L 10 R 2097/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 RA 19/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2097/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.10.2001 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Einkommen der Klägerin aus einer Kommanditistenstellung auf die Witwenrente für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.1998.

Die Klägerin bezieht seit 01.11.1988 von der Beklagten eine Witwenrente aus der Versicherung ihres am 24.10.1988 verstorbenen Ehemannes H. M. Auf diese Witwenrente rechnete die Beklagte Einkommen der Klägerin aus einer abhängigen Beschäftigung bei der Firma H. M. GmbH & Co. KG und später aus einer Altersrente der Klägerin (Bl. 361 der Verwaltungsakte) sowie - allerdings zunächst nur bis 31.12.1992, weil danach Verluste eintraten - aus einer - nach Angaben der Klägerin von ihrem verstorbenen Ehemann ererbten - Kommanditistenstellung in der Firma H. M. GmbH & Co. KG an. Nach dem Gesellschaftsvertrag der H. M. GmbH & Co. KG war persönlich haftende Gesellschafterin die Firma H. M. Verwaltungs GmbH und Kommanditisten die Klägerin (bis 31.12.1998) mit einer Kommanditeinlage von 500.000 DM, Herr Hu. M. mit einer Kommanditeinlage von 750.000 DM und Herr T. M. mit einer Kommanditeinlage von 750.000 DM. Zur Geschäftsführung war die Komplementärin allein berechtigt, wobei zur Vornahme von Geschäften und Rechtshandlungen, die über den üblichen Rahmen des Geschäftsbetriebs hinausgehen, die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich war (§ 8 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags). Nach § 10 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrags war die persönlich haftende Gesellschafterin zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung verpflichtet, falls Kommanditisten, die wenigstens 25 Prozent des gesamten Kommanditkapitals halten, dies verlangten. Das Stimmrecht bei Beschlüssen der Gesellschaft richtete sich nach dem Kapitalanteil (§ 10 Nr. 9 des Gesellschaftsvertrages), ebenso die Verteilung von Gewinn oder Verlust (§ 6 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages). Der Gesellschaftsvertrag sah ein Informations- und Kontrollrecht der Kommanditisten vor (§ 13 des Gesellschaftsvertrages) und einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens bei Ausscheiden aus der Gesellschaft (§ 15 des Gesellschaftervertrages). Zur weiteren Feststellung des Inhalts des Gesellschaftsvertrags wird auf Bl. 22 bis 42 der Akten des Landessozialgerichts (L 10 RA 4552/01) verwiesen.

Für die Zeit ab 01.07.1998 berechnete die Beklagte die Rente mit Bescheid vom 25.05.1998 und einem Zahlbetrag von monatlich 1.225,36 DM neu. Dem Zahlbetrag lag eine monatliche Bruttorente von 1.545,40 DM zu Grunde. Auf diese Bruttorente wurde das Einkommen der Klägerin aus ihrer eigenen Versichertenrente (monatliche Rente 1.798,94 DM) mit einem Betrag von 216,39 DM monatlich angerechnet (somit bereinigte Bruttorente 1.329,01 DM). Im Juli 1998 erfuhr die Beklagte, dass sich für die Zeit vom 01.01.1997 bis 31.12.1997 erstmals seit 1993 wieder ein steuerrechtlicher Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 132.911 DM ergab (eigene Angaben der Klägerin und Bestätigung des Steuerberaters, Bl. 343 der Verwaltungsakte). Daraufhin "berechnete" die Beklagte die große Witwenrente der Klägerin mit Bescheid vom 31.07.1998 ab 01.07.1998 "neu", hob den bisherigen Rentenbescheid mit Wirkung ab 01.07.1998 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und forderte die Erstattung der entstandenen Überzahlung in Höhe von 2.450,72 DM. Bei weiterhin gleichem Bruttorentenbetrag von 1.545,40 DM rechnete die Beklagte für 1997 das mitgeteilte Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit an. Zuzüglich der Versichertenrente der Klägerin (1.798,94 DM) ermittelte die Beklagte ein monatliches Gesamteinkommen nach § 18b Abs. 2 und 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in Höhe von 9.552,08 DM und daraus - unter Berücksichtigung der gesetzlichen Freibeträge - ein anzurechnendes Einkommen ab 01.07.1998 in Höhe von 3.317,65 DM. Die Rente sei ab 01.07.1998 nicht zu zahlen, weil das anzurechnende Einkommen höher sei, als die monatliche Rente. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig und die von der Beklagten ermittelte Überzahlung von der Klägerin in Höhe von 2.450,72 DM erstattet (Geldeingangsmitteilung Bl. 363 der Verwaltungsakte).

Nachdem die Klägerin zum 31.12.1998 als Kommanditistin ausgeschieden war, zahlte die Beklagte ab 01.01.1999 wieder die große Witwenrente unter Anrechnung der eigenen Altersrente (bestandskräftiger Bescheid vom Juni 1999).

Im April 1999 beantragte die Klägerin die "Überprüfung der Einkommensanrechnung für die Zeit vor dem 01.01.1999". Sie machte geltend, sie habe als Kommanditistin nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht als selbstständig Tätige gegolten. Die steuerrechtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb deklarierten Einkünfte aus der Beteiligung als Kommanditistin seien nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27.01.1999 (B 4 RA 17/98) nicht rentenschädlich im Sinne der Vorschriften zur Einkommensanrechnung nach § 97 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Mit Bescheid vom 23.09.1999 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin unter Hinweis auf ein Urteil des BSG vom 22.4.1986 (12 RK 53/84) und mit der Begründung ab, ein Kommanditist, der steuerrechtlich als Mitunternehmer anzusehen sei, sei tatsächlich "tätig" im Sinne des Sozialrechts, seine Einkünfte seien rentenschädlich im Sinne des § 34 SGB VI. Die Kommanditisteneinkünfte seien als Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV zu werten. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.1999 zurück.

Das hiergegen am 31.12.1999 angerufene Sozialgericht Karlsruhe hat die Klage mit Urteil vom 29.10.2001 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung des BSG fielen unter Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG, die auf einer eigenen selbstständigen Tätigkeit des Hinterbliebenen beruhten (BSG, Urteil vom 27.1.1999, a.a.O.). Bei der Einordnung sei von einer weitgehenden Anknüpfung des § 15 SGB IV an das Steuerrecht auszugehen. Vorliegend habe das Finanzamt die Kommanditisteneinkünfte als "Gewinn aus Gewerbebetrieb" festgestellt. Die steuerrechtliche Abgrenzung zwischen Einkünften aus Kapitalvermögen von Einkünften aus Gesellschafterbeteiligung sei auch für die Abgrenzung des Arbeitseinkommens nach § 15 SGB IV maßgeblich. Die Klägerin erfülle die Hauptmerkmale für eine Unternehmerstellung. Aus der von der Klägerin angeführten Entscheidung des BSG vom 27.01.1999 ergebe sich nichts anderes, da dieser Entscheidung eine andere Fallkonstellation zu Grunde gelegen habe.

Gegen das am 07.11.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.11.2001 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, nach den Entscheidungen des 5. Senats des BSG (Urteil vom 25.2.2004, B 5 RJ 56/02 R) und des 13. Senats des BSG (Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 13/04 R) seien zwar grundsätzlich Gewinnanteile eines Kommanditisten, sofern sie gewerbliche Einkünfte darstellten, rentenschädlich, auch wenn der Kommanditist selbst nicht aktiv in der Gesellschaft mitarbeite. Eine Anrechnung solle jedoch nicht erfolgen, wenn die gewerblichen Einkünfte ihren Ursprung nicht in einer früheren Tätigkeit des Hinterbliebenen, sondern in der des Rechtsvorgängers hätten. Da die Klägerin die Kommanditistenanteile von ihrem verstorbenen Mann geerbt habe, seien die hieraus erzielten Einkünfte nicht als Einkommen auf die Witwenrente anzurechnen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß (vgl. Schriftsatz vom 06.05.2003),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.10.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 31.07.1998 zurückzunehmen und für die Zeit von 01.07. bis 31.12.1998 Witwenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, die Anrechnung der Einkünfte aus der Beteiligung als Kommanditistin gemäß § 97 Abs.1 SGB VI auf die Witwenrente sei zu Recht erfolgt. Die Einkünfte stellten Arbeitseinkommen im Sinne von §§18a, 15 SGB IV dar. Bei den Einkünften der Klägerin aus ihrer Beteiligung als Kommanditistin handle es sich um eigene Einkünfte der Klägerin und nicht um Einkommen, welches von einer anderen Person erwirtschaftet worden und nach deren Tod der Klägerin wegen Todes als Hinterbliebenenleistung zugute komme.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Beteiligung als Kommanditistin an der Firma H. M. GmbH & Co. KG als Einkommen auf die Witwenrente der Klägerin anzurechnen sind. Die Beklagte ist somit nicht verpflichtet, den Bescheid vom 31.07.1998 nach § 44 SGB X zurückzunehmen.

Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 23.9.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.1999. Damit wurde ein Antrag der Klägerin auf "Überprüfung der Einkommensanrechnung vor dem 01.01.1999" und somit ein Antrag nach § 44 SGB X abgelehnt. Der Antrag bezieht sich, nachdem lediglich noch die Einkommensanrechnung in der Zeit vom 01.07.1998 bis 31.12.1998 streitig ist (Schriftsatz vom 06.05.2003), allein auf den Bescheid vom 31.07.1998, mit welchem die Zahlung der großen Witwenrente wegen des Einkommens der Klägerin mit Wirkung zum 01.07.1998 abgelehnt worden ist.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte.

Die Beklagte hat bei Erlass des Bescheids vom 31.07.1998 weder das Recht unrichtig angewandt, noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Vielmehr war sie gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr. 3 SGB X berechtigt, die mit Bescheid vom 25.05.1998 ausgesprochene Entscheidung über die (teilweise, weil nach Anrechnung der eigenen Altersrente) Zahlung der großen Witwenrente auf Grund der ab 01.07.1998 zu berücksichtigenden Einkommensänderung (§18d SGB IV) mit Wirkung ab 01.07.1998 aufzuheben, da die Klägerin weiteres Einkommen erzielte, sodass sich kein Zahlungsbetrag mehr ergab.

Nach den zutreffenden und von der Klägerin nicht angegriffenen Berechnungen der Beklagten im Bescheid vom 25.05.1998 und 31.07.1998 beläuft sich der monatliche Bruttorentenbetrag der der Klägerin zustehenden großen Witwenrente vor Einkommensanrechnung in der streitigen Zeit vom 01.07.1998 bis 31.12.1998 auf 1.545,40 DM. Insoweit wird auf die Berechnungen in den Bescheiden vom 25.05.1998 und 31.07.1998 verwiesen.

Die Klägerin hat indessen keinen Anspruch auf auch nur teilweise Auszahlung dieser Rente im streitigen Zeitraum.

Nach § 97 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m § 314 Abs. 3 SGB VI i.d.F. des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992) vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) war auf die Witwenrente für den streitigen Zeitraum Einkommen anzurechnen und zwar (nach Ablauf des 48. auf den Sterbemonat folgenden Kalendermonats) das nach Abzug der Minderungsbeträge verbleibende Einkommen in Höhe von 40 v.H.

§ 97 Abs.1 Satz 1 SGB VI verweist hinsichtlich des bei der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigenden Einkommens auf die §§ 18a bis 18e des vierten Buches des Sozialgesetzbusches (SGB IV). Nach § 18a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sind bei einer Rente wegen Todes u.a. Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, die in § 18a Abs. 2 Satz 1 SGB IV näher als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen definiert sind. Arbeitsentgelt wird aus einer abhängigen Beschäftigung erzielt (§ 14 SGB IV), wogegen das Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV "der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit" ist.

Der Begriff "selbstständige Tätigkeit" in § 15 SGB IV umfasst, wie von der Rechtsprechung wiederholt entschieden (hierzu und zum Nachfolgenden Urteil des 5. Senats des BSG vom 25.02.2004, a. a. O. m. w. N.), alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten; das sind nach dem Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Einkommensteuergesetz (EStG) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) sowie Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) sowie diesen gleichgestellte Einkünfte. Mit Wirkung ab 1.1.1995 - also auch für den hier maßgeblichen Zeitraum - erfolgte eine Neufassung des § 15 SGB IV durch Art 3 Nr. 2 Agrarsozialreformgesetz 1995 (ASRG). § 15 Satz 1 SGB IV a.F. blieb unverändert. Dessen Satz 2 ("Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen") wurde ersatzlos gestrichen und durch § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV n.F. ersetzt ("Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist"). Die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks 12/5700 S 92 zu Art 3 Nr. 2) führt dazu an, dass die ersatzlose Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. aus Gründen der Praktikabilität erfolge. Mit der Einfügung des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV solle nunmehr bei unterschiedlichen Wertungen, sei es nur zwischen den Trägern der Sozialversicherung, sei es zwischen den Trägern der Sozialversicherung und der Finanzverwaltung, allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit "eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird". Dies gilt - soweit Arbeitseinkommen anzurechnen ist - generell für das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung.

Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV und angesichts der dargestellten Begründung im Gesetzentwurf zur Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. ist somit anzunehmen, dass die steuerrechtliche Zuordnung nicht nur für die Höhe des als Arbeitseinkommen zu wertenden Einkommens, sondern auch für die Bewertung von Einkommen als Arbeitseinkommen (aus selbstständiger Tätigkeit) maßgeblich sein soll (BSG, a. a. O. und Urteil des 13. Senat des BSG vom 7.10.2004 a. a. O. m. w. N., auch zum Nachfolgenden).

Für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit" neben dem steuerrechtlichen Begriff der Gewinneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bleibt somit kein Raum, d.h. auch die Grundentscheidung, ob überhaupt eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, wird nicht mehr von den Sozialleistungsträgern getroffen. Ungeachtet dessen, dass das Einkommensteuerrecht den Begriff des Arbeitseinkommens nicht kennt, soll damit nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Gesetzesbegründung für die Frage, ob Einkommen aus selbstständiger Arbeit erzielt wird, das in der Terminologie des SGB als Arbeitseinkommen bezeichnet wird, allein das Steuerrecht maßgebend sein, um den Sozialleistungsträgern eine eigenständige und mitunter schwierige Prüfung der Zuordnung und Ermittlung der Höhe von Arbeitseinkommen zu ersparen (BSG, a. a. O.).

Auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 27.01.1999, a. a. O., kann sich die Klägerin nicht berufen. Diesem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass der 4. Senat entgegen dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung anderer Senate des BSG die grundsätzliche Anlehnung des Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit" an die Systematik und Bewertung durch das Steuerrecht aufgegeben hätte (siehe zum Ganzen Urteil des 5. Senats vom 25.02.2004, a. a. O. m. w. N. und Urteil des 13. Senat vom 07.10.2004, a. a. O. m. w. N.). Auch der 4. Senat spricht von einem nach § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf die Hinterbliebenenrente anrechenbaren "Einkommen des Berechtigten", wenn es aus eigener selbstständiger Tätigkeit des Einkommensempfängers herrührt. Liegen - so der 4. Senat - derartige Einnahmen aus eigener selbstständiger Tätigkeit vor, seien dem Träger der Sozialversicherung eigene Wertungen über die Höhe des Gewinns nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht erlaubt. Keinesfalls ist dem Urteil deshalb zu entnehmen, dass ein Gesellschafter, der nicht "aktiv" in die laufenden Geschäfte der Gesellschaft eingebunden ist, kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IV erzielen würde. Der 4. Senat behält sich lediglich vor, im Einzelfall unter Beachtung der wirtschaftlichen Zusammenhänge eine andere Bewertung vorzunehmen, wenn das Steuerrecht auch Ersatz- und Nachfolgeeinkünfte der Hinterbliebenen von Gesellschaftern weiterhin den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuordne, obwohl diese Zahlungen dem Charakter von Unterhaltszahlungen bzw. einer Zusatzversorgung aus einem privaten System gleichkämen (BSG, Urteil vom 25.02.2004, a. a. O. und vom 07.10.2004, a. a. O.). Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt erheblich.

Die von der Beklagten angerechneten Einkünfte aus Gewerbebetrieb resultieren nicht ausschließlich oder in erster Linie aus einer Erbschaft der Klägerin, sondern beruhen auf ihrer eigenen Gesellschafterstellung als Kommanditistin der GmbH & Co. KG. Nach dem Gesellschaftsvertrag hatte die Klägerin auch die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Kommanditisten inne. So hatte sie entsprechend ihrem Kapitalanteil Stimmrecht bei Beschlüssen der Gesellschaft (§ 10 des Gesellschaftsvertrages), ebenso war sie entsprechend ihrer Beteiligung an der KG an der Verteilung von Gewinn oder Verlust beteiligt (§ 6 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages). Sie hatte ein Informations- und Kontrollrecht (§ 13 des Gesellschaftsvertrages) und war im Rahmen des Zustimmungserfordernisses der Gesellschafterversammlung zur Vornahme von über den üblichen Rahmen der Gesellschaft hinausgehenden Geschäften und Rechtshandlungen (§ 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages) auch an der Entscheidungsfindung beteiligt. Ohne Beteiligung der Klägerin konnten Gesellschafterbeschlüsse nicht ergehen, da die Gesellschafterversammlung nach § 10 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages nur beschlussfähig war, wenn in der Versammlung mindestens 76 % des Kommanditkapitals vertreten war. Auch konnte die Klägerin mit einem Anteil am Kommanditkapital von 25 % die Einberufung einer Gesellschafterversammlung verlangen. Schließlich bestand nach § 15 des Gesellschaftervertrages beim Ausscheiden aus der Gesellschaft ein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens. Es kann also keine Rede davon sein, dass die Zahlungen der Firma H. M. GmbH & Co. KG an die Klägerin den Charakter von Unterhaltszahlungen hätten. Darüber hinaus ist ohnehin zweifelhaft, ob tatsächlich sämtliche steuerrechtlichen Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb aus ihrer ererbten Kommanditistenstellung stammen, da die Klägerin auch bereits vor dem Tod des Ehemannes Einkünfte aus Gewerbebetrieb hatte (Bescheid für 1987 über Einkommensteuer und Kirchensteuer, Bl. 233 der Verwaltungsakten, Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin: 301.141 DM).

Im Ergebnis sind daher die finanzamtlichen Feststellungen zu übernehmen (so schon BSG, Urteil vom 30.09.1997, 4 RA 122/95 in SozR 3-2400 § 15 Nr. 4 und Urteil vom 22.09.1999, B 5 RJ 54/98 R in SozR 3-2600 § 34 Nr. 2 jeweils § 15 SGB IV a.F.). Anderes gilt nur, wenn gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder die steuerrechtliche Bewertung des Finanzamtes schlüssige und erheblichen Einwendungen vorgebracht werden (BSG, Urteil vom 30.09.1997, a. a. O.) oder Fehler in der Beurteilung durch die Steuerverwaltung ohne weiteres erkennbar sind. Derartige Einwendungen hat die Klägerin nicht erhoben, vielmehr hat sie selbst unter Heranziehung eines Steuerberaters in der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 1997 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 132.911 DM angegeben.

Fehler in der Berechnung des konkreten und eine Leistung ausschließenden Ruhensbetrags für den noch streitigen Zeitraum vom 01.07.1998 bis 31.12.1998 sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Senat verweist deshalb auf die zutreffende Darstellung im Bescheid der Beklagten vom 31.07.1998. Dies gilt auch für den Ansatz der in der Erklärung der Klägerin vom 03.07.1998 (Bl. 343 der Verwaltungsakte) und der Bestätigung ihres Steuerberaters für das Jahr 1997 in Höhe von 132.911 DM ausgewiesenen Einkünfte (erst) für die Zeit ab 01.07.1998 und bis zum Ende des streitigen Zeitraums. Denn nach § 18b Abs. 2 Satz 1 SGB IV gilt als Erwerbseinkommen das im letzten Kalenderjahr - für die Anrechnung im Jahr 1998 also jenes aus 1997 - erzielte Einkommen, geteilt durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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