L 11 KR 4311/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1919/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4311/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Im Übrigen sind keine außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Sozialversicherungspflicht des Klägers im Zeitraum 1. April 2000 bis 31. Dezember 2005.

Die Beigeladene zu 3 ist eine Erbengemeinschaft, bestehend aus O. L. (25 %), seiner Mutter G. L. (25 %) und seinem Onkel Dr. E. L. (50 %). In ihrem Eigentum stehen verschiedene Wohngrundstücke, hauptsächlich in B. gelegen. Eines der Wohngrundstücke ist das Wohngebäude S. in H., bestehend aus 14 Wohneinheiten. Vertreter der Beigeladene zu 3 ist O. L., hauptberuflich selbstständig als Softwareentwickler tätig und wohnhaft in W./R ... Auch die übrigen Mitglieder der Beigeladenen zu 3 wohnen weitab von H ...

Der 1961 geborene Kläger ist der Sohn von Dr. E. L. und wohnte im streitigen Zeitraum im Gebäude S. zur Miete (Miethöhe: 250 DM monatlich). Er war vor April 2000 in der Gastronomie sowie als Musiker tätig und nur sporadisch sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er ist seit vielen Jahren alkoholkrank.

Am 24. März 2000 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 3 einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Danach werde der Kläger als Hausmeister und - sofern explizit für Einzelvorgänge, z. B. Mietvertragsunterzeichnungen, durch den Arbeitgeber autorisiert - als Erfüllungsgehilfe der Hausverwaltung eingestellt. Das Arbeitsverhältnis beginne am 1. April 2000 und werde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Arbeitszeit betrage wöchentlich 19 bis 23 Stunden und monatlich 87 Stunden; gearbeitet werde an zwei bis vier Tagen in der Woche. Das Arbeitsentgelt betrage brutto 10,69 DM pro Stunde, der Kläger habe Urlaubsanspruch entsprechend den jeweils aktuellen gesetzlichen Bestimmungen.

Im streitigen Zeitraum bezahlte die Beigeladene zu 3 das vereinbarte Arbeitsentgelt (vermindert um die vom Kläger für seine Wohnung zu leistenden Mietzahlungen) und führte an die Beklagte Sozialversicherungsbeiträge ab.

Der Kläger war wiederholt und zunehmend arbeitsunfähig krank und mehrfach wegen seiner Alkoholerkrankung sowie Folgeerkrankungen in stationärer Behandlung. Wegen der Einzelheiten der Arbeitsunfähigkeitszeiten wird auf die Aufstellung im Widerspruchsbescheid (Aktenseiten 113, 114 der Verwaltungsakte) Bezug genommen. Krankengeldansprüche machte er gegenüber der Beklagten nicht geltend.

Im Frühjahr 2005 sah die Beklagte Anlass, die Sozialversicherungspflicht des Klägers zu überprüfen und befragte die Beigeladene zu 3. Mitarbeiter der Beklagten versuchten im Dezember 2005 vergeblich den Kläger im Wohngebäude S. anzutreffen. Nach einem Aktenvermerk der Beklagten teilten (namentlich nicht näher genannte) Mieter mit, der Hausmeister wohne nicht hier und benannten als solchen den Zeugen N. W ... Dieser erklärte in einem Telefonat, dass er den Hausmeisterservice und die Vermittlungen der Wohnungen nach Rücksprache mit der Eigentümerin Frau L. mache.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2005 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass es sich um ein fingiertes Beschäftigungsverhältnis handle und die Mitgliedschaft sowie der Versicherungsschutz rückwirkend ab 1. April 2000 erlösche.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Er gab an, als Hausmeister für die Beigeladene zu 3 zu arbeiten. Zu seinen Aufgaben hätten Verhandlungen mit Handwerkern und den Denkmalschutzbehörden, die Überwachung der Ausführung der Reparaturarbeiten, Vorverhandlungen mit Mietinteressenten, Kleinreparaturen, das regelmäßige Rausstellen der Mülltonnen, die Sperrmüllbeseitigung und die Überwachung des von den Mietern auszuführenden Winterdienstes gehört. Der Zeuge W. sei Interessent für eine freiwerdende Wohnung und nicht Hausmeister. Der Kläger übermittelte schriftliche Erklärungen der Mieter J. K., C. C. und D. C., wonach er diesen immer als Hausmeister mit Reparaturen behilflich gewesen und Ansprechpartner für alle Fragen des Mietverhältnisses gewesen sei. Weiterhin legte der Kläger Bestätigungsschreiben verschiedener Handwerksbetriebe vor, wonach er Ansprechpartner für Arbeiten im Wohngebäude S. gewesen sei, sowie mehrere, teilweise an ihn adressierte Handwerkerrechnungen. Auf Rückfrage der Beklagten äußerten sich ein Teil Handwerker und gaben an, den Kläger nicht zu kennen und die Rechnung an Herrn und Frau L., S., gesandt zu haben (Firma H., Raumgestaltung) bzw. mit dem Kläger verhandelt und die Rechnungen an ihn oder die Beigeladene zu 3 gesandt zu haben (Schreinerei S.).

Die Beigeladene zu 3 teilte mit, der Zeuge W. sei lediglich mit einem der Mieter befreundet, habe für diesen vielleicht Müll entsorgt oder vor dessen Wohnungstür gekehrt. Da der Kläger seine Aufgaben als Hausmeister während der Krankheitszeiten nicht erledigt habe, seien die Arbeiten aufgeschoben oder von anderen Mietern erledigt worden.

Bei einem weiteren Besuch im Februar 2006 trafen Mitarbeiter der Beklagten den Kläger erneut nicht im Wohngebäude S. an. Eine (nicht namentlich benannte) Mieterin bezeichnete den Zeugen W. als Hausmeister. Dieser erklärte, er sei nicht der Hausmeister und schaue nur nach dem Rechten. Offiziell sei der Kläger Hausmeister. Er kümmere sich lediglich um eine als "Pension" vermietete Wohnung und bekomme dafür monatlich 100 EUR. Er wisse aber, dass der Kläger die Beklagte betrüge. Wenn ihm die Beklagte hinsichtlich der Kostenübernahme für die Entfernung von Tätowierungen entgegenkomme (was die Beklagte später ablehnte), könne er ihr helfen.

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 abgemahnt wurde, kündigte die Beigeladene zu 3 mit Schreiben vom 15. Februar 2006 das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005. Mit Schreiben vom gleichen Tage kündigte die Beigeladene zu 3 das Arbeitsverhältnis fristlos zum 15. Februar 2006.

Anlässlich seiner Arbeitslosmeldung bei der Agentur für Arbeit H. gab der Kläger an, die Abmahnung wohl nicht ganz ernst genommen zu haben, da er zuvor "das Sagen" im Wohngebäude S. gehabt habe. Die Ehefrau von O. L. habe ihn schon lange raushaben wollen, es habe sich um Mobbing gehandelt. Seine Kompetenzen seien total eingeschränkt worden, er sei zum Putzer, Müllentsorger etc. degradiert worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Anmeldung zur Sozialversicherung sei nur deshalb erfolgt, um dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren. Auf Grund der Krankheitszeiten sei nicht zu erkennen, dass tatsächlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Der Kläger habe lediglich im Rahmen einer familiären Mithilfe bzw. des Mietverhältnisses mitgearbeitet. Nicht er, sondern der Zeuge W. habe die Hausmeistertätigkeiten ausgeführt. Zwar habe der Kläger den einen oder anderen Handwerker ins Haus gelassen und auch Aufträge bzw. erledigte Arbeiten abgezeichnet. Dies sei jedoch nur als Ansprechpartner für die Beigeladene zu 3 und nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses erfolgt.

Der Kläger hat hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Es habe sich, so hat er vorgetragen, um ein reguläres Beschäftigungsverhältnis, kein Scheinarbeits- und kein bloßes Gefälligkeitsverhältnis gehandelt. Er habe die Arbeit anfangs auch mit vollem Engagement übernommen. Zur Kündigung sei es erst auf Grund der krankheitsbedingten Unregelmäßigkeiten und Versäumnisse gekommen. Vor dem 1. April 2000 habe er zwar Aufträge an Handwerker erteilt, dies aber nur vereinzelt, und wenn ihn Mitglieder der Beigeladenen zu 3 hierum gebeten hatten.

Die Beigeladene zu 3 wiederholte ihre Angaben im Verwaltungsverfahren. Die Idee zu der Anstellung sei vom Kläger selbst gekommen, auch hinsichtlich der Arbeitszeiten und der Bezahlung. Man habe das dann so gemacht, weil es ungefähr von der Zeit und vom Umfang her hingekommen sei. Alle Mietverträge der letzten Jahre würden die Unterschrift des Klägers tragen. Er sei aber nicht weisungsbefugt gewesen, habe also Aufträge an Handwerker nicht selbst erteilen, diese aber in die Wege leiten und auch Schäden an die Versicherung melden können. Der Zeuge W. sei nie als Hausmeister für die Beigeladene zu 3 tätig gewesen. Seit 1. März 2006 sei er selbst Mieter im Wohngebäude S. und arbeite außerdem für die Firma b. l. D. GmbH, die von dem Stiefsohn von O. L. und anderen betrieben werde. Diese habe im Wohngebäude S. zwei Wohnungen angemietet und vermiete sie als Ferienwohnungen weiter. Die Versäumnisse des Klägers seien zunächst nicht bemerkt worden, da die Kommunikation über dessen Vater, Dr. E. L., gegangen sei. Deswegen und auf Grund der familiären Beziehungen habe man zunächst darauf verzichtet, die Tätigkeit über Stundenzettel zu kontrollieren. Es habe auch immer wieder Phasen gegeben, in denen der Kläger viel erledigt habe, andere, in denen er nicht erreichbar gewesen sei. Seit der Kündigung des Klägers müsse die Ehefrau von O. L. mehrfach im Monat nach H. fahren und sich um alles Nötige vor Ort kümmern. Für Kleinreparaturen würden Handwerker beschäftigt.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, die vorgelegten Handwerkerrechnungen deuteten darauf hin, dass der Kläger bereits vor dem 1. April 2000 auf Grund familiärer Verpflichtung mitgeholfen habe. Wegen der wiederholten Krankenhausaufenthalte und weil kein Versicherungsschutz bestanden habe, sei ein Beschäftigungsverhältnis konstruiert worden. Auf Grund seines Gesundheitszustandes sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, einer regelmäßigen und kontinuierlichen Arbeit nachzugehen.

Der Zeuge W. hat angegeben, er habe den Kläger mal kehren gesehen, dann habe er auch wieder nichts gemacht. Er wisse nicht, ob der Kläger dort Hausmeister war, könne sich nicht mehr erinnern, auch weil er krank sei. Er selbst habe keinerlei Arbeiten für die Beigeladene zu 3 erledigt, höchstens einmal für befreundete Mieter gekehrt. Er habe dies auch schon getan, bevor er im Wohngebäude S. gewohnt habe, da er dort eine Wohnung habe erhalten und sich bei der Ehefrau von O. L. habe einschmeicheln wollen. Einmal sei der Kläger deswegen sehr ungehalten gewesen und habe ihm erklärt, er (der Zeuge) sei nicht Hausmeister, das sei seine (des Klägers) Arbeit. Der Beklagten habe er gesagt, der Kläger betrüge sie, weil er sich an diesem Tag über den Kläger geärgert habe. Dieser habe einmal gesagt, er sei Hausmeister, dann wieder, er sei es nicht. Er sei davon ausgegangen, der Kläger dürfe möglicherweise nicht arbeiten, und habe sich daher etwas zusammengereimt.

Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Prof. Dr. M., Oberarzt am Krankenhaus S. in H., wo der Kläger im streitigen Zeitraum wiederholt stationär behandelt wurde, hat erklärt, der Kläger habe anlässlich der stationären Aufenthalte im streitigen Zeitraum mitgeteilt, er sei arbeitslos (Mai 2001), Hausmeister im Wohngebäude S. (Mai 2002, August 2002, August 2003) bzw. verwalte den Besitz einer Erbengemeinschaft (April 2004). Wegen der Alkoholerkrankung sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger jeweils nach der Entlassung aus der stationären Behandlung in der Lage gewesen sei, regelmäßig und kontinuierlich als Hausmeister zu arbeiten. Privatdozent Dr. R., Chefarzt am Krankenhaus S. V. in H., wo sich der Kläger im Dezember 2006 zu einer Entgiftungstherapie aufhielt, hat angegeben, dieser habe zu seinen beruflichen Tätigkeiten im streitigen Zeitraum keine Angaben gemacht. Der Klinikaufenthalt sei vorzeitig gegen ärztlichen Rat abgebrochen worden. Daher sei nicht zu erwarten, dass es dem Kläger möglich sei, eine regelmäßige und verantwortungsvolle Tätigkeit im notwendigen Umfang auszuüben. Dr. R., Chefärztin am Psychiatrischen Zentrum N., wo sich der Kläger 1996 sowie im streitigen Zeitraum weitere fünf mal aufhielt, hat mitgeteilt, der Kläger habe bereits 1996 angegeben, für die Beigeladene zu 3 Hausverwaltertätigkeiten im Wohngebäude S. zu machen. Im März 2000 habe er mitgeteilt, dies weiterhin zu tun und deswegen dort wohnen zu können sowie 500 DM Taschengeld zu erhalten, aber keine Bezahlung. Bei den weiteren stationären Aufenthalten habe er wiederholt, als Hausmeister/-verwalter tätig zu sein. Der den Kläger seit Januar 2003 behandelnde Hausarzt Dr. A. hat erklärt, dieser habe ihm gegenüber angegeben, Hausmeister zu sein. Er sei zeitweise auch in der Lage gewesen, eine leichte körperliche Tätigkeit auszuüben.

Nach dem vom SG beigezogenen Entlassungsbericht der Psychosomatischen Fachklinik M., wo sich der Kläger Anfang 2005 aufhielt, gab dieser dort an, seit Januar 2000 bei der Beigeladenen zu 3 als Hausverwalter und Hausmeister beschäftigt zu sein. Er müsse ständig Kontakt zu Mietern aufnehmen, wenn Probleme aufträten, Mietverträge erstellen, Handwerker anfordern und Reparaturen selbstständig ausführen. Die Leistungsfähigkeit in der ausgeübten Tätigkeit als Hausmeister und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wurde als vollschichtig eingeschätzt. Ausweislich des vom SG beigezogenen Entlassungsberichts der Kliniken W., wo sich der Kläger in der Zeit von August bis November 2000 aufhielt, erklärte der Kläger dort, als Verwalter bei der Beigeladenen zu 3 angestellt zu sein. Für diese Tätigkeit wurde er als arbeitsfähig entlassen.

Mit Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2007 hat das SG den Bescheid vom 15. Dezember 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2006 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. April 2000 bis 31. Dezember 2005 versicherungspflichtig beschäftigt war. Die gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht entscheidende Beklagte habe die Sozialversicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch, § 45 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch, § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 Halbs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch zu Unrecht verneint. Der Kläger sei nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen. Es habe nicht nur ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorgelegen und auch keine bloße familienhafte Mithilfe im Rahmen von § 1619 BGB. Dies folge aus dem Arbeitsvertrag, der Gewährung von Arbeitsentgelt und dem Umstand, dass der Kläger trotz seiner vielen Krankheitszeiten tatsächlich als Hausmeister tätig war. Letzteres ergebe sich aus den vorgelegten Rechnungen der Handwerksbetriebe, den Angaben der Mieter und der Beigeladenen zu 3 sowie der Aussage des Zeugen W ... Der Kläger habe auch alle Mietverträge der letzten Jahre unterschrieben. Soweit die Beklagte auf Nachfrage die Auskunft erhalten habe, nicht der Kläger, sondern der Zeuge W. sei der Hausmeister, beziehe sich das auf die (an die Firma b. l. D. GmbH) vermieteten Ferienwohnungen. Dass der Kläger tatsächlich vielfältige und auch zeitintensive Arbeiten ausgeführt habe, zeige sich auch darin, dass die Ehefrau von O. L. nach der Kündigung des Klägers jeden Monat mehrere Male nach H. habe fahren müssen und für Kleinreparaturen Handwerker beschäftigt worden seien. Der Kläger habe sich gegenüber allen behandelnden Ärzten selbst als Hausmeister bezeichnet und gegenüber der Psychosomatischen Fachklinik M. diese Tätigkeit auch im Einzelnen beschrieben. Dass der Kläger über weite Zeiträume arbeitsunfähig krank gewesen sei und deswegen die Arbeiten nicht habe verrichten können, spreche nicht gegen eine versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, sondern sei im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu klären. Dass die Beigeladene zu 3 gewisse familiäre Rücksichten auf den Kläger genommen habe, etwa lange Zeit keine Stundenzettel kontrolliert und lange Arbeitsunfähigkeitszeiten hingenommen habe, führe noch nicht zur Annahme einer rein familiären Mitarbeit. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Kläger bereits vor dem streitigen Zeitraum gelegentlich für die Beigeladene zu 3 tätig gewesen sei, denn der Umfang der Arbeiten sei anlässlich des Arbeitsvertrages erhöht worden.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 6. August 2007 zugestellten Gerichtsbescheid am 3. September 2007 Berufung eingelegt und ihre Rechtsansicht weiter verfolgt. Nach den Angaben der behandelnden Ärzte sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, regelmäßig und kontinuierlich als Hausmeister tätig zu sein. Ein der vereinbarten Arbeitszeit entsprechender Arbeitsaufwand habe auch nicht bestanden. Nach einer Auskunft der A. B. seien im Wohngebäude S. bis ins Jahr 2001 lediglich geringfügig entlohnte Hausmeister und Putzkräfte beschäftigt gewesen. Für häufige Krankheits- und Arbeitsunfähigkeitszeiten sei keine Vertretung erfolgt. Es stelle sich die Frage, warum ausgerechnet der Kläger zur Sozialversicherung angemeldet worden sei. Aus dem Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses lasse sich durchaus ableiten, dass hier ein Beschäftigungsverhältnis konstruiert worden sei, um Versicherungsschutz zu erlangen. Allein der Zeuge W. habe ausgesagt, dass der Kläger dort tatsächlich gearbeitet habe. Auffallend sei, dass die Beigeladene zu 3 zunächst bestritten habe, den Zeugen zu kennen. Mehrere Mieter hätten aber bestätigt, dieser fungiere als Hausmeister. Der Zeuge W. sei auch der Beigeladenen zu 3 verpflichtet, da er in einer ihrer Wohnungen wohne und für die Firma b. l. D. GmbH tätig sei. Er sei vom Vertreter der Beigeladenen zu 3 auch zum Erörterungstermin vor dem SG gefahren worden. Zwischenzeitlich sei der Kläger zum 1. August 2007 erneut zur Sozialversicherung angemeldet worden, dies durch Dr. E. L. als Arbeitgeber.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Versicherungspflicht hänge nicht von bestimmten gesundheitlichen Voraussetzungen oder von der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten ab. Er sei aus den stationären Behandlungen jeweils in gutem Allgemeinzustand entlassen worden. Der Vertreter der Beigeladenen zu 3 habe auch niemals bestritten, den Zeugen W. zu kennen, sondern lediglich angegeben, dieser sei ihm nur als Mieter bekannt. Ein Motiv für den Arbeitsvertrag mit dem Kläger sei gewesen, ihn zu geregelter Arbeit zu verpflichten und ihm eine berufliche Alternative zu eröffnen. Dem sei der Kläger mit Ausnahme der Klinikaufenthalte auch im Wesentlichen nachgekommen. Es habe keine Beschwerden von Mietern gegeben. Die Kündigung des Klägers durch die Beigeladene zu 3 sei "doppelt" erfolgt, als die Beigeladene zu 3 nach einem Gespräch des Klägers mit der zuständigen Agentur für Arbeit erfahren habe, dass eine rückwirkende Kündigung rechtlich nicht möglich sei. Dass es sich um keine bloße familienhafte Mitwirkung gehandelt habe, zeige, dass auch O. L. für seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 3 eine Vergütung erhalte. Die Angaben der Mieter gegenüber der Beklagten, der Zeuge W. sei Hausmeister, beziehe sich auf die an die Firma b. l. D. GmbH vermietete Wohnungen. Mittlerweile sei er (der Kläger) für seinen Vater tätig, für den er als Sekretär sämtliche Arbeiten erledige.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht weiter geäußert.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier streitige Sozialversicherungspflicht dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen im streitigen Zeitraum erfüllt, weil er bei der Beigeladenen zu 3 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Der Senat sieht deshalb gem. § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Verfahrensrechtlich ist darauf hinzuweisen, dass es angesichts der umfangreichen Beweiswürdigung zweifelhaft ist, ob die für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG notwendige Voraussetzung fehlender besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher Art vorgelegen hat. Der Senat kann dies hier offen lassen, denn er macht jedenfalls von seinem Ermessen, die Sache an das SG zurückzuverweisen (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG), keinen Gebrauch (vgl. BSG, Beschluss vom 16. Dezember 2003, B 13 RJ 194/03 B). Die Beteiligten haben sich immerhin im Erörterungstermin gegenüber der Kammervorsitzenden mündlich äußern können und sie haben sich nicht dagegen gewandt, dass das SG durch Gerichtsbescheid entscheidet. Eine Zurückverweisung würde dem Rechtsstreit zudem erheblich verzögern und widerspräche daher prozessökonomischen Gesichtspunkten.

Weiterhin ist der Gerichtsbescheid dahingehend zu ergänzen, dass sich die Zulässigkeit der Klage hinsichtlich der Anfechtung aus § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG ergibt, hinsichtlich der vorgenommenen Feststellung aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG.

Die vom SG vorgenommene Beweiswürdigung teilt der Senat, auch im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren.

Der Kläger arbeitete über lange Zeit tatsächlich als Hausverwalter und stand als Ansprechpartner der Beigeladenen zu 3 für die Mieter zur Verfügung. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Angaben und Unterlagen verschiedener Handwerksbetriebe und Mieter des Wohngebäudes S ... Der Kläger bezeichnete sich auch selbst wiederholt gegenüber Ärzten und zuletzt auch gegenüber der Agentur für Arbeit als Hausmeister/-verwalter für das Wohngebäude S ... Wenn die Mitarbeiter der Beklagten im Dezember 2005 und Februar 2006 die Auskunft erhielten, dieser wohne nicht hier und der Zeuge W. sei der Hausmeister, lässt sich dies durch dessen Tätigkeit für die Firma b. l. D. GmbH sowie das aushilfsweise Kehren und Herausstellen der Mülleimer für einzelne Mieter erklären und weil der Kläger wegen längerer Krankenhausaufenthalte abwesend war. Der Kläger erhielt Arbeitsentgelt, das ein bloßes "Taschengeld" überstieg.

Der Kläger war als Hausmeister für die Beigeladene zu 3 tätig. Dem stehen auch die Angaben des Zeugen W. nicht entgegen. Der Umstand, dass dieser sich im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten als Hausmeister ausgab, lässt sich einerseits durch seine Tätigkeit für die Firma b. l. D. GmbH erklären, andererseits aus dem Umstand, sich gegenüber einem potenziellen Interessenten für eine Mietwohnung wichtig zu machen. Im Verwaltungsverfahren behauptete der Zeuge niemals, der Kläger sei nicht Hausmeister. Aus seinen diffusen Angaben, er wisse, dass der Kläger die Beklagte betrüge, lässt sich nichts ableiten. Auf die inhaltlich recht unbestimmte Aussage des Zeugen W. vor dem SG lassen sich keine Feststellungen stützen. Deswegen spielt es auch keine Rolle, ob der Zeuge W. als Mieter der Beigeladenen zu 3 und weil er für die Firma b. l. D. GmbH, die vom Stiefsohn von O. L. betrieben wird, eine gewisse persönliche Nähe zur Beigeladenen zu 3 hat, was auch den Umstand erklärt, dass er zusammen mit O. L. zum Erörterungstermin vor dem SG gefahren ist. Denn hieraus ließe sich höchstens auf eine mangelnde Glaubwürdigkeit des Zeugen schließen, nicht aber das Gegenteil dessen, was er behauptet hat, beweisen.

Gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses kann nicht eingewandt werden, der Kläger sei gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, die Beschäftigung auszuüben. Die Rechtsfigur des missglückten Arbeitsversuchs findet unter der Geltung des SGB V keine Anwendung (BSG, Urteil vom 29. September 1998, B 1 KR 10/96 R, SozR 3-2500 § 5 Nr. 40). Dass das Arbeitsverhältnis vom Kläger und der Beigeladenen zu 3 nur zum Schein oder in der Absicht begründet wurde, die Tätigkeit unter Berufung auf die bestehende Arbeitsunfähigkeit nicht anzutreten oder alsbald wieder aufzugeben, lässt sich nicht feststellen.

Es mag sein, dass man dem Kläger allein deswegen, weil er Familienangehöriger ist, den Arbeitsplatz anbot und die Arbeitsverhältnisse hinsichtlich des Verhältnisses von Arbeitszeit und Arbeitsaufwand auf der einen und Arbeitsentgelt auf der anderen Seite großzügig ausgestaltete. Daraus kann jedoch nicht auf einen nur zum Schein abgeschlossen Vertrag geschlossen werden. Über das was im Rahmen einer familiären Mithilfe zu erwarten wäre, ging die Tätigkeit des Klägers deutlich hinaus.

Zwar ist der Kläger seit vielen Jahren, auch schon in der Zeit vor dem 1. April 2000 alkoholkrank. Gerade der Umstand der Alkoholerkrankung mag aber ein Anlass gewesen sein, dem Kläger ein - nicht nur zum Schein bestehendes - Arbeitsverhältnis anzubieten, um seinem Leben eine feste Struktur zu geben und ihm den Weg aus der Alkoholabhängigkeit zu erleichtern. Art und Umfang der Krankheit standen dem auch nicht von vornherein entgegen. Der Senat weiß aus vielen Verfahren der gesetzlichen Rentenversicherung, dass alkoholkranke Versicherte in einem regulären Beschäftigungsverhältnis arbeiten. Eine Alkoholkrankheit führt auch nicht zwingend zur Erwerbsminderung. Der Kläger ist aus den Krankenhäusern jeweils als arbeitsfähig, jedenfalls in deutlich gebessertem Zustand entlassen worden. Der Verlauf der Arbeitsunfähigkeitszeiten zeigt eine ansteigende Tendenz; zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages war die Erkrankung also noch nicht so stark ausgeprägt, wie das gegen Ende der Tätigkeit der Fall war. So betrugen die Arbeitsunfähigkeitszeiten im Jahr 2000 30 Tage (und beginnend erst im August), im Jahr 2001 50 Tage, im Jahr 2002 dann 129 Tage u.s.w. Aus Sicht der Beigeladenen zu 3 sprach zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages nichts dagegen, dass der Kläger seine - auch inhaltlich nicht sonderlich komplizierten oder verantwortungsvollen - Aufgaben eines Hausmeisters für ein Mietshaus auch ausführen konnte. Ob dies durchgängig der Fall war, ist angesichts der vom SG gehörten sachverständigen Zeugen zweifelhaft, aber nicht entscheidend.

Auf Grund seiner räumlichen Nähe zu dem Mietshaus S. konnte der Kläger für die Beigeladene zu 3 auch Aufgaben übernehmen, die diese, da nicht vor Ort ansässig und - wenigstens zu Anfang - weniger intensiv für die Verwaltung der Wohngebäude tätig, nur mit großem Aufwand hätte erfüllen können. Dies zeigt sich auch darin, dass ein deutlich höherer Aufwand angefallen ist, nachdem das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger beendet wurde. Der Umstand, dass dem Kläger "doppelt" gekündigt worden ist, ist im Berufungsverfahren nachvollziehbar mit rechtlicher Unkenntnis von O. L. erklärt worden. Es ist für den Senat auch nicht erkennbar, welchen Vorteil der Kläger oder die Beigeladene zu 3 hätten, wenn der Zeitpunkt der Beendigung des unzweifelhaft beendeten Arbeitsverhältnisses manipuliert worden wäre. Vielmehr zeigt der Umstand, dass die Beigeladene zu 3 eine (formelle) Kündigung, die letztlich auch wirksam sein sollte, für notwendig hielt, dass sie von mehr als einer bloßen familienhaften Mithilfe ausging.

Wenn der Kläger seit 1. August 2007 erneut zur Sozialversicherung angemeldet worden ist, dann mag dem ein Beschäftigungsverhältnis zu Grunde liegen oder auch nicht. Rückschlüsse auf den hier streitigen Zeitraum sind hieraus nicht möglich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3 nicht zu erstatten sind, da sie keinen Klage- bzw. Berufungsantrag gestellt und damit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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