L 1 R 801/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 818/05 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 801/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 5. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1946 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Bosnien-Herzegowina und hat dort seinen Wohnsitz. Er hat in der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (Jugoslawien) den Beruf des Maurers und Fassadenarbeiters erlernt und in Jugoslawien zwischen September 1963 und Januar 1989 mit Unterbrechungen insgesamt 134 Kalendermonate abkommensrechtliche Versicherungszeiten (BOH-D 205 vom 12. März 2002) sowie in der Schweiz zwei Jahre und drei Monate Beitragszeit zurückgelegt. In Deutschland war er mit Ausnahme des Monats Juni 1994 zwischen Juli 1992 und November 1997 bei verschiedenen Baufirmen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er bezieht seit 1. Januar 2001 eine Rente aus der Schweizer Sozialversicherung sowie aufgrund eines Antrags vom 6. August 1999 seit 9. Dezember 1999 eine Invalidenrente aus der jugoslawischen (jetzt bosnischen) Invalidenversicherung. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung lehnte die Beklagte dagegen ab (Bescheid vom 12. Oktober 2000).

Der Ablehnung lag (u.a.) ein Gutachten der Invalidenkommission in S. vom 1. September 1999 zu Grunde. Darin wurde ausgeführt, beim Kläger liege seit 1992 ein medikamentös behandelter Diabetes mellitus sowie seit einigen Jahren ein Bluthochdruck vor. Seit 1995 träten in unregelmäßigen Abständen Schmerzen im Präkordium mit Ausstrahlung in die linke Schulter und den Hals auf. Der Kläger berichte über schnelles Ermüden und nächtliche Atemnotanfälle. 1995 sei am linken Bein eine Venenoperation erfolgt. Im selben Jahr habe er nach einem Sturz eine Fraktur des linken Sprunggelenks erlitten. Geklagt wurden Schmerzen, Pelzigkeit und Kältegefühl in beiden Unterschenkeln, Wirbelsäulenbeschwerden mit Ausstrahlung in den Nacken, die Schultern und Hüften, morgendliche Steifigkeit, ein Zittern der rechten Hand, Nervosität, Angst, Schwäche, schlechter Schlaf, Alpträume und eine Beeinträchtigung des Sehvermögens. Zur sozialen Anamnese wurde angegeben, der Kläger habe in Jugoslawien 19 Jahre als angelernter Maurer, in Deutschland sechs Jahre als Maurer und in der Schweiz drei Jahre und neun Monate als Gipser-Keramiker gearbeitet. Als Diagnosen wurden eine arterielle Hypertonie mit Veränderungen des Herzens, Diabetes mellitus, diabetische Retinopathie, chronische Bronchitis, Spondylose der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie ein depressives Syndrom angegeben. Aufgrund dieser Leiden sei der Kläger seit dem Untersuchungszeitpunkt nicht mehr in der Lage, Arbeiten mit größerer körperlicher Anspannung und Arbeiten in Höhen zu verrichten. Eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erfolgte nicht. Nach späteren Angaben der Invalidenkommission wurde der Kläger aufgrund seines Widerspruchs am 4. Februar 2000 nochmals begutachtet mit dem Ergebnis, dass er seit 1. September 1999 auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr einsetzbar sei.

Am 18. Juli 2001 (formlos bei der Beklagten) und 24. Januar 2002 (beim heimischen Versicherungsträger) beantragte der Kläger erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Dem Antrag vom 24. Januar 2002 war ein weiteres Gutachten der Invalidenkom-mission in S. vom 14. Februar 2002 beigefügt, wonach seit der Vorbegutachtung 1999 und 2000 keine gesundheitliche Besserung eingetreten sei. Der Kläger sei weiterhin nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben.

Die Beklagte lehnte den Antrag vom 18. Juli 2001 mit der Begründung ab, ausgehend vom Datum der Antragstellung seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt. Der Kläger habe im maßgebenden Zeitraum vom 18. Juli 1996 bis 17. Juli 2001 nur 17 Kalendermonate Pflichtbeitragszeit. Eine vorzeitige Wartezeiterfüllung liege nicht vor. Auch sei die Zeit ab 1. Januar 1984 nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Für die Monate Januar 1984 bis März 1987, Februar 1989 bis Juni 1992 und Dezember 1997 bis Dezember 2000 sei zum Zeitpunkt der Antragstellung auch keine ordentliche oder außerordentliche Beitragsentrichtung mehr möglich gewesen. Bei dieser Sachlage sei nicht geprüft worden, ob eine Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vorliege (Bescheid vom 16. April 2002). Den dagegen am 19. August 2002 (Eingang bei Gericht) verspätet erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte als unzulässig zurück. Sie erklärte sich gleichzeitig bereit, die Widerspruchsbegründung vom 20. November 2002 als Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) zu betrachten und hierüber zu entscheiden (Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2003).

In der Widerspruchsbegründung hatte der Kläger angegeben, er habe in Deutschland wegen Krankheit nicht mehr arbeiten können und sei nach Bosnien zurückgekehrt. Er sei Diabetiker, leide an einer Herzkrankheit und stehe wegen psychischer Erkrankungen unter ärztlicher Kontrolle. Die Beklagte ließ ihn ambulant durch den Internisten, Sozialmediziner und Betriebsmediziner Dr. G. begutachten (Gutachten vom 19. November 2004 mit nervenärztlichem Zusatzgutachten Dr. S. vom 18. November 2004 und augenärztlicher Untersuchung).

Bei der nervenärztlichen Untersuchung gab der Kläger an, er könne seine Beschwerden nicht ausdrücken und sich darüber nur mit seiner Frau unterhalten. Er habe Ängste und Schlafstörungen. Ende 1979 sei er nach Bosnien zurückgekehrt. Er habe festgestellt, dass sein Haus durch eine Granate beschädigt worden sei. Das sei das erste gewesen, was ihn nervös gemacht habe. Das Haus sei von seinem Bruder notdürftig repariert worden. Im Haus sei ihm dann dreimal am Fenster ein menschenähnliches Wesen erschienen, das ihm zugelächelt habe. Beim zweiten Mal habe das Wesen zu ihm gesagt, er solle im Wasser schwimmen. Das dritte Mal habe er es vor drei Monaten gesehen und es habe ihn zu sich gewunken. Vor diesem Wesen habe er Angst. Weiterhin habe er Beschwerden in beiden Beinen und manchmal blockiere das linke Sprunggelenk. Am linken Bein sei in Deutschland einmal eine Thrombose aufgetreten. Außerdem habe er Zucker, Schmerzen in der rechten Niere, Wirbelsäulenbeschwerden, Schmerzen im rechten Unterschenkel (wie ein Stromschlag), Schmerzen im linken Bein von der Hüfte abwärts, Schlafstörungen, Mundtrockenheit, Schmerzen zwischen den Schulterblättern, gelegentlich ein Kribbeln im linken Unterarm und in den Fingern links, gelegent-lich Schwellungen an den Fingergelenken zwei und drei links, dort auch ständige Schmerzen vor allem bei kaltem Wasser, abendlichen Druck hinter dem Brustbein mit Atemnot, ständige Kreuzschmerzen und seit eineinhalb Jahren ein ständiges Brummen im Kopf. Wegen der Vorstellung vor der Invalidenkommission sei er 1999 stationär in einer Nervenklinik behandelt worden und er stelle sich weiterhin alle 10 Tage zur ambulanten nervenärztlichen Behandlung vor. Psychisch wurde der Versicherte als wach und orientiert bei leicht gedrückter Grundstimmung beschrieben. Es sei ein guter Kontakt zu ihm herstellbar und die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten. Eindeutige psychotische Erlebnisweisen seien nicht zu eruieren. Mimik und Gestik seien nicht depressiv geprägt, der Antrieb normal und die Psychomotorik nicht verlangsamt. Dr. S. diagnostizierte einen reaktiven Verstimmungszustand mit psychovegetativen Störungen ohne Hinweise auf eine schwerwiegende Depression oder Angststörung. Neurologische Funktionsstörungen lägen nicht vor. Eindeutige Hinweise auf eine hirnorganische Beeinträchtigung ergäben sich nicht. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Schicht- bzw. Nachtdienst oder Akkordbedingungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Die Umstellungsfähigkeit erscheine nicht eingeschränkt.

Bei der Untersuchung durch Dr. G. gab der Kläger einen schweren Atemwegsinfekt im Rahmen eines Wintermanövers, einen Arbeitsunfall 1972, eine Thrombose im linken Bein 1994 und einen Bruch des linken Sprunggelenks 1996 an. 1998 sei er in Bosnien wegen schlechter Zuckereinstellung und Ohrgeräuschen stationär behandelt worden. Damals sei auch festgestellt worden, dass seine Nerven nicht in Ordnung seien. Er gehe etwa alle 10 Tage zur hausärztlichen Betreuung. Hauptsächlich leide er unter Schlaflosigkeit und Angst, habe zeitweise den Eindruck, dass jemand mit ihm im Zimmer sei und er brauche ständig Licht. Er habe im Schlafzimmer in Anwesenheit seiner Frau eine kleine Person mit einem Arm gesehen, die ihn angelächelt habe und dann wieder verschwunden sei. Dies sei bisher dreimal passiert, zuletzt vor drei Monaten. Er habe stets einen trockenen Mund und esse wenig, huste morgens, habe Atemnot beim Bergaufgehen, verspüre gelegentlich ein Herzstechen und habe linksseitige Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein. Nach achtjähriger Volksschule habe er eine dreijährige Maurerlehre und eine einjährige Weiterbildung zum hochqualifizierten Maurer absolviert und in Bosnien die meiste Zeit als Maurer, drei Jahre auch als selbstständiger Lebensmittelhändler gearbeitet. Von 1971 an sei er etwa drei Jahre in der Schweiz als Maurer tätig gewesen, 1991 als Flüchtling nach Deutschland gekommen und habe hier bis 1997 als Maurer gearbeitet. Seit seiner Rückkehr nach Bosnien sei er nicht mehr erwerbstätig. Er habe sich zunächst arbeitslos gemeldet und sei im Dezember 1999 berentet worden. Bei der Untersuchung zeigten sich alle Gelenke frei beweglich, wobei der Kläger beim linken Bein heftig gegenspannte und im klinisch unauffälligen linken Sprunggelenk heftigste Schmerzreaktionen angab. Die Muskulatur wird als seitengleich mittelkräftig beschrieben, das Gangbild als kleinschrittig und stark linksseitig hinkend. Der Versicherte wirke langsam, weitschweifig und umständlich, klage über Gedächtnislücken, könne sich aber an alle anamnestischen Daten erinnern. Das Echokardiogramm ergab einen geringfügig erweiterten, nicht hypertrophierten linken Ventrikel mit guter Funktion sowie einen gering erweiterten linken Vorhof, das Ruhe-EKG war unauffällig, eine Ergometrie scheiterte - wie bereits bei der Invalidenkommission - an mangelnder Mitarbeit. Die Lungenfunktionsprüfungen waren ebenfalls unauffällig. Dr. G. diagnostizierte einen Diabetes mellitus Typ II ohne Folgekrankheiten sowie einen Bluthochdruck. Der Diabetes sei unzureichend eingestellt, eine diabetische Nephropathie, Retinopathie oder sensible Polyneuropathie lägen aber nicht vor. Auch der Bluthochdruck sei nicht optimal eingestellt, die kardiale Leistungsfähigkeit aber nur leichtgradig eingeschränkt. Bezüglich der Wirbelsäule und der Gelenke könne keine belangvolle Funktionsbeeinträchtigung festgestellt werden. Auch sei die Gehfähigkeit nicht eingeschränkt. Der Kläger habe zur Untersuchung durch den Augenarzt im Beisein des Dolmetschers ca. 500 m mit unauffälligen Gangbild zurückgelegt. Auch habe er auf dem Weg weit entfernt liegende Gegenstände wahrnehmen können und sich darüber mit dem Dolmetscher unterhalten, bei der augenärztlichen Untersuchung dagegen angegeben, er könne praktisch nichts lesen. An beiden Sprunggelenken fänden sich röntgenologisch kein Anhaltspunkt für eine abgelaufene Fraktur und keine arthrotische Veränderung. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der nervenärztlichen Zusatzbegutachtung könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Akkordarbeit, Schicht- und Nachtdienst oder häufiges Bücken sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Tätigkeit eines Maurers könne er nicht mehr ausüben.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Überprüfungsantrags vom 20. November 2002 ab, weil beim Kläger keine Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vorliege (Bescheid vom 20. Dezember 2004). Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7. April 2005). Die Beklagte führte aus, ein Berufsschutz als Facharbeiter könne nicht anerkannt werden. Der Kläger besitze keinen nach einer deutschen Berufsordnung durchgeführten Ausbildungsabschluss als Facharbeiter und habe auch keine Nachweise dafür vorgelegt, dass er einen anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig und entsprechend entlohnt ausgeübt habe. Neue ärztliche Unterlagen, die eine andere Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit rechtfertigen könnten, seien im Widerspruchsverfahren nicht vorgelegt worden. Dass der Kläger von Versicherungsträgern in Bosnien-Herzegowina und der Schweiz eine Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit beziehe, habe auf die Entscheidung über einen Rentenanspruch nach deutschen Rechtsvorschriften keinen Einfluss. Im Übrigen seien zum Zeitpunkt der Antragstellung auch die weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt.

Zur Begründung der am 1. Juli 2005 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen vorgetragen, die Ärztekommissionen in der Schweiz und in Bosnien hätten seine Unfähigkeit festgestellt, erwerbstätig zu sein. Deshalb habe er auch ein Recht auf eine Rente aus der deutschen Versicherung. Außerdem habe er in Deutschland als Facharbeiter gearbeitet. Er hat zum Nachweis seiner Beschäftigungen in Deutschland Versicherungsnachweise über eine Beschäftigung bei den Bauunternehmen E. K. GmbH und Co. KG (1992 - Tätigkeitsschlüssel 47011), P. B. GmbH und Co. (1993 - Tätigkeitsschlüssel 47011), D.-Bau GmbH (1994 - Tätigkeitsschlüssel 47211), W. K. (1994 - Tätigkeitsschlüssel 47017) und B. GmbH (1995) vorgelegt.

Das SG hat zur Feststellung der vom Kläger in Deutschland ausgeübten Beschäftigungen bei den o.g. Arbeitgebern Auskünfte angefordert. Die Firma K. hat mitgeteilt, der Kläger habe dort nur einen Tag gearbeitet, keine Papiere vorgelegt, sich nicht mehr gemeldet und auch kein Arbeitsentgelt erhalten. Die Firma K. hat angegeben, der Kläger sei vom 6. Juli 1992 bis 28. Februar 1994 bei Hochbauarbeiten als angelernter (Bau)Facharbeiter beschäftigt und nach Lohngruppe V/2 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe entlohnt worden, habe aber nur in Teilbereichen über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten des hierzu üblichen Ausbildungsbe-rufs verfügt. Die Übrigen Anfragen verliefen erfolglos.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 5. Oktober 2006, dem Kläger zugestellt am 19. Oktober 2006). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit seien nur erfüllt, wenn der Leistungsfall spätestens im November 1999 eingetreten sei. Er habe in Bosnien seinen letzten Beitrag im Januar 1989 und in Deutschland im November 1997 eingezahlt. Der Bezug der heimischen Invalidenrente stelle keinen Verlängerungstatbestand dar. Für die in der Zeit zwischen Januar 1984 und Dezember 2000 nicht mit anrechenbaren Versicherungszeiten belegten Kalendermonate könne er freiwillige Beiträge nicht mehr entrichten. Der Kläger sei jedoch im November 1999 weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig gewesen. Dies ergebe sich aus den medizinischen Befundberichten und den Untersuchungen der Invalidenkommission in S. sowie aus der Begutachtung in Deutschland im November 2004. Der heimische Versicherungsträger habe im Gutachten vom November 1999 lediglich für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ein unter zweistündiges Leistungsvermögen festgestellt und erst anlässlich der Begutachtung im Februar 2002 auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt ein unter zweistündiges Leistungsvermögen angenommen. Die Begutachtung in Deutschland habe aber ergeben, dass der Kläger zwar als Maurer nur noch unter drei Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber noch sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein könne. Damit liege keine Erwerbsminderung vor. Auch eine Berufsunfähigkeit sei zu verneinen. Zwar habe der Kläger in seiner Heimat eine Ausbildung zum Maurer und Fassadenbauer absolviert, doch sei nicht nachgewiesen, dass er in Deutschland zuletzt eine Beschäftigung ausge-übt habe, die einer deutschen Facharbeitertätigkeit in vollem Umfange entspreche. Die Firma K. habe bestätigt, dass er angelernte Tätigkeiten verrichtet habe und seine Arbeit einer deutschen Facharbeitertätigkeit nicht gleichzustellen gewesen sei. Auch die Verschlüsselungen in den Versicherungsnachweisen bestätigten keine Facharbeitertätigkeit. Demnach genieße der Kläger keinen Berufsschutz als Facharbeiter. Er sei allenfalls der Gruppe der angelernten Arbeiter mit einer Anlernzeit von sechs Monaten zuzuordnen und könne somit auf Tätigkeiten als Montierer, Sortierer, Pförtner oder Museumsaufseher verwiesen werden. Diese Tätigkeiten habe er im November 1999 noch ausüben können. Wie sich aus dem Gutachten vom September 1999 ergebe, habe er nämlich lediglich Arbeiten unter größter körperlicher Anspannung und Arbeiten in Höhen nicht mehr verrichten können. Aufgrund der versicherungsrechtlichen Situation sei eine (erneute) Begutachtung in Deutschland nicht angezeigt.

Mit der am 23. November 2006 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung begehrt der Kläger weiterhin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit. Er macht insbesondere gel-tend, er sei in Deutschland als Facharbeiter tätig gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 5. Oktober 2006 und den Bescheid vom 20. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 23. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2003 aufgrund seines Antrags vom 18. Juli 2001 Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen und eine Auskunft der Innungskrankenkasse Nordrhein eingeholt, wonach der Kläger bei der Firma B. GmbH mit der Schlüsselzahl 44112 zur Sozialversicherung gemeldet worden ist. Arbeitgeberanfragen an die ehemaligen Geschäftsführer der Firma B. GmbH, S. B. und G. B. , blieben erfolglos.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs. 2 S. 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2005, mit dem sie es abgelehnt hat, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 23. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2003 aufgrund seines Antrags vom 18. Juli 2001 Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. Oktober 2006 zu Recht abgewiesen.

Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG) mit der Maßgabe, dass im vorliegenden Verfahren im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage darüber zu entscheiden ist, ob die Beklagte gemäß § 44 SGB X verpflichtet ist, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 23. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2003 eine der am 18. Juli 2001 beantragten Renten zu zahlen. Dies hat das SG im Ergebnis zu Recht verneint. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit.

Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung nur erfüllt wären, wenn beim Kläger spätestens im November 1999 der Versicherungsfall der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit eingetreten ist. Der Kläger hat zuletzt von Juli 1992 bis Mai 1994 sowie von Juli 1994 bis November 1997 Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet. Für die Zeit ab Dezember 1997 liegen keine weiteren in- oder ausländischen Versicherungszeiten vor. Solche sind weder den beigezogenen Akten zu entnehmen noch vom Kläger behauptet worden. Daher kann dahinstehen, ob die vom Kläger in Bosnien und der Schweiz früher zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen sind. Der Kläger hat ab Dezember 1997 auch keine Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des § 241 Abs. 2 S. 1 SGB VI zurückgelegt. Insbesondere ist die Zeit des Bezugs einer Rente aus der schweizerischen oder bosnischen Rentenversicherung keine Anwartschaftserhaltungszeit im Sinne der dortigen Nr. 5, da weder das deutsch-schweizerische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964 (BGBl. 1965 II S. 1293) i.d.F. der Zusatzabkommen vom 9. September 1975 (BGBl. 1976 II S. 1371) und 2. März 1989 (BGBl. 1989 II S. 890) noch - unabhängig von seiner Anwendbarkeit - das deutsch-jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl. II 1969 S. 1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl. II 1975 S. 390) eine entsprechende Gleichstellungsregelung enthalten (vgl. BSG 86, 153).

Das SG hat im Ergebnis auch zutreffend festgestellt, dass beim Kläger im November 1999 noch kein Versicherungsfall der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vorlag. Soweit sich das SG auf das Gutachten der Invalidenkommission in S. vom 1. September 1999 stützt, ist aber darauf hinzuweisen, dass die dortige Leistungsbeurteilung nach Angabe der Invalidenkommission im weiteren Gutachten vom 14. Februar 2002 durch eine Begutachtung am 4. Februar 2002 geändert und beim Kläger eine Inva-lidität der Kategorie I festgestellt worden ist. Allerdings hat die im November 2004 in Deutschland durchgeführte umfassende Begutachtung des Klägers ergeben, dass die bei ihm feststellbaren Gesundheitsstörungen die Annahme einer unter sechsstündigen Leistungsfähigkeit nicht rechtfertigen. Bei dieser Begutachtung ergaben sich keine Hinweise auf eine wesentliche Minderung des Herzleistungsvermögens und der Lungenfunktion und keine wesentliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule und Gelenke. Eine vom Kläger behauptete Verletzung der Wirbelsäule und beider Sprunggelenke konnte röntgenologisch ausgeschlossen werden. Auch ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Depression, Neurose oder Psychose oder für neurologische Gesundheitsstörungen, die das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers beeinflussen könnten. Die von ihm als mögliche Wahnvorstellungen angegebenen Erscheinungen einer einarmigen Person erscheinen vor dem Hintergrund, dass der Kläger nachweislich sowohl zum Sehvermögen, als auch zu Vorschädigungen (Wirbelsäule, Sprunggelenke) falsche Angaben gemacht hat, nicht überzeugend. Der Wahrheitsgehalt der Angaben kann indes dahinstehen, da die aus Bosnien vorliegenden medizinischen Berichte jedenfalls für die Zeit bis Februar 2002 keine Hinweise auf die vom Kläger behaupteten Wahrnehmungen und insbesondere keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Behandlung enthalten, die auf eine tiefer greifende seelische Störung schließen lassen würden. Einem Bericht der psychiatrischen Ambulanz des Krankenhauses Z. vom 30. Juni 1999 ist zu entnehmen, dass der Kläger einen Psychiater wegen somatischer Beschwerden aufgesucht hat. Angegeben wurden Missstimmung, Angst und niedrige Grundstimmung. Ein neuro-psychiatrischer Befund vom 11. Mai 2001 nennt lediglich Beschwerden aus dem Formenkreis der Depression, wobei psychotische Inhalte ausdrücklich verneint werden. Auch das Gutachten der Invalidenkommission in S. vom 14. Februar 2002 enthält keine weitergehenden Angaben.

Zur Frage des Berufschutzes ist festzustellen, dass der Kläger in Deutschland von keinem der ermittelten Arbeitgeber als Facharbeiter i.S. des vom Bundessozialgericht entwickelten Mehrstufenschemas zur Sozialversicherung angemeldet worden ist. Bei der Firma K. war der Kläger nach Auskunft dieses Arbeitgebers als Baufacharbeiter der Berufsgruppe V/2 beschäftigt. Die Berufsgruppe V umfasst Arbeitnehmer, die ihre Berufsausbildung in der Form der Stufenausbildung mit der ersten Stufe abgeschlossen haben sowie Arbeitnehmer, die eine angelernte Spezialtätigkeit ausüben. Die erste Stufe der (Bau)Berufsausbildung umfasst eine Ausbildungszeit bis zu zwei Jahren. Baufacharbeiter mit einer weitergehenden (dreijährigen) Ausbildung werden demgegenüber nach Berufsgruppe IV (gehobene Baufacharbeiter) entlohnt. Die Berufsgruppe VI (Baufachwerker) setzt keine Berufsausbildung oder Anlernzeit voraus. Innerhalb dieser er-kennbar an der Qualität des ausgeübten Berufs orientierten Berufsgruppeneinteilung umfasst somit die Berufsgruppe V sowohl Angelernte im unteren (Anlernzeit bis zu 12 Monaten) wie im oberen (Anlern- oder Ausbildungszeit von bis zu 24 Monaten) Be-reich. Ausgehend von der Auskunft der Firma K. kann der Kläger nicht der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zugeordnet werden, da der Arbeitgeber angegeben hat, der Kläger habe nicht über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten eines Facharbeiters verfügt, wobei erkennbar nicht auf eine Facharbeitertätigkeit im Sinne des Mehrstufenschemas, sondern auf die Tätigkeit als Baufacharbeiter Bezug genommen wurde.

Nach den dem LSG vorliegenden Schlüsselzahlen war der Kläger bei den Firmen K. , B. , D.-Bau und K. lediglich als Bauhelfer (Schlüsselzahl 470, 472), nicht als Facharbeiter (Schlüsselzahl 1) und ohne Berufsausbildung (Schlüsselzahl 1) bzw. ohne Kenntnis des Arbeitgebers über eine Berufsausbildung (Schlüsselzahl 7) beschäftigt. Lediglich die Firma B. GmbH hat den Kläger mit der Schlüsselzahl 441 (Maurer) 1 (nicht als Facharbeiter) 2 (mit abgeschlossener Berufsausbildung) gemeldet. Auch aus dieser Meldung geht aber hervor, dass der Kläger zwar eine Berufsausbildung angegeben hat, jedoch nicht als Facharbeiter beschäftigt worden ist. Damit rechtfertigt auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei der Firma B. GmbH lediglich die Zuordnung zur Gruppe der Angelernten.

Daher kann der Kläger sozial auch auf ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Nachdem der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten kann und weder die Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule noch der Gelenke, insbesondere auch der Hände, nennenswert eingeschränkt ist, sind ihm beispielsweise Tätigkeiten als Sortierer oder Montierer noch gesundheitlich zumutbar. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen betreffen lediglich Nachtschicht, Wechselschicht, Akkord und häufiges Bücken, die bei den genannten Tätigkeiten nicht regelmäßig anfallen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Begehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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