Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 AS 16916/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 1955/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. September 2007 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Auf ihrem Antrag vom 07. September 2006 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) der 1973 ge¬borenen Antragstellerin (Ast) mit Bescheiden vom 04. Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom 01. No¬vem¬¬ber 2006 bis zum 31. August 2007 in Höhe von 585,50 Euro monatlich, darin enthalten Kosten der Unterkunft (KdU) iHv 240,50 Euro. Dies war die Bruttokaltmiete für die 50,58 qm große ofenbeheizte 2-Zimmerwohnung der Ast in der E-Straße im Bezirk Friedrichs¬hain-Kreuzberg. Nachdem die Ast ergänzend "Kohlengeld" beantragt hatte, be¬stimmte die Ag mit Bescheiden vom 09. Oktober 2006 die Gesamtleistung unter zusätzlicher Berücksichtigung der entsprechenden Pauschalen bei den KdU mit 620,35 Euro (Oktober 2006) 654,80 Euro (November und Dezember 2006) 656,45 Euro (Januar bis März 2007) und 620,98 Euro (April 2007). Zum 22. November 2006 nahm die Ast eine befristete Beschäftigung bis zum 30. Juni 2007 auf (1-Euro-Job). Die Ag verminderte daraufhin die bewilligten Beträge mit Bescheiden vom 14. Dezember 2007 um die Anrechnungsbeträge aus dem zu erwartenden Einkommen.
Zum 15. März 2007 bezog die Ast eine 43 qm große 2-Zimmer in der S (Bezirk Pankow), ohne dies der Ag oder dem JobCenter Pankow mitzuteilen. Die (Um-) Melde¬bestätigung vom 26. März 2007 gelangte am 29. März 2007 zur Akte; ebenso der Miet¬ver¬trag (Gesamtmiete 347,- Euro, davon 35,- Euro monatlich Vorauszahlung für Heizung/ Warm¬¬wasser).
Die Ag teile der Ast mit Schreiben vom 03. April 2007 mit, ihre Zuständigkeit sei nicht mehr gegeben, die Ast möge beim JobCenter Pankow vorsprechen.
Zum 01. Juni 2007 zog die Ast erneut um, und zwar wiederum in den örtlichen Zuständigkeits¬bereich der Ag, dort in eine 55,79 qm große 2-Zimmerwohnung in der F Straße ihres bisherigen Vermieters (Kaltmiete (bis 31. Mai 2008) 300,- Euro, Nebenkosten 90,- Euro, davon Heizkosten (Abschlag für Gas) 45,- Euro). Dies teilte sie im Rahmen eines am 04. Juni 2007 bei der Ag gestellten Leistungsantrages mit. Die Ag bestimmte mit Bescheiden vom 18. Juli 2007 für Juli 2007 einen Gesamtleistungsbetrag von 38,41 Euro ((fragliche) Ein¬kommens¬anrechnung für Juli 2007 sowie sanktionsbedingter Minderbetrag von 35,- Euro) und für die Zeit vom 01. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 einen Betrag von 587,50 Euro (Regelleistung von 347,- Euro, KdU von 240,50 Euro).
Mit ihrem Widerspruch vertrat die Ast die Auffassung, die Zustimmung des JobCenters Pan¬kow zum Umzug am 01. Juni 2007 sei nicht notwendig gewesen, da sie bei diesem Jobenter nicht im Leistungsbezug gestanden – keine Bescheide erhalten – habe. Ihre Eingliederungs¬ver¬ein¬barung sehe ein Genehmigungserfordernis nicht vor, verpflichte sie vielmehr zur Mit¬teilung eines Umzugs. Die erste Wohnung in der Estraße in Friedrichshain habe "weiteres Wohnen – auch aus ge¬sund¬heitlichen Gründen – nicht mehr zugelassen". Die Wohnung sei auch zum 31. März 2007 gekündigt gewesen, sie habe sie schnell verlassen müssen. Die Wohnung in Pankow habe sie übergangsweise bekommen. Die derzeitige Wohnung habe sie erst nach intensiver Suche gefunden; Wohnraum zum Preis ihrer ursprünglichen Wohnung habe sie nicht finden können.
Am 26. Juni 2007 stellte die Ast unter Bezugnahme auf den Widerspruch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Notwendigkeit eines Umzugs hat sie ergänzend vorge¬tragen, die Wohnung in der Estraße habe nur undichte Einfachfenster gehabt; die Öfen seien defekt gewesen. Der Vermieter habe erst nach einem Auszug umfassend sanieren wollen. Sie sei in der Wohnung häufig krank gewesen. Dazu hat eine als eidesstattliche Versicherung überschriebene Erklärung vom 30. August 2007 abgegeben. Sie hat ferner geltend gemacht, die Heizkosten, die bezüglich ihrer ursprünglichen Wohnung ergänzend bewilligt worden seien, müssten jedenfalls berücksichtigt werden.
Mit Bescheid vom 13. August 2007 beschied die Beklagte den Widerspruch. § 22 Abs. 3 SGB II stelle klar, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Leistungen nur bei vorheriger Zu¬sicherung erbracht würden. Die Zusicherung stehe im pflichtgemäßen Ermessen und solle er¬teilt werden, wenn das JobCenter den Umzug veranlasst habe oder er es aus anderen Gründen notwendig gewesen sei und ohne eine Zusicherung Wohnraum in angemessener Zeit nicht hätte gefunden werden können. Die Notwendigkeit sei hier nicht begründet, eine negative Er¬messenentscheidung damit rechtmäßig.
Mit Beschluss vom 21. September 2007 hat das Sozialgericht (SG) Berlin es abgelehnt, die Ag zu verpflichten, die Kosten der derzeitigen Wohnung, hilfsweise die nach Maßgabe der AV-Wohnen (Ausführungsvorschriften zur Er¬mittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 07. Juni 2005 (Amtsblatt 3743), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschriften vom 30. Mai 2006 (Amtsblatt 2062)) angemessenen Kosten (vorläufig) zu übernehmen. Es bestehe kein eiliges Regelungsbedürfnis, weil Wohnungs- oder Obdachlosigkeit der Ast nicht zu besorgen sei. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass Mietrückstände beständen oder eine Kündigung erfolgt sei. Derzeit drohe aber damit keine Räumungsklage. Weiter hat das SG aus¬ge¬¬führt, Kosten der Wohnung von 390,- Euro entsprächen nicht den Angemessen¬heitskriterien der AV-Wohnen und könnten deshalb – unbeschadet der Beurteilung der Erforderlichkeit des Umzugs – im Hauptsacheverfahren "wohl" nicht zugesprochen werden.
Dagegen wendet sich die Ast mit der Beschwerde. Die gegenüber der vollständigen Über¬nahme der Regelleistung und der KdU tatsächlich bestehende Minderleistung sei prozentual größer als vom Sozialgericht angenommen. Damit sei sie durchaus gefährdet, obdachlos zu werden, da das Mietverhältnis nachhaltig gestört werde, wenn Mietrückstände entständen. Sie habe den Antrag bei Gericht sogleich gestellt, nachdem die Ag die entsprechende Leistung abgelehnt habe. Vorher habe sie keinen Anlass gehabt, aktiv zu werden, da sie erwerbstätig gewesen sei.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Gerichtsakte und Verwaltungsvorgänge haben bei der Entscheidung vorgelegen.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Ab¬wen¬dung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Anordnungsanspruch – die Rechts¬position, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anord¬nungs¬grund – die Eilbedürftigkeit der sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Die Ast hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzung für die Gewährung höherer KdU vorliegen (fehlender Anordnungsanspruch). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Davon kann nach einem Umzug (oder nach mehreren Umzügen) eine Ausnahme bestehen; dies ist hier im Ergebnis der Fall.
Nach § 22 Abs. 2 SGB II gilt für einen Wohnungswechsel, dass der erwerbsfähige Hilfebe¬dürf¬tige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des (bisher zu¬ständigen, § 22 Abs. 2 in der ab dem 01. August 2006 geltenden Fassung des SGB II – Fort¬ent¬wicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706)) kommunalen Trägers zu den Auf¬wen¬dungen für die neue Unterkunft einholen soll. Dieser ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Da¬¬bei ist die Erteilung der Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung, die erfüllt sein muss, um überhaupt einen Anspruch auf KdU für eine neu bezogene Wohnung zu begründen; viel¬mehr ist es eine Obliegenheit sie einzuholen, deren Verletzung bzgl. der Übernahme der Wohnungs¬kosten (anders die sonstigen Kosten) ggf. folgenlos bleibt. Wird die Zusicherung erteilt, d.h. werden die Er¬forder¬lichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Kosten von der Behörde akzeptiert und festgestellt, begründet sie den Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten der neuen Wohnung. Wird sie nicht erteilt, besteht (ab Einzug) ein Anspruch auf die gesamten KdU nur, sofern diese angemessen sind und wenn der Umzug erforderlich war. Ansonsten ver¬bleibt es bei den KdU der aufgegebenen Wohnung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit dem 01. August 2006 geltenden Fassung). § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II erweist sich damit – wenn die tat¬bestand¬lichen Voraussetzungen vorliegen – als eine die Kosten der Unterkunft dauerhaft beschränken¬de Regelung, und zwar auch für den Fall, dass die nach einem Umzug in eine neue Wohnung anfallenden Kosten angemessen iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Dies stellt keine system¬widrige Begrenzung dar, denn die Regelung verhindert, dass der Rahmen des Angemessenen auch in den Fällen ausgeschöpft wird, in denen der Hilfebedürftige aktuell günstiger als zu dem nach § 22 Abs 1 Satz 1 möglichen Höchstbetrag der KdU wohnt, ohne dass die Wohnverhält¬nisse unzumutbar oder unangemessen sind (was ggf. die Erforderlichkeit eines Umzugs be¬grün¬det). Dabei dürfte es nicht frei von Bedenken sein, dass diese Begrenzung nach dem Wortlaut ihrerseits ohne jede (zeitliche oder auch sonstige Umstände abstellende) Einschränkung ist, denn sie steht damit in der Gefahr, Unterkunftskosten zur Limitierung der tatsächlich bestehen¬den Kosten heranzuziehen, die nicht (mehr) realistisch sind. Insoweit ist durchaus zu über¬legen, aufgegebene Mietverhältnisse, die lange zurückliegen oder gänzlich atypisch waren, oder KdU, die anteilig Bewohnern von Wohngemeinschaften gezahlt worden sind, nicht unverändert, sondern allenfalls fortgeschrieben oder sachgerecht bereinigt nach 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II heranzuziehen. Im vorliegenden Fall hindern derartige Überlegungen die Anwendung der Vorschrift nicht, da nach dem Vortrag der Ast Probleme der soeben benannten Art nicht vor¬l¬iegen, zumal beide Umzüge der Ast zeitnah waren, wobei zur Erforderlichkeit des zweiten Wohnungswechsels jeder Vortrag fehlt.
Da die Ast nicht mitgeteilt hat, was sie veranlasst hat, von der Wohnung S in die teurere Wohnung Fstraße umzuziehen, kann die Notwendigkeit dieses Umzugs nicht beurteilt, jedenfalls für die Belange des einstweiligen Verfahrens nicht unterstellt werden. Auch kommt es nach dem derzeitigen Sachverhalt nicht in Betracht, die Kosten der Wohnung S als angemessene Kosten nach einem erforderlichen Umzug (aus der E¬straße), auch nach dem Umzug in die Fstraße weiterhin zu zahlen; dazu fehlt es an der Glaubhaftmachung, dass der Umzug von der Wohnung Estraße in die Wohnung S erforderlich iSv § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II war. Abgesehen davon, dass nicht mit¬geteilt wurde, wer (Mieterin oder Vermieter) die Wohnung Estraße zum 31. März 2007 mit welcher Begründung gekündigt hat, der Vortrag also geradezu darauf angelegt ist, dem Se¬nat ein umfassendes Bild von der Sachlage vorzuenthalten, sind die weiteren Darlegungen der Ast unschlüssig. Das Mietverhältnis Estraße ist zum Ende der Heizperiode gekündigt worden, wobei die tatsächliche Notwendigkeit, sich eine neue Wohnung zu beschaffen, offen¬bar erst im Frühsommer 2007 bestanden hat, wozu die Ast im Einzelnen ebenfalls nicht Stellung bezogen hat. Der Vortrag, für die konkrete Beendigung seien Kälteanfälligkeit und schlechte Beheizbarkeit der Wohnung Estraße tragend gewesen, begründet ausgehend vom Zeitpunkt massiven Erklärungsbedarf, nicht aber die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Sachverhalt vollständig und zutreffend mitgeteilt wird.
Da somit die Erforderlichkeit des Umzugs nicht glaubhaft ist, bedarf es keiner weiteren Be¬trachtung, ob die tatsächlichen KdU der Wohnung S angemessen waren (wo¬für allerdings vieles spricht).
Der Senat braucht sich auch nicht der Frage zu stellen, ob über die vorläufige Gewährung er¬höhter KdU nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2005 (1 BvR 569/05, Nachweise im Beschluss des SG) im Wege der Folgenabwägung zu ent¬schei¬den wäre, wenn auch nur die kaum auszuschließende Möglichkeit besteht, dass die wahre Sach¬lage bzgl des Umzugs der Ast von der Wohnung Estraße in die Wohnung S Berichtigungen und Ergänzungen des Vortrags ermöglicht, die zu einer anderen Beurteilung der Erforderlichkeit führen. Dies braucht hier deshalb nicht entschieden werden, weil in den Ausführungen des SG zur Eilbedürftigkeit bezogen auf den vorliegenden Fall bei¬zutreten ist. Jedenfalls wenn – wie hier – noch nicht einmal vorgetragen ist, dass bzgl. der ak¬tuellen Wohnung Mietrückstände alsbald entstehen werden, besteht auch ein Anordnungsgrund (Eilbedürfnis – Notwendigkeit wesentliche Nachteile abzuwenden) nicht.
An einem Anordnungsgrund fehlt es auch, soweit die Ag der Ast (unbeschadet der fehlenden Erforderlichkeit des Wohnungswechsels) bereits nach ihrer Auffassung geringfügig höhere KdU zu gewähren hat, denn die zusätzlichen Leistungen haben (nur) einen Umfang, angesichts dessen nicht angenommen werden kann, dass der mit einer vorläufigen Gewährung weiterer KdU verbundenen Zweck – den Verbleib in der bisherigen Wohnung zu sichern – mit einer zu¬sprechenden Entscheidung erreicht werden könnte (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 10. De¬zem¬ber 2007 – L 10 B 1917/07 AS ER –). Unzureichend und korrekturbedürftig ist die Be¬willigung der Ag insoweit, als sie - soweit die KdU ausgehend von der Wohnung Estraße gezahlt werden - nur die "Sommermiete" zugrunde liegt. Zutreffend ist es demgegenüber, die Heizkosten (in Form der Pauschalen für Brennstoffe) auf das Jahr umzulegen, monatsbezogen zu berechnen und entsprechend erhöhte "warme Mietkosten" anzusetzen.
Mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Begehrens hat das SG die Gewährung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt W für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung abgelehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Auf ihrem Antrag vom 07. September 2006 bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) der 1973 ge¬borenen Antragstellerin (Ast) mit Bescheiden vom 04. Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) vom 01. No¬vem¬¬ber 2006 bis zum 31. August 2007 in Höhe von 585,50 Euro monatlich, darin enthalten Kosten der Unterkunft (KdU) iHv 240,50 Euro. Dies war die Bruttokaltmiete für die 50,58 qm große ofenbeheizte 2-Zimmerwohnung der Ast in der E-Straße im Bezirk Friedrichs¬hain-Kreuzberg. Nachdem die Ast ergänzend "Kohlengeld" beantragt hatte, be¬stimmte die Ag mit Bescheiden vom 09. Oktober 2006 die Gesamtleistung unter zusätzlicher Berücksichtigung der entsprechenden Pauschalen bei den KdU mit 620,35 Euro (Oktober 2006) 654,80 Euro (November und Dezember 2006) 656,45 Euro (Januar bis März 2007) und 620,98 Euro (April 2007). Zum 22. November 2006 nahm die Ast eine befristete Beschäftigung bis zum 30. Juni 2007 auf (1-Euro-Job). Die Ag verminderte daraufhin die bewilligten Beträge mit Bescheiden vom 14. Dezember 2007 um die Anrechnungsbeträge aus dem zu erwartenden Einkommen.
Zum 15. März 2007 bezog die Ast eine 43 qm große 2-Zimmer in der S (Bezirk Pankow), ohne dies der Ag oder dem JobCenter Pankow mitzuteilen. Die (Um-) Melde¬bestätigung vom 26. März 2007 gelangte am 29. März 2007 zur Akte; ebenso der Miet¬ver¬trag (Gesamtmiete 347,- Euro, davon 35,- Euro monatlich Vorauszahlung für Heizung/ Warm¬¬wasser).
Die Ag teile der Ast mit Schreiben vom 03. April 2007 mit, ihre Zuständigkeit sei nicht mehr gegeben, die Ast möge beim JobCenter Pankow vorsprechen.
Zum 01. Juni 2007 zog die Ast erneut um, und zwar wiederum in den örtlichen Zuständigkeits¬bereich der Ag, dort in eine 55,79 qm große 2-Zimmerwohnung in der F Straße ihres bisherigen Vermieters (Kaltmiete (bis 31. Mai 2008) 300,- Euro, Nebenkosten 90,- Euro, davon Heizkosten (Abschlag für Gas) 45,- Euro). Dies teilte sie im Rahmen eines am 04. Juni 2007 bei der Ag gestellten Leistungsantrages mit. Die Ag bestimmte mit Bescheiden vom 18. Juli 2007 für Juli 2007 einen Gesamtleistungsbetrag von 38,41 Euro ((fragliche) Ein¬kommens¬anrechnung für Juli 2007 sowie sanktionsbedingter Minderbetrag von 35,- Euro) und für die Zeit vom 01. August 2007 bis zum 31. Januar 2008 einen Betrag von 587,50 Euro (Regelleistung von 347,- Euro, KdU von 240,50 Euro).
Mit ihrem Widerspruch vertrat die Ast die Auffassung, die Zustimmung des JobCenters Pan¬kow zum Umzug am 01. Juni 2007 sei nicht notwendig gewesen, da sie bei diesem Jobenter nicht im Leistungsbezug gestanden – keine Bescheide erhalten – habe. Ihre Eingliederungs¬ver¬ein¬barung sehe ein Genehmigungserfordernis nicht vor, verpflichte sie vielmehr zur Mit¬teilung eines Umzugs. Die erste Wohnung in der Estraße in Friedrichshain habe "weiteres Wohnen – auch aus ge¬sund¬heitlichen Gründen – nicht mehr zugelassen". Die Wohnung sei auch zum 31. März 2007 gekündigt gewesen, sie habe sie schnell verlassen müssen. Die Wohnung in Pankow habe sie übergangsweise bekommen. Die derzeitige Wohnung habe sie erst nach intensiver Suche gefunden; Wohnraum zum Preis ihrer ursprünglichen Wohnung habe sie nicht finden können.
Am 26. Juni 2007 stellte die Ast unter Bezugnahme auf den Widerspruch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Notwendigkeit eines Umzugs hat sie ergänzend vorge¬tragen, die Wohnung in der Estraße habe nur undichte Einfachfenster gehabt; die Öfen seien defekt gewesen. Der Vermieter habe erst nach einem Auszug umfassend sanieren wollen. Sie sei in der Wohnung häufig krank gewesen. Dazu hat eine als eidesstattliche Versicherung überschriebene Erklärung vom 30. August 2007 abgegeben. Sie hat ferner geltend gemacht, die Heizkosten, die bezüglich ihrer ursprünglichen Wohnung ergänzend bewilligt worden seien, müssten jedenfalls berücksichtigt werden.
Mit Bescheid vom 13. August 2007 beschied die Beklagte den Widerspruch. § 22 Abs. 3 SGB II stelle klar, dass die in dieser Vorschrift bezeichneten Leistungen nur bei vorheriger Zu¬sicherung erbracht würden. Die Zusicherung stehe im pflichtgemäßen Ermessen und solle er¬teilt werden, wenn das JobCenter den Umzug veranlasst habe oder er es aus anderen Gründen notwendig gewesen sei und ohne eine Zusicherung Wohnraum in angemessener Zeit nicht hätte gefunden werden können. Die Notwendigkeit sei hier nicht begründet, eine negative Er¬messenentscheidung damit rechtmäßig.
Mit Beschluss vom 21. September 2007 hat das Sozialgericht (SG) Berlin es abgelehnt, die Ag zu verpflichten, die Kosten der derzeitigen Wohnung, hilfsweise die nach Maßgabe der AV-Wohnen (Ausführungsvorschriften zur Er¬mittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 07. Juni 2005 (Amtsblatt 3743), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschriften vom 30. Mai 2006 (Amtsblatt 2062)) angemessenen Kosten (vorläufig) zu übernehmen. Es bestehe kein eiliges Regelungsbedürfnis, weil Wohnungs- oder Obdachlosigkeit der Ast nicht zu besorgen sei. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass Mietrückstände beständen oder eine Kündigung erfolgt sei. Derzeit drohe aber damit keine Räumungsklage. Weiter hat das SG aus¬ge¬¬führt, Kosten der Wohnung von 390,- Euro entsprächen nicht den Angemessen¬heitskriterien der AV-Wohnen und könnten deshalb – unbeschadet der Beurteilung der Erforderlichkeit des Umzugs – im Hauptsacheverfahren "wohl" nicht zugesprochen werden.
Dagegen wendet sich die Ast mit der Beschwerde. Die gegenüber der vollständigen Über¬nahme der Regelleistung und der KdU tatsächlich bestehende Minderleistung sei prozentual größer als vom Sozialgericht angenommen. Damit sei sie durchaus gefährdet, obdachlos zu werden, da das Mietverhältnis nachhaltig gestört werde, wenn Mietrückstände entständen. Sie habe den Antrag bei Gericht sogleich gestellt, nachdem die Ag die entsprechende Leistung abgelehnt habe. Vorher habe sie keinen Anlass gehabt, aktiv zu werden, da sie erwerbstätig gewesen sei.
Die Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Gerichtsakte und Verwaltungsvorgänge haben bei der Entscheidung vorgelegen.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Ab¬wen¬dung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Anordnungsanspruch – die Rechts¬position, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie der Anord¬nungs¬grund – die Eilbedürftigkeit der sofortigen Regelung – sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Die Ast hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzung für die Gewährung höherer KdU vorliegen (fehlender Anordnungsanspruch). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Davon kann nach einem Umzug (oder nach mehreren Umzügen) eine Ausnahme bestehen; dies ist hier im Ergebnis der Fall.
Nach § 22 Abs. 2 SGB II gilt für einen Wohnungswechsel, dass der erwerbsfähige Hilfebe¬dürf¬tige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des (bisher zu¬ständigen, § 22 Abs. 2 in der ab dem 01. August 2006 geltenden Fassung des SGB II – Fort¬ent¬wicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 (BGBl I 1706)) kommunalen Trägers zu den Auf¬wen¬dungen für die neue Unterkunft einholen soll. Dieser ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Da¬¬bei ist die Erteilung der Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung, die erfüllt sein muss, um überhaupt einen Anspruch auf KdU für eine neu bezogene Wohnung zu begründen; viel¬mehr ist es eine Obliegenheit sie einzuholen, deren Verletzung bzgl. der Übernahme der Wohnungs¬kosten (anders die sonstigen Kosten) ggf. folgenlos bleibt. Wird die Zusicherung erteilt, d.h. werden die Er¬forder¬lichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Kosten von der Behörde akzeptiert und festgestellt, begründet sie den Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten der neuen Wohnung. Wird sie nicht erteilt, besteht (ab Einzug) ein Anspruch auf die gesamten KdU nur, sofern diese angemessen sind und wenn der Umzug erforderlich war. Ansonsten ver¬bleibt es bei den KdU der aufgegebenen Wohnung (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit dem 01. August 2006 geltenden Fassung). § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II erweist sich damit – wenn die tat¬bestand¬lichen Voraussetzungen vorliegen – als eine die Kosten der Unterkunft dauerhaft beschränken¬de Regelung, und zwar auch für den Fall, dass die nach einem Umzug in eine neue Wohnung anfallenden Kosten angemessen iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Dies stellt keine system¬widrige Begrenzung dar, denn die Regelung verhindert, dass der Rahmen des Angemessenen auch in den Fällen ausgeschöpft wird, in denen der Hilfebedürftige aktuell günstiger als zu dem nach § 22 Abs 1 Satz 1 möglichen Höchstbetrag der KdU wohnt, ohne dass die Wohnverhält¬nisse unzumutbar oder unangemessen sind (was ggf. die Erforderlichkeit eines Umzugs be¬grün¬det). Dabei dürfte es nicht frei von Bedenken sein, dass diese Begrenzung nach dem Wortlaut ihrerseits ohne jede (zeitliche oder auch sonstige Umstände abstellende) Einschränkung ist, denn sie steht damit in der Gefahr, Unterkunftskosten zur Limitierung der tatsächlich bestehen¬den Kosten heranzuziehen, die nicht (mehr) realistisch sind. Insoweit ist durchaus zu über¬legen, aufgegebene Mietverhältnisse, die lange zurückliegen oder gänzlich atypisch waren, oder KdU, die anteilig Bewohnern von Wohngemeinschaften gezahlt worden sind, nicht unverändert, sondern allenfalls fortgeschrieben oder sachgerecht bereinigt nach 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II heranzuziehen. Im vorliegenden Fall hindern derartige Überlegungen die Anwendung der Vorschrift nicht, da nach dem Vortrag der Ast Probleme der soeben benannten Art nicht vor¬l¬iegen, zumal beide Umzüge der Ast zeitnah waren, wobei zur Erforderlichkeit des zweiten Wohnungswechsels jeder Vortrag fehlt.
Da die Ast nicht mitgeteilt hat, was sie veranlasst hat, von der Wohnung S in die teurere Wohnung Fstraße umzuziehen, kann die Notwendigkeit dieses Umzugs nicht beurteilt, jedenfalls für die Belange des einstweiligen Verfahrens nicht unterstellt werden. Auch kommt es nach dem derzeitigen Sachverhalt nicht in Betracht, die Kosten der Wohnung S als angemessene Kosten nach einem erforderlichen Umzug (aus der E¬straße), auch nach dem Umzug in die Fstraße weiterhin zu zahlen; dazu fehlt es an der Glaubhaftmachung, dass der Umzug von der Wohnung Estraße in die Wohnung S erforderlich iSv § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II war. Abgesehen davon, dass nicht mit¬geteilt wurde, wer (Mieterin oder Vermieter) die Wohnung Estraße zum 31. März 2007 mit welcher Begründung gekündigt hat, der Vortrag also geradezu darauf angelegt ist, dem Se¬nat ein umfassendes Bild von der Sachlage vorzuenthalten, sind die weiteren Darlegungen der Ast unschlüssig. Das Mietverhältnis Estraße ist zum Ende der Heizperiode gekündigt worden, wobei die tatsächliche Notwendigkeit, sich eine neue Wohnung zu beschaffen, offen¬bar erst im Frühsommer 2007 bestanden hat, wozu die Ast im Einzelnen ebenfalls nicht Stellung bezogen hat. Der Vortrag, für die konkrete Beendigung seien Kälteanfälligkeit und schlechte Beheizbarkeit der Wohnung Estraße tragend gewesen, begründet ausgehend vom Zeitpunkt massiven Erklärungsbedarf, nicht aber die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Sachverhalt vollständig und zutreffend mitgeteilt wird.
Da somit die Erforderlichkeit des Umzugs nicht glaubhaft ist, bedarf es keiner weiteren Be¬trachtung, ob die tatsächlichen KdU der Wohnung S angemessen waren (wo¬für allerdings vieles spricht).
Der Senat braucht sich auch nicht der Frage zu stellen, ob über die vorläufige Gewährung er¬höhter KdU nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2005 (1 BvR 569/05, Nachweise im Beschluss des SG) im Wege der Folgenabwägung zu ent¬schei¬den wäre, wenn auch nur die kaum auszuschließende Möglichkeit besteht, dass die wahre Sach¬lage bzgl des Umzugs der Ast von der Wohnung Estraße in die Wohnung S Berichtigungen und Ergänzungen des Vortrags ermöglicht, die zu einer anderen Beurteilung der Erforderlichkeit führen. Dies braucht hier deshalb nicht entschieden werden, weil in den Ausführungen des SG zur Eilbedürftigkeit bezogen auf den vorliegenden Fall bei¬zutreten ist. Jedenfalls wenn – wie hier – noch nicht einmal vorgetragen ist, dass bzgl. der ak¬tuellen Wohnung Mietrückstände alsbald entstehen werden, besteht auch ein Anordnungsgrund (Eilbedürfnis – Notwendigkeit wesentliche Nachteile abzuwenden) nicht.
An einem Anordnungsgrund fehlt es auch, soweit die Ag der Ast (unbeschadet der fehlenden Erforderlichkeit des Wohnungswechsels) bereits nach ihrer Auffassung geringfügig höhere KdU zu gewähren hat, denn die zusätzlichen Leistungen haben (nur) einen Umfang, angesichts dessen nicht angenommen werden kann, dass der mit einer vorläufigen Gewährung weiterer KdU verbundenen Zweck – den Verbleib in der bisherigen Wohnung zu sichern – mit einer zu¬sprechenden Entscheidung erreicht werden könnte (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 10. De¬zem¬ber 2007 – L 10 B 1917/07 AS ER –). Unzureichend und korrekturbedürftig ist die Be¬willigung der Ag insoweit, als sie - soweit die KdU ausgehend von der Wohnung Estraße gezahlt werden - nur die "Sommermiete" zugrunde liegt. Zutreffend ist es demgegenüber, die Heizkosten (in Form der Pauschalen für Brennstoffe) auf das Jahr umzulegen, monatsbezogen zu berechnen und entsprechend erhöhte "warme Mietkosten" anzusetzen.
Mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Begehrens hat das SG die Gewährung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt W für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung abgelehnt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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