Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 2205/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 B 572/07 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. August 2007 wird als unzulässig verworfen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren darüber, ob der Antragsteller bei der Antragsgegnerin freiwillig krankenversichert ist.
Der Antragsteller, der vom 1. Januar 2005 bis zum 18. Oktober 2006 Arbeitslosengeld II bezogen hatte und seit dem 19. Oktober 2006 von dem Beigeladenen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches erhält, erklärte am 10. November 2006 gegenüber der Antragsgegnerin seinen Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung. Die Antragsgegnerin stellte mit ihrem Bescheid vom 17. November 2006 fest, dass der Antragsteller kraft der vorgenannten Beitrittsanzeige bei ihr nicht freiwillig krankenversichert sei, weil er die hierfür erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfülle; die Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld II könnten insoweit keine Berücksichtigung finden, weil der Antragsteller das Arbeitslosengeld II zu Unrecht bezogen habe. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Auf entsprechende Aufforderung des Beigeladenen hat der Antragsteller am 2. August 2007 beim Sozialgericht Berlin in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Sozialgericht hat mit seinem Beschluss vom 27. August 2007 im Wege einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt, dass der Antragsteller der freiwilligen Krankenversicherung der Antragsgegnerin beigetreten sei. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 4. September 2007 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit ihrem Schreiben vom 11. September 2007 u. a. mitgeteilt: Auf Grund des Beschlusses des Sozialgerichts werde sein Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung im Rahmen der freiwilligen Krankenversicherung und der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung – vorbehaltlich des Ausgangs des Rechtsstreits in der Hauptsache – ab dem 19. Oktober 2006 sichergestellt. Er sei deshalb verpflichtet, ab diesem Zeitpunkt Beiträge in bestimmter Höhe zu zahlen. Leistungen würden vorläufig und vorbehaltlich des Ergebnisses des Sozialgerichtsverfahrens in der Hauptsache gewährt. Beim Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu ihren Gunsten seien die Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zurückzuzahlen.
Am 26. September 2007 hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Antragsgegnerin u. a. ausgeführt: Die Beschwerde sei zulässig. Insbesondere fehle es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil es sich bei dem Schreiben vom 11. September 2007 nur um einen so genannten Ausführungsbescheid handele, der unter dem Vorbehalt stehe, dass er nur dann gelten solle, wenn der Beschluss des Sozialgerichts rechtskräftig werde. Darüber hinaus sei die Beschwerde auch begründet, weil der Antrag unzulässig sei und weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden seien.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. August 2007 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und des Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Sie ist zwar innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses beim Sozialgericht eingelegt worden und wahrt zudem die vorgeschriebene Form (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin fehlt es jedoch an dem darüber hinaus erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Antragsgegnerin hat mit ihrem Schreiben vom 11. September 2007 gegenüber dem Antragsteller nicht nur einen so genannten Ausführungsbescheid erlassen, der unter dem Vorbehalt steht, dass er nur dann gelten solle, wenn der Beschluss des Sozialgerichts rechtskräftig werde. Vielmehr hat sie mit diesem Schreiben gemäß § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches mit regelnder Wirkung entschieden, dass der Antragsteller vorläufig vorbehaltlich des Ergebnisses in der Hauptsache wie ein in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherter behandelt werde. Hieran ändert nichts, dass die Antragsgegnerin – wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat – eine solche Entscheidung nicht hat treffen wollen. Denn insoweit kommt es nicht auf den Willen der Behörde an. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang vielmehr allein, wie die abgegebene Erklärung aus der Sicht eines objektiven Bescheidempfängers zu verstehen ist. Aus dessen Sicht lässt sich die Erklärung indes nicht anders verstehen als soeben aufgezeigt, weil die Antragsgegnerin zwar eingangs des Schreibens darauf hingewiesen hat, dass Grund für ihre Erklärung der Beschluss des Sozialgerichts sei, sie jedoch im Weiteren den von ihr gemachten Vorbehalt nicht mit der Rechtskraft dieses Beschlusses verknüpft, sondern – noch dazu an drei verschiedenen Stellen – ausgeführt hat, dass ihre Erklärung lediglich unter dem Vorbehalt der anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren stehe. Damit hat sie sich bereits im Vorfeld ihrer Beschwerde freiwillig dem Beschluss des Sozialgerichts gebeugt mit der Folge, dass ihr ein schutzwürdiges Interesse daran, gegen diesen Beschluss mit der Beschwerde vorzugehen, nicht zugebilligt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren darüber, ob der Antragsteller bei der Antragsgegnerin freiwillig krankenversichert ist.
Der Antragsteller, der vom 1. Januar 2005 bis zum 18. Oktober 2006 Arbeitslosengeld II bezogen hatte und seit dem 19. Oktober 2006 von dem Beigeladenen Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches erhält, erklärte am 10. November 2006 gegenüber der Antragsgegnerin seinen Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung. Die Antragsgegnerin stellte mit ihrem Bescheid vom 17. November 2006 fest, dass der Antragsteller kraft der vorgenannten Beitrittsanzeige bei ihr nicht freiwillig krankenversichert sei, weil er die hierfür erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfülle; die Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld II könnten insoweit keine Berücksichtigung finden, weil der Antragsteller das Arbeitslosengeld II zu Unrecht bezogen habe. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Auf entsprechende Aufforderung des Beigeladenen hat der Antragsteller am 2. August 2007 beim Sozialgericht Berlin in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Sozialgericht hat mit seinem Beschluss vom 27. August 2007 im Wege einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt, dass der Antragsteller der freiwilligen Krankenversicherung der Antragsgegnerin beigetreten sei. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 4. September 2007 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit ihrem Schreiben vom 11. September 2007 u. a. mitgeteilt: Auf Grund des Beschlusses des Sozialgerichts werde sein Versicherungsschutz in der Kranken- und Pflegeversicherung im Rahmen der freiwilligen Krankenversicherung und der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung – vorbehaltlich des Ausgangs des Rechtsstreits in der Hauptsache – ab dem 19. Oktober 2006 sichergestellt. Er sei deshalb verpflichtet, ab diesem Zeitpunkt Beiträge in bestimmter Höhe zu zahlen. Leistungen würden vorläufig und vorbehaltlich des Ergebnisses des Sozialgerichtsverfahrens in der Hauptsache gewährt. Beim Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu ihren Gunsten seien die Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zurückzuzahlen.
Am 26. September 2007 hat die Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Antragsgegnerin u. a. ausgeführt: Die Beschwerde sei zulässig. Insbesondere fehle es nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil es sich bei dem Schreiben vom 11. September 2007 nur um einen so genannten Ausführungsbescheid handele, der unter dem Vorbehalt stehe, dass er nur dann gelten solle, wenn der Beschluss des Sozialgerichts rechtskräftig werde. Darüber hinaus sei die Beschwerde auch begründet, weil der Antrag unzulässig sei und weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden seien.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. August 2007 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und des Beigeladenen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Sie ist zwar innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses beim Sozialgericht eingelegt worden und wahrt zudem die vorgeschriebene Form (vgl. §§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin fehlt es jedoch an dem darüber hinaus erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Antragsgegnerin hat mit ihrem Schreiben vom 11. September 2007 gegenüber dem Antragsteller nicht nur einen so genannten Ausführungsbescheid erlassen, der unter dem Vorbehalt steht, dass er nur dann gelten solle, wenn der Beschluss des Sozialgerichts rechtskräftig werde. Vielmehr hat sie mit diesem Schreiben gemäß § 31 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches mit regelnder Wirkung entschieden, dass der Antragsteller vorläufig vorbehaltlich des Ergebnisses in der Hauptsache wie ein in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherter behandelt werde. Hieran ändert nichts, dass die Antragsgegnerin – wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat – eine solche Entscheidung nicht hat treffen wollen. Denn insoweit kommt es nicht auf den Willen der Behörde an. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang vielmehr allein, wie die abgegebene Erklärung aus der Sicht eines objektiven Bescheidempfängers zu verstehen ist. Aus dessen Sicht lässt sich die Erklärung indes nicht anders verstehen als soeben aufgezeigt, weil die Antragsgegnerin zwar eingangs des Schreibens darauf hingewiesen hat, dass Grund für ihre Erklärung der Beschluss des Sozialgerichts sei, sie jedoch im Weiteren den von ihr gemachten Vorbehalt nicht mit der Rechtskraft dieses Beschlusses verknüpft, sondern – noch dazu an drei verschiedenen Stellen – ausgeführt hat, dass ihre Erklärung lediglich unter dem Vorbehalt der anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren stehe. Damit hat sie sich bereits im Vorfeld ihrer Beschwerde freiwillig dem Beschluss des Sozialgerichts gebeugt mit der Folge, dass ihr ein schutzwürdiges Interesse daran, gegen diesen Beschluss mit der Beschwerde vorzugehen, nicht zugebilligt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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