L 1 R 1851/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 493/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1851/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech).

Er ist 1944 geboren und darf seit dem 19. Juli 1968 die Berufsbezeichnung Ingenieur führen. Im Mai 1976 wurde ihm der akademische Grad Diplomingenieur verliehen. Jedenfalls ab 1969 arbeitete er beim VEB Kombinat Robotron Zentralvertrieb Betriebsteil Berlin bzw. seit 1974 beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin als Ingenieur. Er war genauer ab Juni 1984 im Bereich Applikationen tätig, welcher ab 1988 Forschung und Entwicklung hieß. Dort wurden die von Robotron gelieferten Geräte auf die jeweiligen Anwender konfiguriert und angepasst. Seit 01. Juli 1990 war er beim Rechtsnachfolger des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, der Computer-Vertriebs-Union BerlinGmbH beschäftigt. Seinen Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften vom 24. August 2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2001 ab. Beim Beschäftigungsbetrieb habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb und auch keinen einem solchen gleichgestellten Betrieb gehandelt. In seinem Widerspruch hiergegen brachte der Kläger vor, er habe in einer Abteilung des VEB Robotron-VertriebBerlin gearbeitet, die sich mit der Entwicklung und dem Einsatz von Mikrorechnersystemen in der Industrie beschäftigt habe. Nur die direkte, wechselseitige und erfolgsorientierte Zusammenarbeit mit Produktionsbetrieben habe zu einem optimalen, effizienten Einsatz aller zur Verfügung stehenden Ressourcen aller Betriebe führen können. Der Einsatz von Computern habe zu Energieeinsparung, zur Zeitoptimierung von Produktionsprozessen und damit zur Einsparung von Rohstoffen aller Art geführt. Deshalb sei die Tätigkeit der Ingenieure seines Unternehmens eine der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844 f. = VO AVItech) gewesen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 11. April 2001 zurück. Die im VEB Robotron-Vertrieb Berlin ausgeübte Beschäftigung habe zwar den technischen Qualifikationen entsprochen, sei jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb ausgeübt worden.

Hiergegen richtet sich die am 01. Juni 2001 vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhobene Klage. Der Kläger sei als Kundendienstingenieur tätig gewesen und mit der Aufstellung, Inbetriebnahme sowie Wartung und Reparatur von EDV-Anlagen in den zu beliefernden Betrieben betraut gewesen. Er habe seit 1984 an der Entwicklung der Mikrorechentechnik mitgearbeitet. 1989 sei eine Umstrukturierung im Betrieb auf die Produktion von Bildverarbeitungssystemen erfolgt. Die Mikrorechensysteme seien auch in Instituten, Einrichtungen und Betrieben eingesetzt worden, welche zu den Produktionsbetrieben bzw. gleichgestellten Betrieben im Sinne der AVItech zählten. Seit 1982 sei von Robotron erstmals Mikrorechentechnik entwickelt und produziert worden. Die einzelnen Module seien entsprechend den Problemstellungen angepasst worden. In diesem Zusammenhang seien Adapter und Anpassungsmodule eigenständig entwickelt, gebaut und veräußert gewesen. Der Kläger sei in diesem Bereich seit 1983 tätig gewesen. Später seien aus der Mikrorechentechnik Bilderfassungssysteme entwickelt und vom RVB produziert worden. Der Kläger sei dort im Produktionsbereich tätig gewesen. Etwa ab 1987/1988 sei die Entwicklung einer neuen Generation von Bildverarbeitungssystemen mit anschließender Produktion erfolgt. Ab 1988 sei seine Abteilung Applikationen auf Entwicklungs- und Produktionstätigkeit umgerüstet und umstrukturiert worden. Es sei also durchaus produziert worden. Die Produktion umfasse nämlich den gesamten Prozess der Herstellung vom Entwurf über die Ausführung bis hin zur Endkontrolle und technischen Abnahme.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. September 2001 die Zeit vom 01. August 1968 bis 31. Dezember 1973 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz erkannt. Erst mit der Gründung der juristisch selbständigen Kombinatsbetriebe am 01. Januar 1974 sei der VEB Robotron-Vertrieb Berlin ein Handels- und Dienstleistungsbetrieb gewesen, der nicht dem Geltungsbereich der Versorgungsordnung unterfalle. Sie hat einen entsprechenden Feststellungsbescheid unter dem Datum 17. Januar 2002 erlassen. Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass der Beschäftigungsbetrieb der Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie) zugeordnet sei und damit der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR nicht zu einem der volkseigenen Produktionsbetriebe gezählt habe, denen die Herstellung von Sachgütern das Gepräge gegeben hätten. Die Entwicklung und Produktion von Prototypen und Sondermaschinen stelle nicht die geforderte industrielle Massenproduktion dar. Vielmehr müssten Maschinen in großer Stückzahl - eben im Rahmen einer industriellen Massenproduktion - hergestellt worden sein. Sie hat Unterlagen zum streitgegenständlichen Betrieb bzw. zur Eintragung des Nachfolgeunternehmens eingereicht. Ausweislich der Eröffnungsbilanz des Rechtsnachfolgers (CVU Computer-Vertriebs-Union-Berlin GmbH in Gründung) zum 01. Juli 1990 ist Gegenstand des Nachfolgeunternehmens der "Vertrieb, Service, Schulung, Applikation und Produktion von bzw. für bürotypische und elektrotechnische/elektronische Erzeugnisse und Leistungen sowie sonstiger damit im Zusammenhang stehender Erzeugnisse und Leistungen" gewesen. Nach einer "Informationsmappe zum VEB Kombinat Robotron" des VEB Kombinat Robotron Büro des Generaldirektors oblag dem VEB Robotron-Vertrieb der Vertrieb und der Service der Erzeugnisse der Rechen-, Schreib- und Datenverarbeitungstechnik des VEB Kombinat Robotronin der Hauptstadt und den Nordbezirken der DDR sowie der Vertrieb des Superminirechners RSK 1840 in der gesamten DDR. Er habe selbst digitale Bildverarbeitungssysteme und als Konsumgüter Monoheimrundfunkgeräte produziert. Darüber hinaus "ist er Exporteur von Kleinrechnersystemen und darauf aufbauenden problemorientierte Komplexe und von Bildverarbeitungssystemen" gewesen.

Ab 22. Februar 2002 bis 24. September 2002 und vom 13. Mai 2003 bis 16. Mai 2005 hat das Verfahren geruht. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 19. Oktober 2006 abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch zu auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zur AVItech ab 01. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 zu. Beim VEB Robotron-Vertriebhabe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie gehandelt, da eine industrielle Produktion diesem nicht das Gepräge gegeben habe. Nicht entscheidend sei, ob einzelne Abteilungen möglicherweise produziert hätten und insoweit eine Abteilung eines Betriebes die Voraussetzungen erfüllt habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Schwerpunkte des Arbeitgebers des Klägers seien im Bereich der Fabrikation, Herstellung und Produktion, nicht aber im Bereich der Dienstleistung und des Handels gelegen. Die neue Generation der Bildverarbeitungssysteme seien etwa zur Beobachtung des Halley’schen Kometen eingesetzt worden. Hierfür seien speichertechnisch, Prozessorsteuerung, Ein- und Ausgabegeräte etc. produziert worden. Die Funktion eines Leitbetriebes habe lediglich bedeutet, für ältere Kunden die Lieferung von Ersatzteilen und die Garantieleistungen abzusichern.

Der Senat hat sein Urteil vom 12. Oktober zur Akte L 1 RA 44/07 sowie Zeugenaussagen aus dem Verfahren LSG für das Land Brandenburg L 2 RA 14/03 und Sozialgericht Berlin S 9 RA 3399/01 und S 9 RA 398/03 in das Verfahren eingeführt. Hierzu trägt der Kläger vor, dem vom Senat im Urteil vom 12. Oktober wiedergegebenen Produktionsbegriff müsse widersprochen werden. Die Zeugen hätten von selbst produzierten Rechneranlagen gesprochen. Der Zeuge Khabe ausgesagt, der Hauptzweck sei die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern gewesen. Es habe eine Finalproduktion stattgefunden, da man mit einzelnen Komponenten nichts habe anfangen können. Die Bildverarbeitungssysteme seien auch nicht lediglich zusammengebaut, sondern es seien auch Leiterplatten selbst entwickelt und mit elektronischen Bauteilen und Bedienungselementen bestückt worden. Die fordistische Produktion dürfe nicht alleine der Maßstab für die Sachvoraussetzungen in Fällen wie vorliegend herangezogen werden. Im Übrigen seien maschinelle Bearbeitungsschritte - eine Montage - für den Betrieb des Klägers geradezu typisch gewesen. Zur Ergänzung hat der Kläger eine Zusammenstellung mit vertieftem Vortrag zur Interpretation der Gründungsanweisung des Kombinats sowie zu den Rechtsbegriffen industrielle Produktion, Produktionstypen eingereicht sowie zur Entwicklung der Mikroelektronik. Auf die Darstellung wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2006 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 15. Februar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2001 in Gestalt des Feststellungsbescheides vom 17. Januar 2002 die Beklagte zu verurteilen, auch den Zeitraum ab 01. Januar 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitpunkt tatsächlich erzielten Verdienste festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beschäftigungsbetrieb habe zwar in einem Teilbereich (Abteilung des Betriebes) auch neue Erzeugnisse, wie digitale Bildverarbeitungssysteme und als Konsumgüter Monoheimrundfunkgeräte produziert, in erster Linie habe er jedoch Vertrieb und der Service der Erzeugnisse zur Aufgabe gehabt. Ihm seien ab dem 01. Oktober 1986 auch die Funktion des Leitbetriebes für Inlandvertrieb und -kundendienst übertragen worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Beklagtenakte verwiesen, insbesondere auf die eingeführten Unterlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch, auf Feststellung der begehrten Zeiten als solche der Zugehörigkeit zur AVItech und damit als Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten (§ 5 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG).

Der Kläger hat zunächst keine Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG in direkter Anwendung. Er ist in der DDR niemals in das Versorgungssystem der AVItech einbezogen worden. Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren und auch nicht nachfolgend auf Grund originären Bundesrechts (Art. 17 Einigungsvertrag) einbezogen wurden, ist allerdings auf Grund einer vom Bundessozialgericht (BSG) vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG zu prüfen, ob die Nichteinbezogenen aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts noch nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. die Urteile vom 9. und 10. April 2002 in SozR 3-8570 § 1 Nrn. 2, 3, 4, 5, 6, 7 und 8). Die Anwendbarkeit des AAÜG folgt nicht bereits aus dem Feststellungsbescheid vom 17. Januar 2002. Damit hat die Beklagte keine eigenständige Feststellung über die Anwendbarkeit des AAÜG auf den Kläger getroffen, sondern bloß einige Vorschriften dieses Gesetzes auf ihn angewandt (so BSG, Urteil vom 9. April 2002 -B 4 RA 31/01 R SozR 3-8570 § 1 Nr 2). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den grundsätzlichen Ausschluss einer nachträglichen Einbeziehung nach dem 30. Juni 1990 und die Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG durch das BSG bestehen nicht. Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht aufgrund des allgemeinen Gleichheitssatzes (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz) gehalten, davon abzusehen, an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR anzuknüpfen. Er ist nicht verpflichtet, sich daraus ergebende Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Vertrauensschutzgesichtspunkte sind nicht verletzt, da der Kläger in der DDR keine Versorgungszusage erhalten hatte, mithin nicht davon ausgehen konnte, dass seine Entgelte ohne die entsprechende Versicherung unbeschränkt berücksichtigt würden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04, 203/05, 445/05 und 1144/05 –; Beschluss vom 1. März 2006 - 1 BvR 320/06 -).

Anzuwenden sind insoweit § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVtI-VO) vom 17. August 1950 und § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 2 der zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur AVtI-VO vom 24. Mai 1951. Danach hängt der Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell war die AVItech eingerichtet für (1) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und (2) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar (3) in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb (Industrie, Bauwesen). Die betriebliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung eines Betroffenen in die AVItech zum 1. August 1991 ist nur erfüllt, wenn der VEB ein Produktionsbetrieb der In¬dustrie oder des Bauwesens war. Materiell-rechtlich kommt es allein darauf an, ob der vom arbeitgebenden VEB tatsächlich verfolgte Hauptzweck auf die industrielle Fertigung (Fabrika¬tion, Herstellung, Produktion) von Sachgütern ausgerichtet war. Das BSG hat in seinem Urteil vom 9. April 2002 (B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) ausführlich begründet, dass nach dem maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens erstreckte. Entscheidend dafür spricht, dass durch § 1 Abs. 2 der 2. DB bestimmte Einrichtungen "(d)en volkseigenen Produktionsbetrieben" gleichgestellt werden – und gerade nicht den volkseigenen Betrieben schlechthin. Bereits nach § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043), die durch § 10 Abs. 2 der 2. DB aufgehoben wurde, zählten zum Kreis der Versorgungsberechtigten nur (bestimmte) Beschäftigte in einem Produktionsbetrieb. An diese – auch in anderen Vorschriften des Rechts der DDR zu findende - Unterscheidung zwischen volkseigenen Betrieben im Allgemeinen und volkseigenen Produktionsbetrieben im Besonderen knüpft § 1 Abs. 2 der 2. DB an und lässt so erkennen, dass die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nur zu gewähren war bei Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (oder einer der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB ausdrücklich gleichgestellten Einrichtungen). Speziell zum VEB Robotron-Vertrieb Berlinund zu den Vorbringen, in diesem seien aus einzelnen Komponenten erst arbeitsfähige Computeranlagen zusammengefügt, zum Teil wären die Komponenten selbst hergestellt, Anlagen konfiguriert und zum Absatz bereitgestellt, Bildverarbeitungssysteme montiert und in Betrieb gesetzt worden, hat der Senat in seinem auch in den hiesigen Prozess eingeführten Urteil vom 12. Oktober 2007 (Az. L 1 RA 44/04) ausgeführt: "Es fehlt ( ) für die Anerkennung von Versorgungszeiten an der letzten, der so genannten betrieblichen Voraussetzung (so für den VEB R B schon LSG Berlin, Urt. v. 21. April 2004 – L 17 RA 104/03 - ; LSG Brandenburg, Urt. v. 14. Dezember 2004 – L 2 RA 14/03 - und LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. März 2006 – L 16 R 471/05). ( ) Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers in der streitigen Zeit hatte zwar die Rechtsform eines VEB, war aber kein Produktionsbetrieb. Ein Produktionsbetrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der von ihm verfolgte Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen ist (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebs, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen sind. Als Hilfstatsachen bei der Beweiswürdigung können insbesondere Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen wie auch die Zuordnung zu bestimmten Ministerien von Bedeutung sein (BSG Urt. v. 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1 ).

Gegen die Annahme, dass es sich bei dem VEB R B um einen Produktionsbetrieb handelte, spricht schon seine Gründungsanweisung vom Dezember 1973, in der auf das Statut des VEB Kombinat R Bezug genommen wird. Dieses bestimmt in seinem § 7: "Dem VEB R B obliegt der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik, der Vertrieb von Systemunterlagen in den Nordbezirken der DDR und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik." Zwar nennt das Statut in seinem § 7 ausdrücklich auch die Produktion von Geräten, weist sie als Aufgabe aber dem VEB R R, dem VEB R D, dem VEB R R und dem VEB R H zu. Die Forschung, Entwicklung und Applikation von Geräten, Verfahren und Systemunterlagen der Rechentechnik wird als Aufgabe des VEB R für Forschung und Technik (in D) genannt. Nach dem Statut des VEB Kombinat R und der darauf Bezug nehmenden Gründungsanweisung des R-Vertrieb B waren Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit des Beschäftigungsbetriebs des Klägers in der streitigen Zeit folglich weder Produktion noch Forschung und Entwicklung.

Die tatsächlichen Verhältnisse in dem VEB R B rechtfertigen keine andere Sicht. Dem Senat liegen die Aussagen von in anderen sozialgerichtlichen Verfahren mit vergleichbarem Streitgegenstand gehörten Zeugen vor, nämlich die Aussagen von W K, Direktor Vertrieb, Forschung und Entwicklung beim VEB R B und von H E, ökonomischer Direktor beim VEB R B aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01, die Aussagen von M S, Betriebsdirektor beim VEB R B von 1974 bis 15. Mai 1990 aus den Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 398/03 und dem LSG Brandenburg L 2 RA 14/03 sowie die Aussage von F W, letzter Generaldirektor des VEB Kombinat R, aus dem Verfahren vor dem LSG Brandenburg L 2 RA 14/03. Diese Aussagen sind den Beteiligten bekannt gegeben worden, sie können im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden.

Aus ihnen ergibt sich zunächst, dass im VEB R B insoweit produziert worden ist, als in dem zum Betrieb gehörenden Werk in S ab 1974/1975 Radiogeräte gefertigt worden sind. Diese Produktion hat dem Betrieb allerdings nicht sein Gepräge gegeben, weil nur eine Minderzahl der Beschäftigten an der Produktion der Radiogeräte beteiligt gewesen ist (vgl. dazu die Aussage der Zeugen K und E aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01). Eigentlicher Gegenstand der Betriebstätigkeit des VEB R B war - neben der Wartung von Computeranlagen, die indessen offensichtlich nicht unter den Begriff der industriellen Produktion fällt - die Zusammenstellung von EDV-Anlagen aus vorgefertigten Komponenten nach Kundenwünschen, wofür auch ein Bildverarbeitungssystem, Steckverbindungen und Kabelbäume produziert worden sind. Das ergibt sich aus den Aussagen des Zeugen Schröder vor dem SG Berlin – S 8 RA 398/03 - und vor dem LSG Brandenburg – L 2 RA 14/03 – sowie der Aussage des Zeugen W vor dem LSG Brandenburg – L 2 RA 14/03 -. Selbst wenn das Zusammenstellen von EDV-Anlagen nicht als Dienstleistung, sondern als Herstellung eines neues Produkt anzusehen wäre wofür spricht, dass nicht nur Geräte mit schon vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten ausgeliefert, sondern die Möglichkeiten zur Nutzung der vorgefertigten Geräte durch den Zusammenbau qualitativ verändert worden sind – ist jedenfalls keine Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodells gegeben.

Wesentliches Kennzeichen der industriellen Fertigung fordistischer Prägung ist der Massenausstoß von Produkten, die durch Wiederholung von gleichartigen Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen, die an die Stelle menschlicher Arbeitskraft treten, hergestellt worden sind. Sofern das Zusammenstellen von Computeranlagen überhaupt als Produktion anzusehen ist, liegt darin jedenfalls eine andere Art der Herstellung von Sachgütern als die Produktion fordistischer Prägung. Der VEB R-Vertrieb B nahm die (endgültige) Zusammensetzung der Anlagen beim Kunden vor. Die "Produktion" erfolgte damit nicht auf dem Betriebsgelände eines Herstellers, wie es für eine industrielle Fertigung fordistischer Art typisch wäre. Insbesondere fehlt es aber an dem Einsatz von Maschinen im Herstellungsprozess. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass bei der Zusammenstellung der Anlagen maschinengestützte Produktionsschritte angefallen sind. Der Zeuge S hat in seinen Aussagen in dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 398/03 und dem LSG Potsdam L 2 RA 14/03 angegeben, dass die besonderen technischen Produktionsmittel des VEB R B, die beim Zusammenbau der Anlagen Verwendung gefunden hätten, spezielle Mess- und Prüfgeräte gewesen seien. Mess- und Prüfgeräte dienen aber nur der Kontrolle, sie bewirken keine Umgestaltung. Es gab danach keine maschinelle Bearbeitung der Vorprodukte. Eine Produktion fordistischer Art setzt indessen voraus, dass der Herstellungsprozess in einzelne maschinelle Bearbeitungsschritte aufgespalten ist. Fehlen diese, sind die Bedingungen industrieller Fertigung nicht gegeben. Schon aus diesem Grund kann die im Beschäftigungsbetrieb des Klägers vorgenommene Zusammensetzung von Computeranlagen nicht als Gegenstand industrieller Produktion angesehen werden. Infolgedessen kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme einer industriellen Produktion auch daran scheitern muss, dass die Zahl der zusammengesetzten Anlagen nicht ausreichte, um die Voraussetzung einer Massenproduktion zu erfüllen. Exakte Vorgaben zur erforderlichen Stückzahl sind insoweit schwierig zu bestimmen, weil die Schwelle zur Massenproduktion auch von der Art des Produktes abhängig ist."

Diese Ausführungen macht sich der Senat durch den erkennenden Richter auch im hiesigen Verfahren aus eigener Überzeugung zu Eigen. Ein anderes Bild ergibt sich auch nicht aus den Darlegungen und Ausführungen des Klägers in und zum Erörterungstermin am 14. Dezember 2007. Die Produktion einzelner Geräte und Komponenten, auch in Form von Fertigungsstraßen für Leiterplatten ergibt nicht das erforderliche Bild einer industriellen standardisierten Massenproduktion. Dass die Endkonfiguration und Anpassung der Rechner nicht mit dem heutigen Zusammenstellen von PCs nach Kundenwünschen durch den Computerhandel gleichsetzbar ist, ändert hieran nichts. Die Produktion von Bildverarbeitungsgeräten hat dem Betrieb nicht das Gepräge gegeben. Es hat sich dabei um "Applikationen", also einen Zusatz gehandelt, soweit die Kunden Bildverarbeitung bewältigen mussten. Ebenso wenig die Produktion einzelner Leiterplatten hierfür. Soweit der Arbeitgeber des Klägers produziert hat, hat es sich zur Überzeugung des Senats nicht um die Endmontage eines Massenproduktes im vorgenannten Sinne am Fließband - wie die Endmontage eines Kfz aus den vielen Vorprodukten - gehandelt. Vielmehr sind die bereits produzierten Produkte primär konfiguriert und nach den Anwendungswünschen der Kunden bzw. den Planerfordernissen zur Verwendung der Rechner auch in der Industriefertigung, lediglich zusammengefügt worden. Gleiches gilt für die Produktion von Radiogeräten im Werk Stralsund. Auch diese Produktion hat dem Betrieb nicht sein Gepräge gegeben, weil nur eine Minderzahl der Beschäftigten daran beteiligt gewesen ist (siehe die Aussage der Zeugen K und E aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01). "Der VEB Robotron Vertrieb Berlin nahm die (endgültige) Zusammensetzung der Anlagen indessen beim Kunden vor. Die "Produktion" erfolgte damit nicht auf dem Betriebsgelände eines Herstellers, wie es für eine industrielle Fertigung fordistischer Art typisch wäre. Es reicht dafür auch nicht aus, dass nach den Angaben des Zeugen Dr. S die besonderen technischen Produktionsmittel des VEB Robotron Vertrieb, die beim Zusammenbau der Anlagen Verwendung gefunden hätten, spezielle Mess- und Prüfgeräte gewesen seien. Derartige Geräte bewirken keine maschinelle Bearbeitung der Vorprodukte. Eine Produktion fordistischer Art setzt indessen voraus, dass der Herstellungsprozess in einzelne maschinelle Bearbeitungsschritte aufgespalten ist. Fehlen diese, sind die Bedingungen industrieller Fertigung nicht gegeben. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme einer industriellen Produktion auch daran scheitern muss, dass die Zahl der zusammengesetzten Anlagen mit 200 bis 250 im Jahr vergleichsweise geringfügig war" (so wörtlich und zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, U. v. 6.12.2007 -L 8 RA 2/03-). Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Beklagte zu Recht auch darauf abgestellt hat, dass auch die Zuordnung des Betriebes im System der Planwirtschaft gegen einen Produktionsbetrieb spricht. Auch der Geschäftszweck des Rechtsnachfolgers ausweislich der eingeführten Gründungsunterlagen nennt die Produktion nur als einen Teil der beabsichtigten Geschäftsaktivitäten, nicht als den wesentlichen. Schließlich kann nicht ausgeblendet werden, dass das Unternehmen Wartungs- und Garantieleistungen erfüllt hat, also offensichtlich nicht zur Produktion zählende Aufgaben.

Der VEB Robotron-VertriebBerlin war zuletzt auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich für die Gleichstellung ist ausschließlich das Versorgungsrecht der DDR (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 ). In versorgungsrechtlicher Sicht ist keine Gleichstellung eines Vertriebsunternehmens mit einem Produktionsbetrieb erfolgt, was sich daran zeigt, dass Vertriebsunternehmen in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht erwähnt sind (so bereits wörtlich Urteil des Senats vom 12. Oktober 2007).

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor
Rechtskraft
Aus
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