Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 10. September 2014 geändert und der Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2011 aufgehoben, soweit dort für die Quartale I/2007 bis IV/2008 ein Arzneimittelregress wegen der Verordnung von Humira@ von mehr als 332.634,98 Euro festgesetzt worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 42 vH und der Beklagte zu 58 vH. Die Beigeladenen tragen ihre Kosten in allen Rechtszügen selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahrens wird auf jeweils 444.770 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses.
Die Klägerin ist eine aus zwei Fachärzten für Orthopädie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), die an der vertragsärztlichen Versorgung in A_______ teilnimmt.
In den Quartalen I/2007 bis IV/2008 verordneten die ärztlichen Mitglieder der Klägerin einer Vielzahl von Patienten zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen (rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis, ankylosierende Spondylitis) TNF-Alpha-Inhibitoren (ua die Präparate Humira® und Enbrel®). Auf Antrag der zu 1. beigeladenen AOK setzte die Prüfungsstelle der Vertragsärzte und Krankenkassen (KK) in Schleswig-Holstein wegen dieser Verordnungen einen Arzneimittelregress iHv insgesamt 444.770,44 Euro fest (Bescheide vom 12. September 2008, 21. Juli 2009 und 25. August 2010). Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies der beklagte Beschwerdeausschuss zurück und führte zur Begründung zusammengefasst aus, dass die ärztlichen Mitglieder der Klägerin bei den Verordnungen die verbindlichen Therapiehinweise des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bzw in den ersten beiden Quartalen 2007 die Empfehlungen der Fachgesellschaft und die Vorgaben der Zulassungsbehörde nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nicht ausreichend beachtet hätten (gemeinsamer Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2011).
Im Anschluss haben die gegen den Arzneimittelregress von der Klägerin eingelegten Rechtsmittel zunächst Erfolg gehabt (klagabweisendes Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 10. September 2014; dieses Urteil und den Bescheid des Beschwerdeausschusses aufhebendes Urteil des erkennenden Senats vom 20. Februar 2018). Allerdings hat das Bundessozialgericht (BSG) auf die Revision des beklagten Beschwerdeausschusses das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts (LSG) ua teilweise aufgehoben und insoweit – konkret: hinsichtlich der Kosten des Präparats Humira® wegen Verordnungen bis zum 11. Juli 2007 und für solche Patienten, die schon für die Zeit unmittelbar bis zu diesem Tag mit dem Arzneimittel versorgt worden sind – den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass das Gericht im Rahmen der Zurückverweisung nicht abschließend über die Rechtmäßigkeit des von dem beklagten Beschwerdeausschuss festgesetzten Arzneimittelregresses habe entscheiden können. So stehe nicht fest, ob der Ausschuss alle Verordnungen von Humira® habe regressieren können. Zwar sei ab dem 12. Juli 2007 ein für die Vertragsärzte verbindlicher Therapiehinweis des G-BA in Kraft getreten, wonach die Verordnung dieses Arzneimittels ausgeschlossen sei, soweit die Patienten nicht zunächst mit herkömmlichen Antirheumatika behandelt worden seien. Zum einen könne der Arzneimittelregress aber hinsichtlich der bis zu diesem Stichtag von den ärztlichen Mitgliedern der Klägerin ausgestellten Humira®-Verordnungen (wegen einer parallelen Richtgrößenprüfung) nicht mit einer Unwirtschaftlichkeit, sondern allenfalls mit einer Unzulässigkeit der Verordnungen begründet werden. Das setze voraus, dass die damaligen Verordnungen im Widerspruch zur arzneimittelrechtlichen Zulassung des Präparats ausgestellt worden seien. Der beklagte Beschwerdeausschuss habe bei seiner arzneimittelrechtlichen Prüfung aber den Zulassungsumfang von Humira® nicht in vollem Umfang berücksichtigt. Insofern stehe auch nicht fest, ob die von den ärztlichen Mitgliedern der Klägerin vor dem 12. Juli 2007 ausgestellten Verordnungen idS unzulässig gewesen seien. Zum anderen sei einigen Patienten der Klägerin über einen längeren Zeitraum schon vor dem Stichtag Humira® verordnet worden und es könne nicht sicher angenommen werden, dass alle diese Patienten sofort auf eine andere Medikation hätten umgestellt werden können. Auch dem Aspekt der uU zeitlich begrenzten zulässigen Verordnung von Humira® ab dem 12. Juli 2007 müsse das LSG Schleswig-Holstein näher nachgehen.
In dem fortgesetzten Berufungsverfahren ist aufgrund der (Teil-)Zurückverweisung des BSG noch ein Arzneimittelregress iHv insgesamt 258.789,27 Euro streitig (Humira®-Verordnungen für die Patienten K______, K1______, L_______, M_____, N______, N1_____, R_____, S_______ und S1________). Insoweit macht die Klägerin geltend, dass sämtliche vor dem 12. Juli 2007 ausgestellten Verordnungen dem Zulassungsumfang von Humira® entsprochen hätten. Außerdem sei eine Umstellung auf ein anderes Medikament ab dem 12. Juli 2007 ua wegen des Krankheitsbilds der Patienten und des guten Therapieerfolgs von Humira® weder medizinisch indiziert noch zumutbar gewesen.
Der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 10. September 2014 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2011 aufzuheben, soweit dort ein Arzneimittelregress für die Verordnung von Humira® von mehr als 258.789,27 Euro festgesetzt worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beschwerdeausschuss hält die angefochtene Regress-Entscheidung auch hinsichtlich des zurückverwiesenen Teils für zutreffend und weist ergänzend darauf hin, dass die von den ärztlichen Mitgliedern der Klägerin ausgestellten Verordnungen von Humira® nur im Fall der Patientin R____ mit dem Zulassungsumfang des Präparats vereinbar gewesen seien. Im Übrigen hätte bei jedem der Patienten ab dem 12. Juli 2007 eine Medikamentenumstellung erfolgen können. Soweit es darauf angesichts der Unzulässigkeit der Arzneimittelverordnungen überhaupt noch ankomme, sei die pauschalierende Annahme der Klägerin – eine Medikamentenumstellung sei grundsätzlich nicht möglich gewesen – nicht mit dem ärztlichen und pharmazeutischen Sachverstand des Ausschusses in Übereinstimmung zu bringen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Zur weiteren Sachaufklärung hat der Senat den Kläger mit Schreiben vom 2. November 2023 zur Mitteilung aufgefordert, (1) ob und ggf inwiefern die Verordnung von Humira® für die vorangestellt namentlich bezeichnete Patientengruppe in Übereinstimmung mit der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgt ist und (2) ob und ggf aus welchen medizinischen Gründen die Patienten nicht sofort nach dem Therapiehinweis des G-BA vom 12. Juli 2007 auf eine andere Medikation umgestellt werden konnten. Auf die entsprechenden Stellungnahmen der Klägerin vom 4. Januar 2024 und vom 30. März 2024 sowie der Erwiderung des Beklagten vom 19. Februar 2024 wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Im Wesentlichen aber hat das SG Kiel deren Klage – soweit sie nach der Zurückverweisung durch das BSG hier noch streitbefangen ist – zu Recht abgewiesen.
1. Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich der Arzneimittel-Regressbescheid des beklagten Beschwerdeausschusses vom 19. Mai 2011 (stRspr; vgl zu dieser verfahrensrechtlichen Besonderheit in der vertrags<zahn>ärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung ua Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 16/10 R – juris). Dieser Bescheid ist nach der Revisionsentscheidung des BSG vom 11. September 2019 zwar teilweise bestandskräftig geworden (Regressfestsetzung iHv 95.295,26 Euro wg der Verordnungen von Enbrel® sowie iHv 90.685,91 Euro wg der <erstmaligen>Verordnung von Humira® ab dem 12. Juli 2007). Hinsichtlich der dann noch zwischen den Beteiligten streitigen Humira®-Verordnungen der Klägerin für die Versicherten K_____, K1______, L______, M______, N_______, N1_____, R_____, S_______ und S1___________ ist der Rechtsstreit hingegen mit einem Verordnungsumfang iHv 258.789,27 Euro an den erkennenden Senat zurückverwiesen worden.
2. Die insoweit hier noch anhängige und insgesamt zulässige (isolierte) Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) der Klägerin hat in der Sache aber nur in geringem Umfang Erfolg (Verordnungen von Humira® für die Versicherten R_____ und L________ bis zum 12. Juli 2007). Im Wesentlichen ist der Regressbescheid des beklagten Beschwerdeausschusses vom 19. Mai 2011 hinsichtlich der Humira®-Verordnungen der Klägerin aber nicht zu beanstanden (Verordnungen von Humira® für die Versicherten K______, K1______, M______, N______, N1______, S_________ und S1_____________sowie Verordnungen von Humira® für die Versicherten R______ und L________ ab dem 12. Juli 2007).
3. Rechtsgrundlage der Einzelfallprüfungen der Verordnungsweise der Klägerin in den acht streitbefangenen Quartalen ist § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V (in der hier noch anwendbaren Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003 bzw - ab dem Quartal I/08 - idF des GKV-WSG vom 26. März 2007) iVm § 10 der Prüfvereinbarung (PrüfV) 2006. Dort haben die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit der beigeladenen KÄV ua von der ihnen gesetzlich eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, für Schleswig-Holstein über die in § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V vorgesehenen (Auffälligkeits- und Zufälligkeits-)Prüfungen hinaus Prüfungen ärztlich verordneter Heilmittel zu vereinbaren (zur Berechtigung der Vertragspartner für den Abschluss solcher Prüfvereinbarungen vgl BSG, Urteil vom 9. April 2008 – B 6 KA 34/07 R – juris; Urteil vom 14. März 2001 – B 6 KA 19/00 R – juris Rn 12; Urteil vom 11. September 2019 – B 6 KA 23/19 R – juris Rn 12). Nach § 10 Abs 4 PrüfV entscheidet die Prüfungsstelle auf Antrag der Krankenkassen im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind oder deren Veranlassung mit den Vorgaben der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) unvereinbar ist (vgl hierzu Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht <LSG>, Urteil vom 20. Februar 2018 – L 4 KA 11/15 – bzw BSG, Urteil vom 11. September 2019 – B 6 KA 23/19 R – juris Rn 12). Danach sind die Vertragspartner berechtigt, durch Gesamtverträge zusätzliche Prüfverfahren einzuführen (dazu zuletzt BSG, Urteil vom 25. Januar 2017 – B 6 KA 7/16 R – juris Rn 13).
4. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist zwischen den Beteiligten durch das vorangestellt angesprochene Revisionsurteil des BSG rechtskräftig geklärt, dass der Beklagte in dem hier angefochtenen Regressbescheid zu Recht eine Ersatzpflicht der Klägerin für die zulasten der beigeladenen Krankenkasse durch die in 2007 und 2008 veranlassten Verordnung von Enbrel® entstandenen Kosten iHv 95.295,26 Euro festgestellt hat. Für dieses Arzneimittel hat bereits seit 2000 ein Therapiehinweis des G-BA vorgelegen (BAnz vom 31. März 2000 Seite 5777), wonach die Verordnung von Enbrel® in der vertragsärztlichen Versorgung nur noch unter der einschränkenden Voraussetzung zugelassen gewesen ist, dass zuvor eine Behandlung der Patienten mit herkömmlichen Antirheumatika durchgeführt worden ist. Da die Klägerin dies aber nicht vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens einzelfallbezogen dargelegt hatte, sind die entsprechenden Verordnungen von Enbrel® in dem hier maßgeblichen Zeitraum unzulässig iSv § 10 Abs 4 der PrüfV 2006 gewesen. Gleiches gilt für die nach dem Therapiehinweis des G-BA vom 12. Juli 2007 ausgestellten Humira®-Verordnungen der Klägerin, soweit Patienten erstmals mit diesem Arzneimittel versorgt worden sind. Hierdurch sind der beigeladenen Krankenkasse nochmal Kosten iHv 90.685,91 Euro entstanden.
Allerdings hat das BSG in dem Revisionsverfahren nicht abschließend entscheiden können, ob der Beklagte auch die übrigen Humira®-Verordnungen nach § 10 Abs 4 der PrüfV 2006 hat regressieren dürfen, die die Klägerin vor bzw nach dem Therapiehinweis des G-BA in den Jahren 2007 und 2008 verordnet hat. Hinsichtlich des Zeitraums in 2007 vor dem Therapiehinweis können die aufgrund des Vorrangs einer (im Fall der Klägerin auch durchgeführten) Richtgrößenprüfung bis dahin ausgestellten Humira®-Verordnungen der Klägerin nur dann unzulässig iSd PrüfV 2006 gewesen sein, wenn sie im Widerspruch zur arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgt sind. In 2007 ist Humira® aber nicht nur – worauf der Beschwerdeausschuss abgestellt hat – zur Behandlung der „mäßigen bis schweren akuten rheumatischen Arthritis bei erwachsenen Patienten“ zugelassen gewesen, sondern ua auch für die Behandlung „schwerer aktiver und progressiver Formen der rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen ohne vorherige MTX-Behandlung“. Vor diesem Hintergrund hat das BSG in dem Revisionsurteil dem erkennenden Senat im Rahmen der Zurückverweisung zum einen die Klärung aufgegeben, ob die (und ggf welcher der) bis zum 12. Juli 2007 von der Klägerin ausgestellten Verordnungen von Humira® in Übereinstimmung mit der arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgt sind (dazu 5.). Hinsichtlich des Zeitraums in 2007 und 2008 nach dem Therapiehinweis des G-BA kann zudem nicht sicher angenommen werden, dass auch die Patienten, die schon länger mit Humira® versorgt worden sind, sofort auf eine andere Medikation haben umgestellt werden können. Für diese Patientengruppe könnte eine zeitlich begrenzt zulässige Verordnung von Humira® auch nach dem 12. Juli 2007 uU in Betracht kommen, soweit alle oder einzelne Patienten aus dieser Gruppe aus medizinischen Gründen nicht sofort auf eine andere Medikation haben umgestellt werden können. Insoweit hat das BSG in dem Revisionsurteil dem erkennenden Senat im Rahmen der Zurückverweisung zum anderen die Klärung aufgegeben (dazu 6.), ob die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren entsprechend zu den hier relevanten Behandlungsfällen hinreichend substantiiert nachgekommen ist. Außerdem hat der erkennende Senat der Klägerin ggf die Möglichkeit einzuräumen, ihr Vorbringen im Hinblick auf eine mögliche Umstellung der Therapie für die hier maßgebliche Patientengruppe auf eine mit den Vorgaben des G-BA kompatible Vorgehensweise zu präzisieren (vgl zu alledem BSG, Urteil vom 11. September 2019 – B 6 KA 21/19 R – juris Rn 26 ff).
5. Bei Berücksichtigung dieser für den erkennenden Senat verbindlichen Vorgaben ist festzustellen, dass die Klägerin den Zulassungsumfang von Humira® (dazu a) in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA nur bei den Verordnungen für die Patientinnen Roden und L________ eingehalten hat (dazu b); diese Verordnungen hat der Beschwerdeausschuss daher zu Unrecht regressiert. Die übrigen Humira®-Verordnungen der Klägerin für die Patienten K______, K1______, M______, N_______, N1_____, S______ und S1________ sind hingegen im Widerspruch zur arzneimittelrechtlichen Zulassung erfolgt; der Beschwerdeausschuss hat diese Verordnungen daher zu Recht regressiert (dazu c).
a) In 2007 und 2008 – das ist zwischen den Beteiligten unstreitig – ist Humira® in folgendem Umfang als Arzneimittel zugelassen gewesen:
Rheumatoide Arthritis
Humira® ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur
- Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei erwachsenen Patienten, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika, einschließlich Methotrexat, angesprochen haben
- Behandlung der schweren, aktiven und progressiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, die zuvor nicht mit Methotrexat behandelt worden sind.
Humira® kann im Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden.
Psoriasis-Arthritis
Humira® ist indiziert zur Behandlung der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine vorherige Basistherapie angesprochen haben.
Ankylosierende Spondylitis
Humira® ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven ankylosierenden Spondylitis bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie angesprochen haben.
Außerdem ist das Arzneimittel im Laufe des Jahres 2008 zur Behandlung von Morbus Crohn, der Psoriasis und der polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis zugelassen worden. Bei der hier maßgeblichen Patientengruppe ist in dem Prüfzeitraum 2007 und 2008 aber keine dieser Erkrankungen diagnostiziert worden.
b) Wie der Beschwerdeausschuss im Schriftsatz vom 19. Februar 2024 eingeräumt hat, haben die ärztlichen Mitglieder der Klägerin im Fall der Patientin R_____ das Arzneimittel Humira® in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA entsprechend der arzneimittelrechtlichen Zulassung verordnet. In dem Behandlungsfall kann aufgrund der dem Ausschuss (ggf aus anderen Prüfverfahren) vorgelegten Behandlungsunterlagen von der gesicherten Diagnose einer zumindest mäßigen bis schweren rheumatoiden Arthritis ausgegangen werden, die die Klägerin jeweils auch mit Methotrexat (MTX) vorbehandelt bzw zeitgleich mit Humira® therapiert hat.
Aus Sicht des Senats ist aber in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA auch in dem Behandlungsfall der Patientin L________ von zulassungskonformen Humira®-Verordnungen der ärztlichen Mitglieder der Klägerin auszugehen. Insbesondere vermag die idZ angeführte Argumentation des Beschwerdeausschusses – aus der Dokumentation der Klägerin ergebe sich nur die Diagnose einer chronischen Polyarthritis, die nicht mit einer rheumatoiden Arthritis gleichgesetzt werden könne – nicht zu überzeugen. So hat das ärztliche Senatsmitglied auf Nachfrage der Berufsrichter bestätigt, dass beide Begriffe im allgemeinen medizinischen Sprachgebrauch vor allem in früheren Jahren synonym verwendet worden sind und teilweise bis heute synonym verwendet werden. Aus der Begriffsverwendung kann daher nicht geschlossen werden, dass in dem Behandlungsfall keine rheumatoide Arthritis vorgelegen hat. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Dokumentation der Klägerin (1) bei der Behandlung der Patientin L_______ im Zusammenhang mit einer Humira®-Arzneimittelstudie auch die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis zu entnehmen ist und (2) in dem Behandlungsfall eine Unverträglichkeit der Patienten mit MTX vorgelegen hat. Die ärztlichen Mitglieder der Klägerin haben demnach in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA bei der Patientin L________ Humira® zulassungskonform als Monotherapie verordnet.
c) Demgegenüber sind die Humira®-Verordnungen der Klägerin, die in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA für die Patienten K_______, K1_____, M______, N_____, N1______, S_______ und S1___________ ausgestellt worden sind, nicht mit der arzneimittelrechtlichen Zulassung in Übereinstimmung zu bringen.
aa) Zunächst steht aus Sicht des Senats fest, dass die Behauptung der Klägerin im Schriftsatz vom 4. Januar 2024 – bei den Patienten K1______ und S1_____________ habe jeweils eine rheumatoide Arthritis bestanden und diese Erkrankung sei 2005 bzw 2007 mit Humira® in Kombination mit MTX (als gesonderte Verordnung) zulassungskonform therapiert worden – unzutreffend ist. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die ärztlichen Mitglieder der Klägerin bei dem Patienten K1______ tatsächlich eine Kombinationstherapie mit Humira® und MTX durchgeführt haben. So ergibt sich aus den von der beigeladenen Krankenkasse im Verwaltungsverfahren vorgelegten Verordnungsübersichten, dass die Klägerin dem Patienten – entgegen ihrer Behauptung im Schriftsatz vom 4. Januar 2024 – in den Jahren 2004 bis 2006 kein MTX verordnet hat und deshalb auch keine Kombinationstherapie durchgeführt haben kann. Demgegenüber hat die Klägerin bei der Patientin S1____________ zwischen Januar und April 2007 zwar eine Therapie (ausschließlich) mit MTX durchgeführt; eine nach den Zulassungsvorgaben für Humira® bei einer rheumatoiden Arthritis zuvor erforderliche Basistherapie mit mehreren antirheumatischen Medikamenten („<…> unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika, einschließlich Methotrexat, angesprochen haben <…>“) lässt sich den vorliegenden Unterlagen oder den von der Krankenkasse vorgelegten Verordnungsübersichten aber nicht entnehmen. Schließlich ist in den beiden Behandlungsfällen außerdem kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Voraussetzungen für eine Monotherapie mit Humira® vorgelegen haben, sodass aus Sicht des Senats die Humira®-Verordnungen der Klägerin in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA für die Patienten K1_____ und S1_____________ nicht als zulassungskonform angesehen werden können.
bb) Darüber hinaus haben aber auch die weiteren Humira®-Verordnungen der Klägerin in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA für die Patienten K_______, M_____, N_____, N1_____ und S_________ nicht der arzneimittelrechtlichen Zulassung entsprochen. Ausweislich des Schriftsatzes vom 4. Januar 2024 hat die Klägerin bei diesen Patienten zwar jeweils eine Psoriasis-Arthritis und/oder eine ankylosierende Spondylitis diagnostiziert und mit Humira® behandelt. Allerdings haben die ärztlichen Mitglieder der Klägerin in keinem der Behandlungsfälle – darauf weist der Beschwerdeausschuss zutreffend hin – die nach der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorher erforderliche Basistherapie bzw konventionelle Therapie durchgeführt.
Unter der Basistherapie bei einer Psoriasis-Arthritis ist Vorbehandlung mit sogenannten DMARD (disease-modifying anti-rheumatic drug) zu verstehen (DGRh-Leitlinie „Management der frühen rheumatoiden Arthritis“, 2. überarbeitete Aufl 2005, Ziff 4.1.6 Wahl der Basistherapie). Demgegenüber wird unter der konventionellen Therapie bei einer ankylosierenden Spondylitis eine Vorbehandlung über mehrere Wochen mit mindestens zwei geeigneten, sogenannten NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) verstanden (S3-Leitlinie axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen, Version 2019, Ziff 8.4.1 nichtsteroidale Antirheumatika <NSAR>).
IdZ behauptet die Klägerin im Schriftsatz vom 4. Januar 2024 zwar, dass in jedem der Behandlungsfälle entweder deren ärztliche Mitglieder selbst (ggf durch die Weitergabe von Probepackungen) oder ein früherer Behandler der Patienten die nach der arzneimittelrechtlichen Zulassung von Humira® bei den hier einschlägigen Diagnosen Psoriasis-Arthritis und/oder ankylosierende Spondylitis erforderlichen Vorbehandlungen durchgeführt habe. Eine derartige Vorbehandlung – auch darauf weist der Beschwerdeausschuss zutreffend hin – lässt sich aber in keinem der Behandlungsfälle den Behandlungsunterlagen der Klägerin oder den von der beigeladenen Krankenkasse im Verwaltungsverfahren vorgelegten Verordnungsübersichten (ggf in Form entsprechender Arzneimittelverordnungen durch andere Ärzte) entnehmen. Da die Klägerin im Übrigen es insoweit bei der angeblichen Weitergabe von Probepackungen versäumt hat, die schriftliche oder elektronische Anforderung dafür iSv § 47 Abs 4 AMG vorzulegen und ergänzend zu erläutern, wie sie unter Beachtung der gesetzlich geregelten Mengenvorgaben (maximal zwei Muster pro Jahr in der kleinsten Packungsgröße je Fertigarzneimittel) eine – wie in einer Vielzahl von Behandlungsfällen behauptete – Vorbehandlung bei den Patienten habe durchführen können (vgl zu diesen Anforderungen BSG, Urteil vom 11. September 2019 – B 6 KA 23/19 R – juris Rn 22), sind aus Sicht des Senats auch in den hier maßgeblichen fünf Behandlungsfällen die Humira®-Verordnungen der Klägerin in 2007 bis zu dem Therapiehinweis des G-BA nicht als zulassungskonform anzusehen.
Hinzu kommt vorliegend, dass die Klägerin weder im Verwaltungsverfahren vor den Prüfgremien noch auf die Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 2. November 2023 dargelegt hat, dass in der hier maßgeblichen Patientengruppe jeweils eine aktive und progressive (Psoriasis-Arthritis) bzw eine schwere aktive (ankylosierende Spondylitis) Erkrankung vorgelegen hat. Da der Beschwerdeausschuss bei den Patienten zudem aufgrund der Behandlungsunterlagen keine idS aktiven und gleichzeitig progressiven/schweren Erkrankungsformen hat erkennen können, kann vorliegend auch insoweit nicht von zulassungskonformen Humira®-Verordnungen der Klägerin ausgegangen werden.
6. Außerdem ist bei Berücksichtigung der für den erkennenden Senat (unter Ziffer 4 dargelegten) verbindlichen Vorgaben weiter festzustellen, dass die Klägerin zunächst ihren Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung 2007 und 2008 hinsichtlich der hier maßgeblichen Patientengruppe nicht hinreichend nachgekommen ist (dazu a). Zudem hat die Klägerin trotz einer ausdrücklichen Nachfrage des Senats für keinen der Versicherten K_______, K1_____, L________, M_____, N_______, N1_____, R_____, S________ und S1___________ einen medizinischen Grund benennen können, der im Anschluss an den ab dem 12. Juli 2007 wirksamen Therapiehinweis des G-BA einer sofortigen Umstellung auf eine andere Medikation als das Arzneimittel Humira® entgegengestanden hätte (dazu b).
a) Ihren nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehenden Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist die Klägerin hinsichtlich der Patientengruppe, für die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in den Quartalen I/2007 bis IV/2008 eine zeitlich begrenzt zulässige Verordnung von Humira® in Betracht gekommen ist, nicht hinreichend nachgekommen.
aa) In der Wirtschaftlichkeitsprüfung hat schon immer ein gewisses Spannungsfeld zwischen der nach § 20 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bestehenden Verpflichtung der Prüfgremien, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, und der besonderen Mitwirkungspflicht des geprüften Arztes, die über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs 2 SGB X hinausgeht, bestanden (stRspr; vgl hierzu ua BSG, Urteil vom 9. März 1994 – 6 RKa 16/92 – juris Rn 31 mwN). Diese Mitwirkungspflicht ergibt sich daraus, dass dem Arzt ein Vergütungsanspruch nur dann zusteht, wenn er die Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen durfte; es ist daher seine Angelegenheit, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können.
Einwände, die der Arzt erst im gerichtlichen Verfahren vorbringt, obwohl es ihm oblegen hätte, diese schon den Prüfgremien gegenüber zu erheben, können unberücksichtigt bleiben, weil der Arzt nicht berechtigt ist, das Prüfverfahren zu unterlaufen und die den Prüfgremien vorbehaltene Prüfung in das gerichtliche Verfahren zu verlagern (ebenfalls stRspr; vgl hierzu ua BSG, Urteil vom 8. Mai 1985 – 6 RKa 24/83 – juris Rn 13). Diese Rechtsfolge gebietet jedoch eine differenzierte Beurteilung des Umfangs der Darlegungsobliegenheiten des Arztes im Prüfungsverfahren.
Der Arzt ist jedenfalls gehalten, solche Umstände im Prüfungsverfahren spätestens gegenüber dem Beschwerdeausschuss geltend zu machen, die sich aus der Atypik seiner Praxis ergeben, aus seiner Sicht auf der Hand liegen und den Prüfgremien nicht ohne Weiteres an Hand der Verordnungsdaten und der Honorarabrechnung bekannt sind oder sein müssen. Auch ein im Prüfungsverfahren nicht anwaltlich vertretener Arzt ist nicht überfordert, auf derartige Umstände – beispielsweise die Behandlung einer Patientengruppe, die häufige und/oder besonders kostenintensive Arzneimittelverordnungen erfordert – hinzuweisen, wenn sich daraus aus seiner Sicht Auswirkungen auf die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit seiner Behandlungs- oder Verordnungsweise ergeben. Unterlässt er diesen gebotenen Vortrag, kann er mit seinem verspäteten Vorbringen ausgeschlossen werden.
Nicht gefordert werden können von einem Arzt hingegen Einwände, die das Prüfungsverfahren selbst betreffen, also etwa Bedenken gegen die Größe und richtige Zusammensetzung der Vergleichsgruppe. Dieser Einwand ist nicht mit einer – grundsätzlich den Prüfgremien vorbehaltenen – Beiziehung von Unterlagen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 – B 6 KA 17/08 R – juris Rn 24) vergleichbar. Dasselbe gilt für Aspekte, die auf der Basis der im Prüfverfahren vorliegenden Unterlagen so offenkundig sind, dass die Gremien dem schon von Amts wegen nachgehen müssen, oder die anhand der bei der KÄV vorhandenen Unterlagen bzw den Angaben des Arztes zumindest erkennbar sind (vgl hierzu Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: November 2017, § 106 Rn 543 ff; zur Begrenzung der Mitwirkungspflicht bei "offenkundigen" Anhaltspunkten siehe auch Engelhard, aaO Rn 548b unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27. Juni 2001 – B 6 KA 66/00 R – juris Rn 28).
bb) Die sich hieraus für die Klägerin ergebenden Darlegungsobliegenheiten im Verwaltungsverfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung ist sie zumindest hinsichtlich der hier maßgeblichen Patientengruppe nicht hinreichend nachgekommen.
Aus Sicht des Senats handelt es sich bei dem Umstand, dass bei einem Patienten eine nach einem Therapiehinweis des G-BA erforderliche Medikamentenumstellung aus medizinischen Gründen (zB wegen einer Kontraindikation, einer Unverträglichkeit wegen Nebenwirkungen oder wegen einer fehlenden Wirksamkeit; vgl hierzu SG Marburg, Urteil vom 16. Mai 2018 – S 12 KA 505/17 – juris Rn 89) nicht sofort bzw kurzfristig möglich ist, um einen Einwand, der – das liegt auf der Hand – allein dem behandelnden Arzt bekannt ist und letztlich nur durch dessen Mitwirkung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung aufgeklärt werden kann. Diese Mitwirkung kann in der Form erfolgen, dass der behandelnde Arzt seine Behandlungsunterlagen vorlegt, in denen er eine Kontraindikation/Unverträglichkeit/fehlende Wirksamkeit hinsichtlich bestimmter Medikamente (hier: zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen) dokumentiert hat, oder durch eine jeweilige Angabe des behandelnden Arztes gegenüber den Prüfgremien im Laufe des Verwaltungsverfahrens. Einem derartigen Hinweis – entweder anhand der Behandlungsunterlagen oder anhand der Angaben des Arztes – müssten anschließend die Prüfgremien von Amts wegen nachgehen und klären, ob hinsichtlich der betroffenen Patienten eine zumindest zeitlich begrenzt zulässige Medikamentenverordnung (hier: von Humira®) entgegen den rechtlich verbindlichen Vorgaben in dem Therapiehinweis des G-BA in Betracht kommt.
Allerdings hat die Klägerin im Laufe des Verwaltungsverfahrens weder bei einem der Versicherten aus der hier maßgeblichen Patientengruppe auf eine Kontraindikation/Unverträglichkeit/fehlende Wirksamkeit gegenüber anderen Medikamenten zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen hingewiesen noch entsprechende Behandlungsunterlagen vorgelegt. Insofern haben die Prüfgremien davon ausgehen können, dass nach dem Therapiehinweis des G-BA mit Wirkung zum 12. Juli 2007 bei den Patienten keine einer sofortigen bzw kurzfristigen Medikamentenumstellung entgegenstehenden Umstände vorgelegen haben. Weiterhin kann damit die erst im gerichtlichen Verfahren seitens der Klägerin aufgestellte (und hinsichtlich der Patienten K_______, L_________, M_____, N______, N1_____, R_____ und S_______ auch im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 4. Januar 2024 vorgetragene) Behauptung – es sei bei einer Vormedikation mit anderen Medikamenten (teils verordnet, teils über Weitergabe einer Probepackung) eine Unverträglichkeit aufgetreten – seitens des Senats unberücksichtigt bleiben; die Klägerin ist nicht berechtigt, mit dieser Behauptung das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu unterlaufen und die den Prüfgremien vorbehaltene Prüfung in das gerichtliche Verfahren zu verlagern.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bereits höchstrichterlich geklärt ist, dass es idZ Sache der Klägerin gewesen wäre, auch die schriftliche oder elektronische Anforderung für die Probepackung iSv § 47 Abs 4 Arzneimittelgesetz (AMG) vorzulegen und ergänzend zu erläutern, wie die behandelnden Ärzte unter Beachtung der gesetzlich geregelten Mengenvorgaben (maximal zwei Muster pro Jahr in der kleinsten Packungsgröße je Fertigarzneimittel) eine – wie in einer Vielzahl von Behandlungsfällen behauptete – umfassende Vorbehandlung der Patienten mit der Standardmedikation bei Osteoporose haben durchführen können (vgl hierzu BSG, Urteil vom 11. September 2019 – B 6 KA 23/19 R – juris Rn 22).
b) Schon vor diesem Hintergrund hat insoweit die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG Kiel – soweit das Rechtsmittel nach der Zurückverweisung in der Revision hier noch streitbefangen ist – keinen Erfolg haben können. Der Beschwerdeausschuss hat nach dem Therapiehinweis des G-BA auch die Humira®-Verordnungen nach § 10 Abs 4 der PrüfV 2006 regressieren dürfen, die die behandelnden Ärzte der Klägerin ab dem 12. Juli 2007 für Patienten verordnet haben, die schon unmittelbar vor diesem Stichtag damit behandelt worden sind. Hintergrund ist, dass die Klägerin die vom BSG in dem Revisionsverfahren ua aufgestellte Voraussetzung für eine uU zeitlich über den Stichtag hinaus zulässige Verordnung von Humira® – hier: dass die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren im Rahmen ihrer Darlegungsobliegenheiten eine Kontraindikation/Unverträglichkeit/fehlende Wirksamkeit hinsichtlich anderer Medikamente zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen eingewandt hat – nicht erfüllt hat.
Unabhängig davon ist die Berufung der Klägerin insoweit aber auch aus einem anderen Grund zurückzuweisen. So hat die Klägerin auf die ausdrückliche Nachfrage des Senats vom 2. November 2023 selbst im sozialgerichtlichen Verfahren für keinen der Versicherten aus der hier maßgeblichen Patientengruppe einen medizinischen Grund benennen können, der ab dem 12. Juli 2007 einer sofortigen Umstellung auf eine andere Medikation als das Arzneimittel Humira® entgegengestanden hätte.
aa) Zusammengefasst hat die Klägerin auf die Nachfrage des Senats in den Schriftsätzen vom 4. Januar 2024 und vom 30. März 2024 ausgeführt, dass es bei den Versicherten K________, K1______, L_______, M_____, N_______, N1_____, R_____, S________ und S1__________ aufgrund der „Gesamtumstände“ und der „gut wirkenden Humira-Therapie“ weder medizinisch geboten noch den Patienten zuzumuten gewesen sei, ab dem 12. Juli 2007 auf ein anderes Medikament zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen umzustellen. Aus welchen medizinischen Gründen im Einzelfall für die Patienten eine Medikamentenumstellung unzumutbar gewesen sein soll – genau auf diesen Umstand hatte sich die Nachfrage des Senats bezogen –, hat die Klägerin allerdings bis zuletzt nicht mitgeteilt.
bb) Die Klägerin kann vorliegend aber nicht mit Erfolg geltend machen, dass der maßgeblichen Patientengruppe allein wegen der bis zum 12. Juli 2007 „gut wirkenden Humira-Therapie“ eine Medikamentenumstellung trotz des verbindlichen Therapiehinweises des G-BA nicht zuzumuten gewesen sei. So ist – wie vorangestellt dargelegt – in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass die Klägerin aus rechtlichen Gründen (hier: aufgrund des zum 12. Juli 2007 in Kraft getretenen Therapiehinweises des G-BA) verpflichtet gewesen ist, auch die hier maßgebliche Patientengruppe auf ein anderes (wirtschaftliches) Medikament zur Behandlung entzündlicher Gelenkerkrankungen umzustellen – und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die bis dahin von den behandelnden Ärzten der Klägerin präferierte Humira®-Therapie wirksam gewesen ist oder nicht.
Schließlich weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin im Berufungsverfahren selbst vorgetragen hat, dass bei immerhin zwei Versicherten aus der hier maßgeblichen (aus insgesamt neun Versicherten bestehenden) Patientengruppe eine Umstellung der Medikation von Humira® hin zu Enbrel® in den Jahren 2009 bzw 2010 (vgl hierzu Blatt 320 und 324 der Gerichtsakte) erfolgt ist. Insofern ist der zu allen Versicherten aus der hier maßgeblichen Patientengruppe gleichlautende Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 4. Januar 2024 – den Patientinnen sei eine Medikamentenumstellung aufgrund der „Gesamtumstände“ und der „gut wirkenden Humira-Therapie“ weder medizinisch geboten noch zuzumuten gewesen – insgesamt als unglaubhaft anzusehen und gibt zudem aufgrund seiner pauschalierten Unbestimmtheit auch keine Veranlassung zu weiteren Amtsermittlungen durch den Senat.
c) Abschließend weist der erkennende Senat noch darauf hin, dass auch die nach (und nicht nur vor) dem am 12. Juli 2007 wirksamen Therapiehinweis des G-BA von den ärztlichen Mitgliedern der Klägerin ausgestellten Humira®-Verordnungen für die Versicherten K________, K1______, M______, N______, N1_____, S_______ und S1_________ nicht zulassungskonform erfolgt sind. Damit sind die Verordnungen sowohl 2007 als auch 2008 unzulässig gewesen und ebenfalls aus diesem Grund von den Prüfgremien zu Recht regressiert worden.
7. Nach alledem hat der Beschwerdeausschuss die Humira®-Verordnungen der Klägerin in 2007 und 2008 für die Patienten K______, K1______, L_______, M_____, N_______, N1_____, R_____, S_________ und S1_________ regressieren dürfen. Lediglich die Humira®-Verordnungen der Klägerin für die Patientinnen R______ und L_________, die vor dem zum 12. Juli 2007 wirksamen Therapiehinweis des G-BA erfolgt sind, sind zu Unrecht regressiert worden. Nur in diesem Umfang hat die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des SG Kiel Erfolg; im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen gewesen.
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm den §§ 154 Abs 1 bis 3, 162 Abs 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass das BSG den Regressbescheid des Beschwerdeausschusses im Revisionsverfahren hinsichtlich der Enbrel®-Verordnungen und eines Teils der Humira®-Verordnungen der Klägerin in einem Regressumfang von 185.981,17 Euro bestätigt und die Berufung der Klägerin letztlich nur in einem Regressumfang von 16.840,02 Euro (und damit unter 10 vH) erfolgreich gewesen ist. Hinsichtlich des Revisionsverfahrens als solchem geht der Senat aufgrund der Teilzurückverweisung in einem Regressumfang von 258.789,27 Euro von einem leicht überwiegenden Erfolg des von der Klägerin eingelegten Rechtsmittels aus.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der Anwendung des § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm den §§ 47 Abs 1 Satz 1, 52 Abs 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).