L 28 B 1930/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 63 AS 21024/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1930/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7.September 2007 aufgehoben. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern die Kosten für eine Erstausstattung für die Wohnung in Höhe von 1500,00 EUR auf Darlehensbasis zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Beklagte hat den Antragstellern ein Viertel der Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Gründe:

Die gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. September 2007 von den Antragstellern eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) hat, ist gemäß § 172 Abs. 1 und § 173 SGG zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

Der Antragsgegner war im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG zu verpflichten, die Kosten für eine Erstausstattung für die Wohnung in Höhe von 1500,00 EUR auf Darlehensbasis zu übernehmen. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Dabei sind der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund jeweils glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Hiernach sind Leistungen für Erstausstattungen für Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Von dieser Bestimmung wird ein Bedarf erfasst, der aufgrund eines Gesamtverlustes, beispielsweise infolge eines Wohnungsbrandes oder aufgrund einer Trennung oder einer Scheidung entstanden ist (vgl. Münder in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 RdNr. 27). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller sind zum 1. Mai 2007, nach Trennung der Antragstellerin von ihrem Ehemann, aus der ehelichen Wohnung ausgezogen. Die nunmehr gemietete Wohnung ist ausweislich des Protokolls des Hausbesuches des Prüf- und Ermittlungsdienstes des Antragsgegners vom 30. Juli 2007 fast gänzlich unmöbliert.

Die Antragsteller erfüllen im Übrigen auch die weiteren Voraussetzungen einer Hilfegewährung nach §§ 7 ff. SGB II. Insbesondere sind sie hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit §§ 9, 11, 12 SGB II, weil sie weder über ein ausreichendes eigenes Einkommen (§ 11 SGB II) noch über Vermögen (§ 12 SGB II) verfügen, um die Erstausstattung aus eigen Mitteln zu finanzieren.

Insbesondere steht hierfür die der Antragstellerin zustehende Forderung in Höhe von 2556,46 EUR aus dem notariellen Ehevertrag vom 7. September 1999 nicht zur Verfügung. In diesem Vertrag hat sich ihr Ehemann verpflichtet, im Falle ihres Auszugs auf die erste Aufforderung einen einmaligen Betrag in Höhe von umgerechnet 2556,46 EUR als Umzugs- und Überbrückungshilfe binnen eines Monats nach Zugang der schriftlichen Aufforderung zu zahlen. Der sofortige Einsatz dieses Betrages, bei dem es sich um verwertbares Vermögen handelt, weil er vertragsgemäß ausschließlich dem Zweck dient, eine aufgrund des Auszuges der Antragstellerin eingetretene Bedarfslage finanziell zu überbrücken, ist indes nicht möglich, weil es die Antragstellerin nach Aktenlage bisher versäumt hat, den Betrag entsprechend der vertragliche Bestimmung anzufordern, geschweige denn diesen Anspruch durchzusetzen. Soweit die Antragstellerin insoweit vorträgt, dass sie keinen Anspruch auf die "eheliche Umzugshilfe habe, weil dieser Anspruch nur dann bestehe, wenn die Trennung mit der Absicht erfolge, einen Scheidungsantrag zu stellen und weder sie noch ihr Ehemann jedoch beabsichtigten einen solchen Antrag zu stellen", kann offen bleiben, ob diese Auslegung der einschlägigen Regelung des Ehevertrages zutreffend ist. Denn der Ehemann der Antragstellerin hat im Verwaltungsverfahren unter dem 1. April 2007 eine schriftliche Erklärung abgegeben, dass er nicht mehr bereit sei für die Antragstellerin einzustehen und dass die Scheidung geplant sei. Vor diesem Hintergrund kann der vorgenannte Vortrag der Antragstellerin nur als Schutzbehauptung gewertet werden, um einen Anspruch auf Gewährung der Kosten für eine Erstausstattung für die Wohnung als verlorenen Zuschuss zu begründen.

Ist aber jedenfalls eine sofortige Verwertung des Vermögens aufgrund des Verhaltens der Antragstellerin nicht möglich, sind nach §§ 9 Abs. 4, 23 Abs. 5 SGB II Leistungen lediglich als Darlehen zu erbringen (vgl. Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 9 RdNr. 49). Denn mit Durchsetzung des Anspruchs und Zahlung des Betrages fließt der Antragstellerin eine einmalige Einnahme zu, die sie zur Deckung des geltend gemachten Bedarfs verwenden kann. In diesem Zusammenhang sieht der Senat Anlass auf § 34 SGB II hinzuweisen. Danach ist derjenige, der die Voraussetzungen für seine Hilfebedürftigkeit oder die Hilfebedürftigkeit von Personen, die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet.

Vor diesem Hintergrund konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben, soweit die Antragstellerin Leistungen als verlorenen Zuschuss begehrt. Die Höhe der Kosten für die Erstausstattung hat der Senat, da die Antragsteller davon abgesehen haben, den geltend gemachten Anspruch im Einzelnen exakt zu beziffern, aufgrund einer Schätzung festgesetzt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass dieses einstweilige Rechtsschutzverfahren hätte vermieden werden können, wenn die Antragstellerin nicht von der Durchsetzung ihrer vertraglichen Ansprüche gegen ihren Ehemann abgesehen hätte. Zudem konnte ihr Rechtschutzgesuch insoweit keinen Erfolg haben, als sie Leistungen als verlorenen Zuschuss begehrt hat. Zu Lasten des Antragsgegners hat der Senat berücksichtigt, dass er trotz eines bestehenden Bedarfs auch die Gewährung von Leistungen als Darlehen abgelehnt hat.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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