S 16 U 128/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 128/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 269/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist zwischen den Beteiligten, ob beim Kläger eine durch allergisierende oder chemisch irritativ bzw. toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung vorliegt und ob ihm Übergangsleistungen gemäß § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) zu gewähren sind.

Der 1946 geborene Kläger hatte in der Zeit vom 01.08.1977 bis zum 31.01.2004 als Kundendiensttechniker im Außendienst Kleinkopierer und Faxgeräte zu installieren, warten und zu reparieren. Seit dem 01.01.2005 ist er nicht mehr erwerbstätig. Im Dezember 2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, er leide an einer obstruktiven Atemwegserkrankung als Folge berufsbedingten Umgangs mit Tonern, so dass ihm Entschädigung zustehe. Die Beklagte zog daraufhin medizinische Unterlagen bei, denen zu entnehmen ist, dass der Kläger an einer chronischen Bronchitis leidet. Außerdem schaltete die Beklagte ihre Präventionsstelle sowie die Präventionsstelle der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft ein. Diese kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger während seiner Beschäftigungszeit keinen Gefährdungen im Sinne der Berufskrankheiten nach den Nummern 4301 und 4302 der Anlage zur BKV ausgesetzt gewesen war: Als Kundendiensttechniker habe er Kopiergeräte mit Reinigungstüchern unter Verwendung von Reinigungs- und Lösungsmitteln gereinigt. Ferner seien Poliermittel aufgetragen worden. In seltenen Fällen seien auch Tonerbehälter aufgefüllt worden. Bis in die 80er Jahre seien die Toner in einer Flasche geliefert und in den Vorratsbehälter des Gerätes umgefüllt worden. Hierzu habe es ein Adapterstück zwischen Flasche und Vorratsbehälter gegeben, das die Staubentwicklung gemindert habe. Bei den neueren Geräten sei die komplette Tonerpatrone zu wechseln gewesen, so dass es zu keiner Staubfreisetzung gekommen sei. Gelegentlich habe der Sammelbehälter für Tonerreste, der in Kopiergeräten vorhanden gewesen sei, gewechselt werden müssen. Zusammenfassend könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger während seiner Tätigkeit Kontakt zu Reinigungsmitteln gehabt habe. Überwiegend sei an den gewarteten Geräten schwarzer Toner eingesetzt worden, der jedoch nur gelegentlich ausgetauscht worden sei. Unter Berücksichtigung der Sicherheitsdatenblätter der verwandten Produkte könne nach dem derzeitigen Stand der arbeitsmedizinisch-toxikologischen Erkenntnisse von keiner Gefährdung im Sinne der Berufskrankheiten nach Nr. 4301 bzw. 4302 der Anlage zur BKV ausgegangen werden. Nachdem sich T, Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW sich dieser Beurteilung angeschlossen hatte, lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 4301 bzw. 4302 der Anlage zur BKV ab (Bescheide vom 18.08.2004). Die Widersprüche des Klägers waren erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 17.12.2004). Auch die Bewilligung von Übergangsleistungen lehnte die Beklagte ab (Bescheide vom 15.02.2005 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 25.04.2005). Mit seinen unter dem 19.01.2005 und 25.05.2005 bei Gericht eingegangenen Klagen verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das Gericht hat die Klagen zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Kläger macht geltend, zum 01.02.2004 die gefährdende Tätigkeit aufgegeben zu haben. Wegen der Abgase der Kopiergeräte sowie wegen der Einwirkungen von Tonerstaub habe er an Asthma, Atemnotanfällen, Luftnot, chronischer Bronchitis, Hustenreiz, Auswurf, Lungenentzündung und Fieberschüben gelitten. Gerügt werden müsse, dass die Rezeptur der Toner und der sonstigen Mittel bislang nicht eruriert worden sei. Prophylaktisch habe jedenfalls die Tätigkeit aufgegeben werden müssen. Im Übrigen fehle es an einer unabhängigen arbeitstechnischen Expertise.

In der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2007 ist für den Kläger niemand aufgetreten. Der Klägerbevollmächtigte hat die Terminsmitteilung ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 07.09.2007 erhalten.

Der Kläger begehrt,

die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 18.08.2004 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 17.12.2004 und unter Änderung der Bescheide vom 14.02.2005 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 25.04.2005 zu verurteilen, bei ihm eine berufliche Atemwegserkrankung anzuerkennen und zu entschädigen, insbesondere in Form der Verletztenrente sowie Übergangsleis- tungen für die 5 Jahre ab Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Beim Kläger liegt keine Berufskrankheit nach den Nummern 4301 oder 4302 der Anlage zur BKV vor; auch Übergangsleistungen gemäß § 3 BKV kann er nicht beanspruchen. Die Feststellung einer Berufskrankheit setzt voraus, dass der Versicherte bei seiner Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheiten ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken. Dabei müssen nach ständiger Rechtsprechung die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich ihrer Art und ihres Ausmaßes im Sinne des Vollbeweises also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Nur für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht reicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus. Auf der Grundlage der plausiblen Feststellungen der Präventionsstellen der Beklagten und der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft lässt sich nicht belegen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Kundendiensttechniker in einem Umfang atemwegsschädigenden Substanzen ausgesetzt gewesen ist, die zu obstruktiven Atemwegsstörungen hätten führen können. Dabei sind auch die Sicherheitsdatenblätter der vom Kläger verwendeten Produkte, einschließllich des Sicherheitsdatenblatts für schwarzen Toner berücksichtigt worden. Eine Gefährdung ist - in Übereinstimmung mit den Sicherheitsdatenblättern - bei Unterstellung des bestimmungsgemäßen Umgangs mit den Produkten verneint worden. T, von der Landesanstalt für Arbeitsschutz NRW, einer von den Berufsgenossenschaften unabhängigen staatlichen Stelle, hat sich dieser Beurteilung angeschlossen. Es besteht daher keine Veranlassung an der Richtigkeit der arbeitstechnischen Feststellungen der Präventionsstellen zu zweifeln. Auch der Kläger hat nicht dargelegt, warum diese Feststellungen unzutreffend seien sollen. Darüber hinaus hat das Landessozialgericht in seinem Urteil vom 22.01.2007 - L 17 U 33/06 - unter Bezugnahme auf arbeitsmedizinische Feststellungen von X ausgeführt, dass Toner aus polymerisierten Stoffen bestünden, die in Staubform keine chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Reaktionen der Atemwege auslösen würden. Im Hinblick darauf, dass die Belastung durch berufliche Substanzen nicht ausgereicht hat, Atemwegsstörungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 4301 oder 4302 der Anlage zur BKV zu verursachen, hat auch nicht die konkrete Gefahr des Entstehens einer solchen Berufskrankheit bestanden. Der Kläger hat daher seinen Arbeitsplatz als Kundendiensttechniker nicht aus prophylaktischen Gründen aufgeben müssen. Übergangsleistungen im Sinne des § 3 Abs. 2 BKV kommen nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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