Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 4 Ar 328/95
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 59/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Juli 1998 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2000 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob sich die Klägerin als öffentlich-rechtliche Arbeitgeberin im Rahmen einer Erstattungspflicht nach § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf die Härteklausel des § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative (Gefährdung verbleibender Arbeitsplätze) berufen kann. Der Rechtsstreit wird als Musterverfahren betrieben; zwischen den Beteiligten ist eine Reihe ähnlich gelagerter Streitsachen anhängig.
Der 1934 geborene Arbeitnehmer W C (C.) war von 1982 bis Ende 1994 bei der Beklagten als Friedhofsarbeiter beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund Auflösungsvertrages vom 3. November 1994, den die Parteien des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung vom 24. März 1994 über die einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Rahmen einer Vorruhestandsregelung geschlossen haben.
Am 2. Januar 1995 meldete C. sich arbeitslos und stellte einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Nachdem die Beklagte mit Bescheiden vom 9. Januar 1995 das Ruhen des Alg-Anspruchs wegen Eintritts einer 12wöchigen Sperrzeit sowie wegen des Erhalts einer Abfindung festgestellt hatte, entsprach sie dem Leistungsantrag für die Zeit ab 26. März 1995 unter den erleichterten Voraussetzungen des § 105 c AFG. Seit dem 1. Januar 1996 erhält C. von der damaligen Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein (heute: Deutsche Rentenversicherung Nord) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.
Mit Bescheid vom 12. Juli 1995 wies die Beklagte die Klägerin auf ihre Erstattungspflicht gemäß § 128 AFG hin und forderte sie auf, für die Zeit vom 27. März bis 26. Juni 1995 (Abrechnungszeitraum) Alg sowie Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 6.074,15 DM zu erstatten. Hiergegen legte die Klägerin am 24. Juli 1995 Widerspruch ein.
Gleichzeitig beantragte sie, von der Erstattungspflicht gemäß § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG befreit zu werden. Zur Begründung führte sie aus, dass diesem Antrag ihre angespannte Haushaltslage zugrunde liege. Sie müsse auch im Personalkostenbereich drastische Einsparungen vornehmen. Um den notwendigen Personalabbau vornehmen zu können, sei es erforderlich, älteren Arbeitnehmer/innen das Ausscheiden im Rahmen eines sogenannten Vorruhestandes zu ermöglichen. Trotz anfänglicher Erfolge sei deutlich erkennbar, dass im Bereich der Personalausgaben noch weitere Einsparungen vorgenommen werden müssten. Dies solle auch durch zusätzliche Freisetzungen im Rahmen der Vorruhestandsregelung realisiert werden. Durch diese Maßnahmen solle erreicht werden, dass die verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet würden. Diesem Ziel aber laufe eine Erstattung des an ihren ehemaligen Mitarbeiter gezahlten Alg entgegen. Eine Pflicht zur Erstattung des Alg würde das Einsparungspotential reduzieren und hätte unweigerlich zur Folge, dass in entsprechender Höhe weitere Personalausgaben eingespart werden müssten. Dies würde zu einer Gefährdung weiterer Arbeitsplätze führen.
Auf Nachfrage der Beklagten, ob der Widerspruch auf das Vorliegen des Befreiungstatbestandes nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG erweitert werden solle, teilte die Klägerin unter Vorlage eines ihr übersandten Erhebungsbogens zur Feststellung dieses Befreiungstatbestandes mit, dass während des zu Grunde gelegten Zeitraums vom 9. Mai 1994 bis zum 8. Mai 1995 die vom Gesetz geforderte Höhe der Personalverminderung von 3 vom Hundert (v.H.) innerhalb eines Jahres nicht erreicht worden sei. Sie behalte sich vor, die Entwicklung der Beschäftigtenzahl auch künftig auszuwerten und ggf. einen Befreiungsantrag zu stellen, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen würden. In dem beigefügten Erhebungsbogen gab die Klägerin die Gesamtzahl der bei ihr in dem genannten Zeitraum Beschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraums mit 3.658,25, darunter 546 ältere Arbeitnehmer, an. In dem genannten Zeitraum seien 281 Personaleinstellungen (korrigierter Wert gemäß Schriftsatz vom 29. Dezember 1998) erfolgt; die Zahl der ausgeschiedenen Arbeitnehmer betrage für diesen Zeitraum 356, davon 56,25 ältere Arbeitnehmer.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin vorliegend nach § 128 AFG erstattungspflichtig sei. Auf den geltend gemachten Ausschlusstatbestand des § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG könne sie sich nicht berufen. Es handele sich bei der Klägerin um einen konkursunfähigen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber. Dieser könne keine Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens durch die Erstattung und damit eine unzumutbare Belastung im Sinne von § 128 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative AFG geltend machen. § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG könne nur im Zusammenhang mit dem Wegfall der Erstattungspflicht wegen Existenzgefährdung (§ 128 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative AFG) gesehen werden. Die 2. Alternative des Befreiungstatbestandes könne nur so verstanden werden, dass sie eine Vorstufe zur 1. Alternative bedeute. Könne ein Arbeitgeber sich - wie die Klägerin - nicht auf die 1. Alternative des Befreiungstatbestandes berufen, könne auch nicht das Vorliegen der 2. Alternative geltend gemacht werden. Angesichts der von der Klägerin gemachten Angaben über die Personalverminderung scheide auch eine Befreiung von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG wegen Personalabbaus aus.
Die Klägerin hat am 26. September 1995 bei dem Sozialgericht (SG) Lübeck Klage erhoben.
Nach Klagerhebung erließ die Beklagte für weitere Abrechnungs-Zeiträume bis Ende 1995 Erstattungsbescheide vom 11. Oktober 1995 sowie vom 11. und 31. Januar 1996, die jeweils Gegenstand des Klageverfahrens wurden. Unter dem 21. Februar 1996 erließ die Beklagte darüber hinaus einen Grundlagenbescheid, mit dem sie die Klägerin für verpflichtet erklärte, ihr das für C. gezahlte Alg sowie die hierauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ab dem 27. März 1995 für längstens 624 Tage zu erstatten. Auch der Bescheid vom 21. Februar 1996 wurde Gegenstand des Klageverfahrens. Im März 1996 waren die Erstattungsforderungen der Beklagten beglichen.
Zur Klagebegründung hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft und weiterhin die Auffassung vertreten, dass Kommunen sich durchaus auf § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG berufen dürften.
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Prozessstoff auf diese Frage beschränkt hatten, hat die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass sie sich entgegen der von der Beklagten in den Bescheiden vom 12. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995 und den Bescheiden vom 11. Oktober 1995, 11. Januar 1996, 31. Januar 1996 und 21. Februar 1996 vertretenen Auffassung auf die Härteklausel des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG berufen darf.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 29. Juli 1998 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Trotz an sich gebotener Anfechtungsklage sei sie angesichts der von den Beteiligten vorgenommenen Begrenzung des Streitgegenstandes als Feststellungsbegehren statthaft. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Kammer vermöge die der begehrten Feststellung zugrunde gelegte Auffassung der Klägerin hinsichtlich der Befreiung von der Erstattungspflicht nicht zu teilen. Die Klägerin könne sich nicht auf § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AFG berufen. Was die 2. Alternative dieser Bestimmung angehe, pflichte die Kammer der Auffassung der Beklagten bei, wonach auch dieser Tatbestand auf Kommunen keine Anwendung finden könne. Zwar sei es zutreffend, dass diese Alternative eine Existenzgefährdung des Unternehmens nicht voraussetze und dass weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Begründung des Regierungsentwurfs Kommunen von deren Anwendung ausnehme. Sinn und Zweck der durch Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz verfassungsrechtlich garantierten Existenz der Gemeinden schlössen mangels Konkursfähigkeit von Kommunen aber nicht nur deren Berufen auf den Ausnahmetatbestand der 1. Alternative aus, sondern stünden auch einer Anwendung der 2. Alternative der Vorschrift entgegen. Es sei durchaus denkbar, dass auch eine Kommune wie etwa ein privates Unternehmen in finanzielle Bedrängnis geraten könne und dadurch in der Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben gefährdet sei. Im Vergleich zu privaten Unternehmen sei die Klägerin aber nicht vorrangig auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichtet, sondern auf die Erfüllung der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben. Allein dieser – politisch - bestimmte Umfang der öffentlichen Aufgaben sei maßgeblich für die Zahl der zu dessen Erfüllung notwendigen Arbeitsplätze. Durch die Verpflichtung zur Erstattung von Leistungen gemäß § 128 AFG sei daher keine Arbeitsplatzgefährdung zu erkennen. Dass der zur Erfüllung der gebotenen öffentlichen Aufgabe erforderliche Arbeitsplatz nur deswegen nicht besetzt oder wegfallen würde, weil die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Erstattung gemäß § 128 AFG nachkommen müsse, sei eine nicht nachvollziehbare Vorstellung. Das hier gefundene Ergebnis sei auch nicht unbillig. Zwar möge die Klägerin das in Aussicht genommene Einsparungsziel leichter erreichen können, wenn ihre Erstattungspflicht gemäß § 128 AFG entfalle. Hierbei handele es sich aber um eine generelle Folge der Erstattungspflicht nach § 128 AFG, die gerade nicht grundsätzlich entfallen solle. Durch diese Bestimmung solle gerade verhindert werden, dass Arbeitgeber Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung zur Verbesserung ihrer betrieblichen Personalstruktur nutzten. Kündigungen älterer Arbeitnehmer sollten verhindert werden und die Rentenversicherung sowie die Bundesanstalt für Arbeit finanziell entlastet werden. Eine Haushaltskonsolidierung vorwiegend durch die sogenannte 58er-Regelung durchzuführen, widerspreche dem eindeutigen Sinn des Gesetzgebers. Im Übrigen habe die Klägerin vorliegend in der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragen, dass die Erstattungsforderung im Haushalt berücksichtigt worden sei. Es habe ein ausgeglichener Haushalt verabschiedet werden können; die Erstattungsforderung sei ausgeglichen worden.
Gegen das ihr am 12. Oktober 1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. November 1998 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin. Im Verfahren haben die Beteiligten zunächst weiter darüber gestritten, ob die Klägerin sich als Kommune auf die Härteklausel des § 128 Abs. 2 berufen könne. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin auf zwei Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12. November und 16. Dezember 1998 verwiesen, durch die sie sich in ihrer Rechtsauffassung gestützt sah. Die Verfahren waren seinerzeit beim Bundessozialgericht (BSG) im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unter den Az. B 7 AL 22/99 B und B 7 AL 30/99 anhängig.
In der Berufungsverhandlung am 15. Oktober 1999 hat die Beklagte den Grundlagenbescheid vom 21. Februar 1996 aufgehoben. Der Senat hat die Beteiligten in dieser Verhandlung darauf hingewiesen, dass er die Feststellungsklage als Elementenfeststellungsklage für unzulässig halte. Im Übrigen sei er der Auffassung, dass die Klägerin als Kommune sind grundsätzlich auf § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG berufen könne. Der Senat halte den Rechtsstreit aber insoweit nicht für entscheidungsreif, weil es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehle.
Hierauf hat die Klägerin erklärt, dass sie an der erhobenen Feststellungsklage nicht festhalte. Sie beantrage nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Juli 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995 und die Bescheide vom 11. Oktober 1995, 11. Januar 1996 und 31. Januar 1996 aufzuheben.
Die Beklagte hat in der Verhandlung am 15. Oktober 1999 beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten,
im Hinblick auf noch anzustellende Ermittlungen sowie eine etwaige Entscheidung durch das BSG das Ruhen des Verfahrens anzuordnen,
hat der Senat durch Beschluss vom 15. Oktober 1999 stattgegeben.
Nachdem das BSG die Nichtzulassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des LSG Nordrhein-Westfalen mit Beschlüssen vom 20. Dezember 1999 als unzulässig verworfen hatte, hat die Beklagte das aufgrund des Beschlusses vom 15. Oktober 1999 ruhende Verfahren mit am 09. März 2000 eingegangenem Schriftsatz wieder aufgenommen.
Außerhalb des gerichtlichen Verfahrens erließ die Beklagte nach einer mit Schreiben vom 13. April 2000 erfolgten Anhörung der Klägerin den Erstattungsbescheid vom 25. Mai 2000, der inhaltlich die Bescheide vom 12. Juli und 11. Oktober 1995 sowie vom 11. und 31. Januar 1996 ersetzte. Insgesamt belief sich die Erstattungsforderung der Beklagten für die Zeit vom 27. März bis 30. Dezember 1995 auf 18.689,60 DM = 9.555,84 EUR. Der Bescheid vom 25. Mai 2000 wurde Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Im Hinblick auf zwischenzeitlich anhängig gewordene BSG-Verfahren mit ähnlicher Problematik (B 11 AL 47/00 R, B 11 AL 49/00 R und B 11 AL 50/00 R) ist auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten mit Beschluss des Senats vom 18. Dezember 2000 erneut das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Nachdem das BSG die dem Ruhen zu Grunde liegende Rechtsfrage mit Urteil vom 22. März 2001 (B 11 AL 50/00 R) entschieden hatte, hat die Beklagte das ruhende Verfahren mit am 22. März 2006 eingegangenem Schriftsatz wieder aufgerufen. Die Klägerin hat hierauf mit einem am 19. Mai 2006 eingegangenen Schriftsatz erklärt, dass sie das Verfahren fortführen wolle.
Zur Begründung der Berufung macht sie nunmehr geltend: Das BSG habe mittlerweile durch Urteil vom 21. November 2002 (B 11 AL 37/02 R) eine Grundsatzentscheidung für die Anwendbarkeit der Härtefallregelung auf Kommunen getroffen. Danach entfalle die Erstattungspflicht auch für den kommunalen Arbeitgeber, wenn dieser darlege und nachweise, dass die Erstattung des Alg die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährden würde. Nach Auffassung des BSG müsse der zur Erstattung herangezogene Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die durch die Erstattungsforderungen herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation generell geeignet sei, den noch vorhandenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden. Ein konkreter Nachweis, welche Arbeitsplätze direkt durch die Erstattungsforderungen gefährdet würden, sei allerdings nicht erforderlich. Andererseits reiche nicht bereits ein lang andauerndes Haushaltsdefizit für die Annahme einer Gefährdung weiterer Arbeitsplätze aus. Hinzu kommen müsse nach der Rechtsprechung des BSG, dass eine Kommune lang andauernde Haushaltsdefizite aufweise und diesen Defiziten ebenfalls andauernd mit Personaleinsparungen begegne, also bereits in der Vergangenheit zur Reduzierung des Haushaltsdefizits tatsächlich die absolute Zahl der Beschäftigten über die bloße Fluktuation hinaus vermindert habe. Liege eine solche Konstellation vor, sei zu erwarten, dass die Kommune auch in Zukunft auf nicht unerhebliche Erstattungsforderungen der Bundesagentur für Arbeit zur Verminderung des Defizits mit Einsparungen auch bei den Personalkosten durch den Abbau von weiteren Stellen reagieren werde und dadurch eine Gefährdung von weiteren Arbeitsplätzen im Sinne des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG vorliege mit der Folge, dass die Erstattungspflicht entfalle. Das BSG habe diese Rechtsprechung inzwischen durch Urteil vom 10. Februar 2004 (B 7 AL 98/02 R) bestätigt.
Ihrer Auffassung nach erfülle sie diese Voraussetzungen. Sie habe sich unter Darstellung der Entwicklung der städtischen Haushaltssituation und des Personalbestandes der Hansestadt Lübeck an die Kommunalaufsicht im Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein als fachkundige Stelle gewandt und hierauf die nunmehr zur Gerichtsakte gereichte Stellungnahme vom 18. Januar 2006, deren Inhalt sie sich zu Eigen mache, erhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf ihren Schriftsatz vom 31. Juli 2006 sowie auf die mit der Stellungnahme vom 18. Januar 2006 zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Juli 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 25. Mai 2000 abzuweisen.
Sie erwidert: Das Gutachten vom 18. Januar 2006 enthalte lediglich globale Aussagen über die Haushaltsentwicklung der Klägerin und sei nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis zu erbringen. Auch aus den vorgelegten Unterlagen sei die Auswirkung der Erstattungsforderung der Beklagten auf das Erfordernis weiterer Personalreduktionen nicht erkennbar. Zu fordern sei eine Kausalität der Erstattungsforderungen für eine vermehrte Personalreduzierung. Hierzu sei festzuhalten, dass die Klägerin Personaleinsparungen nur auf der Grundlage einer langfristig und planvoll angelegten Konsolidierung der Personalkosten vorgenommen habe. Dabei sei ausschließlich die natürliche Fluktuation durch Anwendung einer Wiederbesetzungssperre genutzt und einem durch Betriebsvereinbarung definierten Personenkreis eine Vorruhestandsvereinbarung angeboten worden. Die Klägerin habe von vornherein eine Reduzierung des Personalbestandes unter vollständiger Ausschöpfung dieser Instrumente beabsichtigt. Eine Ausdehnung des Einsparungspotentials sei schon deshalb ausgeschlossen gewesen, weil auf einseitige Maßnahmen wie insbesondere arbeitgeberseitige Kündigungen verzichtet worden sei. Soweit eine Personalverlagerung durch Betriebsübergang in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche erfolgt sei, ergebe sich keine andere Beurteilung. Denn ein Betriebsübergang löse die Arbeitsverhältnisse nicht, sondern setzte sie mit dem Übernehmer fort, so dass der Schutzzweck des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG, den Bestand der Arbeitsplätze zu gewährleisten, nicht tangiert werde. Im Übrigen sei die von der Klägerin getroffene Entscheidung für die Privatisierung von Teilbereichen der öffentlichen Verwaltung grundsätzlicher Natur und nicht durch die Erstattungsansprüche der Beklagten veranlasst. Schließlich sei auf den in der neueren BSG-Rechtsprechung beschriebenen Schwellenwert von 3 v.H. zu verweisen, der die zusätzliche wesentliche Personalreduzierung betreffe und nicht die insgesamt vorgenommene Personalreduzierung. Vorliegend werde der Wert schon nicht durch die plangemäßen, überwiegend die Erstattungspflicht auslösenden Vorruhestandsfälle erreicht und erst recht nicht durch ein zusätzliches Ausscheiden von Mitarbeitern.
Die Gerichtsakten und die die Alg-Gewährung an C. sowie die hier strittige Erstattungsforderung der Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge haben dem Senat vorgelegen. Wegen der wei¬teren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbrin¬gens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klä¬gerin ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert, der bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Fassung des Gesetzes vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) 10.000 DM betrug, erreicht. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewie¬sen. Allerdings hätte es den im Verhandlungstermin am 29. Juli 1998 in Änderung des in der Klageschrift formulierten Anfechtungsbegehrens ausdrücklich gestellten Feststellungsantrag als unzulässig abweisen müssen. Denn das formulierte Feststellungsbegehren war als sog. Elementenfeststellungsklage nicht statthaft.
Mit einer Feststellungsklage kann gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG unter anderem begehrt werden die Fest¬stellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhält¬nisses. Unter Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehun¬gen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm (des öf¬fentlichen Rechts nicht verfassungsrechtlicher Art) für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 55 Rz 4 m.w.N.). Nach diesen Maßstäben mag die Frage, ob die Klägerin zur Erstattung des von der Beklagten dem Arbeitnehmer C. geleisteten Alg (einschließlich der hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge) gemäß § 128 AFG verpflichtet ist, ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG begründen. Der von der Klägerin im erst¬instanzlichen Verfahren gestellte Feststellungsantrag bezieht sich indessen - unbeschadet aller Fragen der Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. dazu Keller, a.a.O., § 55 Rz 19 ff. m.w.N.) - nicht auf die umfassende Klärung der Erstattungspflicht, sondern greift nur eine einzelne Frage, die zwischen den Beteiligten streitig ist, heraus. Zwar ist in der Rechtsprechung des BSG in Sonderfällen die Ausnahmeform der so¬genannten Elementenfeststellungsklage für möglich gehalten worden, ohne dass das BSG - soweit ersichtlich - jemals ab¬schließend über die grundsätzliche Statthaftigkeit dieser Form der Feststellungsklage entschieden hätte (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.1995, 5 RJ 20/94, SozR 3-2600 § 149 Nr. 3 m.w.N.). Da¬bei ist entscheidend darauf abgestellt worden, ob durch die be¬gehrte Feststellung der Streit der Beteiligten im Ganzen berei¬nigt wird (BSG, Urteil vom 27.01.1977, 7 RAr 17/76, SozR 4100 § 34 Nr. 6 m.w.N.). Das wäre hier bei einer für die Klägerin positiven inhaltlichen Entscheidung über den Feststellungsantrag nicht der Fall, weil daran anschließend wie auch das vorliegende Berufungsverfahren belegt – über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Härteklausel gestritten worden wäre.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass jedenfalls der (ursprüngliche) Streit über die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG auf die Klägerin als Kommune vollständig hätte ausgeräumt werden können. Denn mit dieser Begründung könnte jede Tatfrage zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, da es prinzipielles Ziel gerichtlicher Entscheidungen ist, den Streit über die dem Gericht zur Beantwortung vorgelegten Fragen zu be¬enden (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.1995, a.a.O. - am Ende).
Nachdem der Senat die Beteiligten in der ersten Berufungsverhandlung vom 15. Oktober 1999 auf die Unzulässigkeit der Elementenfeststellungsklage hingewiesen hat, hat die Klägerin ihren Berufungsantrag in ein Anfechtungsbegehren umgestellt. Es kann offen bleiben, ob hierin eine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG lag (generell verneinend beim Übergang von der Feststellungsklage zur Anfechtungsklage Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 99 Rz 4), weil in der rügelosen Einlassung der Beklagten auf den Anfechtungsantrag jedenfalls eine Einwilligung im Sinne von § 99 SGG zu sehen ist.
Der Bescheid vom 25. Mai 2000, der den zunächst angefochtenen Erstattungsbescheid vom 12. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995 sowie die weiteren Erstattungsbescheide vom 11. Oktober 1995, 11. Januar 1996 und 31. Januar 1996 ersetzt hat, ist gemäß § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden mit der Folge, dass der Senat über diesen Bescheid auf Klage zu entscheiden hat (vgl. allg. Leitherer, a.a.O., § 96 Rz 7 m.w.N.).
Die Klage gegen den Bescheid vom 25. Mai 2000 ist jedoch nicht begründet; der angefochtene Bescheid ist rechtsfehlerfrei.
Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG (in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 1992, BGB1. I S. 2044) erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 die Rahmen¬frist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollen¬dung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage. Gemäß § 128 Abs. 4 AFG erstreckt sich diese Erstat¬tungspflicht auch auf die auf das Alg entfallenden Sozialversi¬cherungsbeiträge.
Dass die Voraussetzungen von § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG vorliegen, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Insbesondere hat die Beklagte auch zu Recht die Klägerin als Kommune in den Kreis der erstattungspflichtigen Arbeitgeber einbezogen. Weder nach seinem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck der Vor¬schrift beschränkt sich § 128 AFG nämlich auf eine Erstattungs¬pflicht privatrechtlicher Arbeitgeber. Auch dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf insoweit keiner weiteren Begründung.
Zweifelhaft ist hier allein, ob die Erstattungspflicht aus ei¬nem der im Gesetz genannten Gründe nicht eintritt bzw. ob die Klägerin sich auf einen Befreiungstatbestand berufen kann. Die Gründe für einen Nichteintritt der Erstattungspflicht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 AFG liegen - was zwischen den Beteiligten ebenfalls zu Recht unstreitig ist - hier nicht vor. Insbesonde¬re sind die Voraussetzungen für den § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG genannten Befreiungstatbestand bei Personalverminderung nicht gegeben.
Als Befreiungstatbestand kommt - auch dies ist zwischen den Be¬teiligten im Ausgangspunkt zu Recht unstreitig - allenfalls § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG in Betracht, wobei die Klägerin sich le¬diglich auf die zweite Alternative dieser Vorschrift beruft. Nach § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG entfällt die Erstattungspflicht, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze ge¬fährdet wären. Insoweit ist zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich.
Die ursprünglich allein zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob die Härtefallregelung des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG auf Kommunen anwendbar ist, ist zwischenzeitlich durch die Rechtsprechung des BSG geklärt. Mit Urteil vom 10. Februar 2004, B 7 AL 98/02 R, veröffentlicht in juris, hat das BSG entschieden, dass sich auch eine nicht insolvenzfähige Kommune grundsätzlich zum Ausschluss der Erstattungsforderung auf § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG berufen kann. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat und macht sich zur Begründung die in dem Urteil des BSG vom 10. Februar 2004 hierzu gemachten Ausführungen, die den Beteiligten bekannt sind, zu Eigen. Zu weiter gehenden Ausführungen besteht insoweit kein Anlass, zumal die Beklagte ihre ursprünglich vertretene und vom SG bestä¬tigte Auffassung, § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG finde auf Kommunen als öf¬fentlich-rechtliche Arbeitgeber keine Anwendung, nach Ergehen der BSG-Rechtsprechung ersichtlich nicht aufrecht erhält.
Die Voraussetzungen der Härteregelung nach § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG liegen jedoch nicht vor. Maßgebend ist, ob die Erstattung für die Klägerin eine unzumutbare Härte bedeuten würde, weil durch die Erstattung die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären. Die Entscheidung über den Wegfall der Erstattungspflicht wegen Gefährdung von Arbeitsplätzen erfordert zum Zeitpunkt, zu dem die Erstattung zu erheben ist, eine - gegebenenfalls nachträgliche - Prognose auf die möglichen Auswirkungen der Erstattung. Das schließt die Berücksichtigung späterer Entwicklungen nicht aus. Für die Prognose ist der Zeitraum maßgeblich, in dem der jeweilige Erstattungsbetrag zu erheben ist. Die Stellungnahme der fachkundigen Stelle ist als Beteiligtenvorbringen zu würdigen; sie begründet weder die Vermutung ihrer Richtigkeit noch ist sie für Verwaltung und Gerichte bindend (BSG, Urteil vom 21. September 2000, B 11 AL 7/00 R, BSGE 87, 132).
Allein ein Haushaltsdefizit, also ein negativer Verwaltungshaushalt, schließt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O., m.w.N.) Erstattungsansprüche gegenüber einer Kommune nicht aus. Allerdings sieht das BSG bei nicht konkursfähigen öffentlichen Unternehmen das negative Betriebsergebnis, also das Haushaltsdefizit einer Kommune, und die Erfüllung der Erstattungsforderungen aus der Substanz des Unternehmens als Indiz für die Gefährdung von Arbeitsplätzen an. Für die Anwendung der Härteregelung ist ausreichend, dass die durch die Erstattungsforderungen herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation generell geeignet ist, auch den verbliebenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden, wobei es eines Nachweises der Gefährdung konkreter Arbeitsplätze nicht bedarf (Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O.).
Für die Beurteilung einer unzumutbaren Belastung wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze kommt es nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O.) darauf an, dass die Klägerin ihrem Haushaltsdefizit durch wirkliche Personaleinsparungen - nicht etwa durch Verlagerung von Personal in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche - begegnet und dass über die Fluktuation und Personalplanung hinaus wegen der Erstattungsforderungen Personaleinsparungen - bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die Erstattungsbeträge zu erheben sind - in nicht unwesentlich vermehrtem Umfang geplant sind. Das BSG geht dabei davon aus, dass nicht jede noch so geringfügige Stellenreduktion als "wesentlich" angesehen werden kann. Dazu heißt es im Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O.: Einen Anhalt für die Wesentlichkeit eines geplanten Personalabbaus liefere insofern § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG. Jedenfalls soweit der dort genannte Schwellenwert von 3 v.H. überschritten sei, dürfte einer Kommune im Regelfall der Nachweis eines wesentlichen Personalabbaus gelungen sein.
Nach diesen Maßstäben ist der Klägerin der Nachweis eines wesentlichen Personalabbaus wegen der Erstattungsforderungen schon deshalb nicht gelungen, weil nach ihrem Vorbringen und den vorgelegten Unterlagen der in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG genannte Schwellenwert von 3 v.H. nicht erreicht wird. Damit erscheinen die Erstattungsforderungen der Beklagten im Verhältnis zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten als nicht wesentlich. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die von der Klägerin zur Akte gereichten Schlussberichte für die Haushaltsjahre 1995, 1996 und 1997. Daraus ergibt sich, dass im Zusammenhang mit Vorruhestandsvereinbarungen 1995 69 Mitarbeiter und 1996 81 Mitarbeiter ausgeschieden sind (S. 36 des Berichts für 1995, S. 36 des Berichts für 1996). Bis zum 31. Dezember 1997 haben 182 Arbeitnehmer einen Antrag auf Vorruhestand gestellt. Nach dem Jahresabschlussbericht 1997 (S. 39) wurden 124 Fälle positiv entschieden. Entlassungen aus betriebsbedingten Gründen sind weder beabsichtigt gewesen noch tatsächlich erfolgt; die beabsichtigte Personalreduzierung durch gezielte Beendigung von Arbeitsverhältnissen sollte – wie bereits in der Dienstvereinbarung vom 24. März 1994 festgeschrieben war – nur durch Aufhebungsverträge im Rahmen vereinbarter Vorruhestandsregelungen erfolgen. In Relation zur Gesamtzahl der Beschäftigten, die die Klägerin im Verwaltungsverfahren mit 3.658,25 (Stand: 9. Mai 1994) angegeben hat (Bl. 34 der Verwaltungsvorgänge), ist der Schwellenwert von 3 v.H. damit weder bis zur Fälligkeit der letzten Erstattungsforderung am 1. April 1996 (vgl. zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt auch Henke in Eicher/ Schlegel, SGB II, § 147a Rz 298) noch in dem anschließenden Zeitraum erreicht worden; für eine anders lautende Prognose gab es keinen hinreichenden Anhaltspunkte. Erst recht ist in dieser Größenordnung keine zusätzliche wesentliche Personalreduzierung wegen der Erstattungsforderungen erfolgt. Soweit der Personalbestand über die Vorruhestandsfälle hinaus zurückgegangen ist, verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass dies auf Fluktuation und fehlende Wiederbesetzung von Stellen bzw. die Auslagerung in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche zurückzuführen ist und insoweit außer Ansatz bleiben muss.
Unabhängig von Vorstehendem kann die Härteklausel nur bei ursächlichem Zusammenhang zwischen der Erstattungsforderung und der Gefährdung der verbliebenen Arbeitsplätze gegeben sein (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2001, B 11 AL 50/00 R, BSGE 88, 31). Bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs haben Gründe, die außerhalb der wirtschaftlichen Situation des von der Erstattungsforderung betroffenen Unternehmens liegen, außer Betracht zu bleiben (BSG, Urteil vom 22. März 2001, a.a.O.). Die erforderliche Kausalität liegt hier – wie die Beklagte zu Recht geltend macht – nicht vor. Wenn nämlich die Dienstvereinbarung vom 24. März 1994 sich nur auf mögliche Vorruhestandsregelungen bezog, konnte die Klägerin insoweit keinen Einfluss auf die Zahl derjenigen nehmen, die von dem Angebot Gebrauch machen würden. Andere Instrumente zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen haben im Zusammenhang mit Erstattungsforderungen der Beklagten nach § 128 AFG keine Anwendung gefunden. Dies macht deutlich, dass die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Erstattungsforderungen der Beklagten stand bzw. stehen sollte.
Nach allem hat die Beklagte zu Recht die angefochtenen Erstattungsforderungen erhoben. Zur Höhe lassen die Erstattungsbescheide Rechtsfehler nicht erkennen; solche sind auch nicht von der Klägerin geltend gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG findet hier noch keine Anwendung, weil das Verfahren vor Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes (SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2158) rechtshängig geworden ist (vgl. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG; BSG, Beschluss vom 05. Mai 2003, B 13 SF 5/02 S, SozR 4-1500 § 183 Nr. 1; Meyer-Ladewig/ Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Vor § 183 Rz 12).
Der Senat hat vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des BSG keinen Anlass gesehen, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob sich die Klägerin als öffentlich-rechtliche Arbeitgeberin im Rahmen einer Erstattungspflicht nach § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf die Härteklausel des § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative (Gefährdung verbleibender Arbeitsplätze) berufen kann. Der Rechtsstreit wird als Musterverfahren betrieben; zwischen den Beteiligten ist eine Reihe ähnlich gelagerter Streitsachen anhängig.
Der 1934 geborene Arbeitnehmer W C (C.) war von 1982 bis Ende 1994 bei der Beklagten als Friedhofsarbeiter beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund Auflösungsvertrages vom 3. November 1994, den die Parteien des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung vom 24. März 1994 über die einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Rahmen einer Vorruhestandsregelung geschlossen haben.
Am 2. Januar 1995 meldete C. sich arbeitslos und stellte einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Nachdem die Beklagte mit Bescheiden vom 9. Januar 1995 das Ruhen des Alg-Anspruchs wegen Eintritts einer 12wöchigen Sperrzeit sowie wegen des Erhalts einer Abfindung festgestellt hatte, entsprach sie dem Leistungsantrag für die Zeit ab 26. März 1995 unter den erleichterten Voraussetzungen des § 105 c AFG. Seit dem 1. Januar 1996 erhält C. von der damaligen Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein (heute: Deutsche Rentenversicherung Nord) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.
Mit Bescheid vom 12. Juli 1995 wies die Beklagte die Klägerin auf ihre Erstattungspflicht gemäß § 128 AFG hin und forderte sie auf, für die Zeit vom 27. März bis 26. Juni 1995 (Abrechnungszeitraum) Alg sowie Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 6.074,15 DM zu erstatten. Hiergegen legte die Klägerin am 24. Juli 1995 Widerspruch ein.
Gleichzeitig beantragte sie, von der Erstattungspflicht gemäß § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG befreit zu werden. Zur Begründung führte sie aus, dass diesem Antrag ihre angespannte Haushaltslage zugrunde liege. Sie müsse auch im Personalkostenbereich drastische Einsparungen vornehmen. Um den notwendigen Personalabbau vornehmen zu können, sei es erforderlich, älteren Arbeitnehmer/innen das Ausscheiden im Rahmen eines sogenannten Vorruhestandes zu ermöglichen. Trotz anfänglicher Erfolge sei deutlich erkennbar, dass im Bereich der Personalausgaben noch weitere Einsparungen vorgenommen werden müssten. Dies solle auch durch zusätzliche Freisetzungen im Rahmen der Vorruhestandsregelung realisiert werden. Durch diese Maßnahmen solle erreicht werden, dass die verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet würden. Diesem Ziel aber laufe eine Erstattung des an ihren ehemaligen Mitarbeiter gezahlten Alg entgegen. Eine Pflicht zur Erstattung des Alg würde das Einsparungspotential reduzieren und hätte unweigerlich zur Folge, dass in entsprechender Höhe weitere Personalausgaben eingespart werden müssten. Dies würde zu einer Gefährdung weiterer Arbeitsplätze führen.
Auf Nachfrage der Beklagten, ob der Widerspruch auf das Vorliegen des Befreiungstatbestandes nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG erweitert werden solle, teilte die Klägerin unter Vorlage eines ihr übersandten Erhebungsbogens zur Feststellung dieses Befreiungstatbestandes mit, dass während des zu Grunde gelegten Zeitraums vom 9. Mai 1994 bis zum 8. Mai 1995 die vom Gesetz geforderte Höhe der Personalverminderung von 3 vom Hundert (v.H.) innerhalb eines Jahres nicht erreicht worden sei. Sie behalte sich vor, die Entwicklung der Beschäftigtenzahl auch künftig auszuwerten und ggf. einen Befreiungsantrag zu stellen, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen würden. In dem beigefügten Erhebungsbogen gab die Klägerin die Gesamtzahl der bei ihr in dem genannten Zeitraum Beschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraums mit 3.658,25, darunter 546 ältere Arbeitnehmer, an. In dem genannten Zeitraum seien 281 Personaleinstellungen (korrigierter Wert gemäß Schriftsatz vom 29. Dezember 1998) erfolgt; die Zahl der ausgeschiedenen Arbeitnehmer betrage für diesen Zeitraum 356, davon 56,25 ältere Arbeitnehmer.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 1995 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin vorliegend nach § 128 AFG erstattungspflichtig sei. Auf den geltend gemachten Ausschlusstatbestand des § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG könne sie sich nicht berufen. Es handele sich bei der Klägerin um einen konkursunfähigen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber. Dieser könne keine Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens durch die Erstattung und damit eine unzumutbare Belastung im Sinne von § 128 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative AFG geltend machen. § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG könne nur im Zusammenhang mit dem Wegfall der Erstattungspflicht wegen Existenzgefährdung (§ 128 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative AFG) gesehen werden. Die 2. Alternative des Befreiungstatbestandes könne nur so verstanden werden, dass sie eine Vorstufe zur 1. Alternative bedeute. Könne ein Arbeitgeber sich - wie die Klägerin - nicht auf die 1. Alternative des Befreiungstatbestandes berufen, könne auch nicht das Vorliegen der 2. Alternative geltend gemacht werden. Angesichts der von der Klägerin gemachten Angaben über die Personalverminderung scheide auch eine Befreiung von der Erstattungspflicht nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG wegen Personalabbaus aus.
Die Klägerin hat am 26. September 1995 bei dem Sozialgericht (SG) Lübeck Klage erhoben.
Nach Klagerhebung erließ die Beklagte für weitere Abrechnungs-Zeiträume bis Ende 1995 Erstattungsbescheide vom 11. Oktober 1995 sowie vom 11. und 31. Januar 1996, die jeweils Gegenstand des Klageverfahrens wurden. Unter dem 21. Februar 1996 erließ die Beklagte darüber hinaus einen Grundlagenbescheid, mit dem sie die Klägerin für verpflichtet erklärte, ihr das für C. gezahlte Alg sowie die hierauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ab dem 27. März 1995 für längstens 624 Tage zu erstatten. Auch der Bescheid vom 21. Februar 1996 wurde Gegenstand des Klageverfahrens. Im März 1996 waren die Erstattungsforderungen der Beklagten beglichen.
Zur Klagebegründung hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft und weiterhin die Auffassung vertreten, dass Kommunen sich durchaus auf § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG berufen dürften.
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Prozessstoff auf diese Frage beschränkt hatten, hat die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass sie sich entgegen der von der Beklagten in den Bescheiden vom 12. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995 und den Bescheiden vom 11. Oktober 1995, 11. Januar 1996, 31. Januar 1996 und 21. Februar 1996 vertretenen Auffassung auf die Härteklausel des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG berufen darf.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 29. Juli 1998 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Trotz an sich gebotener Anfechtungsklage sei sie angesichts der von den Beteiligten vorgenommenen Begrenzung des Streitgegenstandes als Feststellungsbegehren statthaft. Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Kammer vermöge die der begehrten Feststellung zugrunde gelegte Auffassung der Klägerin hinsichtlich der Befreiung von der Erstattungspflicht nicht zu teilen. Die Klägerin könne sich nicht auf § 128 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AFG berufen. Was die 2. Alternative dieser Bestimmung angehe, pflichte die Kammer der Auffassung der Beklagten bei, wonach auch dieser Tatbestand auf Kommunen keine Anwendung finden könne. Zwar sei es zutreffend, dass diese Alternative eine Existenzgefährdung des Unternehmens nicht voraussetze und dass weder der Wortlaut der Vorschrift noch die Begründung des Regierungsentwurfs Kommunen von deren Anwendung ausnehme. Sinn und Zweck der durch Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz verfassungsrechtlich garantierten Existenz der Gemeinden schlössen mangels Konkursfähigkeit von Kommunen aber nicht nur deren Berufen auf den Ausnahmetatbestand der 1. Alternative aus, sondern stünden auch einer Anwendung der 2. Alternative der Vorschrift entgegen. Es sei durchaus denkbar, dass auch eine Kommune wie etwa ein privates Unternehmen in finanzielle Bedrängnis geraten könne und dadurch in der Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben gefährdet sei. Im Vergleich zu privaten Unternehmen sei die Klägerin aber nicht vorrangig auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichtet, sondern auf die Erfüllung der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben. Allein dieser – politisch - bestimmte Umfang der öffentlichen Aufgaben sei maßgeblich für die Zahl der zu dessen Erfüllung notwendigen Arbeitsplätze. Durch die Verpflichtung zur Erstattung von Leistungen gemäß § 128 AFG sei daher keine Arbeitsplatzgefährdung zu erkennen. Dass der zur Erfüllung der gebotenen öffentlichen Aufgabe erforderliche Arbeitsplatz nur deswegen nicht besetzt oder wegfallen würde, weil die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Erstattung gemäß § 128 AFG nachkommen müsse, sei eine nicht nachvollziehbare Vorstellung. Das hier gefundene Ergebnis sei auch nicht unbillig. Zwar möge die Klägerin das in Aussicht genommene Einsparungsziel leichter erreichen können, wenn ihre Erstattungspflicht gemäß § 128 AFG entfalle. Hierbei handele es sich aber um eine generelle Folge der Erstattungspflicht nach § 128 AFG, die gerade nicht grundsätzlich entfallen solle. Durch diese Bestimmung solle gerade verhindert werden, dass Arbeitgeber Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Rentenversicherung zur Verbesserung ihrer betrieblichen Personalstruktur nutzten. Kündigungen älterer Arbeitnehmer sollten verhindert werden und die Rentenversicherung sowie die Bundesanstalt für Arbeit finanziell entlastet werden. Eine Haushaltskonsolidierung vorwiegend durch die sogenannte 58er-Regelung durchzuführen, widerspreche dem eindeutigen Sinn des Gesetzgebers. Im Übrigen habe die Klägerin vorliegend in der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragen, dass die Erstattungsforderung im Haushalt berücksichtigt worden sei. Es habe ein ausgeglichener Haushalt verabschiedet werden können; die Erstattungsforderung sei ausgeglichen worden.
Gegen das ihr am 12. Oktober 1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 6. November 1998 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin. Im Verfahren haben die Beteiligten zunächst weiter darüber gestritten, ob die Klägerin sich als Kommune auf die Härteklausel des § 128 Abs. 2 berufen könne. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin auf zwei Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12. November und 16. Dezember 1998 verwiesen, durch die sie sich in ihrer Rechtsauffassung gestützt sah. Die Verfahren waren seinerzeit beim Bundessozialgericht (BSG) im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unter den Az. B 7 AL 22/99 B und B 7 AL 30/99 anhängig.
In der Berufungsverhandlung am 15. Oktober 1999 hat die Beklagte den Grundlagenbescheid vom 21. Februar 1996 aufgehoben. Der Senat hat die Beteiligten in dieser Verhandlung darauf hingewiesen, dass er die Feststellungsklage als Elementenfeststellungsklage für unzulässig halte. Im Übrigen sei er der Auffassung, dass die Klägerin als Kommune sind grundsätzlich auf § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG berufen könne. Der Senat halte den Rechtsstreit aber insoweit nicht für entscheidungsreif, weil es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehle.
Hierauf hat die Klägerin erklärt, dass sie an der erhobenen Feststellungsklage nicht festhalte. Sie beantrage nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Juli 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995 und die Bescheide vom 11. Oktober 1995, 11. Januar 1996 und 31. Januar 1996 aufzuheben.
Die Beklagte hat in der Verhandlung am 15. Oktober 1999 beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten,
im Hinblick auf noch anzustellende Ermittlungen sowie eine etwaige Entscheidung durch das BSG das Ruhen des Verfahrens anzuordnen,
hat der Senat durch Beschluss vom 15. Oktober 1999 stattgegeben.
Nachdem das BSG die Nichtzulassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des LSG Nordrhein-Westfalen mit Beschlüssen vom 20. Dezember 1999 als unzulässig verworfen hatte, hat die Beklagte das aufgrund des Beschlusses vom 15. Oktober 1999 ruhende Verfahren mit am 09. März 2000 eingegangenem Schriftsatz wieder aufgenommen.
Außerhalb des gerichtlichen Verfahrens erließ die Beklagte nach einer mit Schreiben vom 13. April 2000 erfolgten Anhörung der Klägerin den Erstattungsbescheid vom 25. Mai 2000, der inhaltlich die Bescheide vom 12. Juli und 11. Oktober 1995 sowie vom 11. und 31. Januar 1996 ersetzte. Insgesamt belief sich die Erstattungsforderung der Beklagten für die Zeit vom 27. März bis 30. Dezember 1995 auf 18.689,60 DM = 9.555,84 EUR. Der Bescheid vom 25. Mai 2000 wurde Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Im Hinblick auf zwischenzeitlich anhängig gewordene BSG-Verfahren mit ähnlicher Problematik (B 11 AL 47/00 R, B 11 AL 49/00 R und B 11 AL 50/00 R) ist auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten mit Beschluss des Senats vom 18. Dezember 2000 erneut das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Nachdem das BSG die dem Ruhen zu Grunde liegende Rechtsfrage mit Urteil vom 22. März 2001 (B 11 AL 50/00 R) entschieden hatte, hat die Beklagte das ruhende Verfahren mit am 22. März 2006 eingegangenem Schriftsatz wieder aufgerufen. Die Klägerin hat hierauf mit einem am 19. Mai 2006 eingegangenen Schriftsatz erklärt, dass sie das Verfahren fortführen wolle.
Zur Begründung der Berufung macht sie nunmehr geltend: Das BSG habe mittlerweile durch Urteil vom 21. November 2002 (B 11 AL 37/02 R) eine Grundsatzentscheidung für die Anwendbarkeit der Härtefallregelung auf Kommunen getroffen. Danach entfalle die Erstattungspflicht auch für den kommunalen Arbeitgeber, wenn dieser darlege und nachweise, dass die Erstattung des Alg die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährden würde. Nach Auffassung des BSG müsse der zur Erstattung herangezogene Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die durch die Erstattungsforderungen herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation generell geeignet sei, den noch vorhandenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden. Ein konkreter Nachweis, welche Arbeitsplätze direkt durch die Erstattungsforderungen gefährdet würden, sei allerdings nicht erforderlich. Andererseits reiche nicht bereits ein lang andauerndes Haushaltsdefizit für die Annahme einer Gefährdung weiterer Arbeitsplätze aus. Hinzu kommen müsse nach der Rechtsprechung des BSG, dass eine Kommune lang andauernde Haushaltsdefizite aufweise und diesen Defiziten ebenfalls andauernd mit Personaleinsparungen begegne, also bereits in der Vergangenheit zur Reduzierung des Haushaltsdefizits tatsächlich die absolute Zahl der Beschäftigten über die bloße Fluktuation hinaus vermindert habe. Liege eine solche Konstellation vor, sei zu erwarten, dass die Kommune auch in Zukunft auf nicht unerhebliche Erstattungsforderungen der Bundesagentur für Arbeit zur Verminderung des Defizits mit Einsparungen auch bei den Personalkosten durch den Abbau von weiteren Stellen reagieren werde und dadurch eine Gefährdung von weiteren Arbeitsplätzen im Sinne des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG vorliege mit der Folge, dass die Erstattungspflicht entfalle. Das BSG habe diese Rechtsprechung inzwischen durch Urteil vom 10. Februar 2004 (B 7 AL 98/02 R) bestätigt.
Ihrer Auffassung nach erfülle sie diese Voraussetzungen. Sie habe sich unter Darstellung der Entwicklung der städtischen Haushaltssituation und des Personalbestandes der Hansestadt Lübeck an die Kommunalaufsicht im Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein als fachkundige Stelle gewandt und hierauf die nunmehr zur Gerichtsakte gereichte Stellungnahme vom 18. Januar 2006, deren Inhalt sie sich zu Eigen mache, erhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf ihren Schriftsatz vom 31. Juli 2006 sowie auf die mit der Stellungnahme vom 18. Januar 2006 zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. Juli 1998 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 25. Mai 2000 abzuweisen.
Sie erwidert: Das Gutachten vom 18. Januar 2006 enthalte lediglich globale Aussagen über die Haushaltsentwicklung der Klägerin und sei nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis zu erbringen. Auch aus den vorgelegten Unterlagen sei die Auswirkung der Erstattungsforderung der Beklagten auf das Erfordernis weiterer Personalreduktionen nicht erkennbar. Zu fordern sei eine Kausalität der Erstattungsforderungen für eine vermehrte Personalreduzierung. Hierzu sei festzuhalten, dass die Klägerin Personaleinsparungen nur auf der Grundlage einer langfristig und planvoll angelegten Konsolidierung der Personalkosten vorgenommen habe. Dabei sei ausschließlich die natürliche Fluktuation durch Anwendung einer Wiederbesetzungssperre genutzt und einem durch Betriebsvereinbarung definierten Personenkreis eine Vorruhestandsvereinbarung angeboten worden. Die Klägerin habe von vornherein eine Reduzierung des Personalbestandes unter vollständiger Ausschöpfung dieser Instrumente beabsichtigt. Eine Ausdehnung des Einsparungspotentials sei schon deshalb ausgeschlossen gewesen, weil auf einseitige Maßnahmen wie insbesondere arbeitgeberseitige Kündigungen verzichtet worden sei. Soweit eine Personalverlagerung durch Betriebsübergang in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche erfolgt sei, ergebe sich keine andere Beurteilung. Denn ein Betriebsübergang löse die Arbeitsverhältnisse nicht, sondern setzte sie mit dem Übernehmer fort, so dass der Schutzzweck des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG, den Bestand der Arbeitsplätze zu gewährleisten, nicht tangiert werde. Im Übrigen sei die von der Klägerin getroffene Entscheidung für die Privatisierung von Teilbereichen der öffentlichen Verwaltung grundsätzlicher Natur und nicht durch die Erstattungsansprüche der Beklagten veranlasst. Schließlich sei auf den in der neueren BSG-Rechtsprechung beschriebenen Schwellenwert von 3 v.H. zu verweisen, der die zusätzliche wesentliche Personalreduzierung betreffe und nicht die insgesamt vorgenommene Personalreduzierung. Vorliegend werde der Wert schon nicht durch die plangemäßen, überwiegend die Erstattungspflicht auslösenden Vorruhestandsfälle erreicht und erst recht nicht durch ein zusätzliches Ausscheiden von Mitarbeitern.
Die Gerichtsakten und die die Alg-Gewährung an C. sowie die hier strittige Erstattungsforderung der Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge haben dem Senat vorgelegen. Wegen der wei¬teren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbrin¬gens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klä¬gerin ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert, der bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Fassung des Gesetzes vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) 10.000 DM betrug, erreicht. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewie¬sen. Allerdings hätte es den im Verhandlungstermin am 29. Juli 1998 in Änderung des in der Klageschrift formulierten Anfechtungsbegehrens ausdrücklich gestellten Feststellungsantrag als unzulässig abweisen müssen. Denn das formulierte Feststellungsbegehren war als sog. Elementenfeststellungsklage nicht statthaft.
Mit einer Feststellungsklage kann gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG unter anderem begehrt werden die Fest¬stellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhält¬nisses. Unter Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehun¬gen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm (des öf¬fentlichen Rechts nicht verfassungsrechtlicher Art) für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 55 Rz 4 m.w.N.). Nach diesen Maßstäben mag die Frage, ob die Klägerin zur Erstattung des von der Beklagten dem Arbeitnehmer C. geleisteten Alg (einschließlich der hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge) gemäß § 128 AFG verpflichtet ist, ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG begründen. Der von der Klägerin im erst¬instanzlichen Verfahren gestellte Feststellungsantrag bezieht sich indessen - unbeschadet aller Fragen der Subsidiarität der Feststellungsklage (vgl. dazu Keller, a.a.O., § 55 Rz 19 ff. m.w.N.) - nicht auf die umfassende Klärung der Erstattungspflicht, sondern greift nur eine einzelne Frage, die zwischen den Beteiligten streitig ist, heraus. Zwar ist in der Rechtsprechung des BSG in Sonderfällen die Ausnahmeform der so¬genannten Elementenfeststellungsklage für möglich gehalten worden, ohne dass das BSG - soweit ersichtlich - jemals ab¬schließend über die grundsätzliche Statthaftigkeit dieser Form der Feststellungsklage entschieden hätte (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.1995, 5 RJ 20/94, SozR 3-2600 § 149 Nr. 3 m.w.N.). Da¬bei ist entscheidend darauf abgestellt worden, ob durch die be¬gehrte Feststellung der Streit der Beteiligten im Ganzen berei¬nigt wird (BSG, Urteil vom 27.01.1977, 7 RAr 17/76, SozR 4100 § 34 Nr. 6 m.w.N.). Das wäre hier bei einer für die Klägerin positiven inhaltlichen Entscheidung über den Feststellungsantrag nicht der Fall, weil daran anschließend wie auch das vorliegende Berufungsverfahren belegt – über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Härteklausel gestritten worden wäre.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass jedenfalls der (ursprüngliche) Streit über die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG auf die Klägerin als Kommune vollständig hätte ausgeräumt werden können. Denn mit dieser Begründung könnte jede Tatfrage zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden, da es prinzipielles Ziel gerichtlicher Entscheidungen ist, den Streit über die dem Gericht zur Beantwortung vorgelegten Fragen zu be¬enden (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.1995, a.a.O. - am Ende).
Nachdem der Senat die Beteiligten in der ersten Berufungsverhandlung vom 15. Oktober 1999 auf die Unzulässigkeit der Elementenfeststellungsklage hingewiesen hat, hat die Klägerin ihren Berufungsantrag in ein Anfechtungsbegehren umgestellt. Es kann offen bleiben, ob hierin eine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG lag (generell verneinend beim Übergang von der Feststellungsklage zur Anfechtungsklage Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 99 Rz 4), weil in der rügelosen Einlassung der Beklagten auf den Anfechtungsantrag jedenfalls eine Einwilligung im Sinne von § 99 SGG zu sehen ist.
Der Bescheid vom 25. Mai 2000, der den zunächst angefochtenen Erstattungsbescheid vom 12. Juli 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. August 1995 sowie die weiteren Erstattungsbescheide vom 11. Oktober 1995, 11. Januar 1996 und 31. Januar 1996 ersetzt hat, ist gemäß § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden mit der Folge, dass der Senat über diesen Bescheid auf Klage zu entscheiden hat (vgl. allg. Leitherer, a.a.O., § 96 Rz 7 m.w.N.).
Die Klage gegen den Bescheid vom 25. Mai 2000 ist jedoch nicht begründet; der angefochtene Bescheid ist rechtsfehlerfrei.
Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG (in der Fassung des Gesetzes vom 18. Dezember 1992, BGB1. I S. 2044) erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 die Rahmen¬frist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt vierteljährlich das Alg für die Zeit nach Vollen¬dung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage. Gemäß § 128 Abs. 4 AFG erstreckt sich diese Erstat¬tungspflicht auch auf die auf das Alg entfallenden Sozialversi¬cherungsbeiträge.
Dass die Voraussetzungen von § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG vorliegen, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Insbesondere hat die Beklagte auch zu Recht die Klägerin als Kommune in den Kreis der erstattungspflichtigen Arbeitgeber einbezogen. Weder nach seinem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck der Vor¬schrift beschränkt sich § 128 AFG nämlich auf eine Erstattungs¬pflicht privatrechtlicher Arbeitgeber. Auch dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf insoweit keiner weiteren Begründung.
Zweifelhaft ist hier allein, ob die Erstattungspflicht aus ei¬nem der im Gesetz genannten Gründe nicht eintritt bzw. ob die Klägerin sich auf einen Befreiungstatbestand berufen kann. Die Gründe für einen Nichteintritt der Erstattungspflicht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 AFG liegen - was zwischen den Beteiligten ebenfalls zu Recht unstreitig ist - hier nicht vor. Insbesonde¬re sind die Voraussetzungen für den § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG genannten Befreiungstatbestand bei Personalverminderung nicht gegeben.
Als Befreiungstatbestand kommt - auch dies ist zwischen den Be¬teiligten im Ausgangspunkt zu Recht unstreitig - allenfalls § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG in Betracht, wobei die Klägerin sich le¬diglich auf die zweite Alternative dieser Vorschrift beruft. Nach § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG entfällt die Erstattungspflicht, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze ge¬fährdet wären. Insoweit ist zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich.
Die ursprünglich allein zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob die Härtefallregelung des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG auf Kommunen anwendbar ist, ist zwischenzeitlich durch die Rechtsprechung des BSG geklärt. Mit Urteil vom 10. Februar 2004, B 7 AL 98/02 R, veröffentlicht in juris, hat das BSG entschieden, dass sich auch eine nicht insolvenzfähige Kommune grundsätzlich zum Ausschluss der Erstattungsforderung auf § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG berufen kann. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat und macht sich zur Begründung die in dem Urteil des BSG vom 10. Februar 2004 hierzu gemachten Ausführungen, die den Beteiligten bekannt sind, zu Eigen. Zu weiter gehenden Ausführungen besteht insoweit kein Anlass, zumal die Beklagte ihre ursprünglich vertretene und vom SG bestä¬tigte Auffassung, § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG finde auf Kommunen als öf¬fentlich-rechtliche Arbeitgeber keine Anwendung, nach Ergehen der BSG-Rechtsprechung ersichtlich nicht aufrecht erhält.
Die Voraussetzungen der Härteregelung nach § 128 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative AFG liegen jedoch nicht vor. Maßgebend ist, ob die Erstattung für die Klägerin eine unzumutbare Härte bedeuten würde, weil durch die Erstattung die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären. Die Entscheidung über den Wegfall der Erstattungspflicht wegen Gefährdung von Arbeitsplätzen erfordert zum Zeitpunkt, zu dem die Erstattung zu erheben ist, eine - gegebenenfalls nachträgliche - Prognose auf die möglichen Auswirkungen der Erstattung. Das schließt die Berücksichtigung späterer Entwicklungen nicht aus. Für die Prognose ist der Zeitraum maßgeblich, in dem der jeweilige Erstattungsbetrag zu erheben ist. Die Stellungnahme der fachkundigen Stelle ist als Beteiligtenvorbringen zu würdigen; sie begründet weder die Vermutung ihrer Richtigkeit noch ist sie für Verwaltung und Gerichte bindend (BSG, Urteil vom 21. September 2000, B 11 AL 7/00 R, BSGE 87, 132).
Allein ein Haushaltsdefizit, also ein negativer Verwaltungshaushalt, schließt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O., m.w.N.) Erstattungsansprüche gegenüber einer Kommune nicht aus. Allerdings sieht das BSG bei nicht konkursfähigen öffentlichen Unternehmen das negative Betriebsergebnis, also das Haushaltsdefizit einer Kommune, und die Erfüllung der Erstattungsforderungen aus der Substanz des Unternehmens als Indiz für die Gefährdung von Arbeitsplätzen an. Für die Anwendung der Härteregelung ist ausreichend, dass die durch die Erstattungsforderungen herbeigeführte wirtschaftliche Gesamtsituation generell geeignet ist, auch den verbliebenen Bestand an Arbeitsplätzen zu gefährden, wobei es eines Nachweises der Gefährdung konkreter Arbeitsplätze nicht bedarf (Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O.).
Für die Beurteilung einer unzumutbaren Belastung wegen der Gefährdung verbliebener Arbeitsplätze kommt es nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O.) darauf an, dass die Klägerin ihrem Haushaltsdefizit durch wirkliche Personaleinsparungen - nicht etwa durch Verlagerung von Personal in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche - begegnet und dass über die Fluktuation und Personalplanung hinaus wegen der Erstattungsforderungen Personaleinsparungen - bezogen auf den Zeitpunkt, in dem die Erstattungsbeträge zu erheben sind - in nicht unwesentlich vermehrtem Umfang geplant sind. Das BSG geht dabei davon aus, dass nicht jede noch so geringfügige Stellenreduktion als "wesentlich" angesehen werden kann. Dazu heißt es im Urteil vom 10. Februar 2004, a.a.O.: Einen Anhalt für die Wesentlichkeit eines geplanten Personalabbaus liefere insofern § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG. Jedenfalls soweit der dort genannte Schwellenwert von 3 v.H. überschritten sei, dürfte einer Kommune im Regelfall der Nachweis eines wesentlichen Personalabbaus gelungen sein.
Nach diesen Maßstäben ist der Klägerin der Nachweis eines wesentlichen Personalabbaus wegen der Erstattungsforderungen schon deshalb nicht gelungen, weil nach ihrem Vorbringen und den vorgelegten Unterlagen der in § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 AFG genannte Schwellenwert von 3 v.H. nicht erreicht wird. Damit erscheinen die Erstattungsforderungen der Beklagten im Verhältnis zu den durch die Personalverminderungen eingesparten Kosten als nicht wesentlich. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die von der Klägerin zur Akte gereichten Schlussberichte für die Haushaltsjahre 1995, 1996 und 1997. Daraus ergibt sich, dass im Zusammenhang mit Vorruhestandsvereinbarungen 1995 69 Mitarbeiter und 1996 81 Mitarbeiter ausgeschieden sind (S. 36 des Berichts für 1995, S. 36 des Berichts für 1996). Bis zum 31. Dezember 1997 haben 182 Arbeitnehmer einen Antrag auf Vorruhestand gestellt. Nach dem Jahresabschlussbericht 1997 (S. 39) wurden 124 Fälle positiv entschieden. Entlassungen aus betriebsbedingten Gründen sind weder beabsichtigt gewesen noch tatsächlich erfolgt; die beabsichtigte Personalreduzierung durch gezielte Beendigung von Arbeitsverhältnissen sollte – wie bereits in der Dienstvereinbarung vom 24. März 1994 festgeschrieben war – nur durch Aufhebungsverträge im Rahmen vereinbarter Vorruhestandsregelungen erfolgen. In Relation zur Gesamtzahl der Beschäftigten, die die Klägerin im Verwaltungsverfahren mit 3.658,25 (Stand: 9. Mai 1994) angegeben hat (Bl. 34 der Verwaltungsvorgänge), ist der Schwellenwert von 3 v.H. damit weder bis zur Fälligkeit der letzten Erstattungsforderung am 1. April 1996 (vgl. zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt auch Henke in Eicher/ Schlegel, SGB II, § 147a Rz 298) noch in dem anschließenden Zeitraum erreicht worden; für eine anders lautende Prognose gab es keinen hinreichenden Anhaltspunkte. Erst recht ist in dieser Größenordnung keine zusätzliche wesentliche Personalreduzierung wegen der Erstattungsforderungen erfolgt. Soweit der Personalbestand über die Vorruhestandsfälle hinaus zurückgegangen ist, verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass dies auf Fluktuation und fehlende Wiederbesetzung von Stellen bzw. die Auslagerung in haushaltstechnisch ausgegliederte Bereiche zurückzuführen ist und insoweit außer Ansatz bleiben muss.
Unabhängig von Vorstehendem kann die Härteklausel nur bei ursächlichem Zusammenhang zwischen der Erstattungsforderung und der Gefährdung der verbliebenen Arbeitsplätze gegeben sein (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2001, B 11 AL 50/00 R, BSGE 88, 31). Bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs haben Gründe, die außerhalb der wirtschaftlichen Situation des von der Erstattungsforderung betroffenen Unternehmens liegen, außer Betracht zu bleiben (BSG, Urteil vom 22. März 2001, a.a.O.). Die erforderliche Kausalität liegt hier – wie die Beklagte zu Recht geltend macht – nicht vor. Wenn nämlich die Dienstvereinbarung vom 24. März 1994 sich nur auf mögliche Vorruhestandsregelungen bezog, konnte die Klägerin insoweit keinen Einfluss auf die Zahl derjenigen nehmen, die von dem Angebot Gebrauch machen würden. Andere Instrumente zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen haben im Zusammenhang mit Erstattungsforderungen der Beklagten nach § 128 AFG keine Anwendung gefunden. Dies macht deutlich, dass die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Erstattungsforderungen der Beklagten stand bzw. stehen sollte.
Nach allem hat die Beklagte zu Recht die angefochtenen Erstattungsforderungen erhoben. Zur Höhe lassen die Erstattungsbescheide Rechtsfehler nicht erkennen; solche sind auch nicht von der Klägerin geltend gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. § 197a SGG findet hier noch keine Anwendung, weil das Verfahren vor Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes (SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2158) rechtshängig geworden ist (vgl. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des 6. SGG-ÄndG; BSG, Beschluss vom 05. Mai 2003, B 13 SF 5/02 S, SozR 4-1500 § 183 Nr. 1; Meyer-Ladewig/ Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., Vor § 183 Rz 12).
Der Senat hat vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des BSG keinen Anlass gesehen, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
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