L 12 AS 5198/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3250/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5198/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Heilbronn vom 19.09.2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe:

Die Antragsteller (Ast.) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Die Ast. stehen bereits seit Januar 2005 im Leistungsbezug der Antragsgegnerin (Ag.). Die Ast. Ziffer 1) bis 10) werden hierbei bei der Berechnung der Leistungshöhe als Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II berücksichtigt. Zuletzt wurden der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 13.08.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.02. bis 31.05.2007 in Höhe von 989,96 EUR, für die Zeit vom 01.06. bis 30.06.2007 in Höhe von 124,73 EUR sowie für die Zeit vom 01.07. bis 31.07.2007 in Höhe von 135,73 EUR bewilligt. Die Reduzierung des Leistungsbetrages ab dem 01.06.2007 beruhte auf der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Ast. Ziffer 1 zum 01.06.2007.

Diesbezüglich hatte der Ast. Ziffer 1 mit bei der Ag. am 11. Juni 2007 eingegangener Veränderungsmitteilung angegeben, ab dem 01.06.2007 eine selbständige Tätigkeit auszuüben (An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen und Reifen). Hinsichtlich des aus dieser selbständigen Tätigkeit zu erwartenden Gewinns wurde zudem eine Umsatz- und Rentabilitätsvorschau durch die Steuerberaterin Marga B. vorgelegt. Danach rechnete der Ast. Ziffer 1) für den Zeitraum vom 01.06. bis 31.12.2007 mit einem Gewinn in Höhe von 7.974,- EUR. Auf einen entsprechenden Fortzahlungsantrag der Ast. hin bewilligte die Ag. sodann mit Bescheid vom 14.08.2007 der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.01.2008. Der monatliche Leistungsbetrag belief sich hierbei für den Monat August 2007 auf 186,73 EUR sowie ab September 2007 auf monatlich 205,73 EUR. Bei der Berechnung der Leistungshöhe wurde ein Betrag in Höhe von 865,23 EUR als Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit angerechnet. Die Ag. wies in diesem Zusammenhang darauf hin, die Bewilligung ergehe nach § 40 SGB II i. V. m. § 328 SGB III als Vorschuss. Dagegen erhoben die Ast. Widerspruch. Der Ast. Ziffer 1) verdiene nicht soviel, wie die Steuerberaterin angegeben habe. Dies sei lediglich eine vorläufige Berechnung gewesen. Zur weiteren Begründung des Widerspruchs wurde von den Ast.n eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung für die Monate Juni und Juli 2007 vorgelegt, aus denen sich ein Verlust in Höhe von 3.769,66 EUR ergibt. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen haben die Ast. Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zugleich beantragten sie die Gewährung höherer Leistungen ohne Einkommensanrechnung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Zur Begründung haben sie vorgetragen, derzeit ein Haus im Wege der Kaufmiete abbezahlen zu müssen. Wenn die monatliche Miete in Höhe von 500,- EUR nicht bezahlt werde, habe der Eigentümer die Möglichkeit, das Haus zu kündigen und für jeden Monat der nicht bezahlt worden sei, 1.000,- EUR zu verlangen. Da die Ag. ein zu hohes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit anrechne, seien die Ast. nicht mehr in der Lage, die Miete zu bezahlen. Die Kündigung sei daher zu befürchten.

Mit Beschluss vom 19.09.2007 verpflichtete das SG die Ag. den Ast. vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt ohne Anrechnung eines monatlichen Einkommens des Ast. Ziffer 1) in Höhe von monatlich 1139,14 EUR zu gewähren. In den Gründen wurde ausgeführt, dass eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht möglich sei, so dass eine umfassende Güter- und Folgenabwägung durchzuführen sei. Zwischen den Beteiligten sei streitig, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Einkommen des Ast. Ziffer 1) aus der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit auf den Bedarf sämtlicher Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen ist. Nach der von der Steuerberaterin des Ast. Ziffer 1) vorgelegten Umsatz- und Rentabilitätsvorschau sei für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 31.12.2007 zunächst ein Gewinn in Höhe von 7.974,- EUR erwartet worden. Diese Erwartung habe sich jedoch nach dem Vortrag der Ast. sowie der vorgelegten Einnahmen-Überschuss-Rechnung der Steuerberaterin für Juni und Juli 2007 nicht erfüllt. Die Ast. haben vorgetragen, dass nach wie vor aus der selbständigen Tätigkeit lediglich Verluste erwachsen seien. Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten der Ast. in der Hauptsache, mit der sie die Gewährung höherer Leistungen ohne Anrechnung von Einkommen begehren, sei im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich. Im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen für die Zeit ab Antragstellung bei Gericht bis zum Ergehen dieser Entscheidung wären hierzu umfangreiche Sachverhaltsaufklärungen zur Ermittlung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben, die im Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit stünden, notwendig. Bei der durchzuführenden Güter- und Folgenabwägung komme den grundrechtlichen Belangen der Ast. besonderes Gewicht zu. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als es mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II um die Existenzsicherung und damit die Wahrung der Würde des Menschen gehe. Vor diesem Hintergrund überwiege das Interesse der Ast. an einer vorläufigen Leistungserbringung ohne Anrechnung von Einkommen des Ast. Ziffer 1) aus seiner selbständigen Tätigkeit. Eine solche Verpflichtung komme lediglich für den Zeitraum ab Antragstellung bei Gericht am 03.09.2007 in Betracht. Für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum fehle es an der für eine vorläufige gerichtliche Anordnung erforderlichen Eilbedürftigkeit, die in aller Regel nur bejaht werde, wenn wegen einer Notlage über existenzsichernde Leistungen für die Gegenwart und die Zukunft gestritten werde und ohne eine vorläufige gerichtliche Anordnung unzumutbare Nachteile entstünden.

Gegen diesen Beschluss hat die Ag. Beschwerde eingelegt, welche nach Entscheidung über die Nichtabhilfe dem LSG Baden-Württemberg zur Entscheidung vorgelegt wurde. Es wurde vorgetragen, der Ast. Ziffer 1) beziehe von der Agentur für Arbeit H. Einstiegsgeld nach § 29 SGB II in Höhe von monatlich 435,40 EUR. Wenn nun davon auszugehen sei, dass im Jahre 2007 kein Gewinn erzielt werde, sei das Einstiegsgeld zu Unrecht bewilligt worden und diese Entscheidung müsse zurückgenommen werden. Es sei in sich widersprüchlich je nach Beantragung einer Sozialleistung von unterschiedlichen Sachverhalten bezüglich des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit auszugehen. Es wäre nicht sachgerecht Alg II ohne Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit und gleichzeitig Einstiegsgeld zu bezahlen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die tatsächlichen und rechtlichen Vorraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend ausgeführt und die beantragten einstweiligen Anordnung zu Rechterlassen. Der Senat nimmt insoweit darauf Bezug und weist die Beschwerde aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurück ( § 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist noch auszuführen, dass das Einstiegsgeld nach § 29 SGB II im vorliegenden Fall der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit dient. Eine solche Tätigkeit beginnt - auch bei günstiger Prognose - häufig mit einer anfänglichen finanziellen Durststrecke. Zur Überwindung dieser Anfangschwierigkeiten dient unter anderem das Einstiegsgeld. Es wird aus diesem Grund nach § 29 Abs. 1 Satz 2 SGB II als Zuschuss zum Alg II erbracht. Daraus ergibt sich, dass ein Parallelbezug beider Leistungen vom Gesetz her nicht nur möglich, sondern sogar die Regel darstellt. Beide Leistungen schließen sich entgegen der Ansicht der Ag. nicht aus. Von daher ist der Argumentation der Ag. nicht zu folgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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