L 16 R 796/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 1319/05 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 796/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 18. September 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, besonders über das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Einen ersten Rentenantrag hatte der 1951 geborene Kläger am 06.03.2002 beim bosnischen Versicherungsträger gestellt. Dieser Antrag ist am 19.01.2004 bei der Beklagten eingegangen. Ein ärztlicher Untersuchungsbericht war nicht beigefügt worden. Nach dem vom bosnischen Träger vorgelegten Versicherungsverlauf hat der Kläger zwischen Mai 1975 und April 1992 dort für 20 Jahre, 5 Monate und 10 Tage Versicherungszeiten zurückgelegt. In der Bundesrepublik sind Beitragszeiten vom 01.10.1973 bis 24.01.1978 sowie vom 01.07.1994 bis 28.02.1998 für insgesamt 47 Monate nachgewiesen. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20.01.2004 ab mit der Begründung, im maßgeblichen Zeitraum vom 06.03.1997 bis 05.03.2002 seien insgesamt nur 10 Kalendermonate Beitragszeiten zu berücksichtigen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Rentenbezug seien deshalb nicht erfüllt, da in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung nicht mindestens drei Jahre mit Beitragszeiten oder sogenannten Aufschubzeiten belegt seien. Sofern der Kläger der Auffassung sei, die Erwerbsminderung sei bereits vor Antragstellung eingetreten, sicherte die Beklagte eine Überprüfung zu, sofern innerhalb der Rechtsbehelfsfrist entsprechende ärztliche Unterlagen übersandt würden. Die am 23.05.2005 eingegangenen Unterlagen wertete die Beklagte als neuen Rentenantrag. Sie wies darauf hin, dass die beitragsrechtlichen Voraussetzungen der 3/5-Belegung erfüllt sein müssten, um einen Rentenanspruch nach deutschem Recht zu haben. Bereits im Bescheid vom 20.01.2004 sei ihm mitgeteilt worden, dass er diese Vorausset-zungen nicht erfülle. Sofern er eine bescheidmäßige Ablehnung wünsche, werde gebeten, beim bosnischen Träger in M. einen förmlichen Antrag zu stellen.

Am 11.09.2005 ging bei der Beklagten der am 10.06.2005 beim bosnischen Träger gestellte und jetzt streitige Rentenantrag ein. Der bosnische Träger vermerkte, der Kläger sei seit 26.03.2002 Invalide. Erneut wurden Versicherungszeiten nach jugoslawischem Recht von 20 Jahren, fünf Monaten und drei Tagen bescheinigt. Der letzte Beitrag wurde im April 1992 entrichtet.

Mit dem Rentenantrag wurde ein Untersuchungsbericht vom 22.06.2005 übersandt. Dort haben die jugoslawischen Ärzte die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit halb- bis unter vollschichtig seit dem 22.06.2005 beurteilt. Der Kläger könne ohne häufiges Bücken, ohne Heben und Tragen oder Bewegen von Lasten und ohne einseitige Körperhaltung arbeiten, wenn es sich um mittelschwere Arbeiten handle, die überwiegend im Sitzen und zu ebener Erde verrichtet werden würden. Er leide seit vielen Jahren an erhöhtem Blutdruck, Schmerzen in der Hals- und Lendenwirbelsäule, und auf psychischer Ebene sei eine reduzierte Grundstimmung festzustellen. Beigefügt waren zahlreiche medizinische Unterlagen auch aus dem Jahr 2002.

Die Auswertung dieser Unterlagen durch den sozialärztlichen Dienst der Berklagten Dr. D. , am 27.01.2006 ergab, dass der Kläger an folgen Gesundheitsstörungen leidet: 1. Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck. 2. Übergewichtigkeit bei Fettstoffwechselstörungen. 3. Funktionsminderung der Wirbelsäule bei Verschleißerscheinun gen. 4. Prostataadenom. Der Kläger könne trotz der Gesundheitsstörungen sechs Stunden und mehr tätig sein, sofern es sich um leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen handle.

Mit Bescheid vom 02.09.2005 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab mit der Begründung, dass im Fünfjahreszeitraum vor Antragstellung keine Beiträge zurückgelegt worden seien und deshalb die 3/5 Belegung mit Beitragszeiten, die für den deutschen Rentenanspruch erforderlich sei, nicht erfüllt werde.

Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe in Bosnien ab 26.03.2002 Invalidenrente erhalten. Die drei Jahre Pflichtbeiträge erfülle er nicht, weil er als Rentner keine Beiträge bezahlen habe können. Er sei krank und könne nicht arbeiten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch wegen der Nichterfüllung der beitragsrechtlichen Voraussetzungen zurück. Dabei wies sie darauf hin, dass die Zeiten von Krankheit, Arbeitslosigkeit und Rentenbezug in Serbien und Montenegro oder der Republik Bosnien nicht als sogenannte Aufschubtatbestände berücksichtigt werden könnten, da das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien insoweit keine Gleichstellung enthalte. Nach deutschem Recht seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bei Eintritt der Erwerbsminderung bis spätestens 31.05.1994 erfüllt gewesen. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt aber noch gearbeitet habe, könne nicht angenommen werden, dass Erwerbsminderung zu diesem Zeitpunkt bereits vorgelegen habe.

Dagegen richtete sich die mit Schreiben vom 19.10.2005 zum Sozialgericht Landshut erhobene Klage. Der Kläger wies daraufhin, dass er in Bosnien Invalidenrente beziehe.

Die Beklagte wiederholte ihre Auffassung zur Anwendung des Sozialversicherungsabkommens. Im Übrigen habe die Bewilligung der Rente in Bosnien-Herzegowina keine Auswirkung auf die deutsche Entscheidung, da die Voraussetzungen allein nach deut-schem Recht erfüllt sein müssen. Nach dem Versicherungsverlauf sind vom Kläger zur deutschen Rentenversicherung Zeiten zwischen dem 17.10.1973 bis 04.01.1975 für 14 Monate und vom 01.07.1994 bis 28.02.1998 nochmals für 33 Monate Pflichtbeiträge zurückgelegt worden. Nach Auswertung der vom Kläger vorgelegten medizinischen Unterlagen durch Dr. D. (Stellungnahme vom 30.01.2006) lasse sich keine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Diese Unterlagen ließen keine Hinweise auf eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands erkennen. Der jetzt mitgeteilte Befund einer Fettleber mindere nicht wesentlich die Leistungsfähigkeit, und, da kein Funktionsbefund der Niere vorliege, sei eine wesentliche Verschlechterung nicht nachgewiesen. Mit Sicherheit könne gesagt werden, dass sich ein Versicherungsfall bis spätestens 31.05.1994 aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht ableiten lasse.

Der Kläger trug vor, seine Erwerbsminderung sei bis zum 31.05.1994 aufgetreten, denn er sei bis 1992 im Bergwerk beschäftigt gewesen. Bei Ausbruch des Krieges in Bosnien 1992 habe er bis Juni 1994 Militärdienst geleistet. Er sei dann als Flüchtling nach Deutschland gekommen und bei Verwandten als Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen. Als er nach Bosnien zurückgekommen sei, habe man die Erwerbsminderung am 26.03.2002 festgestellt.

Das Sozialgericht wies mit Gerichtsbescheid vom 18.09.2006 die Klage ab, nachdem es den Kläger im Schreiben vom 16.01.2006 über die fehlenden Beitragsvoraussetzungen und den beabsichtigten Gerichtsbescheid belehrt hatte. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, dass sich aus den Befundberichten, die bis zum Jahr 2002 zurückreichten, keinerlei Anhaltspunkte für eine bereits im Jahre 1994 eingetretene Erwerbsminderung ergäben, wie Dr. D. in der Stellungnahme vom Januar 2006 überzeugend dargelegt habe.

Dagegen richtet sich die mit Schreiben vom 23.10.2006 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Der Kläger weist erneut auf den Bezug der bosnischen Invalidenrente seit März 2002 hin. Seine Firma sei 1995 in Konkurs geraten und nach dem Krieg habe sich seine Gesundheit verschlechtert. Deshalb könne er weder leichte noch schwere Arbeiten mehr verrichten.

Auf Anforderung des Senats hat der bosnische Versicherungsträger umfangreiche medizinische Unterlagen über den Kläger auch aus der Zeit vor 2005 vorgelegt.

Nach den Feststellungen der Beklagten hat der Kläger in der Zeit ab 01.07.1994 bei der Firma Z. in M. sowie der Firma K. in C. gearbeitet und Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit bezogen. Anfragen an diese Firmen waren ergebnislos.

Ermittlungen der Beklagten und des Senats, der AOK und der Agentur für Arbeit ergaben keine bisher unberücksichtigten Zeiten.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 18.09.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ab Antrag Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass weitere Versicherungszeiten beim Kläger nicht festgestellt werden konnten und daher für einen Leistungsfall nach April 1994 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der 3/5-Belegung nicht mehr erfüllt sind, so dass Rente nicht zustehe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Landshut und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente, da er in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung im Juni 2005, ebenso aber auch vor der erstmaligen Antragstellung im März 2002, keine 36 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung geleistet hat.

Das Sozialgericht hat damit zu Recht die ablehnenden Bescheide der Beklagten bestätigt und die Klage abgewiesen.

Der Senat schließt sich der ausführlichen und zutreffenden Begründung durch das Sozialgericht in vollem Umfang an und sieht daher von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 SGG ab.

Die Ermittlungen des Senats und der Beklagten bezüglich weiterer Versicherungszeiten ergaben keine neuen Gesichtspunkte. Es konnte insbesondere kein Beitrag vor Juli 1994 festgestellt werden. Auch konnten der im Versicherungsverlauf bestehenden Lücke im Jahre 1997 keine berücksichtigungsfähigen Versicherungszeiten zugeordnet werden, da der Kläger in dieser Zeit weder krank noch arbeitslos war, sondern in dieser Zeit eine Familienversicherung bestand, die nicht als Versicherungszeit im Sinne der Rentenversicherung gewertet werden kann. Der Kläger hat somit durch seine Beschäftigung in der Bundesrepublik ab Juli 1994 keinen erneuten Versicherungsschutz erworben, da nicht 36, sondern nur 33 Pflichtbeiträge zurückgelegt wurden. Es verbleibt daher bei der Feststellung der Beklagten im Ausgangsbescheid, dass der Leistungsfall spätestens im Mai 1994 eingetreten sein müsste, um die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der 3/5-Belegung im Sinne von § 43 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VI zu erfüllen. Dass der Versicherungsfall tatsächlich bereits im Jahre 1994 eingetreten sein könnte, ist im Übrigen auch nicht durch die vorhandenen ärztlichen Unterlagen nachgewiesen und wird besonders dadurch widerlegt, dass der Kläger ab Juli 1994 in der Bundesrepublik für ca. zwei Jahre versicherungspflichtig gearbeitet hat. Im Übrigen kommt man zum gleichen Ergebnis für die Antragstellung im Jahr 2002 bzw. ab Gewährung der Rente in Bosnien ab März 2002, da auch zu diesen Zeitpunkten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, wie die Beklagte damals zu Recht entschieden hat, nicht erfüllt waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit der Berufung keinen Erfolg hat (§ 193 SGG).

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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