L 3 AL 2907/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 3169/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2907/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.04.2007 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 22.03.2004 in der Gestalt Widerspruchsbescheides vom 22.12.2004 wird aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2004 in der Gestalt Widerspruchsbescheides vom 22.12.2004 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit ab dem 20.03.2004 Arbeitslosenhilfe ohne Abzug eines Aufrechnungsbetrages von EUR 71,16 zu gewähren.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung der Beklagten wegen Eintritts einer Sperrzeit sowie die Aufrechnung eines von der Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruchs gegen einen Teil seiner Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe.

Der im Jahre 1971 geborene Kläger stand ab 1996 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug der Beklagten. Nach rund einjähriger, Anfang des Jahres 2002 beendeter Beschäftigung als Unternehmensberater bezog er erneut Leistungen von der Beklagten. Zuletzt wurde ihm mit Bescheiden vom 12./17.02.2004 unter Anrechnung von Zinseinnahmen i. H. v. wöchentlich EUR 5,53 Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 27.11.2003 i. H. v. EUR 242,83 wöchentlich (EUR 34,69 täglich) und ab dem 01.01.2004 i. H. v. EUR 249,06 wöchentlich (EUR 35,58 täglich) bewilligt. Die Bewilligung erfolgte gem. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zum Zwecke der abschließenden Klärung von Zinseinnahmen sowie einer vom Kläger angegebenen Darlehensrückzahlung an seine Mutter der Höhe nach vorläufig. Mit weiterem Bescheid vom 12.02.2004 erklärte die Beklagte die Verrechnung eines in der Vergangenheit überzahlten Betrages von EUR 260,70 mit den laufenden Leistungen.

Am 17.02.2004 unterbreitete die Beklagte dem Kläger ein Arbeitsangebot der Firma C. Job Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung e. K. (Firma C. Job) betreffend eine ab dem 01.03.2004 im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung zu besetzende befristete Arbeitsstelle als Versicherungskaufmann. Diesem Vermittlungsvorschlag war eine Belehrung über die Rechtsfolgen einer Ablehnung des Arbeitsangebotes bzw. eines Nichtantritts der angebotenen Arbeitsstelle beigefügt.

Am 27.02.2004 stellte sich der Kläger erfolglos bei der Firma C. Job vor. Die Firmeninhaberin, M. L., teilte der Beklagten noch am selben Tage schriftlich mit, es habe beim Lohn/Gehalt keine Übereinstimmung erzielt werden können. Der Kläger habe mindestens EUR 1.500,00 Netto gefordert. Nach einem bei den Akten der Beklagten befindlichen Ausdruck eines elektronischen Aktenvermerks (BewA) vom 05.03.2004 gab sie auf telefonische Nachfrage gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten an, der Kläger habe insgesamt einen ganz schlechten Eindruck hinterlassen. Er sei für ein Vorstellungsgespräch im kaufmännischen Bereich zu ungepflegt gewesen (Haare). Außerdem habe er sich im Sessel gelümmelt und habe ihr nur ganz schlaff die Hand gegeben. Schließlich habe er angegeben, dass er keine Telefonnummer habe. Sie habe daher den Eindruck gehabt, dass der Kläger unwillig sei. In dem genannten Aktenvermerk heißt es weiter, gegenüber der Beklagten habe der Kläger eine Telefonnummer angegeben.

Im Rahmen der Anhörung wegen des möglichen Eintritts einer Sperrzeit trug der Kläger am 12.02.2004 vor, der Arbeitgeber sei während des Vorstellungstermins nicht bereit gewesen, eine Angabe über die Höhe des Gehalts zu machen. Er selbst habe als Gehaltsvorstellung den (Brutto-) Betrag genannt, auf Grund dessen er als Nettozahlung das erhalten hätte, was er derzeit als Arbeitslosenhilfe erhalte. Im Übrigen sei die Firma C. Job im inneren und äußeren des Bürogebäudes nicht ausgewiesen.

Nachdem die Beklagte bis einschließlich des 29.02.2004 Leistungen erbracht hatte, stellte sie mit Bescheid vom 23.03.2004 den Eintritt einer Sperrzeit vom 28.02.2004 bis zum 19.03.2004 fest, hob die Entscheidung über die Bewilligung der Leistung für die Zeitdauer der Sperrzeit auf und forderte vom Kläger die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen in Höhe von EUR 71,16. Der Betrag werde gegen seine Ansprüche auf Geldleistungen in voller Höhe aufgerechnet (§ 331 Abs. 1 SGB III). Durch Bescheid vom 24.03.2004 wurden dem Kläger für die Zeit ab dem 20.03.2004 unter Abzug des genannten Aufrechnungsbetrages erneut Leistungen bewilligt.

Gegen den Bescheid vom 22.03.2004 erhob der Kläger Widerspruch und vertiefte sein früheres Vorbringen. Ergänzend trug er vor, er habe im Rahmen des Vorstellungsgesprächs kein Mindestnettogehalt von EUR 1.500,00 im Monat genannt. Ebensowenig sei er ungepflegt erschienen oder habe er sich im Sessel gelümmelt. Selbstverständlich habe er auch seine Telefonnummer angegeben.

Im Rahmen weiterer Ermittlungen teilte die Inhaberin der Firma C. Job nach einem bei den Akten der Beklagten befindlichen Vermerk vom 21.12.2004 mit, der Kläger habe auf sie den Eindruck gemacht, nicht an einer Vermittlung interessiert zu sein und genau zu wissen, wie er diesen Eindruck herstellen könne. Aufgrund seiner Art und seines ungepflegten Äußeren sei er für den Kunden, für den das Stellenangebot gegolten habe, nicht in Betracht gekommen. Sie habe den Kläger als sehr unangenehm empfunden und sei froh gewesen, dass sie nicht mehr gezwungen gewesen sei, etwas mit ihm zu tun zu haben. Gefordert habe er nach ihren Unterlagen ein Monatsgehalt von EUR 1.500,00 Netto; eine genauere Erörterung der Verdienstmöglichkeiten sei aber unterblieben, da eine Einstellung nicht in Betracht kommen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.12.2004 wies die Beklagte dem Widerspruch zurück. Zu Lasten des Klägers sei eine dreiwöchige Sperrzeit eingetreten, da er den Arbeitgeber durch seine schlechte Einstellung, sein und gepflegtes Äußeres und eine überhöhte Lohnforderung von einer Einstellung abgehalten habe. Die Leistungsbewilligung sei daher für den Zeitraum der Sperrzeit aufzuheben. Die überzahlten Leistungen seien zu erstatten. Zu der bereits durchgeführten Aufrechnung mit dem Leistungsanspruch des Klägers sei sie nach § 331 Abs. 1 SGB III berechtigt.

Am 28.12.2004 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat eine schriftliche Zeugenaussage der Inhaberin der Firma C. Job, M. L., eingeholt. Diese hat unter dem 22.12.2005 angegeben, das äußere Erscheinungsbild des Klägers und seine Kleidung sowie seine Umgangsformen insgesamt hätten nicht den Vorstellungen für ein Bewerbungsgespräch, speziell im Versicherungsbereich, entsprochen. Auf Nachfrage habe er mündlich angegeben, dass er mindestens EUR 1.500,00 Netto verdienen müsse. Sie selbst habe dann keine Summe genannt. Der Durchschnittsverdienst im Versicherungsbereich über die Zeitarbeit liege bei monatlich EUR 1.700,00 bis 1.800,00 Brutto. Nach ihrer Ansicht sei es nicht möglich, dass es Missverständnisse in Bezug auf Brutto und Netto gegeben habe. Der Kläger sei im Wesentlichen wegen seiner Persönlichkeit und seines Auftretens nicht eingestellt worden. Er wäre auf keinen Fall eingestellt worden, da er zu keinem der Kunden der Versicherungsbranche gepasst hätte.

Der Kläger hat an seinem früheren Vorbringen festgehalten und darüber hinaus vorgetragen, er sei in Hemd und Stoffhose zum Vorstellungsgespräch erschienen. Dies sei im Sachbearbeiterbereich Versicherung üblich. Im Übrigen enthalte die schriftliche Zeugenaussage vom 22.12.2005 weitgehend pauschale Angaben und könne ihm der Umstand, dass er nach Ansicht der Zeugin nicht zu den Kunden in der Versicherungsbranche gepasst hätte, nicht zum Vorwurf gemacht werden.

In der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2007 hat die Beklagte die vorläufige Bewilligung von Arbeitslosenhilfe im Bescheid vom 12.02.2004 für endgültig erklärt.

Mit Urteil vom 27.04.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe den Eintritt einer dreiwöchige Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung zu Recht festgestellt. Der Kläger habe durch sein Verhalten trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma C. Job verhindert. Nach den überzeugenden Angaben der Firmeninhaberin M. L. habe der Kläger in Bezug auf sein Äußeres sowie sein Verhalten nicht den Anforderungen an ein Vorstellungsgespräch in der Versicherungsbranche entsprochen. Insoweit habe auch der Kläger selbst angegeben, in Stoffhose und Hemd erschienen zu sein. Nachdem der Kläger eigenen Angaben zufolge als Unternehmensberater und als Berater gearbeitet gehabt habe, sei er über die Gepflogenheiten in der Beratungs- und Versicherungsbranche informiert gewesen. Gescheitert sei die Vermittlung zudem an dem vom Kläger geforderten Nettogehalt von EUR 1.500,00, wobei eine Verwechslung von Brutto und Netto ausgeschlossen sei. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 10.05.2007 zugestellt worden.

Am 11.06.2007, einem Montag, hat der Kläger Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, er habe sich schon deshalb nicht im Sessel lümmeln können, weil im fraglichen Besprechungsraum lediglich Stühle vorhanden gewesen seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.04.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2004 in der Gestalt Widerspruchsbescheides vom 22.12.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.03.2004 in der Gestalt Widerspruchsbescheides vom 22.12.2004 zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 20.03.2004 Arbeitslosenhilfe ohne Abzug eines Aufrechnungsbetrages von EUR 71,16 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei ein Arbeitsloser gehalten, alles zu unterlassen, was der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses nach außen hin erkennbar entgegenlaufe und den Arbeitgeber veranlasse, ihn aus dem Bewerberkreis auszuscheiden. Abzustellen sei dabei auf den objektiven Empfängerhorizont; auf die innere Einstellung des Arbeitslosen komme es demgegenüber nicht an.

Ein Prozesskostenhilfeantrag des Klägers ist mit Beschluss des Senats vom 13.08.2007 abgelehnt worden.

Der Berichterstatter hat den Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung vom 30.01.2008 persönlich angehört. Der Kläger hat dabei sein schriftliches Vorbringen wiederholt und erneut vorgetragen, seine Kleidung sei mit Blick auf die vorgesehene Sachbearbeitertätigkeit angemessen gewesen. Auch sei es absolut üblich, bei Gehaltsverhandlungen über einen Bruttobetrag zu sprechen, da der Arbeitgeber andernfalls ein Nettogehalt erst in den für ihn relevanten Bruttobetrag umrechnen müsse, ohne die hierfür erforderlichen Steuermerkmale des Arbeitssuchenden zu kennen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Konstanz sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet im erklärten Einverständnis der Beteiligten sowie in Anwendung des ihm danach gesetzlich eingeräumten Ermessens ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) durch den Berichterstatter allein (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).

Der Kläger wendet sich bei sachdienlicher Auslegung seines Berufungsbegehrens (§ 123 SGG) zunächst - allein - mit der Anfechtungsklage gegen die Aufhebung der Arbeitslosenhilfebewilligung sowie die behördlicherseits verfügte Verpflichtung zur Erstattung überzahlter Leistungen im Bescheid der Beklagten vom 22.03.2004 in der Gestalt Widerspruchsbescheides vom 22.12.2004. Nachdem im Falle des Erfolges der Anfechtungsklage die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung wieder auflebt und dem Kläger daher ohne weiteres ein Zahlungsanspruch zusteht, bedarf es eines darüber hinausgehenden, auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe gerichteten Leistungsausspruchs nicht. Er begehrt ferner die Auszahlung der ihm bewilligten Arbeitslosenhilfe in der Zeit ab dem 20.03.2004 ohne Aufrechnung von EUR 71,16 und zu diesem Zwecke die Aufhebung der Aufrechnungsentscheidung der Beklagten im Bescheid vom 22.03.2004 sowie die entsprechende Abänderung des - gem. § 86 SGG bereits Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen - Bewilligungsbescheides vom 20.03.2004, jeweils in der Gestalt Widerspruchsbescheides vom 22.12.2004.

Die so gefasste Berufung ist zulässig und begründet. Nach dem Ergebnis der nichtöffentlichen Sitzung vom 30.01.2008 hat das Sozialgericht die Klage im Ergebnis zu Unrecht abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind im angegriffenen Umfang rechtswidrig und verletzen den Kläger seinen Rechten. Sie sind daher antragsgemäß aufzuheben bzw. abzuändern; darüber hinaus ist die Beklagte zur Gewährung von nicht um den angegriffenen Aufrechnungsbetrag von EUR 71,16 gekürzten Leistungen für die Zeit ab dem 20.03.2004 zu verurteilen.

Voraussetzung für die von der Beklagten verfügte Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III und damit auch für die auf der Grundlage des § 50 Abs. 1 SGB X ergangene Erstattungsentscheidung sowie für die gem. § 333 Abs. 1 SGB III erfolgte Aufrechnung ist ein - den genannten Entscheidungen von der Beklagten auch zu Grunde gelegtes - Ruhen des klägerischen Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe wegen Eintritts einer Sperrzeit vom 28.02.2004 bis zum 19.03.2004. Eine hierfür allein in Betracht kommende Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung i. S. des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III - in der seinerzeit geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 20 Buchst. c des Gesetzes v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) - i. V. m. § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III ist aber zu Lasten des Klägers aus Anlass des Vorstellungsgesprächs vom 27.02.2004 nicht eingetreten.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindert hat (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Der Arbeitslose hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit (§ 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 144 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III). Die Dauer der Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung beträgt im Falle der erstmaligen Ablehnung einer Arbeit nach Entstehung des Anspruchs drei Wochen (§ 144 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. c) SGB III).

Die Nichtannahme einer angebotenen Beschäftigung i. S. des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. Alt. SGB III kann durch ausdrückliche Erklärung aber auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Letzteres ist der Fall, wenn dem gesamten Verhalten des Arbeitslosen der eindeutige Wille entnommen werden kann, dass er nicht bereit ist, die ihm angebotene Arbeit anzunehmen (vgl. Niesel, SGB III, 4. Aufl. 2007, Rdnr. 68 zu § 144). Unter das Tatbestandsmerkmal der Nichtannahme fallen auch die Fälle, in denen sich der Arbeitslose überhaupt nicht oder in unangemessener Form bewirbt sowie Fallgestaltungen, in denen der Arbeitslose die Annahme der Beschäftigung auf sonstige Weise, z. B. durch abschreckendes bzw. besonders provokantes Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber oder übertriebene Urlaubs- oder Gehaltsforderungen (vgl. auch hierzu Niesel, a. a. O.), verhindert. Diese Form der Nichtannahme hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2002 (Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001, BGBl I 3443) auch ausdrücklich in § 144 Abs. 1 Nr. 2 3. Alt. SGB III (Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses) normiert. Denn mit einer Bewerbung soll der Arbeitnehmer sein Interesse an der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck bringen. Dies gilt - im Sinne einer Obliegenheit - auch dann, wenn es sich bei der Bewerbung um die bloße Befolgung eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit handelt. Der Arbeitslose ist gehalten, alle Bestrebungen zu unterlassen, die der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses nach außen hin erkennbar entgegenlaufen und den Arbeitgeber veranlassen, ihn aus dem Bewerberkreis auszuscheiden. Abzustellen ist hierbei auf den objektiven Empfängerhorizont. Auf die innere Einstellung des Arbeitslosen, mithin die Frage, ob er das Beschäftigungsangebot tatsächlich zielgerichtet ablehnen wollte, kommt es dagegen nicht an. Erforderlich ist insoweit nur leichte Fahrlässigkeit, wobei ein subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab zu Grunde zu legen ist. Voraussetzung ist danach, dass der Arbeitslose nach seinem individuellen Vermögen erkennen konnte, dass ein Arbeitgeber die Bewerbung als von vornherein unbeachtlich oder offensichtlich unernst gemeint behandeln würde (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 7a AL 14/05 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 15 = NZS 2007, 268-271).

In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich vorliegend eine fahrlässige Nichtannahme oder Verhinderung des dem Kläger angebotenen Beschäftigungsverhältnisses i. S. des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1. bzw. 3. Alt. SGB III nicht feststellen.

Dies gilt zunächst mit Blick auf den vom Kläger im Rahmen des Vorstellungsgesprächs am 27.02.2004 hinterlassenen Eindruck. Denn dieser ist ihm nicht sperrzeitbegründend vorzuwerfen. Die insoweit von der Inhaberin der Firma C. Job, der potenziellen Arbeitgeberin, nach den Vermerken vom 05.03.2004 und vom 21.12.2004 fernmündlich gegenüber der Beklagten sowie mit Schreiben vom 22.12.2005 gegenüber dem Sozialgericht gemachten Angaben über das Verhalten des Klägers entsprechen dem Eindruck, den dieser in der nichtöffentlichen Sitzung vom 30.01.2008 - ebenso wie bereits im Rahmen von zwei (der Sitzungsvertreterin der Beklagten im Termin mitgeteilten) telefonischen Sachstandsanfragen beim erkennenden Berichterstatter - hinterlassenen hat. Zurückzuführen ist dies zur Überzeugung des Gerichts allerdings nicht auf ein vom Kläger gesteuertes Verhalten. Vielmehr sind die zu Tage getretenen verzögerten Reaktionen sowie die gleichfalls zu beobachtenden Verständnisdefizite infolge teilweise zu kurz greifender (Fehl-)Deutungen von Fragen und Aussagen ersichtlich persönlichkeitsimmanent und vom Kläger nicht willentlich steuerbar. Ebenfalls Teil der Persönlichkeit des Klägers und ihm darüber hinaus nicht bewusst sind auch sein lässig-selbstbewusstes Auftreten, das Ausdruck nicht nur in seiner Körperhaltung, sondern auch in seiner äußeren Erscheinung (Kleidung und Frisur) findet, weshalb er noch immer der Ansicht ist, seine Kleidung sei mit Blick auf die vorgesehene Sachbearbeitertätigkeit angemessen gewesen. Dies hinterlässt, gepaart mit den besagten verzögerten und zum Teil an der Sache vorbei gehenden Reaktionen, den Eindruck von Unwilligkeit und Desinteresse. Dieser Eindruck ist dem Kläger nach seinem individuellen Vermögen angesichts der angeführten unbewussten und darüber hinaus teilweise schon nicht steuerbaren Ursachen allerdings nicht vorwerfbar.

Nichts anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die angeblich überhöhte Gehaltsforderung des Klägers i. H. v. EUR 1.500,00 Netto. Insoweit hat er im Verlaufe des Verfahrens mehrmals ausgeführt, er habe auf Nachfrage einen Betrag von monatlich EUR 1.500,00 Brutto und nicht Netto genannt. Dies ist angesichts des Vorbringens des Klägers, es sei üblich, bei Gehaltsverhandlungen über einen Bruttobetrag zu sprechen, da der Arbeitgeber andernfalls ein Nettogehalt erst in den für ihn relevanten Bruttobetrag umrechnen müsse, ohne die hierfür erforderlichen des Arbeitssuchenden zu kennen, schlüssig und nachvollziehbar. Es ist auch unter Berücksichtigung der schriftlichen Angabe der Inhaberin der Firma C. Job vom 22.12.2005, nach ihrer Ansicht sei es nicht möglich, dass es Missverständnisse in Bezug auf Brutto und Netto gegeben habe, nicht unglaubhaft. Denn mit Blick auf die oben gemachten Ausführungen zu den Verständnisdefizite des Klägers erscheint es nicht fernliegend, dass er - unverschuldet - selbst eine ausdrückliche Frage nach dem von ihm geforderten Nettogehalt mit einer Brutto-Gehaltsforderung beantwortet hat und dies auch in der Folgezeit keinem der Beteiligten aufgefallen ist.

Ebenfalls nicht ausschließen lässt sich schließlich angesichts der dargelegten - persönlichkeitsimmanenten - Verständnisdefizite des Klägers ein Missverständnis auch insoweit, als die Inhaberin der Firma C. Job nach dem Vermerk vom 05.03.2004 mitgeteilt hat, der Kläger habe, was er bestreitet, angegeben, keine Telefonnummer zu haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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