Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AS 839/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 B 2018/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Oktober 2007 aufgehoben. Den Klägern wird Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt R-T S, M, W, beigeordnet; Raten aus dem Einkommen oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu zahlen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Oktober 2007 hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedenfalls die erforderliche, aber auch ausreichende hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 73 a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Kläger beantragen Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der sie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) begehren. Insbesondere wenden Sie sich gegen die Berücksichtigung einer Einkommensteuererstattung als Einkommen.
Die in § 114 ZPO vorgesehene Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung in das Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern, das den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen will. Ebenso wenig, wie das Gericht die Erfolgsaussicht aufgrund einer nur oberflächlichen Prüfung verneinen darf, ist der Streitstoff abschließend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu würdigen. Andererseits gebietet das verfassungsrechtliche Gebot, einem Unbemittelten durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Zugang zum Gericht zu ermöglichen, nur, ihn einem Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisi-ko berücksichtigt. Prozesskostenhilfe muss nicht bewilligt werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist. Dies gilt auch, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als "schwierig" erscheint (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u.a. -, BVerfGE 81, 347 [357 f.]).
Nach diesen Maßstäben ist den Klägern Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Vor einer abschließenden Würdigung des Sachverhaltes sprechen einige Gesichtspunkte dafür, dass die Klage jedenfalls teilweise - Erfolg haben könnte. So hat der Beklagte bei der Berechnung des Be-darfs der Kläger für die Monate März bis Juli 2006 – offensichtlich ausgehend von den Anga-ben bei der ursprünglichen Antragstellung im Oktober 2004 – ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers zu 2) aus abhängiger Beschäftigung in Höhe von 1.439,54 Euro zugrunde gelegt. Nach der Arbeitgeberbescheinigung vom September 2006 hat der Kläger für August 2006 indessen nur ein Nettoarbeitsentgelt von 1.241,54 Euro bezogen. Das wirft die Frage auf, ob die von der Beklagten für die Monate März bis Juli 2006 zugrunde gelegten Bedarfe und Einkommen den tatsächlichen Verhältnisses entsprechen. Aus der Antwort könnten sich – unabhängig von der Frage der Anrechenbarkeit der Steuernachzahlung als Einkommen – weitergehende Ansprüche der Kläger ergeben. Der Senat weist insoweit darauf hin, dass der Beklagte in seinem erneuten Bewilligungsbescheid vom 26. Oktober 2006 für September 2006 von monatlichen Leistungsansprüchen in Höhe von insgesamt 556,28 Euro ausgeht, wohingegen durch den (mittlerweile aufgehobenen) Bescheid vom 13. Dezember 2005 für die Monate Februar bis Juni 2006 nur 301,84 Euro monatlich bewilligt waren.
Überdies ist die Bescheidlage unübersichtlich. So fehlt es nach der Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 26. Juni 2006 und des Einstellungsbescheides vom 18. September 2006 durch den Bescheid vom 13. Oktober 2006 mittlerweile an einem Bescheid, der in seinem Ver-fügungssatz eine Entscheidung darüber treffen würde, welche Ansprüche den Klägern für die Monate Juli bis August 2006 zustehen. Offen ist auch, ob den Klägern die in der Verwaltungsakte befindlichen Berechnungen für Juli und August 2006 überhaupt zur Kenntnis gegeben wurden. Angesichts des in Frage stehenden, nicht ganz unerheblichen Betrages der angerech-neten Steuererstattung von 3.050,99 Euro wäre diese Unübersichtlichkeit auch für einen Bemittelten an Stelle der Kläger Anlass, anwaltliche Hilfe für die gerichtliche Klärung der Rechtslage in Anspruch zu nehmen.
Der Senat kann demnach dahingestellt sein lassen, ob allein die zu klärende Rechtsfrage der Behandlung einer Steuererstattung als Einkommen schon zureichender Anlass für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wäre. Möglicherweise unterscheidet sich der vorliegende Fall von bereits obergerichtlich entschiedenen Fallgestaltungen (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile v. 20. Juni 2007 und 20. August 2007 – L 12 AS 44/06 und L 20 AS 99/06 ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 24. August 2007 – L 13 AS 46/07 ER - ) dadurch, dass hier Anlass für die Steuererstattung offenbar allein steuerbegünstigte Aufwendungen für Versicherungsbeiträge waren. Im Übrigen sind noch mehrere Revisionen beim Bundessozialgericht zu der Rechtsfrage anhängig ( - B 14 AS 29/07 R, B 14 AS 39/07 R, B 14 AS 48/07 R - ).
Nach alledem war der Beschluss des Sozialgerichts aufzuheben und den Klägern Prozesskos-tenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu gewähren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 15. Oktober 2007 hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedenfalls die erforderliche, aber auch ausreichende hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 der Zivilprozessordnung [ZPO] i.V.m. § 73 a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Kläger beantragen Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der sie Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) begehren. Insbesondere wenden Sie sich gegen die Berücksichtigung einer Einkommensteuererstattung als Einkommen.
Die in § 114 ZPO vorgesehene Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung in das Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern, das den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen will. Ebenso wenig, wie das Gericht die Erfolgsaussicht aufgrund einer nur oberflächlichen Prüfung verneinen darf, ist der Streitstoff abschließend in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu würdigen. Andererseits gebietet das verfassungsrechtliche Gebot, einem Unbemittelten durch Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Zugang zum Gericht zu ermöglichen, nur, ihn einem Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisi-ko berücksichtigt. Prozesskostenhilfe muss nicht bewilligt werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist. Dies gilt auch, wenn eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht als "schwierig" erscheint (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 u.a. -, BVerfGE 81, 347 [357 f.]).
Nach diesen Maßstäben ist den Klägern Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Vor einer abschließenden Würdigung des Sachverhaltes sprechen einige Gesichtspunkte dafür, dass die Klage jedenfalls teilweise - Erfolg haben könnte. So hat der Beklagte bei der Berechnung des Be-darfs der Kläger für die Monate März bis Juli 2006 – offensichtlich ausgehend von den Anga-ben bei der ursprünglichen Antragstellung im Oktober 2004 – ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers zu 2) aus abhängiger Beschäftigung in Höhe von 1.439,54 Euro zugrunde gelegt. Nach der Arbeitgeberbescheinigung vom September 2006 hat der Kläger für August 2006 indessen nur ein Nettoarbeitsentgelt von 1.241,54 Euro bezogen. Das wirft die Frage auf, ob die von der Beklagten für die Monate März bis Juli 2006 zugrunde gelegten Bedarfe und Einkommen den tatsächlichen Verhältnisses entsprechen. Aus der Antwort könnten sich – unabhängig von der Frage der Anrechenbarkeit der Steuernachzahlung als Einkommen – weitergehende Ansprüche der Kläger ergeben. Der Senat weist insoweit darauf hin, dass der Beklagte in seinem erneuten Bewilligungsbescheid vom 26. Oktober 2006 für September 2006 von monatlichen Leistungsansprüchen in Höhe von insgesamt 556,28 Euro ausgeht, wohingegen durch den (mittlerweile aufgehobenen) Bescheid vom 13. Dezember 2005 für die Monate Februar bis Juni 2006 nur 301,84 Euro monatlich bewilligt waren.
Überdies ist die Bescheidlage unübersichtlich. So fehlt es nach der Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 26. Juni 2006 und des Einstellungsbescheides vom 18. September 2006 durch den Bescheid vom 13. Oktober 2006 mittlerweile an einem Bescheid, der in seinem Ver-fügungssatz eine Entscheidung darüber treffen würde, welche Ansprüche den Klägern für die Monate Juli bis August 2006 zustehen. Offen ist auch, ob den Klägern die in der Verwaltungsakte befindlichen Berechnungen für Juli und August 2006 überhaupt zur Kenntnis gegeben wurden. Angesichts des in Frage stehenden, nicht ganz unerheblichen Betrages der angerech-neten Steuererstattung von 3.050,99 Euro wäre diese Unübersichtlichkeit auch für einen Bemittelten an Stelle der Kläger Anlass, anwaltliche Hilfe für die gerichtliche Klärung der Rechtslage in Anspruch zu nehmen.
Der Senat kann demnach dahingestellt sein lassen, ob allein die zu klärende Rechtsfrage der Behandlung einer Steuererstattung als Einkommen schon zureichender Anlass für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wäre. Möglicherweise unterscheidet sich der vorliegende Fall von bereits obergerichtlich entschiedenen Fallgestaltungen (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile v. 20. Juni 2007 und 20. August 2007 – L 12 AS 44/06 und L 20 AS 99/06 ; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 24. August 2007 – L 13 AS 46/07 ER - ) dadurch, dass hier Anlass für die Steuererstattung offenbar allein steuerbegünstigte Aufwendungen für Versicherungsbeiträge waren. Im Übrigen sind noch mehrere Revisionen beim Bundessozialgericht zu der Rechtsfrage anhängig ( - B 14 AS 29/07 R, B 14 AS 39/07 R, B 14 AS 48/07 R - ).
Nach alledem war der Beschluss des Sozialgerichts aufzuheben und den Klägern Prozesskos-tenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu gewähren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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