S 13 (20) AL 149/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 (20) AL 149/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 124/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gleichstellung der Klägerin mit einem schwerbehinderten Menschen.

Die 1952 geborene Klägerin ist seit 1970 als kaufmännische Angestellte bei der E GmbH beschäftigt. Das Versorgungsamt Düsseldorf hat mit Bescheid vom 25.01.2005 bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt; dabei sind als Gesundheitsstörungen anerkannt: "seelische Störung, Schmerzkrankheit".

Am 31.01.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Sie gab an, ihr Arbeitsplatz sei wegen ihrer Behinderungen gefährdet. Es habe bereits ein Fehlzeitengespräch stattgefunden und ihr sei eine Änderungskündigung in Aussicht gestellt worden. Die Arbeitgeberin teilte auf Anfrage der Beklagten mit, der Arbeitsplatz der Klägerin habe sich im Laufe der Zeit geändert. Es sei festgestellt worden, dass ein überwiegender Teil der Tätigkeiten der Klägerin von den Mitarbeitern des Faserbetriebes und der Ingenieurtechnik selbst erledigt worden sei, ohne dass es zu überobligatorischen Leistungen der Mitarbeiter gekommen sei. Aus diesem Grunde sei die unternehmerische Entscheidung getroffen worden, den Arbeitsplatz nur noch als Teilzeitarbeitsplatz zu besetzen. Der Klägerin sei daher am 27.01.2005 ein Angebot unterbreitet worden, ihre Arbeitszeit auf eine Teilzeitbeschäftigung zu reduzieren. Dieses Angebot habe sie abgelehnt, woraufhin am 10.02.2005 eine Änderungskündigung zum 30.09.2005 ausgesprochen worden sei. Die Behinderung sei erst durch das Anhörungsschreiben vom 14.02.2005 bekannt geworden. Der Arbeitsplatz sei nicht infolge der Behinderung gefährdet. Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung der Arbeitgeberin der Klägerin teilten auf Anfrage der Beklagten mit, dass der Arbeitsplatz der Klägerin nicht infolge einer Behinderung gefährdet sei. Die Behinderung sei bisher nicht bekannt gewesen.

Mit Bescheid vom 28.02.2005 lehnte die Beklagte die Gleichstellung ab, da keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Arbeitsplatz aus behinderungsbedingten Gründen gefährdet sei. Mit ihrem Widerspruch gegen diesen Bescheid trug die Klägerin vor, dass sich die Gefährdung des Arbeitsplatzes schon aus der zwischenzeitlich ausgesprochenen Änderungskündigung ergebe. Ihr Arbeitsplatz sei durch die Behinderung gefährdet und könne durch eine Gleichstellung sicherer gemacht werden. Auf ergänzende Anfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin mit, dass bisher gesundheitliche Einschränkungen der Klägerin bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht festgestellt worden seien. Die Änderungskündigung sei aus betrieblichen und nicht aus behinderungsbedingten Gründen erfolgt.

Die zunächst zum 30.09.2005 von der Arbeitgeberin ausgesprochene Änderungskündigung wurde von dieser zurückgenommen, unter dem 29.03.2005 wurde eine neue Änderungskündigung zum 31.10.2005 ausgesprochen. In dem anschließenden Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht N (4 Ca 1154/05) legte die Arbeitgeberin im Einzelnen die Gründe für die unternehmerische Entscheidung der Reduzierung der Arbeitszeit der Klägerin und damit der Änderungskündigung dar. Das Arbeitsgerichtsverfahren endete durch einen Vergleich am 16.06.2005. Nach dem Inhalt des Vergleiches wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin ab dem 01.11.2005 unter geänderten Arbeitsbedingungen mit einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden fortgesetzt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Arbeitsplatz der Klägerin sei nicht wegen der Behinderung gefährdet. Zwar lägen in den Jahren 2003 und 2004 behinderungsbedingte Fehlzeiten vor, die Änderungskündigungen seien jedoch nicht mit gesundheitlichen Einschränkungen begründet worden sondern mit betrieblichen Gegebenheiten, da sich das Arbeitsvolumen erheblich verringert habe. Eine derartige Gefährdung des Arbeitsplatzes sei einer Gleichstellung nicht zugänglich, da sie auch nichtbehinderte Arbeitnehmer treffen könne. Zudem habe die Klägerin sich zwischenzeitlich mit der Arbeitgeberin auf eine Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und damit ihren Arbeitsplatz erhalten. Damit sei eine Gefährdung des Arbeitsplatzes nicht erkennbar.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 17.11.2005 erhobenen Klage. Mit dieser trägt sie vor, dass ihr Arbeitsplatz nach wie vor gefährdet sei. Es sei nicht auszuschließen, dass der Arbeitgeber beabsichtige, eine weitere Änderungskündigung auszusprechen. Durch eine Gleichstellung könne ihr Arbeitsplatz sicherer gemacht werden. Zur Zeit sei sie entsprechend dem arbeitsgerichtlichen Vergleich sechs Stunden täglich beschäftigt. Längere Arbeitsunfähigkeitszeiten lägen seit Ende 2004 nicht mehr vor.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.02.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2005 zu verurteilen, sie einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Eine konkrete Gefährdung des Arbeitsplatzes der Klägerin infolge der Behinderung sei nicht erkennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Akte des Arbeitsgerichtes N 4 Ca 1154/05 und der beigezogenen Gerichtsakte S 30 SB 304/05 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.02.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2005 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - beschwert, denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.

Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht die Gleichstellung der Klägerin mit einem schwerbehinderten Menschen abgelehnt. Die Voraussetzungen der Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 9. Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) liegen nicht vor. Danach sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, die infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können.

Die Klägerin erfüllt zwar die persönlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 SGB IX, denn bei ihr liegt ein Grad der Behinderung von 30 vor. Die sachlichen Voraussetzungen für eine Gleichstellung liegen aber nicht vor. Da die Klägerin einen Arbeitsplatz inne hat, kommt es nur darauf an, ob sie infolge ihrer Behinderungen ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht behalten kann.Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Gefahr besteht, dass die Klägerin ihren Arbeitsplatz verliert, liegen nicht vor. Zwar hat die Arbeitgeberin der Klägerin im Jahr 2005 zwar Änderungskündigungen ausgesprochen, durch diese Änderungskündigungen droht jedoch keine Gefährdung des Arbeitsplatzes der Klägerin mehr, da das Kündigungsschutzverfahren durch den arbeitsgerichtlichen Vergleich, mit dem die Arbeitszeit und die Arbeitsbedingungen der Klägerin geändert wurden, beendet wurde. Anhaltspunkte dafür, dass erneut eine Änderungskündigung durch die Arbeitgeberin beabsichtigt ist, hat auch die Klägerin nicht vorgetragen. Allein die bloße Möglichkeit einer zukünftigen erneuten Änderungskündigung ist für eine Gleichstellung nicht ausreichend. Es muß zumindest eine konkrete Gefährdung erkennbar sein. Eine solche Gefährdung ist auch deshalb nicht erkennbar, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Berechtigung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin aus behinderungsbedingten Gründen bestehen. Längere Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin liegen nach ihren eigenen Angaben seit dem Jahr 2005 nicht mehr vor. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass sie aus behinderungsbedingten Gründen den Anforderungen ihres Arbeitsplatzes nicht gewachsen wäre oder dass etwa Abmahnungen wegen behinderungsbedingter Schlechtleistungen erfolgt wären. Arbeitgeberin, Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung haben zudem im Rahmen des Anhörungsverfahrens mitgeteilt, dass bis zum Zeitpunkt des Gleichstellungsantrages nicht einmal bekannt war, dass bei der Klägerin eine Behinderung vorlag und dass eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht erkennbar sei. Es erscheint daher daher derzeit ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis rechtmäßig Personen (behinderungsbedingt) kündigen könnte, insbesondere unter Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin. Eine Gleichstellung zur Sicherung des Arbeitsplatzes der Klägerin ist demnach nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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