L 11 R 4098/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 81/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4098/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1950 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung abgeschlossen und war in der Türkei als Bauarbeiter sowie nach seiner Einreise nach Deutschland im Jahr 1973 in verschiedenen Tätigkeiten als Arbeiter tätig. Zuletzt war er bis März 2003 etwa drei Jahre in einem Getränkemarkt in der Leergutannahme beschäftigt. Seither ist er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.

Einen ersten Antrag des Klägers vom 12. November 1998 auf Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Dezember 1998 und Widerspruchsbescheid vom 22. März 1999 ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei.

Den zweiten Antrag des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung vom 18. April 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Juni 2005 und Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2005 ab, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Grundlage hierfür waren die Gutachten des Internisten Dr. B. (Diagnosen: coronare 1-Gefäßerkrankung, Zustand nach Hinterwandinfarkt 1995 mit leicht eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion, arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung; Leistungseinschätzungen: letzte berufliche Tätigkeit sowie mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr möglich) und der Internistin Dr. R. (Diagnosen: coronare 1-Gefäßerkrankung, Zustand nach Hinterwandinfarkt 1995 ohne Hinweis auf Belastungscoronarinsuffizienz auf mittlerer Stufe, rezidivierende Tachyarrhythmia absoluta; Leistungseinschätzungen: letzte berufliche Tätigkeit sowie leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Zeitdruck und ohne Nachtschicht sechs Stunden und mehr möglich) sowie der Reha-Entlassungsbericht der Klinik a. S. B. N. (Aufenthalt April/Mai 2004; entlassen als arbeitsfähig).

Der Kläger hat hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) eingelegt. Er hat darauf hingewiesen, dass die Gutachter im Verwaltungsverfahren wegen ihrer persönlichen Abhängigkeit von der Beklagten nicht objektiv seien und es einfache Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr gebe. Weiterhin hat er auf Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von 1995 und 1998 hingewiesen, wonach er nicht einsatz- und vermittlungfähig sei. Seither hätten sich sein Bluthochdruck und sein Übergewicht verschlechtert. Schon wenn er nur wenige Stufen steigen müsse, bekomme er Atemnot und müsse sich hinsetzen.

Der Kläger hat ein Attest seines Hausarztes Dr. L. vorgelegt, wonach die Gefahr eines zweiten Gefäßverschlusses am Herzen oder an anderer Körperstelle (Beine, Bauch) und/oder eines Schlaganfalls extrem hoch sei. Beim Kläger handle es sich um einen extremen cardiovaskulären Hochrisikopatienten, der seinen Lebensstil leider nicht geändert habe. Als sachverständiger Zeuge hat Dr. L. auf Anfrage des Gerichts erklärt, der Kläger könne leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausführen. Weiterhin hat der Kläger Arztbriefe des Lungenarztes Dr. V. (Diagnosen: Schlaf-Apnoe-Syndrom) und des Internisten Dr. K. (Medikation könne zunächst fortgeführt werden; wichtig sei eine Gewichtsreduktion sowie eine optimale Diabeteseinstellung) übermittelt.

Im Dezember 2006/Januar 2007 hat sich in der Kläger wegen einer kardialen Dekompensation bei hypertensiver Krise bei unzureichender Medikamenteneinnahme stationär im Krankenhaus K.-N. aufgehalten. Er ist "in deutlich rekonpensiertem Zustand" und mit dem Hinweis, auf eine konsequente Medikamenteneinnahme zu achten, entlassen worden.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme von Dr. S., ärztlicher Dienst der Beklagten, vorgelegt. Danach sei das Schlaf-Apnoe-Syndrom erfolgreich behandelt. Aus den vorliegenden Unterlagen zeige sich, dass der Kläger immer wieder Rückschläge erleide aufgrund seiner uneinsichtigen Lebensweise. Insgesamt lasse sich jedoch eine quantitative Leistungseinschränkung nicht begründen. Tätigkeiten unter Zeitdruck oder mit Nachtschicht seien auszuschließen.

Mit Urteil vom 26. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) bestehe nicht, da der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich aus dem nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten von Dr. R., dem Entlassungsbericht der Klinik a. S. und der Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. L ... Etwas anderes folge auch nicht aus den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen. Dr. K. habe nur eine leichtgradig reduzierte LV-Funktion bei globaler Hypokinesie, eine leichtgradige Linksherzhypertrophie und eine leichtgradig pulmonale Hypertonie in Ruhe beschrieben. Nach dem Entlassungsbericht des Krankenhauses K.-N. sei der Kläger in deutlich gebessertem Allgemeinzustand entlassen worden. Auch angesichts des diagnostizierten Schlaf-Apnoe-Syndroms sei die Einschätzung von Dr. S. nachvollziehbar, dass sich gegenüber der Begutachtung durch Dr. R. keine wesentliche Veränderung ergeben habe. Zwar sei es, insbesondere wenn der Kläger die ihm verordneten Medikamente nicht nehme, durchaus möglich, dass es wieder zu einer Blutdruckkrise komme. Nehme der Kläger aber die verschiedenen Medikamente ein, sei er durchaus in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den von Dr. R. genannten Einschränkungen sechs Stunden und mehr tätig zu sein. Es liege auch keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (gemeint: nach § 240 SGB VI) vor, da der Kläger keinen Berufsschutz genieße und auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.

Der Kläger hat hiergegen am 21. August 2007 Berufung eingelegt, diese aber nicht begründet.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger nicht erwerbsgemindert ist.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nicht pauschal von einer Voreingenommenheit der Gutachter im Verwaltungsverfahren ausgegangen werden kann. Ihre Gutachten sind vielmehr als qualifizierter Beteiligtenvortrag zu werten und auch geeignet, dass das Gericht seine Entscheidung allein hierauf stützt, wenn - wie hier - keine erheblichen Einwendungen erhoben werden (vgl. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1988, 2/9b RU 66/87). Neben Dr. R. hat auch Dr. B. eine rentenberechtigende Erwerbsminderung verneint. Die Gutachten des MDK, auf die sich der Kläger berufen hat, wurden hingegen vor beinahe 10 Jahren erstattet und dienten dem Ziel der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit, nicht der hiermit nicht deckungsgleichen Frage der Erwerbsminderung. Im Einklang mit der Einschätzung von Dr. S. sieht der Senat auch das Schlaf-Apnoe-Syndrom als erfolgreich behandelt an. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ist seit den Begutachtungen im Verwaltungsverfahren nicht erkennbar. Aus dem Umstand, dass der Kläger seine Medikamente unregelmäßig nimmt, kann sich eine Erwerbsminderung nicht ableiten lassen. Denn dem Kläger ist es durchaus zuzumuten, sich krankheitsadäquat zu verhalten.

Einfache Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch vorhanden, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI nicht zu berücksichtigen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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