Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 436/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3952/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.06.2007 wird von Amts wegen im Rubrum dahin berichtigt, dass dort die Berufsgenossenschaft M. N. S. als Beklagte zu 2 aufgeführt wird. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 und entsprechend dem Antrag der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.06.2007 abgeändert und der Tenor wie folgt gefasst: Der Bescheid der Beklagten zu 1 vom 16.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2005 wird aufgehoben und die Beklagte zu 1 wird verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente zu gewähren.
Die Beklagte zu 1 hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen nur noch darum, welcher Unfallversicherungsträger Hinterbliebenenrente zu leisten hat.
Der am 1964 geborene Ehemann der Klägerin (Versicherter) war bei den B. Stahlwerken in K. (BSW) als Walzer beschäftigt und in dieser Tätigkeit bei der Beklagten zu 2 gesetzlich unfallversichert. Er wohnte zusammen mit seiner Ehefrau und Kindern in K.-A., ca. zwei Kilometer Wegstrecke vom Arbeitsplatz bei den BSW entfernt. Nebenberuflich betrieb er mit Hilfe der Klägerin und geringfügig Beschäftigter als Pächter eine täglich von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöffnete Tankstelle in I., rund 20 Kilometer von den BSW und - in weiterer Verlängerung des Fahrweges - rund 22 Kilometer vom Wohnort (jeweils 30 bis 35 Autominuten) entfernt und er war insoweit als selbstständiger Unternehmer bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 (die zum 01.01.2008 mit der G.- und L.-Berufsgenossenschaft zur Berufsgenossenschaft H. und W. fusioniert hat, nachfolgend Beklagte zu 1) unfallversichert.
Am 17.10.2002 um 20:15 Uhr wurde er bei einem Verkehrsunfall auf dem Weg von der Tankstelle an der Einmündung der K in die von ihm mit dem Motorrad befahrene B , einer Stelle, die sowohl auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz bei den BSW (Entfernung rund sechs Kilometer) wie nach Hause (Entfernung rund einen Kilometer länger) lag, getötet. Hinsichtlich der Topografie wird auf Bl. 151 der Verwaltungsakte der Beklagten zu 2 verwiesen. Der Versicherte hatte im Unfallzeitpunkt 1887 EUR Einnahmen aus der Tankstelle, wo er sich unmittelbar zuvor und für ungefähr drei Stunden aufgehalten hatte, bei sich. Sein Schichtbeginn bei den BSW war an diesem Tag um 21:30 Uhr (Nachtschicht). Die Arbeiter der Nachtschicht waren zwischen 21:00 Uhr und 21:15 Uhr auf dem Werksgelände. Üblicherweise gelangte er von der Wohnung aus mit dem Fahrrad zur Arbeit und üblicherweise traf er sich mit einem Arbeitskollegen, dem Zeugen Mo. fünf Minuten vor der vollen Stunde vor Schichtbeginn am Fahrradständer, an diesem Tag wäre dies um 20:55 Uhr gewesen.
Die Beklagte zu 2 lehnte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 26.03.2004/ Widerspruchsbescheid vom 01.09.2004 die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Versicherte auf dem Weg zu den BSW gewesen sei. In jedem Fall wäre er aber von einem dritten Ort, der Tankstelle, angefahren, sodass der Weg angesichts der weiteren Entfernung gegenüber jenem vom Wohnort aus durch die Beendigung der Tätigkeit in der Tankstelle geprägt gewesen sei. Die Klägerin hatte vorgetragen bzw. vortragen lassen, ihr Ehemann sei immer von der Tankstelle aus direkt zu den BSW gefahren und habe dort die Tageseinnahmen aus der Tankstelle immer im verschließbaren Spind verwahrt.
Die Beklagte zu 1 lehnte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ebenfalls ab (Bescheid vom 16.11.2004, Widerspruchsbescheid vom 20.01.2005), weil sich der Versicherte nach den Angaben der Klägerin auf dem Weg zu den BSW befunden habe.
Das gegen die Entscheidung der Beklagten zu 1 am 08.02.2005 angerufene Sozialgericht Freiburg hat verschiedene Zeugen vernommen, die Klägerin angehört und - nach Verständigung der Beklagten zu 2 gemäß § 181 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei gleichzeitiger Aufhebung ihrer zuvor erfolgten Beiladung - mit Urteil vom 12.06.2007 die Beklagte zu 2 unter Aufhebung deren Bescheide und Abweisung der Klage "im Übrigen" verpflichtet, der Klägerin Hinterbliebenenrente zu gewähren. Eine sichere Überzeugung, ob der Versicherte nach Verlassen der Tankstelle unmittelbar auf dem Weg zu den BSW oder zum Essen und Deponieren des Geldes nach Hause gewesen sei, lasse sich nicht gewinnen. Bei beiden Varianten, eine dritte komme nicht in Betracht, habe aber Versicherungsschutz bestanden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (- BSG -, Hinweis auf das Urteil vom 27.06.2000, B 2 U 23/99 R in SozR 3-2200 § 548 Nr. 39) habe die Fahrt überwiegend der Tätigkeit bei den BSW gedient.
Gegen das ihr am 23.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte zu 2 am 10.08.2007 Berufung eingelegt. Sie meint, es sprächen viel mehr Umstände dafür, dass der Versicherte von der Tankstelle (zunächst) nach Hause habe fahren wollen.
Die Beklagte zu 2 beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.06.2007 hinsichtlich ihrer Verurteilung aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 2 entweder zurückzuweisen oder das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.06.2007 abzuändern und die Beklagte zu 1 unter Aufhebung des Bescheides vom 16.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2005 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente zu gewähren.
Die Beklagte zu 1 beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 2 zurückzuweisen.
Der Senatsvorsitzende hat die Klägerin angehört und die Mutter der Klägerin als Zeugin vernommen. Sie hat die Angaben der Klägerin, wonach der Versicherte am Unfalltag von der Tankstelle nach Hause wollte, um vor Arbeitsbeginn bei den BSW noch zu essen, bestätigt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Da das Sozialgericht die Beklagte zu 2 nach Aufhebung von deren Beiladung durch Beschluss vom 07.03.2007 und Berichtigung des Urteils insoweit durch Beschluss vom 19.07.2007 (Löschung aus dem Rubrum als gleichwohl weiter geführte Beigeladene) versehentlich nicht mehr in das Rubrum seines Urteils aufgenommen hat, ist diese offenbare Unrichtigkeit nach § 138 SGG zu berichtigen, was auch durch das Rechtsmittelgericht von Amts wegen geschehen kann. Der nach § 181 SGG beteiligte Versicherungsträger ist ein weiterer Beklagter (BSG, Urteil vom 27.04.1961, 2 S 1/60 in SozR Nr. 1 zu § 181 SGG).
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten zu 1 ist nachgewiesen, dass sich der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalls auf dem Heimweg von der Tankstelle befand. Damit ist die Beklagte zu 1 der zur Entschädigung verpflichtete Unfallversicherungsträger. Die Verurteilung der Beklagten zu 2 ist aufzuheben.
Einer Verurteilung der Beklagten zu 1 durch den Senat steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht die Klage "im Übrigen" abgewiesen hat. Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils lässt sich zwar mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass sich diese Klageabweisung auf Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 bezieht. Eine Verurteilung der Beklagten zu 1 hat die Klägerin nach dem bloßen Wortlaut ihrer zuletzt, nachdem das Sozialgericht über die von ihm in Betracht gezogenen Verurteilung der Beklagten zu 2 informiert hatte, schriftsätzlich gestellten Anträge allerdings nicht (mehr) beantragt. Eine Klärung der sachgerechten Antragstellung mit der Klägerin durch das Sozialgericht ist nicht erfolgt, der im Tatbestand des Urteils sinngemäß zu Grunde gelegte Klageantrag ist nicht nachvollziehbar. Die dort nach Datum aufgeführten Bescheide existieren nicht, die Beklagte ist nicht nach den beiden in Betracht kommenden Leistungsträgern individualisiert.
Geltend gemacht worden ist von der Klägerin auch im erstinstanzlichen Verfahren ihre Entschädigung als Hinterbliebene des Versicherten. Zutreffend sind die Beteiligten und das Sozialgericht davon ausgegangen, dass sich dieser Entschädigungsanspruch entweder gegen die Beklagte zu 1 oder die Beklagte zu 2 richtet. Diese Wahlfeststellung hätte auch im sachdienlichen Klageantrag der Gestalt zum Ausdruck kommen müssen, dass die Verurteilung entweder der einen oder der anderen Beklagten zu beantragen gewesen wäre. Bei einem solchen sachdienlichen Klageantrag, auf den das Sozialgericht hätte hinweisen müssen (§ 106 Abs. 1 SGG), hätte eine Klageabweisung "im Übrigen" nicht zur Debatte gestanden. Diesen sachdienlichen Antrag kann die Klägerin auch im Rahmen ihrer Stellung als Berufungsbeklagte für den Fall des Obsiegens der Berufungsführerin weiterverfolgen. Denn es darf auch außerhalb eines Anschlussrechtsmittels nicht verwehrt sein, geltend zu machen, dass bei richtiger Verfahrensweise der Vorinstanz auch ein sachdienlicher Antrag zu erwarten gewesen wäre, und diesen nunmehr zu stellen (BSG, Urteil vom 15.02.1990, 7 RAr 22/89).
Andernfalls wäre der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte sachdienliche Antrag - soweit er auf die Verurteilung der Beklagten zu 1 abzielt - als Anschlussberufung anzusehen. Diese wäre zulässig (s. zur Zulässigkeit Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 143 Rdnrn. 5a, 5f). Zwar erfordert der über § 202 SGG entsprechend anzuwendende § 524 Zivilprozessordnung (ZPO) grundsätzlich, dass sich die Anschlussberufung gegen den Berufungskläger richtet, was im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 1 schon deshalb nicht der Fall ist, weil die Beklagte zu 1 keine Berufung eingelegt hat. Indessen ist im Rahmen der nach § 202 SGG erfolgenden entsprechenden Anwendung der Regelungen der ZPO den besonderen sozialgerichtlichen Fallgestaltungen Rechnung zu tragen (BSG, Urteil vom 16.07.2003, B 6 KA 29/02 R in SozR 4-2500 § 85 Nr. 3). Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass der Klägerin der geltend gemacht Anspruch zusteht, aber die beiden Beklagten alternativ als leistungspflichtig in Betracht kommen. Dementsprechend lässt sich ein Erfolg der Berufung der Beklagten zu 2 nur mit der Argumentation begründen, die Beklagte zu 1 sei leistungspflichtig. Damit stehen der Klägerin auch im Berufungsverfahren materiell-rechtlich beide Beklagte als Gegner gegenüber, unabhängig von ihrer rein formalen Stellung (die Beklagte zu 2 als Berufungsklägerin, die Beklagte zu 1, wie die Klägerin, als Berufungsbeklagte). In einer solchen Fallkonstellation, wenn also die materiell-rechtliche Interessenlage mit der prozessualen Beteiligtenstellung nicht korrespondiert, ist der Klägerin die Befugnis zur Einlegung einer Anschlussberufung zuzubilligen (in diesem Sinne auch BSG, a.a.O.).
Welchem dieser beiden Lösungsansätze der Vorrang gebührt, kann dahingestellt bleiben. In jedem Fall ist der Antrag der Klägerin auf alternative Verurteilung der Beklagten zu 1 zulässig. Er ist auch begründet.
Nach § 63 Abs 1 Satz 1 Nr. 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) besteht in der gesetzlichen Unfallversicherung ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Der Tod eines Versicherten ist insbesondere dann infolge eines Versicherungsfalls eingetreten, wenn er durch einen Arbeitsunfall verursacht wurde (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 14). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehört nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Dabei muss eine sachliche Verbindung mit der versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausübte, stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versi¬cherten.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich der Versicherte unmittelbar vor Beginn der Fahrt in der Tankstelle befand und dort seiner bei der Beklagten zu 1 versicherten Tätigkeit nachging. Dies folgt aus den Angaben der Klägerin und der Zeugin M. und dies ist zwischen den Beteiligten ebenso wenig umstritten, wie der Versicherungsschutz und der Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente als solcher.
Damit befand sich der Versicherte (jedenfalls) auf der Fahrt von seiner bei der Beklagten zu 1 versicherten Tätigkeit. Streitig ist zwischen den Beteiligten nur, ob sich der Versicherte auf der Fahrt nach Hause - dann wäre die Beklagte zu 1 der passiv legitimierte Unfallversicherungsträger - oder direkt auf der Fahrt zu seiner um 21:30 Uhr beginnenden, bei der Beklagten zu 2 versicherten Tätigkeit bei den BSW befand. In diesem Fall hätte die Klägerin Entschädigungsansprüche ausschließlich gegen die Beklagte zu 2. Denn Arbeitsunfälle bei einer Fahrt von einer versicherten Tätigkeit zu einer anderen versicherten Tätigkeit sind, wenn - wie hier - Sonderregelungen fehlen, der am Zielort (hier BSW) beabsichtigten Tätigkeit zuzurechnen (BSG, Urteil vom 07.02.2006, B 2 U 30/04 R in SozR 4-2700 § 135 Nr. 1). Die Grundsätze "vom dritten Ort" sind bei solchen Fallgestaltungen nicht anwendbar (BSG, a.a.O.).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann diese Streitfrage geklärt werden. Es bedarf daher nicht des Rückgriffs auf jene Grundsätze der Beweislosigkeit, wie sie in dem vom Sozialgericht herangezogenen Urteil des BSG (vom 27.06.2000, B 2 U 23/99 R in SozR 3-2200 § 548 Nr. 39) dargestellt sind und wie sie eine Entschädigungspflicht der Beklagten zu 2 für den Fall, dass sich die Handlungstendenz des Versicherten nicht klären ließe, begründen würden.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (hier: Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Lediglich hinsichtlich des - hier offensichtlich gegebenen - ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Dementsprechend muss auch der - hier allein streitige - innere Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Zurücklegung des Weges nachgewiesen sein, also sicher feststehen (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84 in SozR 2200 § 548 Nr. 70). Auf Grund der durchgeführten Sachaufklärung ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Versicherte im Zeitpunkt des tödlichen Unfalls auf der Fahrt von der Tankstelle nach Hause befand.
Die Klägerin hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme des Senats angegeben, ihr Ehemann habe sie am Unfalltag gegen 17:00 Uhr in der Tankstelle abgelöst, nachdem er zuvor Nachtschicht und am Tage geschlafen hatte. Sie sei dann nach Hause gegangen. Kurz vor 20:00 Uhr habe sie ihren Ehemann angerufen und gebeten, aus der Tankstelle noch Milch mitzubringen. Ihr Ehemann habe sein Kommen angekündigt, weil er - wie üblich - sein Motorrad habe abstellen, um dann mit dem Fahrrad zu den BSW zu fahren, und vor der Nachtschicht noch etwas habe etwas essen wollen. Dementsprechend habe sie mit der Zubereitung des Abendessens für ihren Ehemann begonnen und Fisch gebraten.
Die Mutter der Klägerin hat in der Beweisaufnahme diese Angaben in vollem Umfang bestätigt. Sie bekundete nicht nur, dass die Klägerin am Abend des 17.10.2002 den Versicherten in der Tankstelle wegen der ausgegangenen Milch angerufen hatte, sondern auch und vor allem, dass die Klägerin ihren Ehemann an diesem Abend vor der Tätigkeit bei den BSW erwartete und für den Versicherten ein Abendessen zubereitete. Sie schilderte plastisch, wie die Familie gemeinsamen auf den Versicherten wartete, das Abendessen für den Versicherten - gebratener Fisch - bereitstand, wie die Klägerin immer wieder vergeblich versuchte, ihren Ehemann telefonisch - zunächst in der Tankstelle, dann auf dem Handy - zu erreichen, als dieser nicht wie erwartet nach Hause kam, wie sich schließlich bei der Familie die Angst eingestellte, dem Versicherten könne etwas zugestoßen sein und wie die Hoffnung trog, als der Sohn der Klägerin glaubte, ein Motorrad zu hören und sich auf Bitten der Klägerin vergeblich auf die Suche machte.
Der von der Beklagten dargelegte Widerspruch in den Angaben der Klägerin und der Zeugin betrifft die Frage, ob alle Familienmitglieder (so die Klägerin) oder nur die Kinder (so die Zeugin) am Unfalltag bereits gegessen hatten, als die Polizei kam, und damit eine die Erinnerung an den Unfalltag nicht zwingend prägende Einzelheit. Im maßgeblichen Kernbereich - man wartete auf den Versicherten, weil der sein Kommen angekündigt hatte - und in den für diesen Kernbereich entscheidenden Umständen stimmen sie aber überein.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen nicht und sind von den Beteiligten auch nicht geäußert worden. Auch wenn es sich um die Mutter der Klägerin handelt, hat keinerlei Motivation für die Zeugin bestanden, unwahre oder auch nur tendenziöse Angaben zu Gunsten ihrer Tochter zu machen. So war der Zeugin durch entsprechende Hinweise vor ihrer Vernehmung bekannt, dass ihre Angaben gleich welchen Inhalts zu keinerlei negativen Folgen für die Entschädigungsansprüche ihrer Tochter führen würden.
Schon auf Grund dieser Angaben der Zeugin gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Versicherte nach der Tätigkeit in der Tankstelle nach Hause fahren wollte.
Aber auch die Angaben der Klägerin sind glaubhaft. Es bestehen insbesondere keine Zweifel an deren Glaubwürdigkeit. Die Beklagte zu 1 kann sich in diesem Zusammenhang lediglich auf gegenteilige Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren berufen. Insoweit aber hat die Klägerin bereits in erster Instanz nachvollziehbar dargelegt, dass diese anders lautenden Angaben auf ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und entsprechende Missverständnisse zurückzuführen sind. Dies hat die Zeugin H., die der Klägerin damals bei den Behördenangelegenheiten beistand, gegenüber dem Sozialgericht bestätigt. Sie hat - noch immer bestehende, wie sich bei der nur mit Dolmetscherhilfe möglichen Anhörung im Berufungsverfahren herausgestellt hat - erhebliche Sprachschwierigkeiten der Klägerin bestätigt und angegeben, im Gespräch mit der Klägerin nur verstanden zu haben, dass der Versicherte auf dem Weg von der Tankstelle verunglückt sei. Hieraus habe sie geschlossen, dass er auf dem Weg zu den Stahlwerken gewesen sei. Von diesem Missverständnis waren dann auch die Gespräche mit dem früheren Bevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt Hs., beeinflusst. So hat die Zeugin H. ausdrücklich gegenüber dem Sozialgericht bestätigt, diese (falsche) Informationen an Rechtsanwalt Hs. weiter gegeben zu haben.
Soweit die Beklagte zu 1 in diesem Zusammenhang darauf hinweist, die Beklagte zu 2 habe - vom Senat aber ohnehin nicht nachvollziehbar - den Verdacht eines versuchten Betruges geäußert, reicht dies - die Äußerung eines Betrugsverdachts - noch nicht einmal aus, eine Motivation der Klägerin, geschweige denn der Zeugin, für falsche Angaben zu begründen. Anders wäre es allenfalls im Hinblick auf die Klägerin dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für einen Betrugsverdacht bestünden. Allerdings bleibt die Beklagte zu 1 für diesen Fall die Erklärung schuldig, warum gerade die von der Beklagten zu 1 angegriffenen Angaben der Klägerin falsch sein sollen und nicht jene im Verwaltungsverfahren. Dies ist indessen nicht weiter zu vertiefen. Denn es bestehen keine Hinweise auf einen derartigen Betrugsverdacht. Die Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren sind - wie ausgeführt - durch sprachliche Missverständnisse erklärt. Soweit sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin - so der Vorwurf der Beklagten zu 2 - in der Berufungserwiderung die Ausführungen im angefochtenen Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu eigen gemacht haben, handelt es sich um die typische Verteidigung gegen eine Berufung und nicht etwa um eine Abkehr von früherem tatsächlichen Vorbringen. Dies zeigt sich gerade darin, dass zur Begründung auf das klägerische Vorbringen erster Instanz Bezug genommen wird. Nichts wesentlich Anderes gilt für den Schriftsatz vom 17.01.2008, wenn dort einerseits darauf abgestellt wird, eine sichere Überzeugung lasse sich nicht gewinnen, andererseits aber eine bestimmte Handlungstendenz (Weg zu den BSW) als durch die Beweisaufnahme feststehend erachtet wird, wobei sich in der Beweisaufnahme hierfür gar nichts ergeben hat und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Rahmen der Beweisaufnahme gerade auf das Gegenteil, nämlich den Nachweis der Richtigkeit der Angaben der Klägerin (in Form einer Bestätigung durch die Zeugin) erfolgreich hingearbeitet hat. Auch hierin ist allenfalls eine - für den Senat nicht verbindliche und unzutreffende - rechtliche Wertung zu sehen, nicht jedoch eine Änderung des Vortrags im Tatsächlichen. Dementsprechend steht eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin für eine derart widersprüchliche, zumindest unzutreffende Argumentation ihres Prozessbevollmächtigten außer Diskussion. Ihr Tatsachenvortrag ist jedenfalls seit der Korrektur der früheren, durch sprachliche Missverständnisse veranlassten Angaben konsistent.
Die Angaben der Klägerin gegenüber dem Sozialgericht und dem Senat sowie die Angaben der Mutter der Klägerin fügen sich auch nahtlos in das übrige Beweisergebnis ein. So hat der frühere Arbeitskollege des Versicherten, der Zeuge Mo. gegenüber dem Sozialgericht bestätigt, dass der Versicherte üblicherweise mit dem Fahrrad zu den BSW gekommen sei. Hinweise auf eventuelle Besonderheiten und damit dafür, dass am 17.10.2002 anderes beabsichtigt war - nach Angaben des Zeugen Mo. kam der Versicherte gelegentlich dann mit dem Auto, wenn er noch etwas zu erledigen hatte, was von der Klägerin, auch für die Nutzung des Motorrades, bestätigt worden ist - sind nicht vorhanden. Soweit sich die Beklagte zu 1 im Termin zur Beweisaufnahme und Erörterung des Sachverhalts darauf berufen hat, dass es am Unfalltag regnete, steht dies der Annahme, der Versicherte habe mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren wollen, nicht entgegen. Zum einen regnete es nach dem Polizeibericht nur "mäßig", zum anderen hat der Zeuge Mo. ebenso wie die Klägerin und deren Mutter gerade nicht auf eventuelle Witterungsverhältnisse für die Nutzung des Fahrrades durch den Versicherten abgestellt. Der Zeuge Ma., der der Klägerin die Nachricht vom Tode Ihres Mannes überbrachte, gab gegenüber dem Sozialgericht an, die Klägerin sei mit der Vorbereitung einer warmen Mahlzeit beschäftigt gewesen. Dies deckt auch ein Warmhalten einer bereits fertigen warmen Mahlzeit. Ob diese - wie die Beklagte bezweifelt - zu diesem Zeitpunkt noch "schmackhaft" gewesen wäre, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
Schließlich sprechen auch die von der Beklagten zu 2 in ihrer Berufungsbegründung aufgeführten Indizien für die Absicht des Versicherten, vor der Nachtschicht noch nach Hause zu kommen. Der Versicherte hatte zum Zeitpunkt des Unfalles noch ausreichend Zeit, vor dem üblichen Treffen mit seinem Arbeitskollegen um 20:55 Uhr zuhause das von der Tankstelle mitgebrachte Geld abzugeben. Es handelte sich immerhin um insgesamt 1887 EUR, ein Betrag der normalerweise nicht in einem, wenn auch abschließbaren, Spind aufbewahrt wird, wenn sicherere Möglichkeiten der Aufbewahrung bestehen. Der Umstand, dass der Versicherte am Unfalltag bereits mehr als 5.000 EUR auf das Geschäftskonto eingezahlt hatte, spielt insoweit keine Rolle. Maßgebend ist allein, dass er den von der Polizei am Unfallort sichergestellten Geldbetrag mitführte. Schon dies allein wäre eine hinreichende Motivation für ein Aufsuchen der Wohnung gewesen.
Außerdem ist es nahe liegend, dass der Versicherte vor Beginn einer vollen Arbeitsschicht noch etwas essen wollte. Zwar wurde bei der Obduktion im Magen des Versicherten "400 ml breiiger, von Gemüsebestandteilen durchsetzter Inhalt" gefunden, der noch nicht in den Zwölffingerdarm übergetreten war. Die daraus von der Beklagten zu 1 gezogene Folgerung, der Versicherte habe eine halbe Stunde vor dem Unfall eine Mahlzeit zu sich genommen, entbehrt der Grundlage. So ist schon die genaue Zusammensetzung des Mageninhalts (ursprünglich gekochtes oder rohes Gemüse, weitere Bestandteile, insbesondere Fett, Eiweiß?) unbekannt. Von der Art der Nahrung hängt jedoch - was allgemein bekannt ist - die Verweildauer im Magen entscheidend ab. Allenfalls lässt sich aus der Konsistenz (breiig) schließen, dass der Verdauungsprozess im Magen bereits fortgeschritten war. Es erscheint dem Senat daher plausibel, wenn der Versicherte angesichts der anstehenden Schichtarbeit noch eine nahrhafte Mahlzeit zuhause beabsichtigte.
Auch hätte die zur Verfügung stehende Zeit für die Einnahme einer solchen Mahlzeit ausgereicht. Selbst wenn man für die Fahrtzeit von der Unfallstelle bis nach Hause zehn, maximal 15 Minuten veranschlagt und annimmt, dass der Versicherte gegen 20:45 Uhr das Haus wieder verlassen hätte, wären ihm mindestens 15 Minuten Aufenthalt verblieben. Diese Zeit hätte ohne weiteres für die Einnahme des von der Klägerin bereits vollständig zubereiteten Abendessens ausgereicht. Im Übrigen haben die Klägerin und die Zeugin M. übereinstimmend angegeben, dass der Versicherte gelegentlich auch erst um 21:00 Uhr zur Schicht aufgebrochen war, also nicht unbedingt immer das Treffen mit seinem Arbeitskollegen eingehalten hatte. Dementsprechend hatte der Zeuge Mo. auch nicht auf den Kläger gewartet. Damit wäre es für den Versicherten ohne weiteres möglich gewesen, sich noch ca. eine halbe Stunde zuhause aufzuhalten.
Zutreffend hat die Beklagte zu 2 im Übrigen darauf hingewiesen, dass der Versicherte, falls er unmittelbar die BSW hätte aufsuchen wollen, bereits spätestens um 20:30 Uhr bei den BSW eingetroffen wäre, also eine Stunde vor Schichtbeginn. Bis zur üblichen Anwesenheit der Arbeiter zwischen 21:00 und 21:15 Uhr hätte der Versicherte somit eine halbe bis dreiviertel Stunde warten müssen, bis zum Erscheinen seines Arbeitskollegen Mo. 25 Minuten - keine zwei Kilometer von zuhause entfernt, ohne ausreichend gegessen zu haben und mit einem hohen Geldbetrag im Rucksack.
Der Senat gelangt daher auf Grund des gegenüber der Klägerin unmittelbar vor Fahrtantritt dokumentierten Willens, bestätigt durch die gesamten äußeren Umstände, zu der Überzeugung, dass sich der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalles auf dem Weg von der Tankstelle nach Hause befand. Damit richtet sich der Anspruch auf Hinterbliebenenrente der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. Die Verurteilung der Beklagten zu 2 kann somit keinen Bestand haben. Deshalb ist das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten zu 2 abzuändern, entsprechend dem Antrag der Klägerin ist die Beklagte zu 1 zur Gewährung von Hinterbliebenenrente an die Klägerin zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte zu 1 hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen nur noch darum, welcher Unfallversicherungsträger Hinterbliebenenrente zu leisten hat.
Der am 1964 geborene Ehemann der Klägerin (Versicherter) war bei den B. Stahlwerken in K. (BSW) als Walzer beschäftigt und in dieser Tätigkeit bei der Beklagten zu 2 gesetzlich unfallversichert. Er wohnte zusammen mit seiner Ehefrau und Kindern in K.-A., ca. zwei Kilometer Wegstrecke vom Arbeitsplatz bei den BSW entfernt. Nebenberuflich betrieb er mit Hilfe der Klägerin und geringfügig Beschäftigter als Pächter eine täglich von 7:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöffnete Tankstelle in I., rund 20 Kilometer von den BSW und - in weiterer Verlängerung des Fahrweges - rund 22 Kilometer vom Wohnort (jeweils 30 bis 35 Autominuten) entfernt und er war insoweit als selbstständiger Unternehmer bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1 (die zum 01.01.2008 mit der G.- und L.-Berufsgenossenschaft zur Berufsgenossenschaft H. und W. fusioniert hat, nachfolgend Beklagte zu 1) unfallversichert.
Am 17.10.2002 um 20:15 Uhr wurde er bei einem Verkehrsunfall auf dem Weg von der Tankstelle an der Einmündung der K in die von ihm mit dem Motorrad befahrene B , einer Stelle, die sowohl auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz bei den BSW (Entfernung rund sechs Kilometer) wie nach Hause (Entfernung rund einen Kilometer länger) lag, getötet. Hinsichtlich der Topografie wird auf Bl. 151 der Verwaltungsakte der Beklagten zu 2 verwiesen. Der Versicherte hatte im Unfallzeitpunkt 1887 EUR Einnahmen aus der Tankstelle, wo er sich unmittelbar zuvor und für ungefähr drei Stunden aufgehalten hatte, bei sich. Sein Schichtbeginn bei den BSW war an diesem Tag um 21:30 Uhr (Nachtschicht). Die Arbeiter der Nachtschicht waren zwischen 21:00 Uhr und 21:15 Uhr auf dem Werksgelände. Üblicherweise gelangte er von der Wohnung aus mit dem Fahrrad zur Arbeit und üblicherweise traf er sich mit einem Arbeitskollegen, dem Zeugen Mo. fünf Minuten vor der vollen Stunde vor Schichtbeginn am Fahrradständer, an diesem Tag wäre dies um 20:55 Uhr gewesen.
Die Beklagte zu 2 lehnte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 26.03.2004/ Widerspruchsbescheid vom 01.09.2004 die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Versicherte auf dem Weg zu den BSW gewesen sei. In jedem Fall wäre er aber von einem dritten Ort, der Tankstelle, angefahren, sodass der Weg angesichts der weiteren Entfernung gegenüber jenem vom Wohnort aus durch die Beendigung der Tätigkeit in der Tankstelle geprägt gewesen sei. Die Klägerin hatte vorgetragen bzw. vortragen lassen, ihr Ehemann sei immer von der Tankstelle aus direkt zu den BSW gefahren und habe dort die Tageseinnahmen aus der Tankstelle immer im verschließbaren Spind verwahrt.
Die Beklagte zu 1 lehnte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ebenfalls ab (Bescheid vom 16.11.2004, Widerspruchsbescheid vom 20.01.2005), weil sich der Versicherte nach den Angaben der Klägerin auf dem Weg zu den BSW befunden habe.
Das gegen die Entscheidung der Beklagten zu 1 am 08.02.2005 angerufene Sozialgericht Freiburg hat verschiedene Zeugen vernommen, die Klägerin angehört und - nach Verständigung der Beklagten zu 2 gemäß § 181 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei gleichzeitiger Aufhebung ihrer zuvor erfolgten Beiladung - mit Urteil vom 12.06.2007 die Beklagte zu 2 unter Aufhebung deren Bescheide und Abweisung der Klage "im Übrigen" verpflichtet, der Klägerin Hinterbliebenenrente zu gewähren. Eine sichere Überzeugung, ob der Versicherte nach Verlassen der Tankstelle unmittelbar auf dem Weg zu den BSW oder zum Essen und Deponieren des Geldes nach Hause gewesen sei, lasse sich nicht gewinnen. Bei beiden Varianten, eine dritte komme nicht in Betracht, habe aber Versicherungsschutz bestanden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (- BSG -, Hinweis auf das Urteil vom 27.06.2000, B 2 U 23/99 R in SozR 3-2200 § 548 Nr. 39) habe die Fahrt überwiegend der Tätigkeit bei den BSW gedient.
Gegen das ihr am 23.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte zu 2 am 10.08.2007 Berufung eingelegt. Sie meint, es sprächen viel mehr Umstände dafür, dass der Versicherte von der Tankstelle (zunächst) nach Hause habe fahren wollen.
Die Beklagte zu 2 beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.06.2007 hinsichtlich ihrer Verurteilung aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 2 entweder zurückzuweisen oder das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.06.2007 abzuändern und die Beklagte zu 1 unter Aufhebung des Bescheides vom 16.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2005 zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente zu gewähren.
Die Beklagte zu 1 beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 2 zurückzuweisen.
Der Senatsvorsitzende hat die Klägerin angehört und die Mutter der Klägerin als Zeugin vernommen. Sie hat die Angaben der Klägerin, wonach der Versicherte am Unfalltag von der Tankstelle nach Hause wollte, um vor Arbeitsbeginn bei den BSW noch zu essen, bestätigt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Da das Sozialgericht die Beklagte zu 2 nach Aufhebung von deren Beiladung durch Beschluss vom 07.03.2007 und Berichtigung des Urteils insoweit durch Beschluss vom 19.07.2007 (Löschung aus dem Rubrum als gleichwohl weiter geführte Beigeladene) versehentlich nicht mehr in das Rubrum seines Urteils aufgenommen hat, ist diese offenbare Unrichtigkeit nach § 138 SGG zu berichtigen, was auch durch das Rechtsmittelgericht von Amts wegen geschehen kann. Der nach § 181 SGG beteiligte Versicherungsträger ist ein weiterer Beklagter (BSG, Urteil vom 27.04.1961, 2 S 1/60 in SozR Nr. 1 zu § 181 SGG).
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts und der Beklagten zu 1 ist nachgewiesen, dass sich der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalls auf dem Heimweg von der Tankstelle befand. Damit ist die Beklagte zu 1 der zur Entschädigung verpflichtete Unfallversicherungsträger. Die Verurteilung der Beklagten zu 2 ist aufzuheben.
Einer Verurteilung der Beklagten zu 1 durch den Senat steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht die Klage "im Übrigen" abgewiesen hat. Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils lässt sich zwar mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass sich diese Klageabweisung auf Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 bezieht. Eine Verurteilung der Beklagten zu 1 hat die Klägerin nach dem bloßen Wortlaut ihrer zuletzt, nachdem das Sozialgericht über die von ihm in Betracht gezogenen Verurteilung der Beklagten zu 2 informiert hatte, schriftsätzlich gestellten Anträge allerdings nicht (mehr) beantragt. Eine Klärung der sachgerechten Antragstellung mit der Klägerin durch das Sozialgericht ist nicht erfolgt, der im Tatbestand des Urteils sinngemäß zu Grunde gelegte Klageantrag ist nicht nachvollziehbar. Die dort nach Datum aufgeführten Bescheide existieren nicht, die Beklagte ist nicht nach den beiden in Betracht kommenden Leistungsträgern individualisiert.
Geltend gemacht worden ist von der Klägerin auch im erstinstanzlichen Verfahren ihre Entschädigung als Hinterbliebene des Versicherten. Zutreffend sind die Beteiligten und das Sozialgericht davon ausgegangen, dass sich dieser Entschädigungsanspruch entweder gegen die Beklagte zu 1 oder die Beklagte zu 2 richtet. Diese Wahlfeststellung hätte auch im sachdienlichen Klageantrag der Gestalt zum Ausdruck kommen müssen, dass die Verurteilung entweder der einen oder der anderen Beklagten zu beantragen gewesen wäre. Bei einem solchen sachdienlichen Klageantrag, auf den das Sozialgericht hätte hinweisen müssen (§ 106 Abs. 1 SGG), hätte eine Klageabweisung "im Übrigen" nicht zur Debatte gestanden. Diesen sachdienlichen Antrag kann die Klägerin auch im Rahmen ihrer Stellung als Berufungsbeklagte für den Fall des Obsiegens der Berufungsführerin weiterverfolgen. Denn es darf auch außerhalb eines Anschlussrechtsmittels nicht verwehrt sein, geltend zu machen, dass bei richtiger Verfahrensweise der Vorinstanz auch ein sachdienlicher Antrag zu erwarten gewesen wäre, und diesen nunmehr zu stellen (BSG, Urteil vom 15.02.1990, 7 RAr 22/89).
Andernfalls wäre der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte sachdienliche Antrag - soweit er auf die Verurteilung der Beklagten zu 1 abzielt - als Anschlussberufung anzusehen. Diese wäre zulässig (s. zur Zulässigkeit Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 143 Rdnrn. 5a, 5f). Zwar erfordert der über § 202 SGG entsprechend anzuwendende § 524 Zivilprozessordnung (ZPO) grundsätzlich, dass sich die Anschlussberufung gegen den Berufungskläger richtet, was im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 1 schon deshalb nicht der Fall ist, weil die Beklagte zu 1 keine Berufung eingelegt hat. Indessen ist im Rahmen der nach § 202 SGG erfolgenden entsprechenden Anwendung der Regelungen der ZPO den besonderen sozialgerichtlichen Fallgestaltungen Rechnung zu tragen (BSG, Urteil vom 16.07.2003, B 6 KA 29/02 R in SozR 4-2500 § 85 Nr. 3). Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass der Klägerin der geltend gemacht Anspruch zusteht, aber die beiden Beklagten alternativ als leistungspflichtig in Betracht kommen. Dementsprechend lässt sich ein Erfolg der Berufung der Beklagten zu 2 nur mit der Argumentation begründen, die Beklagte zu 1 sei leistungspflichtig. Damit stehen der Klägerin auch im Berufungsverfahren materiell-rechtlich beide Beklagte als Gegner gegenüber, unabhängig von ihrer rein formalen Stellung (die Beklagte zu 2 als Berufungsklägerin, die Beklagte zu 1, wie die Klägerin, als Berufungsbeklagte). In einer solchen Fallkonstellation, wenn also die materiell-rechtliche Interessenlage mit der prozessualen Beteiligtenstellung nicht korrespondiert, ist der Klägerin die Befugnis zur Einlegung einer Anschlussberufung zuzubilligen (in diesem Sinne auch BSG, a.a.O.).
Welchem dieser beiden Lösungsansätze der Vorrang gebührt, kann dahingestellt bleiben. In jedem Fall ist der Antrag der Klägerin auf alternative Verurteilung der Beklagten zu 1 zulässig. Er ist auch begründet.
Nach § 63 Abs 1 Satz 1 Nr. 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) besteht in der gesetzlichen Unfallversicherung ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Der Tod eines Versicherten ist insbesondere dann infolge eines Versicherungsfalls eingetreten, wenn er durch einen Arbeitsunfall verursacht wurde (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 14). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Hierzu gehört nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Dabei muss eine sachliche Verbindung mit der versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausübte, stehen Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versi¬cherten.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich der Versicherte unmittelbar vor Beginn der Fahrt in der Tankstelle befand und dort seiner bei der Beklagten zu 1 versicherten Tätigkeit nachging. Dies folgt aus den Angaben der Klägerin und der Zeugin M. und dies ist zwischen den Beteiligten ebenso wenig umstritten, wie der Versicherungsschutz und der Anspruch der Klägerin auf Hinterbliebenenrente als solcher.
Damit befand sich der Versicherte (jedenfalls) auf der Fahrt von seiner bei der Beklagten zu 1 versicherten Tätigkeit. Streitig ist zwischen den Beteiligten nur, ob sich der Versicherte auf der Fahrt nach Hause - dann wäre die Beklagte zu 1 der passiv legitimierte Unfallversicherungsträger - oder direkt auf der Fahrt zu seiner um 21:30 Uhr beginnenden, bei der Beklagten zu 2 versicherten Tätigkeit bei den BSW befand. In diesem Fall hätte die Klägerin Entschädigungsansprüche ausschließlich gegen die Beklagte zu 2. Denn Arbeitsunfälle bei einer Fahrt von einer versicherten Tätigkeit zu einer anderen versicherten Tätigkeit sind, wenn - wie hier - Sonderregelungen fehlen, der am Zielort (hier BSW) beabsichtigten Tätigkeit zuzurechnen (BSG, Urteil vom 07.02.2006, B 2 U 30/04 R in SozR 4-2700 § 135 Nr. 1). Die Grundsätze "vom dritten Ort" sind bei solchen Fallgestaltungen nicht anwendbar (BSG, a.a.O.).
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann diese Streitfrage geklärt werden. Es bedarf daher nicht des Rückgriffs auf jene Grundsätze der Beweislosigkeit, wie sie in dem vom Sozialgericht herangezogenen Urteil des BSG (vom 27.06.2000, B 2 U 23/99 R in SozR 3-2200 § 548 Nr. 39) dargestellt sind und wie sie eine Entschädigungspflicht der Beklagten zu 2 für den Fall, dass sich die Handlungstendenz des Versicherten nicht klären ließe, begründen würden.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (hier: Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Lediglich hinsichtlich des - hier offensichtlich gegebenen - ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Dementsprechend muss auch der - hier allein streitige - innere Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und der Zurücklegung des Weges nachgewiesen sein, also sicher feststehen (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84 in SozR 2200 § 548 Nr. 70). Auf Grund der durchgeführten Sachaufklärung ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Versicherte im Zeitpunkt des tödlichen Unfalls auf der Fahrt von der Tankstelle nach Hause befand.
Die Klägerin hat im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme des Senats angegeben, ihr Ehemann habe sie am Unfalltag gegen 17:00 Uhr in der Tankstelle abgelöst, nachdem er zuvor Nachtschicht und am Tage geschlafen hatte. Sie sei dann nach Hause gegangen. Kurz vor 20:00 Uhr habe sie ihren Ehemann angerufen und gebeten, aus der Tankstelle noch Milch mitzubringen. Ihr Ehemann habe sein Kommen angekündigt, weil er - wie üblich - sein Motorrad habe abstellen, um dann mit dem Fahrrad zu den BSW zu fahren, und vor der Nachtschicht noch etwas habe etwas essen wollen. Dementsprechend habe sie mit der Zubereitung des Abendessens für ihren Ehemann begonnen und Fisch gebraten.
Die Mutter der Klägerin hat in der Beweisaufnahme diese Angaben in vollem Umfang bestätigt. Sie bekundete nicht nur, dass die Klägerin am Abend des 17.10.2002 den Versicherten in der Tankstelle wegen der ausgegangenen Milch angerufen hatte, sondern auch und vor allem, dass die Klägerin ihren Ehemann an diesem Abend vor der Tätigkeit bei den BSW erwartete und für den Versicherten ein Abendessen zubereitete. Sie schilderte plastisch, wie die Familie gemeinsamen auf den Versicherten wartete, das Abendessen für den Versicherten - gebratener Fisch - bereitstand, wie die Klägerin immer wieder vergeblich versuchte, ihren Ehemann telefonisch - zunächst in der Tankstelle, dann auf dem Handy - zu erreichen, als dieser nicht wie erwartet nach Hause kam, wie sich schließlich bei der Familie die Angst eingestellte, dem Versicherten könne etwas zugestoßen sein und wie die Hoffnung trog, als der Sohn der Klägerin glaubte, ein Motorrad zu hören und sich auf Bitten der Klägerin vergeblich auf die Suche machte.
Der von der Beklagten dargelegte Widerspruch in den Angaben der Klägerin und der Zeugin betrifft die Frage, ob alle Familienmitglieder (so die Klägerin) oder nur die Kinder (so die Zeugin) am Unfalltag bereits gegessen hatten, als die Polizei kam, und damit eine die Erinnerung an den Unfalltag nicht zwingend prägende Einzelheit. Im maßgeblichen Kernbereich - man wartete auf den Versicherten, weil der sein Kommen angekündigt hatte - und in den für diesen Kernbereich entscheidenden Umständen stimmen sie aber überein.
Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin bestehen nicht und sind von den Beteiligten auch nicht geäußert worden. Auch wenn es sich um die Mutter der Klägerin handelt, hat keinerlei Motivation für die Zeugin bestanden, unwahre oder auch nur tendenziöse Angaben zu Gunsten ihrer Tochter zu machen. So war der Zeugin durch entsprechende Hinweise vor ihrer Vernehmung bekannt, dass ihre Angaben gleich welchen Inhalts zu keinerlei negativen Folgen für die Entschädigungsansprüche ihrer Tochter führen würden.
Schon auf Grund dieser Angaben der Zeugin gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Versicherte nach der Tätigkeit in der Tankstelle nach Hause fahren wollte.
Aber auch die Angaben der Klägerin sind glaubhaft. Es bestehen insbesondere keine Zweifel an deren Glaubwürdigkeit. Die Beklagte zu 1 kann sich in diesem Zusammenhang lediglich auf gegenteilige Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren berufen. Insoweit aber hat die Klägerin bereits in erster Instanz nachvollziehbar dargelegt, dass diese anders lautenden Angaben auf ihre unzureichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und entsprechende Missverständnisse zurückzuführen sind. Dies hat die Zeugin H., die der Klägerin damals bei den Behördenangelegenheiten beistand, gegenüber dem Sozialgericht bestätigt. Sie hat - noch immer bestehende, wie sich bei der nur mit Dolmetscherhilfe möglichen Anhörung im Berufungsverfahren herausgestellt hat - erhebliche Sprachschwierigkeiten der Klägerin bestätigt und angegeben, im Gespräch mit der Klägerin nur verstanden zu haben, dass der Versicherte auf dem Weg von der Tankstelle verunglückt sei. Hieraus habe sie geschlossen, dass er auf dem Weg zu den Stahlwerken gewesen sei. Von diesem Missverständnis waren dann auch die Gespräche mit dem früheren Bevollmächtigten der Klägerin, Rechtsanwalt Hs., beeinflusst. So hat die Zeugin H. ausdrücklich gegenüber dem Sozialgericht bestätigt, diese (falsche) Informationen an Rechtsanwalt Hs. weiter gegeben zu haben.
Soweit die Beklagte zu 1 in diesem Zusammenhang darauf hinweist, die Beklagte zu 2 habe - vom Senat aber ohnehin nicht nachvollziehbar - den Verdacht eines versuchten Betruges geäußert, reicht dies - die Äußerung eines Betrugsverdachts - noch nicht einmal aus, eine Motivation der Klägerin, geschweige denn der Zeugin, für falsche Angaben zu begründen. Anders wäre es allenfalls im Hinblick auf die Klägerin dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für einen Betrugsverdacht bestünden. Allerdings bleibt die Beklagte zu 1 für diesen Fall die Erklärung schuldig, warum gerade die von der Beklagten zu 1 angegriffenen Angaben der Klägerin falsch sein sollen und nicht jene im Verwaltungsverfahren. Dies ist indessen nicht weiter zu vertiefen. Denn es bestehen keine Hinweise auf einen derartigen Betrugsverdacht. Die Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren sind - wie ausgeführt - durch sprachliche Missverständnisse erklärt. Soweit sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin - so der Vorwurf der Beklagten zu 2 - in der Berufungserwiderung die Ausführungen im angefochtenen Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu eigen gemacht haben, handelt es sich um die typische Verteidigung gegen eine Berufung und nicht etwa um eine Abkehr von früherem tatsächlichen Vorbringen. Dies zeigt sich gerade darin, dass zur Begründung auf das klägerische Vorbringen erster Instanz Bezug genommen wird. Nichts wesentlich Anderes gilt für den Schriftsatz vom 17.01.2008, wenn dort einerseits darauf abgestellt wird, eine sichere Überzeugung lasse sich nicht gewinnen, andererseits aber eine bestimmte Handlungstendenz (Weg zu den BSW) als durch die Beweisaufnahme feststehend erachtet wird, wobei sich in der Beweisaufnahme hierfür gar nichts ergeben hat und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Rahmen der Beweisaufnahme gerade auf das Gegenteil, nämlich den Nachweis der Richtigkeit der Angaben der Klägerin (in Form einer Bestätigung durch die Zeugin) erfolgreich hingearbeitet hat. Auch hierin ist allenfalls eine - für den Senat nicht verbindliche und unzutreffende - rechtliche Wertung zu sehen, nicht jedoch eine Änderung des Vortrags im Tatsächlichen. Dementsprechend steht eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin für eine derart widersprüchliche, zumindest unzutreffende Argumentation ihres Prozessbevollmächtigten außer Diskussion. Ihr Tatsachenvortrag ist jedenfalls seit der Korrektur der früheren, durch sprachliche Missverständnisse veranlassten Angaben konsistent.
Die Angaben der Klägerin gegenüber dem Sozialgericht und dem Senat sowie die Angaben der Mutter der Klägerin fügen sich auch nahtlos in das übrige Beweisergebnis ein. So hat der frühere Arbeitskollege des Versicherten, der Zeuge Mo. gegenüber dem Sozialgericht bestätigt, dass der Versicherte üblicherweise mit dem Fahrrad zu den BSW gekommen sei. Hinweise auf eventuelle Besonderheiten und damit dafür, dass am 17.10.2002 anderes beabsichtigt war - nach Angaben des Zeugen Mo. kam der Versicherte gelegentlich dann mit dem Auto, wenn er noch etwas zu erledigen hatte, was von der Klägerin, auch für die Nutzung des Motorrades, bestätigt worden ist - sind nicht vorhanden. Soweit sich die Beklagte zu 1 im Termin zur Beweisaufnahme und Erörterung des Sachverhalts darauf berufen hat, dass es am Unfalltag regnete, steht dies der Annahme, der Versicherte habe mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren wollen, nicht entgegen. Zum einen regnete es nach dem Polizeibericht nur "mäßig", zum anderen hat der Zeuge Mo. ebenso wie die Klägerin und deren Mutter gerade nicht auf eventuelle Witterungsverhältnisse für die Nutzung des Fahrrades durch den Versicherten abgestellt. Der Zeuge Ma., der der Klägerin die Nachricht vom Tode Ihres Mannes überbrachte, gab gegenüber dem Sozialgericht an, die Klägerin sei mit der Vorbereitung einer warmen Mahlzeit beschäftigt gewesen. Dies deckt auch ein Warmhalten einer bereits fertigen warmen Mahlzeit. Ob diese - wie die Beklagte bezweifelt - zu diesem Zeitpunkt noch "schmackhaft" gewesen wäre, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung.
Schließlich sprechen auch die von der Beklagten zu 2 in ihrer Berufungsbegründung aufgeführten Indizien für die Absicht des Versicherten, vor der Nachtschicht noch nach Hause zu kommen. Der Versicherte hatte zum Zeitpunkt des Unfalles noch ausreichend Zeit, vor dem üblichen Treffen mit seinem Arbeitskollegen um 20:55 Uhr zuhause das von der Tankstelle mitgebrachte Geld abzugeben. Es handelte sich immerhin um insgesamt 1887 EUR, ein Betrag der normalerweise nicht in einem, wenn auch abschließbaren, Spind aufbewahrt wird, wenn sicherere Möglichkeiten der Aufbewahrung bestehen. Der Umstand, dass der Versicherte am Unfalltag bereits mehr als 5.000 EUR auf das Geschäftskonto eingezahlt hatte, spielt insoweit keine Rolle. Maßgebend ist allein, dass er den von der Polizei am Unfallort sichergestellten Geldbetrag mitführte. Schon dies allein wäre eine hinreichende Motivation für ein Aufsuchen der Wohnung gewesen.
Außerdem ist es nahe liegend, dass der Versicherte vor Beginn einer vollen Arbeitsschicht noch etwas essen wollte. Zwar wurde bei der Obduktion im Magen des Versicherten "400 ml breiiger, von Gemüsebestandteilen durchsetzter Inhalt" gefunden, der noch nicht in den Zwölffingerdarm übergetreten war. Die daraus von der Beklagten zu 1 gezogene Folgerung, der Versicherte habe eine halbe Stunde vor dem Unfall eine Mahlzeit zu sich genommen, entbehrt der Grundlage. So ist schon die genaue Zusammensetzung des Mageninhalts (ursprünglich gekochtes oder rohes Gemüse, weitere Bestandteile, insbesondere Fett, Eiweiß?) unbekannt. Von der Art der Nahrung hängt jedoch - was allgemein bekannt ist - die Verweildauer im Magen entscheidend ab. Allenfalls lässt sich aus der Konsistenz (breiig) schließen, dass der Verdauungsprozess im Magen bereits fortgeschritten war. Es erscheint dem Senat daher plausibel, wenn der Versicherte angesichts der anstehenden Schichtarbeit noch eine nahrhafte Mahlzeit zuhause beabsichtigte.
Auch hätte die zur Verfügung stehende Zeit für die Einnahme einer solchen Mahlzeit ausgereicht. Selbst wenn man für die Fahrtzeit von der Unfallstelle bis nach Hause zehn, maximal 15 Minuten veranschlagt und annimmt, dass der Versicherte gegen 20:45 Uhr das Haus wieder verlassen hätte, wären ihm mindestens 15 Minuten Aufenthalt verblieben. Diese Zeit hätte ohne weiteres für die Einnahme des von der Klägerin bereits vollständig zubereiteten Abendessens ausgereicht. Im Übrigen haben die Klägerin und die Zeugin M. übereinstimmend angegeben, dass der Versicherte gelegentlich auch erst um 21:00 Uhr zur Schicht aufgebrochen war, also nicht unbedingt immer das Treffen mit seinem Arbeitskollegen eingehalten hatte. Dementsprechend hatte der Zeuge Mo. auch nicht auf den Kläger gewartet. Damit wäre es für den Versicherten ohne weiteres möglich gewesen, sich noch ca. eine halbe Stunde zuhause aufzuhalten.
Zutreffend hat die Beklagte zu 2 im Übrigen darauf hingewiesen, dass der Versicherte, falls er unmittelbar die BSW hätte aufsuchen wollen, bereits spätestens um 20:30 Uhr bei den BSW eingetroffen wäre, also eine Stunde vor Schichtbeginn. Bis zur üblichen Anwesenheit der Arbeiter zwischen 21:00 und 21:15 Uhr hätte der Versicherte somit eine halbe bis dreiviertel Stunde warten müssen, bis zum Erscheinen seines Arbeitskollegen Mo. 25 Minuten - keine zwei Kilometer von zuhause entfernt, ohne ausreichend gegessen zu haben und mit einem hohen Geldbetrag im Rucksack.
Der Senat gelangt daher auf Grund des gegenüber der Klägerin unmittelbar vor Fahrtantritt dokumentierten Willens, bestätigt durch die gesamten äußeren Umstände, zu der Überzeugung, dass sich der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalles auf dem Weg von der Tankstelle nach Hause befand. Damit richtet sich der Anspruch auf Hinterbliebenenrente der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. Die Verurteilung der Beklagten zu 2 kann somit keinen Bestand haben. Deshalb ist das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten zu 2 abzuändern, entsprechend dem Antrag der Klägerin ist die Beklagte zu 1 zur Gewährung von Hinterbliebenenrente an die Klägerin zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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