaben mit Schreiben vom 25. Juni 2007 eingeladen worden war. Die Antragsteller bestreiten den Zugang dieser Einladung.

Am 04. Juli 2007 teilte der Antragsteller zu 2) dem Antragsgegner mit, dass er und der Antragsteller zu 1) vom 08. bis zum 28. Juli 2007 Berlin verlassen würden, um Urlaub zu machen. In zwei Telefonaten vom gleichen Tage versuchte die Sachbearbeitung des Antragsgegners, den Antragsteller zu 2) telefonisch zu erreichen. Da dies nicht gelang, wurde dem Antragsteller zu 1) mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 2) die Ortsabwesenheit persönlich beim Antragsgegner beantragen müsse. Er könne am 05. Juli 2007 in der Zeit von 8.00 bis 18.00 Uhr persönlich vorsprechen.

Laut einem Aktenvermerk des Antragsgegners vom 11. Juli 2007 wurden die Leistungen nach dem SGB II wegen Ortsabwesenheit ab 06. Juli 2007 "storniert".

Mit am 30. Juli 2007 bei dem Antragsgegner eingegangenem Schreiben vom 26. Juli 2007 teilte der Antragsteller zu 2) mit, dass er am Donnerstag, den 02. August, nach P fliegen werde. Er werde mehrere Wochen in China bleiben und voraussichtlich erst Anfang oder Mitte November wieder nach Bzurückkehren. Seine Eltern hätten ihn gebeten zu kommen, da seine Großmutter krank sei und eine Hilfe im Haushalt brauche. Sie habe sich bei einem Sturz einen Knochen gebrochen und sei nicht mehr so bewegungsfähig, dass sie sich alleine helfen könne. Da er, der Antragsteller zu 2), hier in Deutschland zurzeit keine Arbeit habe, wolle er dem Wunsch seiner Eltern entsprechen.

Laut einem Aktenvermerk des Antragsgegners nahm der Antragsteller zu 2) eine Einladung zum 31. Juli 2007 ohne Angabe eines Grundes nicht wahr.

Mit Bescheid vom 07. August 2007 änderte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01. August 2007 bis 31. August 2007 und bewilligte lediglich noch dem Antragsteller zu 1) Leistungen, und zwar 312,00 EUR zur Sicherung des Lebensunterhalts und 266,24 EUR als Kosten für Unterkunft und Heizung. Es seien folgende Änderungen eingetreten:

"Herr YW befindet sich in einer unerlaubten Ortsabwesenheit und dadurch Wegfall des Leistungsanspruches." Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller am 28. August 2007 Widerspruch ein.

Am 08. August 2007 stellten die Antragsteller beim Sozialgericht Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und begehrten, den Antragstellern Leistungen gemäß dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab Antragseingang bei Gericht zu bewilligen und auszuzahlen. Es würden der Sache nach der Regelsatz von 312,00 EUR/347,00 EUR für den Antragsteller zu 1) für die Zeit bis zum bzw. nach dem 05. August 2007 und der Regelsatz von 312,00 EUR bis zum 05. August 2007 für den Antragsteller zu 2) sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung in der bislang der Bedarfsgemeinschaft gewährten Höhe geltend gemacht. Der Antragsteller zu 2) habe sich schriftlich zum 05. August 2007 bei dem Antragsgegner abgemeldet und sei für mehrere Monate in die Volksrepublik China verreist. Er sei danach ggf. aus dem Aktivrubrum zu streichen. Eine Halbierung der Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft dürfte nicht in Betracht kommen, da bereits die Voraussetzungen der Bedarfsgemeinschaft nicht mehr vorlägen. Es fehle an der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, die Voraussetzung der Bedarfsgemeinschaft sei.

Mit Beschluss vom 15. August 2007 hat das Sozialgericht Berlin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Teilaufhebungsbescheid vom 07. August 2007 für den Monat August 2007 angeordnet, soweit dem Antragsteller zu 2) die Unterkunftskosten abgelehnt worden waren, und hat den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller zu 1) für die Monate August bis Oktober 2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 347,00 EUR Regelsatz plus 266,24 EUR anteilige Unterkunftskosten und dem Antragsteller zu 2) für die Monate August bis Oktober 2007 monatlich 266,24 EUR anteilige Unterkunftskosten zu gewähren. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss des Sozialgerichts (Bl. 32 bis 35 GA) verwiesen.

Gegen den dem Antragsgegner vorab per Fax übersandten und am 24. August 2007 zugestellten Beschluss hat dieser am 21. August 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung hat er auf die Erreichbarkeits-Anordnung verwiesen. Er ist der Auffassung, dass sich für den Antragsteller zu 2) ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 a SGB II i. V. m. § 3 Abs. 4 Erreichbarkeits-Anordnung ergebe, da er beabsichtige, sich mehr als drei Monate außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufzuhalten.

Mit Bescheid vom 23. August 2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01. September 2007 bis 29. Februar 2008 in Höhe von 523,77 EUR monatlich, die sich aus 312,00 EUR für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und aus 211,77 EUR für Kosten für Unterkunft und Heizung zusammensetzen.

Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller mit Schreiben vom 11. September 2007, bei dem Antragsgegner eingegangen am 13. September 2007, Widerspruch eingelegt.

Mit Bescheid vom 06. September 2007 hob der Antragsgegner die Entscheidung vom 27. Juni 2007 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Antragsteller zu 2) ab 08. Juli 2007 ganz auf. Zur Begründung gab er an, dass der Antragsteller ab dem genannten Zeitpunkt ortsabwesend gewesen sei. Die Ortsabwesenheit sei vorher nicht persönlich beantragt worden und eine Zustimmung durch den persönlichen Ansprechpartner habe nicht vorgelegen.

Mit Bescheid vom 25. September 2007 änderte der Antragsgegner die Höhe der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01. September 2007 bis 29. Februar 2008 dahingehend, dass für den Antragsteller zu 1) Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 222,00 EUR bewilligt wurden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2007 wies der Antragsgegner den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07. August 2007 (richtig müsste es wahrscheinlich heißen: Bescheid vom 23. August 2007) in der Fassung des Bescheides vom 25. September 2007 zurück.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§§ 172 und 173 Sozialgerichtsgesetz SGG ).

Die Beschwerde ist auch begründet. Ein Anspruch der Antragsteller auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (bzw. jetzt einer möglicherweise erhobenen Klage) für den Monat August 2007 besteht nicht (hierzu unter 1.); auch haben die Antragsteller keinen Anspruch auf Zahlung von Kosten der Unterkunft für den Antragsteller zu 2) für die Monate August bis Oktober 2007 (dazu unter 2.) und auf Zahlung eines Regelsatzes in Höhe von 347,00 EUR monatlich für den Antragsteller zu 1) (dazu unter 3.).

1. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage gegen den Teilaufhebungsbescheid vom 07. August 2007 für den Monat August 2007 bezüglich der Unterkunftskosten für den Antragsteller zu 2) sind nicht erfüllt.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch (bzw. die Anfechtungsklage) gegen den Bescheid vom 07. August 2007 hat keine aufschiebende Wirkung, da ein Fall des § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG vorliegt. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Ein solcher Fall ist in § 39 SGB II geregelt, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet keine aufschiebende Wirkung haben. Vorliegend handelt es sich um Leistungen der Grundsicherung, da eine Änderung der bereits bewilligten Leistung nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorgenommen worden ist (vgl. Conradis in LPK SGB II, § 39 Rdnr. 7, so auch für die Rücknahme eines Bewilligungsbescheides Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. August 2006, Az.: L 5 B 549/06 AS ER, juris-Ausdruck Rdnr. 11).

Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen. Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens aber mitberücksichtigt werden können (vgl. Keller in Meyer Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., § 86 b, Rdnr. 12 c).

Eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache hält der Senat bezüglich des Bescheides vom 07. August 2007 in der Fassung des Bescheides vom 06. September 2007, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2007, nicht für gegeben. Die Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Antragsteller zu 2) dürfte auch hinsichtlich der Kosten der Unterkunft zutreffend sein, da die Leistungen nach § 7 Abs. 4 a SGB II für die Zeit des Aufenthaltes in China ausgeschlossen sein dürften. Nach dieser Vorschrift erhält Leistungen nach diesem Buch nicht, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16. November 2001 (ANBA 2001, 11476), definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält; die übrigen Bestimmungen dieser Anordnung gelten entsprechend.

Der Antragsteller zu 2) hielt sich zumindest seit dem 02. August 2007 für einen längeren Zeitraum außerhalb des in § 1 Abs. 1 Satz 1 Erreichbarkeits-Anordnung definierten zeit- und ortsnahen Bereiches auf. Dass er bei seinem Aufenthalt in China nicht in der Lage ist, z. B. unverzüglich das Arbeitsamt aufzusuchen, bedarf keiner näheren Erläuterung. § 3 Abs. 1 und 2 Erreichbarkeits-Anordnung gelten hier gemäß § 3 Abs. 4 Erreichbarkeits-Anordnung nicht, weil sich der Antragsteller zu 2) zusammenhängend länger als sechs Wochen außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalten will. Dies bedeutet, dass auch eine Zustimmung des Antragsgegners zu einer Ortsabwesenheit nicht in Betracht kam. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 a SGB II dürften damit erfüllt sein, womit der Anspruch des Antragstellers zu 2) auf Leistungen nach dem SGB II entfiele. Ob etwas anderes gelten müsste, wenn durch den Leistungswegfall wegen des Vorliegens gerechtfertigter Gründe für die Ortsabwesenheit eine Härte eintreten würde, kann dahingestellt bleiben, weil im vorliegenden Fall Anhaltspunkte für eine solche Härte nicht ersichtlich sind. Es ist bereits nicht glaubhaft gemacht worden, dass der vom Antragsteller zu 2) angegebene Grund für den Aufenthalt in China zutrifft, d. h., dass seine Großmutter wegen eines Knochenbruchs der Hilfe bedarf. Selbst wenn dies jedoch der Fall sein sollte, würde dies eine mehrmonatige Ortsabwesenheit nicht rechtfertigen, zumal auch nicht dargetan ist, aus welchen Gründen nicht die Eltern des Antragstellers, andere Verwandte, Bekannte oder professionelle/staatliche Einrichtungen die Hilfe für die Großmutter übernehmen könnten. Der vorgetragene Grund, dass der Antragsteller zu 2) sowieso arbeitslos sei und daher dem Wunsch seiner Eltern gefolgt sei, rechtfertigt die Ortabwesenheit nicht. Die Erreichbarkeit soll ja gerade dazu dienen, die Arbeitslosigkeit zu beenden.

Auch für den 01. August 2007 kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht. Der Antragsteller zu 2) hatte sich bereits vorher ohne Zustimmung des Antragsgegners außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufgehalten. Er hat sich nach dem angegebenen Ende dieser Ortsabwesenheit nicht wieder beim Antragsgegner gemeldet und ist einer Einladung zum 31. Juli 2007 nach Angaben des Antragsgegners nicht gefolgt. Unter diesen Umständen dürfte die Aufhebung der Leistungsbewilligung auch für den 01. August 2007 zutreffend sein, zumindest ist eine überwiegende Erfolgsaussicht in der Hauptsache diesbezüglich zurzeit nicht zu erkennen.

Auch die Tatsache, dass vor der Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Antragsteller zu 2) keine Anhörung vorgenommen wurde, führt nicht zur einer Annahme einer überwiegenden Erfolgsaussicht in der Hauptsache. Die Anhörung dürfte im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden sein (vgl. zu den Voraussetzungen der Nachholung der Anhörung im Widerspruchsverfahren Urteile des Bundessozialgerichts BSG vom 17. Dezember 1997, Az.: 11 RAr 61/97, juris-Ausdruck Rdnr. 17, und vom 22. Oktober 1998, Az.: B 7 AL 106/97 R).

2. Die Beschwerde ist auch begründet, soweit das Sozialgericht dem Antragsgegner im Wege der Regelungsanordnung Leistungen für die Unterkunft für die Zeit von September bis Oktober 2007 zugesprochen hat.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung ZPO ).

Für die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Kosten der Unterkunft für September und Oktober 2007 für den Antragsteller zu 2) ist bereits ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller haben zwar darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung des Mietverhältnisses bereits gegeben sein dürften was gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a i. V. m. § 569 Abs. 3 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Zeit ab Oktober 2007 auch zutreffend sein dürfte. Die Möglichkeit der Kündigung reicht für die Annahme eines Anordnungsgrundes jedoch noch nicht aus, dieser ist frühestens gegeben, wenn die Kündigung auch tatsächlich erfolgt ist. Hierfür ist nichts vorgetragen. Ist die Kündigung jedoch noch nicht erfolgt, so ist der Mieter durch die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, wonach die Kündigung auch dann unwirksam wird, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet, ausreichend geschützt. Ein neuer, für den Fall der Kündigung anhängig zu machender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung würde den Antragstellern noch effektiven Rechtsschutz garantieren.

3. Auch bezüglich der Verpflichtung des Antragsgegners, dem Antragsteller zu 1) für die Zeit von August bis Oktober 2007 den Regelsatz in Höhe von 347,00 EUR zu zahlen, ist die Beschwerde begründet.

Es kann dahinstehen, ob diesbezüglich ein Anordnungsgrund gegeben ist, da zumindest ein Anordnungsanspruch nicht besteht.

Nach § 20 Abs. 2 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, 345,00 EUR (bzw., nach Anpassung zum 01. Juli 2007, 347,00 EUR). Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II beträgt die Regelleistung jeweils 90 v. H. der Regelleistung nach Abs. 2, wenn zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Bedarfsgemeinschaft durch die Ortsabwesenheit des Antragstellers zu 2) nicht aufgelöst worden. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 b SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner.

Diese Voraussetzungen sind für die Antragsteller trotz der Ortsabwesenheit des Antragstellers zu 2) weiterhin erfüllt. Dieser hat, da der Aufenthalt in China von vornherein nur vorübergehend sein sollte, seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch SGB I ) weiterhin in Deutschland und seinen Wohnsitz in B. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller dauernd getrennt leben würden. Der Antragsteller zu 2) dürfte nach Rückkehr aus China selbstverständlich weiter zusammen in einer Wohnung mit dem Antragsteller zu 1) leben und wirtschaften.

4. Auch eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung der vollen Unterkunftskosten aus dem Gesichtspunkt der Auflösung der Bedarfsgemeinschaft kommt aus den unter 3. genannten Gründen nicht in Betracht. Da eine Bedarfsgemeinschaft weiterhin besteht, ist eine Aufteilung der Kosten der Unterkunft nach Kopfteilen weiterhin vorzunehmen. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Antragsteller zu 1) glaubhaft gemacht hätte, dass der Antragsteller zu 2) nach Rückkehr aus China nicht mehr in die gemeinsame Wohnung einziehen wird.

5. Den Antragstellern war gemäß § 73 a SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen, da der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat und die Antragsteller die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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