Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 1140/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2938/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. April 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat, obwohl seine Ehefrau und die 1990 geborene Tochter im streitigen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in Spanien gehabt haben.
Der 1949 geborene Kläger ist spanischer Staatsangehöriger. Nach dem Verlust seines letzten Arbeitsplatzes bezog er zunächst bis Dezember 2001 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi), zuletzt in Höhe von 1.122,20 EUR monatlich; außerdem hatte er Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR. Damit leistete er der in Spanien wohnhaften Ehefrau und seiner Tochter Unterhalt. Ihm selbst entstanden für eine 21,68 qm große Einzimmermietwohnung im Inland monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 106,04 EUR.
Auf den Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 08.11.2004 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 451,04 EUR für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2005. Darin enthalten waren neben den tatsächlich entstandenen Kosten der Unterkunft die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger in Höhe von 345,00 EUR.
Den damit begründeten Widerspruch des Klägers, er leiste der in Spanien lebenden Ehefrau und seiner Tochter Unterhalt, weshalb nach der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung auch Leistungen für diese zu gewähren seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2005 zurück, da die Ehefrau und die Tochter des Klägers nicht zu seinem Haushalt und damit nicht zur Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II gehörten.
Deswegen hat der Kläger am 26.04.2005 Klage zum Sozialgericht Ulm erhoben, das die Ehefrau und die Tochter des Klägers als Klägerinnen in das Verfahren miteinbezogen hat. In etwa zeitgleich hat der Kläger unter Mitnahme des Leistungsanspruches die Bundesrepublik Deutschland verlassen und ist zum Zwecke der Arbeitssuche nach Spanien zurückgekehrt ("E-303"), wo er nach Erlangung eines Arbeitsplatzes im September 2005 verblieben ist. Zur Begründung der Klage hat er ausgeführt, seine Ehefrau und seine Tochter gehörten zur Bedarfsgemeinschaft, da deren Aufenthalt in Spanien dem in Deutschland gleichzustellen sei. Jedenfalls stelle die Versagung von Leistungen an die in Spanien lebenden Familienangehörigen eine verschleierte Diskriminierung dar. Auch liege es nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, wenn ein EG-Arbeitsloser seine Familienangehörigen nach Deutschland mitbringen müsste, nur um für diese Leistungen zu erhalten, was außerdem gegen die Freizügigkeit in der EG verstoßen würde.
Mit Urteil vom 13.04.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger selbst stehe für die Zeit vom 01.01.2005 bis zu seinem Wegzug nach Spanien kein Anspruch auf höheres Alg II zu. Insbesondere könne ein solcher Anspruch nicht daraus hergeleitet werden, dass er bis 31.12.2004 Alhi bezogen habe. Deren Ersetzung durch das Alg II begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (Berufung auf Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b 1/06 R -, in SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Bedarf der Klägerinnen zu 2. und 3. nicht anspruchserhöhend berücksichtigt habe. Da der Kläger bis zu seinem Wegzug nach Spanien nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit den Klägerinnen gelebt habe, hätten keine weiteren Personen zu seiner Bedarfsgemeinschaft gehört, sodass für eine Anwendung des - insofern allein in Betracht zu ziehenden - § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II kein Raum geblieben sei. Eine Absetzung bestehender Unterhaltsverpflichtungen nach Maßgabe des § 11 Abs. 7 Nr. 2 SGB II scheide schon deswegen aus, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum kein anrechenbares Einkommen erzielt habe. Der Auffassung des Klägers zur europarechtlichen Dimension des Falles könne nicht gefolgt werden, wobei offenbleiben könne, ob und inwieweit die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf das Alg II anwendbar seien, denn auch im Falle ihrer Anwendbarkeit ergäbe sich kein Anspruch auf höheres Alg II. Eine Anwendung von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung scheide schon deswegen aus, weil sich die Höhe des Alg II nicht nach der Zahl der Familienangehörigen richte. Das in Art. 12 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verankerte Diskriminierungsverbot gebiete lediglich eine Gleichstellung, hingegen keine Besserstellung gegenüber Inländern. Eine Erhöhung des Anspruchs des Klägers im Umfang des Bedarfs der Klägerinnen trete nicht ein, weil es sich bei den Ansprüchen auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II um Individualansprüche handle, die jedem einzelnen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft selbst zustünden (Berufung auf BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R -, in SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Demnach sei die Klage abzuweisen, soweit der Kläger im eigenen Namen einen Anspruch auf höheres Alg II geltend mache. Die Klage sei unzulässig, soweit diese auch im Namen der Klägerinnen zu 2. und 3. erhoben worden sei, denn insoweit fehle es an einer Ablehnungsentscheidung der Beklagten. In dem angefochtenen Bescheid habe die Beklagte nämlich nicht über einen Anspruch der Klägerinnen nach dem SGB II entschieden. Durch den Widerspruchsbescheid sei dieser Mangel nicht beseitigt worden.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 29.05.2007 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 13.06.2007 (nur noch im eigenen Namen) eingelegten und im Wesentlichen damit begründeten Berufung, die Ersetzung der Alhi durch das Alg II begegne nur dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn bei der Berechnung des Alg II auch die Familienangehörigen des Arbeitslosen berücksichtigt würden. Ein europarechtlicher Bezug sei sehr wohl zu erkennen, denn der EuGH verbiete auch eine verschleierte Diskriminierung, die im vorliegenden Fall gegeben sei, weil sie überwiegend die Arbeitnehmer der übrigen EU-Länder betreffe, die in der Bundesrepublik Deutschland arbeitslos seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. April 2007 aufzuheben und die Beklagter unter Abänderung des Bescheides vom 08. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung des Bedarfs der in Spanien lebenden Ehefrau und der Tochter zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof die Rechtsfrage vorzulegen, ob § 7 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht über die Freizügigkeit vereinbar ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Meinung nach hat das Sozialgericht zutreffend entschieden.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen haben dem Senat vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie der Schriftsätze der Beteiligten wird zur näheren Darstellung des Sachverhalts verwiesen.
II.
Gegenstand gerichtlicher Überprüfung durch den Senat ist ausweislich des Rechtsmittelschriftsatzes vom 11.06.2007 und insbesondere der darin erfolgten Fassung des Rechtsschutzbegehrens in Form eines Haupt- und Hilfsantrages allein eine Berufung des Klägers, die zulässig, aber in der Sache nicht begründet ist. Hierüber entscheidet der Senat ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält; hierzu ist der Kläger gehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Dass und weshalb der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunteralts nach dem SGB II unter Berücksichtigung des Bedarfs seiner in Spanien lebenden Ehefrau und der Tochter im streitigen Zeitraum hatte, hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil mit zutreffenden Erwägungen begründet. Dem schließt sich der Senat an und sieht deshalb von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Berufungsvortrag des Klägers keinen Anlass gibt, von der Entscheidung des Sozialgerichts abzuweichen. Dass die Nichtberücksichtigung des Bedarfs von Familienangehörigen, die weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben noch mit dem Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, keine offene Diskriminierung im Sinne des Gemeinschaftsrechts der EU darstellt, räumt der Kläger zwischenzeitlich selbst ein. Aber auch eine seiner Meinung nach vorliegende verschleierte Diskriminierung und damit ein europarechtlicher Bezug unter diesem Gesichtspunkt liegt nicht vor. Der Senat geht davon aus, dass die Entscheidung des Klägers, getrennt von seiner im Herkunftsland zurückgebliebenen Ehefrau und seiner Tochter in der Bundesrepublik Deutschland einer Beschäftigung nachzugehen, auf rein privaten Erwägungen beruht hat. Wie nicht zuletzt eine Vielzahl abweichender Beispiele zeigt, hätten der Begründung eines gemeinsamen Familienwohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der durch Gemeinschaftsrecht garantierten Freizügigkeit jedenfalls keine rechtlichen und auch keine ausländertypischen tatsächlichen Hindernisse von solchem Gewicht entgegengestanden, dass daraus auf den praktischen Ausschluss der Bildung einer Bedarfsgemeinschaft im Inland geschlossen werden müsste.
Die Berufung des Klägers hat damit weder im Sinne des Haupt- noch des Hilfsantrages Erfolg, weshalb sie zurückzuweisen ist.
Die Entscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat, obwohl seine Ehefrau und die 1990 geborene Tochter im streitigen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in Spanien gehabt haben.
Der 1949 geborene Kläger ist spanischer Staatsangehöriger. Nach dem Verlust seines letzten Arbeitsplatzes bezog er zunächst bis Dezember 2001 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe (Alhi), zuletzt in Höhe von 1.122,20 EUR monatlich; außerdem hatte er Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR. Damit leistete er der in Spanien wohnhaften Ehefrau und seiner Tochter Unterhalt. Ihm selbst entstanden für eine 21,68 qm große Einzimmermietwohnung im Inland monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 106,04 EUR.
Auf den Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 08.11.2004 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 451,04 EUR für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2005. Darin enthalten waren neben den tatsächlich entstandenen Kosten der Unterkunft die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Kläger in Höhe von 345,00 EUR.
Den damit begründeten Widerspruch des Klägers, er leiste der in Spanien lebenden Ehefrau und seiner Tochter Unterhalt, weshalb nach der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung auch Leistungen für diese zu gewähren seien, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2005 zurück, da die Ehefrau und die Tochter des Klägers nicht zu seinem Haushalt und damit nicht zur Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II gehörten.
Deswegen hat der Kläger am 26.04.2005 Klage zum Sozialgericht Ulm erhoben, das die Ehefrau und die Tochter des Klägers als Klägerinnen in das Verfahren miteinbezogen hat. In etwa zeitgleich hat der Kläger unter Mitnahme des Leistungsanspruches die Bundesrepublik Deutschland verlassen und ist zum Zwecke der Arbeitssuche nach Spanien zurückgekehrt ("E-303"), wo er nach Erlangung eines Arbeitsplatzes im September 2005 verblieben ist. Zur Begründung der Klage hat er ausgeführt, seine Ehefrau und seine Tochter gehörten zur Bedarfsgemeinschaft, da deren Aufenthalt in Spanien dem in Deutschland gleichzustellen sei. Jedenfalls stelle die Versagung von Leistungen an die in Spanien lebenden Familienangehörigen eine verschleierte Diskriminierung dar. Auch liege es nicht im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, wenn ein EG-Arbeitsloser seine Familienangehörigen nach Deutschland mitbringen müsste, nur um für diese Leistungen zu erhalten, was außerdem gegen die Freizügigkeit in der EG verstoßen würde.
Mit Urteil vom 13.04.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger selbst stehe für die Zeit vom 01.01.2005 bis zu seinem Wegzug nach Spanien kein Anspruch auf höheres Alg II zu. Insbesondere könne ein solcher Anspruch nicht daraus hergeleitet werden, dass er bis 31.12.2004 Alhi bezogen habe. Deren Ersetzung durch das Alg II begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (Berufung auf Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b 1/06 R -, in SozR 4-4200 § 20 Nr. 3). Eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Bedarf der Klägerinnen zu 2. und 3. nicht anspruchserhöhend berücksichtigt habe. Da der Kläger bis zu seinem Wegzug nach Spanien nicht in einer Haushaltsgemeinschaft mit den Klägerinnen gelebt habe, hätten keine weiteren Personen zu seiner Bedarfsgemeinschaft gehört, sodass für eine Anwendung des - insofern allein in Betracht zu ziehenden - § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II kein Raum geblieben sei. Eine Absetzung bestehender Unterhaltsverpflichtungen nach Maßgabe des § 11 Abs. 7 Nr. 2 SGB II scheide schon deswegen aus, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum kein anrechenbares Einkommen erzielt habe. Der Auffassung des Klägers zur europarechtlichen Dimension des Falles könne nicht gefolgt werden, wobei offenbleiben könne, ob und inwieweit die Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf das Alg II anwendbar seien, denn auch im Falle ihrer Anwendbarkeit ergäbe sich kein Anspruch auf höheres Alg II. Eine Anwendung von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung scheide schon deswegen aus, weil sich die Höhe des Alg II nicht nach der Zahl der Familienangehörigen richte. Das in Art. 12 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verankerte Diskriminierungsverbot gebiete lediglich eine Gleichstellung, hingegen keine Besserstellung gegenüber Inländern. Eine Erhöhung des Anspruchs des Klägers im Umfang des Bedarfs der Klägerinnen trete nicht ein, weil es sich bei den Ansprüchen auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II um Individualansprüche handle, die jedem einzelnen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft selbst zustünden (Berufung auf BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R -, in SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Demnach sei die Klage abzuweisen, soweit der Kläger im eigenen Namen einen Anspruch auf höheres Alg II geltend mache. Die Klage sei unzulässig, soweit diese auch im Namen der Klägerinnen zu 2. und 3. erhoben worden sei, denn insoweit fehle es an einer Ablehnungsentscheidung der Beklagten. In dem angefochtenen Bescheid habe die Beklagte nämlich nicht über einen Anspruch der Klägerinnen nach dem SGB II entschieden. Durch den Widerspruchsbescheid sei dieser Mangel nicht beseitigt worden.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 29.05.2007 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 13.06.2007 (nur noch im eigenen Namen) eingelegten und im Wesentlichen damit begründeten Berufung, die Ersetzung der Alhi durch das Alg II begegne nur dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn bei der Berechnung des Alg II auch die Familienangehörigen des Arbeitslosen berücksichtigt würden. Ein europarechtlicher Bezug sei sehr wohl zu erkennen, denn der EuGH verbiete auch eine verschleierte Diskriminierung, die im vorliegenden Fall gegeben sei, weil sie überwiegend die Arbeitnehmer der übrigen EU-Länder betreffe, die in der Bundesrepublik Deutschland arbeitslos seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13. April 2007 aufzuheben und die Beklagter unter Abänderung des Bescheides vom 08. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung des Bedarfs der in Spanien lebenden Ehefrau und der Tochter zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof die Rechtsfrage vorzulegen, ob § 7 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht über die Freizügigkeit vereinbar ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Meinung nach hat das Sozialgericht zutreffend entschieden.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen haben dem Senat vorgelegen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie der Schriftsätze der Beteiligten wird zur näheren Darstellung des Sachverhalts verwiesen.
II.
Gegenstand gerichtlicher Überprüfung durch den Senat ist ausweislich des Rechtsmittelschriftsatzes vom 11.06.2007 und insbesondere der darin erfolgten Fassung des Rechtsschutzbegehrens in Form eines Haupt- und Hilfsantrages allein eine Berufung des Klägers, die zulässig, aber in der Sache nicht begründet ist. Hierüber entscheidet der Senat ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält; hierzu ist der Kläger gehört worden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Dass und weshalb der Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunteralts nach dem SGB II unter Berücksichtigung des Bedarfs seiner in Spanien lebenden Ehefrau und der Tochter im streitigen Zeitraum hatte, hat das Sozialgericht im angegriffenen Urteil mit zutreffenden Erwägungen begründet. Dem schließt sich der Senat an und sieht deshalb von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass auch der Berufungsvortrag des Klägers keinen Anlass gibt, von der Entscheidung des Sozialgerichts abzuweichen. Dass die Nichtberücksichtigung des Bedarfs von Familienangehörigen, die weder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben noch mit dem Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, keine offene Diskriminierung im Sinne des Gemeinschaftsrechts der EU darstellt, räumt der Kläger zwischenzeitlich selbst ein. Aber auch eine seiner Meinung nach vorliegende verschleierte Diskriminierung und damit ein europarechtlicher Bezug unter diesem Gesichtspunkt liegt nicht vor. Der Senat geht davon aus, dass die Entscheidung des Klägers, getrennt von seiner im Herkunftsland zurückgebliebenen Ehefrau und seiner Tochter in der Bundesrepublik Deutschland einer Beschäftigung nachzugehen, auf rein privaten Erwägungen beruht hat. Wie nicht zuletzt eine Vielzahl abweichender Beispiele zeigt, hätten der Begründung eines gemeinsamen Familienwohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der durch Gemeinschaftsrecht garantierten Freizügigkeit jedenfalls keine rechtlichen und auch keine ausländertypischen tatsächlichen Hindernisse von solchem Gewicht entgegengestanden, dass daraus auf den praktischen Ausschluss der Bildung einer Bedarfsgemeinschaft im Inland geschlossen werden müsste.
Die Berufung des Klägers hat damit weder im Sinne des Haupt- noch des Hilfsantrages Erfolg, weshalb sie zurückzuweisen ist.
Die Entscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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