Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 13 RA 328/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 666/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 22. Februar 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2003 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Zeit vom 01. November 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie entsprechende Arbeitsverdienste festzustellen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech - Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - ) und entsprechende Verdienste für die Zeit vom 01. November 1975 bis 30. Juni 1990 festzustellen.
Der Kläger ist 1945 geboren und darf seit dem 14. November 1975 die Berufsbezeichnung Ingenieur führen (VV Bl. 3). Seit September 1971 war er beim VEB BraunkohlenkombinatLauchhammer (später VEB Braunkohleveredelung Lauchhammer) beschäftigt, nach den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung Nr. 19539 zunächst als "B", vom 01. Januar 1980 bis 31. Dezember 1981 als L sowie ab 1982 als I.
Im Mai 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 28. Oktober 2002 ab (VV Bl. 8).
Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 19. November 2002 (VV Bl. 9). Bereits während seines Studiums sei er als Ingenieur für Neuererwesen (BFN-Ingenieur; BFN = "Büro für Neuererwesen") tätig gewesen. Auch seine Arbeit im Personalwesen vom 01. Oktober 1974 bis 31. Januar 1991 habe eine ingenieurtechnische Qualifikation zum optimalen und operativen Einsatz der Arbeitskräfte im Produktionsprozess erfordert.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 27. Februar 2003 (VV Bl. 12) zurück. Der Kläger sei nicht wie erforderlich als Ingenieur, sondern als Instrukteur Personalwesen beschäftigt gewesen.
Hiergegen richtet sich die Klage, die der Kläger zunächst vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) erhoben hat. In seiner Tätigkeit als Ingenieur für Neuererwesen habe der Kläger technische und technologische Verbesserungsvorschläge fachlich bewertet. Um die Vorschläge begutachten und bewerten zu können, seien technische Qualifikationen erforderlich gewesen. Daran habe sich auch durch die Tätigkeit formal als Leiter des Personalwesens bzw. ab Januar 1982 als Ingenieur für Arbeitskräftelenkung nichts geändert. Es habe sich nicht um reine Personalführung gehandelt. Der Wechsel und die Änderung der Tätigkeitsbezeichnung seien im Hinblick auf die damit verbundenen Gehaltserhöhungen erfolgt. Er sei weiter auch im Bereich Neuerer- und Patentwesen eingesetzt gewesen. Die Tätigkeit der Vermittlung von Arbeitskräften und der Leistungseinschätzung der Facharbeiter und Ingenieure wäre ohne qualifizierte technische Kenntnisse nicht möglich gewesen. Sein Vorgesetzter, der Zeuge F G, Leiter der Abteilung "Neue Technik" sowie der "Abteilung für Neuererwesen" sei (auch) mit Strafverfahren wegen Untreue bzw. Verstoßes gegen die Neuererverordnung (= Verordnung über die Förderung der Tätigkeit der Neuerer und Rationalisatoren in der Neuererbewegung vom 22.12.1971, GBl. II 1972, 1) und gegen die Erste Durchführungsbestimmung zur Neuererverordnung sowie Regressforderungen konfrontiert gewesen. Bei Verbesserungsvorschlägen sei nicht nur die Abgrenzung zwischen Verbesserung, Neuerung und Erfindung sowie der Entscheidung über den Einsatz bzw. die Einsatzfähigkeit maßgeblich gewesen. Aufgrund §§ 12 ff. der Ersten Durchführungsbestimmung zur Neuererverordnung sei es vielmehr auch um die Frage gegangen, ob die Vorschläge Leistungen darstellten, die qualitativ über die jeweiligen Arbeits-, Dienst- und Studienaufgaben hinausgingen. Es sei durch die Finanzkontrollen regelmäßig vorgebracht worden, dass eine Neuerervergütung nicht hätte erfolgen dürfen und Schäden entstanden seien. Um dies jeweils beurteilen zu können, hätte Einblick in die Personalunterlagen genommen werden müssen. Angesichts dieser Konflikte und der drohenden Gefahren strafrechtlicher Verurteilung habe der Zeuge Gmit Unterstützung durch das Patentamt Berlin einen Modellversuch initiiert. Ein Mitarbeiter des Büros für Neuererwesen mit entsprechender technischer Ausbildung und Fähigkeit zur Beurteilung der Vergütungspflicht nach der Neuererverordnung und der Ersten Durchführungsbestimmung zur Neuererverordnung sei quasi in die Kaderabteilung (Personalabteilung) ausgeliehen worden, um so Zugang zu den notwendigen arbeitsvertraglichen Unterlagen zu erhalten. Dieser Mitarbeiter sei er, der Kläger, gewesen. Mit der Planstelle sei er allerdings im Büro für Neuererwesen verblieben. Deshalb sei er im Sozialversicherungsausweis auch über die Jahre 1974 und 1975 hinaus als "BFN-Ingenieur" geführt worden. Bei Erfolglosigkeit des Modellfalles, der allerdings nie abgeschlossen worden sei, habe er in seine Planstelle zurückkehren sollen. Trotz Verwendung in der Personalabteilung habe der Kläger also nach wie vor technische Arbeiten verrichtet. Der Kläger hat hierzu eine Erklärung des Zeugen G eingereicht. Darin heißt es u. a., dass dieser Modellversuch seines Wissens in der DDR einmalig gewesen sei. Trotz Zuordnung zur Kader- bzw. Personalabteilung sei er -der Kläger- als Techniker mit hervorragendem Einfluss auf den Produktionsprozess tätig gewesen sei. Er habe auch noch am 30. Juni 1990 in dieser Funktion für das Büro für Neuererwesen gearbeitet.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei überwiegend verwaltungsmäßig-ökonomisch tätig gewesen. Ingenieurtechnische Kenntnisse möchten zwar hilfreich gewesen sein, seien aber nicht zwingend erforderlich gewesen. Ingenieure, Techniker und Ingenieurökonomen müssten technische Aufgaben verrichtet haben, die der Produktion dienten, um im Berufsbild im Sinne der AVItech tätig gewesen zu sein. Bei Mitarbeitern in der Kader- bzw. Personalabteilung sei grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass sie überwiegend ingenieurtechnisch tätig gewesen seien.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2006 FGsowie die ehemalige Leiterin des Personalwesens des Kombinats I Rvernommen.
Es hat die Klage mit Urteil vom 22. Februar 2006 abgewiesen. Es fehle an der Voraussetzung für einen fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nämlich einer tatsächlichen Tätigkeit als Ingenieur. Weder als Instrukteur Arbeitskräftelenkung noch als im Bereich des Neuererwesens unter Obhut der Kader- bzw. Personalabteilung im VEB B L tätiger Fachingenieur habe der Kläger die erforderliche konstruktive und schöpferische Tätigkeit in einem Produktionsbetrieb verantwortlich wahrgenommen. Als Instrukteur Arbeitskräftelenkung habe er weder in der Forschung noch in der Produktion den Produktionsprozess aktiv und unmittelbar gefördert. Er habe die Neuerervorschläge nur in technischer Hinsicht und im Hinblick auf die Vergütungspflicht beurteilt, sei jedoch weder selbst schöpferisch tätig gewesen noch habe er die Vorschläge realisiert. Er sei deshalb nur produktionsvorbereitend tätig gewesen. Eine aktive und unmittelbare Förderung des Produktionsprozesses fehle.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Es sei falsch, dass er nicht schöpferisch tätig bzw. nur produktionsvorbereitend tätig gewesen sei. Die Neuerervorschläge seien als Ideen eingereicht worden. Zur technischen Umsetzung habe u. a. auch der Kläger eigene Ingenieurarbeit entwickeln müssen. Mit dieser Entwicklung der technischen Umsetzung habe er direkt Einfluss auf den Produktionsprozess genommen. Erst durch die Benutzung und Umsetzung im Produktionsprozess sei die Vergütungspflicht entstanden.
Im Büro für Neuererwesen seien ca. 15 Mitarbeiter beschäftigt gewesen, überwiegend Ingenieure. Der Arbeitgeber sei sehr groß gewesen. Die größten Bereiche seien acht Brikettfabriken mit Industriekraftwerken, die Großkokerei und die Instandhaltung mit zwei Hauptwerkstätten gewesen. Im Gesamtkombinat seien ca. 10.000 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Beim Büro für Neuererwesen sei mehr als ein Vorschlag pro Tag eingereicht worden. Der Kläger habe auch nach der Umsetzung in die Personalabteilung 80 bis 90 % seiner Arbeit auf die BFN-Tätigkeit verwandt. Er hat eine Erklärung des ehemaligen (ab Februar 1986) stellvertretenden BFN-Leiters eingereicht, wonach er nahtlos mit ihm zusammengearbeitet habe (Erklärung vom 25. Februar 2007).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 22. Februar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 14. November 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass nach der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. S 487) (2. DB) zwischen ingenieurtechnischen und verwaltungstechnischen Tätigkeiten unterschieden werde. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 hätten auf Antrag des Werkdirektors auch andere Personen die "verwaltungstechnische Funktionen" ausgeübt hätten, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter etc. eingereiht werden können, ebenso Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers gehabt hätten, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausübten. Daraus folge, dass obligatorisch nur rein ingenieurtechnische Tätigkeiten einbezogen sein sollten. Dies stimme auch mit dem Sprachverständnis in der DDR überein. Danach seien als ingenieurtechnisches Personal diejenigen Beschäftigten verstanden worden, die in den produzierenden Einheiten der Betriebe für die Durchführung des technologischen Prozesses eingesetzt gewesen seien und deren Funktion laut Stellenplan eine abgeschlossene Ausbildung als Techniker, Fach- oder Hochschulkader vorausgesetzt habe.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten hat vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Die Klage hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 AAÜG auf Feststellung der im Tenor aufgeführten Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG.
Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG ist gegeben. Der Kläger war zwar am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft in der AVItech im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine diesbezügliche Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. § 1 Abs. 1 AAÜG ist jedoch im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG), welcher der Senat folgt, hängt der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Versorgungsberechtigung im Bereich der AVItech gemäß § 1 VO-AVItech und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. DB von drei Voraussetzungen ab (vgl. u. a. BSG Urteil vom 12. Juni 2001 -B 4 RA 117/00 R-, SozR 3-8570 § 5 Nr. 6; Urteil vom 10. April 2002 -B 4 RA 10/02 R- SozR 3-8570 § 1 Nr. 5; Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Der Betroffene muss - berechtigt gewesen sein, eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeich¬nungen zu führen, und - eine diesem Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben und zwar - für einen Arbeitgeber, der ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der In¬dustrie oder des Bauwesens oder der einem solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt worden war.
Die betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung eines Betroffenen in die AVItech zum 1. August 1991 ist nur erfüllt, wenn der VEB ein Produktionsbetrieb der In¬dustrie oder des Bauwesens war. Materiell-rechtlich kommt es allein darauf an, ob der vom arbeitgebenden VEB tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung (Fabrika¬tion, Herstellung, Produktion) von Sachgütern ausgerichtet war. Die Frage, was der tatsächliche Hauptzweck eines bestimmten VEB war, ist keine Rechtsfrage; sie betrifft vielmehr die Haupttatsache, von deren Vorliegen die Erfüllung der o. g. betrieblichen Voraussetzung abhängt. Welche Aufgabe dem VEB faktisch das Gepräge gegeben hat, kann allein aufgrund der konkreten tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen VEB beurteilt werden (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Beim VEB Braunkohleveredelunghat es sich - wie zwischen den Beteiligten außer Streit steht - um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt. Sein Hauptzweck war die industrielle Massenfertigung von Sachgütern (Endprodukt Briketts).
Hier kann zur Überzeugung des Senats für die gesamte streitgegenständliche Zeit auch von einer Beschäftigung des Klägers als Ingenieur in aktiver Beteiligung am Produktionsprozess ausgegangen werden. Nach Auswertung der Unterlagen und Indizien sowie der glaubwürdigen Angaben des Klägers, des eingereichten Schreibens des ehemaligen stellvertretenden Leiters der Abteilung für BFN sowie der erstinstanzlichen Zeugenaussagen ist davon auszugehen, dass der Kläger "eine diesem Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hat":Ingenieur im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB ist jedenfalls derjenige, der die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führte, als solcher beschäftigt und aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert war (BSG, Urteil vom 31. 3. 2004 -B 4 RA 31/03 R- Juris Rn. 20). Er darf insbesondere nicht berufsfremd eingesetzt sein (BSG, Urteil vom 12. 6. 2001 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 Juris Rn. 26 und vom 7. 9. 2006 – B 4 RA 47/05 R – veröffentlich unter www.Bundessozialgericht.de- Rn. 19 jeweils zum Ingenieurökonomen). Das sachliche Erfordernis ist also erfüllt, wenn die Beschäftigung in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufes bestand. Sie muss nach Inhalt, Qualität und Umfang im Wesentlichen als Bestätigung einer der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genannten herausgehobenen beruflichen Qualifikationen erweisen (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 36/01 R - Juris, Rdnr. 16). Die Erste Durchführungsbestimmung zur AVItech vom 26. September 1950 umschrieb den Kreis der Versorgungsberechtigten ausdrücklich als die technische Intelligenz, die konstruktiv und schöpferisch in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig ist und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nimmt ( ) (so wörtlich BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 39/01 R - Juris Rdnr. 18). Im Urteil vom 31. März 2004 - B 4 RA 31/03 R - (Juris Rdnr. 19) hat das BSG ferner ausgeführt, einbezogen seien nur die Personen, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und Technik zuständig waren, also diejenigen, die mit ihrer "technischen" Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder bei der Produktion förderten. Die Beschäftigung muss in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufs bestehen (BSG, Urteil vom 9. 4. 2002 a.a.O. Rn. 16 mit dem Erläuterungsbeispiel, ein als Pförtner eingesetzter Dipl.-Ingenieur lege keine Zugehörigkeitszeit zurück).
Der Kläger gehört unter Anwendung dieser Grundsätze zum einbezogenen Kreis der Ingenieure, welche aktiv den Produktionsprozess aufgrund ihrer technischen Qualifikation in seinem Betrieb gefördert hat. Es gibt zunächst keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass Ingenieure im BFN jedenfalls speziell des VEB Braunkohleveredelung Lauchhammer, eines Großbetriebes mit vielen Einzelbetrieben, aktiv an den Produktionsprozessen beteiligt gewesen sein könnten. Alleine der Umstand, dass im Zusammenhang mit den Verbesserungsvorschlägen auch Vergütungsfragen anfielen, vermag am unmittelbaren Zusammenhang dieser Tätigkeit zur Produktion nichts zu ändern. Es handelte sich um konkrete Verbesserungen bestehender Produktionsanlagen, also klassische Ingenieurstätigkeit. Es ist weiter unschädlich, dass der Kläger formell ab 14. November 1975 (Tag der Verleihung der Berufsbezeichnung Ingenieur) bis zum Stichtag nicht (mehr) in der Abteilung BFN tätig war, sondern als Leiter Personalwesen bzw. Instrukteur für Arbeitskräfte in der Kaderabteilung (Personalabteilung). Aus den Zeugenaussagen und Erklärungen ergibt sich insgesamt stimmig, dass es sich bei dem konkreten Arbeitsplatz des Klägers um eine ausgesprochene Besonderheit gehandelt hat, womöglich um eine Einzigartigkeit in der DDR. Auch wenn er in der Personalabteilung auch verwaltende Tätigkeiten ausgeübt hat, war er schwerpunktmäßig als BFN-Ingenieur im vorgenannten Sinne eingesetzt. Die Gehaltsentwicklung des Klägers nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis vollzieht sich ohne große Steigerungen und Sprünge trotz der Wechsel der Abteilung und der Berufsbezeichnungen. Der Kläger setzte in gehobener Position seinen technischen Sachverstand nicht lediglich im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Arbeit ein, sondern war in den technischen Produktionsprozess integriert. Die allgemeinen Grundsätze, welche die Beklagte zu Tätigkeiten in der Verwaltung bzw. Leitung eines Betriebes anführt, vermögen dieses konkrete Bild des speziellen Arbeitsplatzes nicht zu widerlegen. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich. Wie die Anstellung des Klägers als Ingenieur bereits vor Abschluss des Studiums zeigt, hatten die Verantwortlichen des Kombinates offenbar einen weiten Gestaltungsfreiraum. Deshalb könnte auch der konkreten Stellenanforderung keine entscheidende Indizwirkung für Gegenteiliges zukommen, selbst wenn in dieser als Voraussetzung nicht ein Ingenieursabschluss angegeben wäre.
Für welche Zeiten konkret die Zugehörigkeit zum Versorgungswerk festzustellen ist, bemisst sich nach § 5 Abs. 1 AAÜG. Diese Norm ordnet die Gleichstellung mit Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung an, in denen der "Versorgungsberechtigte" eine entgeltliche Beschäftigung zu irgendeinem Zeitpunkt (notwendig vor dem 1. Juli 1990) ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 und 2 im AAÜG aufgelistet ist (so BSG, Urteil vom 26. 10. 2004 – B 4 RA 40/04 R – SozR 4 – 8570 § 5 Nr. 6 Rn. 15 m. w. N.). "Ihrer Art nach von einem Versorgungssystem" erfasst ist diejenige entgeltliche Beschäftigung, für die §§ 1 und 5 der VO AVItech einschlägig sind (BSG, aaO, Rn. 16 ff.). Hier ist -wie ausgeführt- für den gesamten beantragten Zeitraum davon auszugehen, dass der Kläger in die AVItech hätte einbezogen werden müssen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Zu entscheiden war über den konkreten Einsatz des Klägers bei seinem konkreten Arbeitgeber. Eine allgemeine Rechtsfrage lässt sich hieraus ebenso wenig ableiten wie generelle Aussagen zu Ingenieurtätigkeiten in produktionsferneren Abteilungen wie der Kader-/Personalabteilung.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech - Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - ) und entsprechende Verdienste für die Zeit vom 01. November 1975 bis 30. Juni 1990 festzustellen.
Der Kläger ist 1945 geboren und darf seit dem 14. November 1975 die Berufsbezeichnung Ingenieur führen (VV Bl. 3). Seit September 1971 war er beim VEB BraunkohlenkombinatLauchhammer (später VEB Braunkohleveredelung Lauchhammer) beschäftigt, nach den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung Nr. 19539 zunächst als "B", vom 01. Januar 1980 bis 31. Dezember 1981 als L sowie ab 1982 als I.
Im Mai 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 28. Oktober 2002 ab (VV Bl. 8).
Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 19. November 2002 (VV Bl. 9). Bereits während seines Studiums sei er als Ingenieur für Neuererwesen (BFN-Ingenieur; BFN = "Büro für Neuererwesen") tätig gewesen. Auch seine Arbeit im Personalwesen vom 01. Oktober 1974 bis 31. Januar 1991 habe eine ingenieurtechnische Qualifikation zum optimalen und operativen Einsatz der Arbeitskräfte im Produktionsprozess erfordert.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 27. Februar 2003 (VV Bl. 12) zurück. Der Kläger sei nicht wie erforderlich als Ingenieur, sondern als Instrukteur Personalwesen beschäftigt gewesen.
Hiergegen richtet sich die Klage, die der Kläger zunächst vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) erhoben hat. In seiner Tätigkeit als Ingenieur für Neuererwesen habe der Kläger technische und technologische Verbesserungsvorschläge fachlich bewertet. Um die Vorschläge begutachten und bewerten zu können, seien technische Qualifikationen erforderlich gewesen. Daran habe sich auch durch die Tätigkeit formal als Leiter des Personalwesens bzw. ab Januar 1982 als Ingenieur für Arbeitskräftelenkung nichts geändert. Es habe sich nicht um reine Personalführung gehandelt. Der Wechsel und die Änderung der Tätigkeitsbezeichnung seien im Hinblick auf die damit verbundenen Gehaltserhöhungen erfolgt. Er sei weiter auch im Bereich Neuerer- und Patentwesen eingesetzt gewesen. Die Tätigkeit der Vermittlung von Arbeitskräften und der Leistungseinschätzung der Facharbeiter und Ingenieure wäre ohne qualifizierte technische Kenntnisse nicht möglich gewesen. Sein Vorgesetzter, der Zeuge F G, Leiter der Abteilung "Neue Technik" sowie der "Abteilung für Neuererwesen" sei (auch) mit Strafverfahren wegen Untreue bzw. Verstoßes gegen die Neuererverordnung (= Verordnung über die Förderung der Tätigkeit der Neuerer und Rationalisatoren in der Neuererbewegung vom 22.12.1971, GBl. II 1972, 1) und gegen die Erste Durchführungsbestimmung zur Neuererverordnung sowie Regressforderungen konfrontiert gewesen. Bei Verbesserungsvorschlägen sei nicht nur die Abgrenzung zwischen Verbesserung, Neuerung und Erfindung sowie der Entscheidung über den Einsatz bzw. die Einsatzfähigkeit maßgeblich gewesen. Aufgrund §§ 12 ff. der Ersten Durchführungsbestimmung zur Neuererverordnung sei es vielmehr auch um die Frage gegangen, ob die Vorschläge Leistungen darstellten, die qualitativ über die jeweiligen Arbeits-, Dienst- und Studienaufgaben hinausgingen. Es sei durch die Finanzkontrollen regelmäßig vorgebracht worden, dass eine Neuerervergütung nicht hätte erfolgen dürfen und Schäden entstanden seien. Um dies jeweils beurteilen zu können, hätte Einblick in die Personalunterlagen genommen werden müssen. Angesichts dieser Konflikte und der drohenden Gefahren strafrechtlicher Verurteilung habe der Zeuge Gmit Unterstützung durch das Patentamt Berlin einen Modellversuch initiiert. Ein Mitarbeiter des Büros für Neuererwesen mit entsprechender technischer Ausbildung und Fähigkeit zur Beurteilung der Vergütungspflicht nach der Neuererverordnung und der Ersten Durchführungsbestimmung zur Neuererverordnung sei quasi in die Kaderabteilung (Personalabteilung) ausgeliehen worden, um so Zugang zu den notwendigen arbeitsvertraglichen Unterlagen zu erhalten. Dieser Mitarbeiter sei er, der Kläger, gewesen. Mit der Planstelle sei er allerdings im Büro für Neuererwesen verblieben. Deshalb sei er im Sozialversicherungsausweis auch über die Jahre 1974 und 1975 hinaus als "BFN-Ingenieur" geführt worden. Bei Erfolglosigkeit des Modellfalles, der allerdings nie abgeschlossen worden sei, habe er in seine Planstelle zurückkehren sollen. Trotz Verwendung in der Personalabteilung habe der Kläger also nach wie vor technische Arbeiten verrichtet. Der Kläger hat hierzu eine Erklärung des Zeugen G eingereicht. Darin heißt es u. a., dass dieser Modellversuch seines Wissens in der DDR einmalig gewesen sei. Trotz Zuordnung zur Kader- bzw. Personalabteilung sei er -der Kläger- als Techniker mit hervorragendem Einfluss auf den Produktionsprozess tätig gewesen sei. Er habe auch noch am 30. Juni 1990 in dieser Funktion für das Büro für Neuererwesen gearbeitet.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei überwiegend verwaltungsmäßig-ökonomisch tätig gewesen. Ingenieurtechnische Kenntnisse möchten zwar hilfreich gewesen sein, seien aber nicht zwingend erforderlich gewesen. Ingenieure, Techniker und Ingenieurökonomen müssten technische Aufgaben verrichtet haben, die der Produktion dienten, um im Berufsbild im Sinne der AVItech tätig gewesen zu sein. Bei Mitarbeitern in der Kader- bzw. Personalabteilung sei grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass sie überwiegend ingenieurtechnisch tätig gewesen seien.
Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2006 FGsowie die ehemalige Leiterin des Personalwesens des Kombinats I Rvernommen.
Es hat die Klage mit Urteil vom 22. Februar 2006 abgewiesen. Es fehle an der Voraussetzung für einen fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nämlich einer tatsächlichen Tätigkeit als Ingenieur. Weder als Instrukteur Arbeitskräftelenkung noch als im Bereich des Neuererwesens unter Obhut der Kader- bzw. Personalabteilung im VEB B L tätiger Fachingenieur habe der Kläger die erforderliche konstruktive und schöpferische Tätigkeit in einem Produktionsbetrieb verantwortlich wahrgenommen. Als Instrukteur Arbeitskräftelenkung habe er weder in der Forschung noch in der Produktion den Produktionsprozess aktiv und unmittelbar gefördert. Er habe die Neuerervorschläge nur in technischer Hinsicht und im Hinblick auf die Vergütungspflicht beurteilt, sei jedoch weder selbst schöpferisch tätig gewesen noch habe er die Vorschläge realisiert. Er sei deshalb nur produktionsvorbereitend tätig gewesen. Eine aktive und unmittelbare Förderung des Produktionsprozesses fehle.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Es sei falsch, dass er nicht schöpferisch tätig bzw. nur produktionsvorbereitend tätig gewesen sei. Die Neuerervorschläge seien als Ideen eingereicht worden. Zur technischen Umsetzung habe u. a. auch der Kläger eigene Ingenieurarbeit entwickeln müssen. Mit dieser Entwicklung der technischen Umsetzung habe er direkt Einfluss auf den Produktionsprozess genommen. Erst durch die Benutzung und Umsetzung im Produktionsprozess sei die Vergütungspflicht entstanden.
Im Büro für Neuererwesen seien ca. 15 Mitarbeiter beschäftigt gewesen, überwiegend Ingenieure. Der Arbeitgeber sei sehr groß gewesen. Die größten Bereiche seien acht Brikettfabriken mit Industriekraftwerken, die Großkokerei und die Instandhaltung mit zwei Hauptwerkstätten gewesen. Im Gesamtkombinat seien ca. 10.000 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Beim Büro für Neuererwesen sei mehr als ein Vorschlag pro Tag eingereicht worden. Der Kläger habe auch nach der Umsetzung in die Personalabteilung 80 bis 90 % seiner Arbeit auf die BFN-Tätigkeit verwandt. Er hat eine Erklärung des ehemaligen (ab Februar 1986) stellvertretenden BFN-Leiters eingereicht, wonach er nahtlos mit ihm zusammengearbeitet habe (Erklärung vom 25. Februar 2007).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 22. Februar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 14. November 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass nach der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. S 487) (2. DB) zwischen ingenieurtechnischen und verwaltungstechnischen Tätigkeiten unterschieden werde. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 hätten auf Antrag des Werkdirektors auch andere Personen die "verwaltungstechnische Funktionen" ausgeübt hätten, wie stellvertretende Direktoren, Produktionsleiter, Abteilungsleiter etc. eingereiht werden können, ebenso Leiter von produktionstechnischen Abteilungen und andere Spezialisten, die nicht den Titel eines Ingenieurs oder Technikers gehabt hätten, aber durch ihre Arbeit bedeutenden Einfluss auf den Produktionsprozess ausübten. Daraus folge, dass obligatorisch nur rein ingenieurtechnische Tätigkeiten einbezogen sein sollten. Dies stimme auch mit dem Sprachverständnis in der DDR überein. Danach seien als ingenieurtechnisches Personal diejenigen Beschäftigten verstanden worden, die in den produzierenden Einheiten der Betriebe für die Durchführung des technologischen Prozesses eingesetzt gewesen seien und deren Funktion laut Stellenplan eine abgeschlossene Ausbildung als Techniker, Fach- oder Hochschulkader vorausgesetzt habe.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten hat vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Die Klage hat Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 AAÜG auf Feststellung der im Tenor aufgeführten Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG.
Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 AAÜG ist gegeben. Der Kläger war zwar am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft in der AVItech im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine diesbezügliche Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. § 1 Abs. 1 AAÜG ist jedoch im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG), welcher der Senat folgt, hängt der fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Versorgungsberechtigung im Bereich der AVItech gemäß § 1 VO-AVItech und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 der 2. DB von drei Voraussetzungen ab (vgl. u. a. BSG Urteil vom 12. Juni 2001 -B 4 RA 117/00 R-, SozR 3-8570 § 5 Nr. 6; Urteil vom 10. April 2002 -B 4 RA 10/02 R- SozR 3-8570 § 1 Nr. 5; Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Der Betroffene muss - berechtigt gewesen sein, eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeich¬nungen zu führen, und - eine diesem Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben und zwar - für einen Arbeitgeber, der ein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich der In¬dustrie oder des Bauwesens oder der einem solchen Betrieb durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt worden war.
Die betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung eines Betroffenen in die AVItech zum 1. August 1991 ist nur erfüllt, wenn der VEB ein Produktionsbetrieb der In¬dustrie oder des Bauwesens war. Materiell-rechtlich kommt es allein darauf an, ob der vom arbeitgebenden VEB tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung (Fabrika¬tion, Herstellung, Produktion) von Sachgütern ausgerichtet war. Die Frage, was der tatsächliche Hauptzweck eines bestimmten VEB war, ist keine Rechtsfrage; sie betrifft vielmehr die Haupttatsache, von deren Vorliegen die Erfüllung der o. g. betrieblichen Voraussetzung abhängt. Welche Aufgabe dem VEB faktisch das Gepräge gegeben hat, kann allein aufgrund der konkreten tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen VEB beurteilt werden (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004, Az: B 4 RA 44/03 R). Beim VEB Braunkohleveredelunghat es sich - wie zwischen den Beteiligten außer Streit steht - um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt. Sein Hauptzweck war die industrielle Massenfertigung von Sachgütern (Endprodukt Briketts).
Hier kann zur Überzeugung des Senats für die gesamte streitgegenständliche Zeit auch von einer Beschäftigung des Klägers als Ingenieur in aktiver Beteiligung am Produktionsprozess ausgegangen werden. Nach Auswertung der Unterlagen und Indizien sowie der glaubwürdigen Angaben des Klägers, des eingereichten Schreibens des ehemaligen stellvertretenden Leiters der Abteilung für BFN sowie der erstinstanzlichen Zeugenaussagen ist davon auszugehen, dass der Kläger "eine diesem Beruf entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt hat":Ingenieur im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB ist jedenfalls derjenige, der die Berufsbezeichnung "Ingenieur" führte, als solcher beschäftigt und aktiv in den Produktionsprozess selbst eingegliedert war (BSG, Urteil vom 31. 3. 2004 -B 4 RA 31/03 R- Juris Rn. 20). Er darf insbesondere nicht berufsfremd eingesetzt sein (BSG, Urteil vom 12. 6. 2001 – B 4 RA 117/00 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 6 Juris Rn. 26 und vom 7. 9. 2006 – B 4 RA 47/05 R – veröffentlich unter www.Bundessozialgericht.de- Rn. 19 jeweils zum Ingenieurökonomen). Das sachliche Erfordernis ist also erfüllt, wenn die Beschäftigung in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufes bestand. Sie muss nach Inhalt, Qualität und Umfang im Wesentlichen als Bestätigung einer der in § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genannten herausgehobenen beruflichen Qualifikationen erweisen (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 36/01 R - Juris, Rdnr. 16). Die Erste Durchführungsbestimmung zur AVItech vom 26. September 1950 umschrieb den Kreis der Versorgungsberechtigten ausdrücklich als die technische Intelligenz, die konstruktiv und schöpferisch in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig ist und hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge nimmt ( ) (so wörtlich BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 39/01 R - Juris Rdnr. 18). Im Urteil vom 31. März 2004 - B 4 RA 31/03 R - (Juris Rdnr. 19) hat das BSG ferner ausgeführt, einbezogen seien nur die Personen, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und Technik zuständig waren, also diejenigen, die mit ihrer "technischen" Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder bei der Produktion förderten. Die Beschäftigung muss in der Ausübung des besonders qualifizierten Berufs bestehen (BSG, Urteil vom 9. 4. 2002 a.a.O. Rn. 16 mit dem Erläuterungsbeispiel, ein als Pförtner eingesetzter Dipl.-Ingenieur lege keine Zugehörigkeitszeit zurück).
Der Kläger gehört unter Anwendung dieser Grundsätze zum einbezogenen Kreis der Ingenieure, welche aktiv den Produktionsprozess aufgrund ihrer technischen Qualifikation in seinem Betrieb gefördert hat. Es gibt zunächst keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass Ingenieure im BFN jedenfalls speziell des VEB Braunkohleveredelung Lauchhammer, eines Großbetriebes mit vielen Einzelbetrieben, aktiv an den Produktionsprozessen beteiligt gewesen sein könnten. Alleine der Umstand, dass im Zusammenhang mit den Verbesserungsvorschlägen auch Vergütungsfragen anfielen, vermag am unmittelbaren Zusammenhang dieser Tätigkeit zur Produktion nichts zu ändern. Es handelte sich um konkrete Verbesserungen bestehender Produktionsanlagen, also klassische Ingenieurstätigkeit. Es ist weiter unschädlich, dass der Kläger formell ab 14. November 1975 (Tag der Verleihung der Berufsbezeichnung Ingenieur) bis zum Stichtag nicht (mehr) in der Abteilung BFN tätig war, sondern als Leiter Personalwesen bzw. Instrukteur für Arbeitskräfte in der Kaderabteilung (Personalabteilung). Aus den Zeugenaussagen und Erklärungen ergibt sich insgesamt stimmig, dass es sich bei dem konkreten Arbeitsplatz des Klägers um eine ausgesprochene Besonderheit gehandelt hat, womöglich um eine Einzigartigkeit in der DDR. Auch wenn er in der Personalabteilung auch verwaltende Tätigkeiten ausgeübt hat, war er schwerpunktmäßig als BFN-Ingenieur im vorgenannten Sinne eingesetzt. Die Gehaltsentwicklung des Klägers nach den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis vollzieht sich ohne große Steigerungen und Sprünge trotz der Wechsel der Abteilung und der Berufsbezeichnungen. Der Kläger setzte in gehobener Position seinen technischen Sachverstand nicht lediglich im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Arbeit ein, sondern war in den technischen Produktionsprozess integriert. Die allgemeinen Grundsätze, welche die Beklagte zu Tätigkeiten in der Verwaltung bzw. Leitung eines Betriebes anführt, vermögen dieses konkrete Bild des speziellen Arbeitsplatzes nicht zu widerlegen. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich. Wie die Anstellung des Klägers als Ingenieur bereits vor Abschluss des Studiums zeigt, hatten die Verantwortlichen des Kombinates offenbar einen weiten Gestaltungsfreiraum. Deshalb könnte auch der konkreten Stellenanforderung keine entscheidende Indizwirkung für Gegenteiliges zukommen, selbst wenn in dieser als Voraussetzung nicht ein Ingenieursabschluss angegeben wäre.
Für welche Zeiten konkret die Zugehörigkeit zum Versorgungswerk festzustellen ist, bemisst sich nach § 5 Abs. 1 AAÜG. Diese Norm ordnet die Gleichstellung mit Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung an, in denen der "Versorgungsberechtigte" eine entgeltliche Beschäftigung zu irgendeinem Zeitpunkt (notwendig vor dem 1. Juli 1990) ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem System vorgesehen war, das in der Anlage 1 und 2 im AAÜG aufgelistet ist (so BSG, Urteil vom 26. 10. 2004 – B 4 RA 40/04 R – SozR 4 – 8570 § 5 Nr. 6 Rn. 15 m. w. N.). "Ihrer Art nach von einem Versorgungssystem" erfasst ist diejenige entgeltliche Beschäftigung, für die §§ 1 und 5 der VO AVItech einschlägig sind (BSG, aaO, Rn. 16 ff.). Hier ist -wie ausgeführt- für den gesamten beantragten Zeitraum davon auszugehen, dass der Kläger in die AVItech hätte einbezogen werden müssen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Zu entscheiden war über den konkreten Einsatz des Klägers bei seinem konkreten Arbeitgeber. Eine allgemeine Rechtsfrage lässt sich hieraus ebenso wenig ableiten wie generelle Aussagen zu Ingenieurtätigkeiten in produktionsferneren Abteilungen wie der Kader-/Personalabteilung.
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