L 12 SO 49/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 7 (44) SO 47/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 49/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.10.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des Verfahrens ist eine Untätigkeitsklage sowie Ansprüche des Klägers auf die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) im Zeitraum von Juli 2004 bis Dezember 2004.

Der 1980 geborene Kläger lebt im Haushalt seiner Eltern, die selbst im streitigen Zeitraum keine Leistungen nach dem BSHG bezogen. Mit Schreiben vom 05.03.2004 wandte sich der Vater des Klägers an die Beklagte und führte aus, er benötige eine Bescheinigung nach dem BSHG für seine Krankenkasse, die AOK. Sein Sohn, der Kläger, sei zurzeit ohne Einkommen und ohne Kindergeld. Seit dem 16.01.2004 sei der Sohn 24 Jahre alt und könne daher nicht mehr familienversichert werden, so dass er derzeit ohne Krankenversicherungsschutz sei. In einem vom Kläger selbst unterzeichneten Antrag auf die Gewährung von Sozialhilfe vom 26.03.2004 ist als Art der beantragten Hilfe "Krankenhilfe" angegeben. In der Antragsbegründung heißt es: "Ich beantrage Krankenhilfe, da eine Familienversicherung nicht mehr möglich ist". Weder zu seinem Einkommen noch zu den vom Einkommen absetzbaren Beträgen machte der Kläger im Antragsformular Angaben.

Aus einem Aktenvermerk der Beklagten vom 26.03.2004 ergibt sich, dass der Kläger am 26.03.2004 gemeinsam mit seinem Vater bei der Beklagten persönlich vorsprach. Dort habe der Kläger "Krankenhilfe" beantragt, da er mit Vollendung des 24. Lebensjahres aus der gesetzlichen Krankenversicherung über seine Eltern ausgeschieden sei. Er verfüge derzeit über keine eigenen Einkünfte. Kindergeldansprüche würden derzeit geklärt. Zurzeit werde der Kläger von den im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern unterstützt.

Mit Bescheid vom 26.03.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger die beantragte Unterstützung.

Aus weiteren Aktenvermerken der Beklagten vom 14.05.2004, 18.05.2004, 17.06.2004 und 08.10.2004 ergibt sich im Wesentlichen, dass der Vater des Klägers im Rahmen der gemeinsamen Vorsprache mit seinem Sohn, dem Kläger, bei der Beklagten betont habe, dass es ihm in erster Linie um die Krankenversicherung für seinen Sohn gehe. Auf Hilfe zum Lebensunterhalt für den Sohn sei verzichtet worden, da die Eheleute zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgegangen seien, mit ihrem Überschuss den Sohn finanzieren zu können. Soweit die Eltern des Klägers geltend gemacht hätten, es beständen, auch wenn sie selbst keinen Anspruch hätten, Probleme den Kläger mitzufinanzieren, seien der Kläger und sein Vater darauf hingewiesen worden, dass es sich bei etwaigen Ansprüchen des Sohnes um dessen eigene Leistungsansprüche und nicht um solche der Eltern handele. Diese Ansprüche müsse der Kläger ggfls. selbst geltend machen.

Mit Schreiben vom 16.06.2004 beantragte der Vater des Klägers "ergänzende Beihilfe nach dem BSHG für ein Familienmitglied". Daraufhin sandte die Beklagte am 18.06.2004 ein Schreiben an den Kläger und forderte ihn unter Bezugnahme auf das Schreiben seines Vaters auf, sich mit ihr in Verbindung zu setzen. In der vorbezeichneten Angelegenheit sei eine Rücksprache erforderlich. Ein Rückruf des Klägers erfolgte indes nicht. Vielmehr teilte der Vater des Klägers ausweislich eines Vermerks der Beklagten vom 13.07.2004 mit, der Kläger habe ab August 2004 eine Arbeitsstelle gefunden und auch die Mutter des Klägers gehe nun wieder arbeiten. Sein Sohn habe zuvor keine Sozialhilfe beantragen wollen.

Mit einem weiterem Schreiben vom 02.08.2004 beantragte der Kläger seine "Mitgliedschaft bei der hiesigen AOK zu verlängern". Er habe eine geringfügige Beschäftigung angenommen, bei der aber leider keine Krankenkassenbeiträge übernommen würden. Aus diesem Grunde bitte er darum, dem Antrag stattzugeben, obwohl er keine Sozialleistungen nach dem BSHG beziehe. Beigefügt waren Lohnabrechnungen für die Monate Mai und Juni 2004. Die Beklagte gab auch dem Folgeantrag statt.

Mit Schreiben vom 02.09.2004 lehnte die Beklagte gegenüber dem Vater des Klägers einen eigenen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt ab. Informatorisch teilte sie ihm im Rahmen des Bescheids mit, der Kläger müsse die ihm gegebenenfalls zustehenden Ansprüche selbst gegenüber der für ihn zuständigen Stelle geltend machen.

Mit Schreiben vom 14.09.2004 bat der Kläger erneut um Verlängerung des Krankenversicherungsschutzes, da sein Arbeitgeber keine Krankenversicherungsbeiträge zahle. Seinem Antrag fügte der Kläger die Lohnabrechnung für den Monat August 2004 bei.

Nachdem zwischenzeitlich weitere Vorsprachen des Klägers bei der Beklagten nicht erfolgt waren, fragte der Kläger nach Ablauf von fast drei Jahren mit Schreiben vom 18.04.2007 bei der Beklagten nach, ob schon ein Bescheid auf seine Anträge ergangen sei, ihm die Nachzahlung des Regelsatzes sowie der anteiligen Kosten der Unterkunft für das Jahr 2004 zu gewähren. Mit einem weiterem Schreiben vom 11.06.2007 beantragte der Kläger nochmals die Gewährung des Regelsatzes und der anteiligen Kosten der Unterkunft für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2004. Seinerzeit habe er von dem zuständigen Sachbearbeiter Herrn T nur die Krankenkassenbeiträge genehmigt bekommen, obwohl ihm gesetzlich auch der Regelsatz zugestanden habe. Er habe in seinem Antrag auf Leistungen nach dem BSHG seine Bedürftigkeit angegeben und die Regelleistung sowie anteilige Miet- und Nebenkosten beantragt.

Mit Schreiben vom 16.07.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihr ein Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt nicht vorliege und daher eine Nachzahlung nicht möglich sei.

Daraufhin hat der Kläger am 25.07.2007 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Untätigkeitsklage erhoben.

Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, der Beklagten hätten seit Juli 2004 Hinweise für seine Bedürftigkeit vorgelegen. Er habe dies mehrfach schriftlich nachgewiesen. Da die Beklagte die Kosten des Krankenversicherungsschutzes bei der AOK übernommen habe, gehörten zu den weiteren von ihr zu erbringenden Leistungen auch der Regelsatz und die anteiligen Miet- und Nebenkosten. Er habe sich selbst bedürftig gemeldet. Die Beklagte bringe nur Schutzbehauptungen vor. Es sei nicht richtig, dass nur die Übernahme der Krankenkassenbeiträge für die AOK beantragt worden sei. Es sei lebensfremd, dass ein junger Mensch ohne Arbeit auf Hilfeleistungen verzichte und seinen Eltern somit Schaden zufüge. Das wissentliche Unterschlagen des ihm zustehenden Geldes stelle eine Straftat und eine schwere Körperverletzung, Betrug und Unterschlagung dar. Sein Anspruch sei auch zu verzinsen.

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

1)die Beklagte zu verurteilen, über seine Anträge hinsichtlich der Hilfe zum Lebensunterhalt für Juli bis Dezember 2004 zu entscheiden,
2)die Beklagte zu verurteilen, ihm nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2004 Leistungen nach dem BSHG zu bewilligen,
3)die Beklagte zu verurteilen, ab 2005 Verzugszinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits unzulässig, da es keinen Leistungsantrag des Klägers aus dem Jahr 2004 gebe und deshalb auch nicht von einer Untätigkeit der Behörde ausgegangen werden könne. Im Schreiben vom 26.03.2004 sei ausdrücklich nur Krankenhilfe beantragt worden. Nichts anderes ergebe sich aus den folgenden Schreiben des Klägers. Zwar habe der Vater des Klägers am 16.06.2004 schriftlich "ergänzende Beihilfe für ein Familienmitglied" beantragt, ohne zu nennen, welche Leistungen er hiermit meine. Zur Klärung habe man den Kläger zu einem Gespräch eingeladen. Daraufhin sei aber keine Reaktion erfolgt. Vielmehr habe der Kläger mit Schreiben vom 02.08.2004 darum gebeten, die Mitgliedschaft bei der AOK zu verlängern. Die Eltern des Klägers, die selbst wegen des Erzielens von Einkommen keine Leistungen bezogen hätten, seien im Übrigen darauf aufmerksam gemacht worden, dass für den Kläger ein eigener Antrag gestellt werden könne. Dies sei jedoch nicht erfolgt.

Nach Klageerhebung hat die Beklagte mit Bescheid vom 26.05.2008 die Anträge des Klägers vom 18.04.2007 und 11.06.2007 förmlich abgelehnt. Der Kläger habe selbst keinen Antrag gestellt. Auf die Aufforderung, zur Abklärung des Schreibens seines Vaters einen Termin zu vereinbaren, sei keine Reaktion erfolgt. Da kein Antrag des Klägers vorgelegen habe, könne auch keine Leistung bewilligt werden. Diesen Bescheid hat der Kläger nicht angefochten.

Mit Richterbrief vom 26.08.2008 hat das Sozialgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass die Untätigkeitsklage mit Erlass des Bescheids vom 26.05.2008 erledigt sei. Im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Ablauf der Widerspruchsfrist hat das Sozialgericht den Kläger auf die Möglichkeit hingewiesen, gemäß § 44 SGB X einen Antrag auf die Überprüfung der Sach- und Rechtslage für die Vergangenheit zu stellen. Der Kläger hat seine Klage jedoch aufrecht erhalten und zugleich mit Schreiben vom 23.09.2008 einen Antrag nach § 44 SGB X gestellt, den die Beklagte bislang nicht beschieden hat.

Mit Schreiben vom 25.09.2008 hat das Sozialgericht die Beteiligten dazu angehört, dass es beabsichtige, die Klage per Gerichtsbescheid abzuweisen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.10.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die ausdrücklich erhobene Untätigkeitsklage des Klägers sei unzulässig, da schon nicht nachgewiesen sei, dass der Kläger im Jahr 2004 einen Antrag auf die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt gestellt habe. Die erst drei Jahre später mit Schreiben vom 18.04.2007 bzw. 11.06.2007 gestellten Anträge auf rückwirkende Bewilligung der Regelleistung habe die Beklagte zwar zu spät entschieden, nämlich erst nach Klageerhebung mit Bescheid vom 26.05.2008. Durch den Erlass dieses Bescheides sei der Untätigkeitsklage jedoch der Boden entzogen worden, die Untätigkeitsklage sei damit unzulässig geworden. Sofern der Kläger nunmehr über die Untätigkeitsklage hinaus unmittelbar auf Leistungen für die Zeit von Juli bis Dezember 2004 klage, sei die Klage ebenfalls unzulässig. Es fehle insoweit an dem erforderlichen Vorverfahren mit Widerspruch und Widerspruchsbescheid im Hinblick auf den erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erlassenen Ablehnungsbescheids vom 26.05.2008, den der Kläger nicht fristgerecht angefochten habe. Da schon die Anträge des Klägers auf Leistung erfolglos geblieben seien, komme erst recht keine Verzinsung in Betracht.

Gegen den ihm am 29.10.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 10.11.2008 Berufung eingelegt.

Der Kläger hält zur Begründung seiner Berufung an seiner Auffassung fest, er habe seine Bedürftigkeit rechtzeitig nachgewiesen. Schließlich hätte die Beklagte sonst auch die AOK Beiträge nicht übernommen. Er habe vier Jahre lang laufend bei der Beklagten vorgesprochen und Anträge gestellt. Wenn dies formlos nicht möglich sei, hätte man ihm dies sagen müssen.

Sinngemäß beantragt der Kläger,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 22.10.2008 aufzuheben und nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bezug, die sie für zutreffend hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs.1, 110 Abs.1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil der Kläger in der Terminsmitteilung, die ihm am 18.05.2009 zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung ist unbegründet.

Die vom Kläger ausdrücklich erhobene Untätigkeitsklage war, soweit sie die Behauptung des Klägers zum Gegenstand hatte, seine Anträge auf die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt aus dem Jahre 2004 seien nicht beschieden worden, gemäß § 88 Abs. 1 S. 1 SGG bereits unzulässig.

Zwar hängt die Gewährung von Grundsicherungsleistungen weder nach dem derzeit geltenden SGB XII noch nach dem früheren Recht des BSHG von einem Antrag des Hilfebedürftigen ab. Maßgeblich ist vielmehr gemäß § 18 Abs. 1 SGB XII bzw. § 5 BSHG allein die Kenntnis des Leistungsträgers von der Hilfebedürftigkeit. Unabhängig davon kann aber auch im Bereich der Sozialhilfe eine Untätigkeitsklage nur dann in zulässiger Weise erhoben werden, wenn zuvor zumindest ein Antrag auf die konkrete Leistung an die Behörde gerichtet worden ist (vgl. LSG NRW, Urteil vom 20.06.2007 - L 12 SO 25/06 -). Schon nach dem Wortlaut des § 88 Abs. 1 S. 1 SGG setzt eine Untätigkeitsklage stets einen Antrag des Rechtsuchenden an die Behörde voraus.

Zu Recht hat das Sozialgericht ausgeführt, dass ein entsprechender Antrag auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt im Jahre 2004 nicht nachgewiesen ist. Der Kläger hat vielmehr sowohl in seinem ersten Schreiben an die Beklagte vom 08.03.2004 als auch in seinem Antragsformular am 26.03.2004 ausdrücklich "Krankenhilfe" beantragt. Ein Antrag auf die Gewährung von "Hilfe zum Lebensunterhalt" ist darin nicht enthalten, zumal der Kläger beziehungsweise sein Vater bei zahlreichen Gelegenheiten darauf hingewiesen haben, dass der Antrag nur deswegen gestellt werde, weil der Kläger mit Erreichen des 24. Lebensjahres aus der Familienversicherung bei der Krankenkasse herausgefallen sei.

Entgegen der Auffassung des Klägers musste die Beklagte im Jahre 2004 auch nicht zwingend von einem Anspruch des Klägers auf Hilfe zum Lebensunterhalt ausgehen. Der Kläger ging seinerzeit einer geringfügigen Beschäftigung nach, er wohnte bei seinen Eltern bzw. bei seiner Freundin und die Eltern standen nicht im Leistungsbezug. Unter diesen Umständen musste es sich für die Beklagte jedenfalls nicht aufdrängen, einen Anspruch des Klägers auf Hilfe zum Lebensunterhalt von sich aus zu prüfen.

Auch der Antrag des Vaters des Klägers vom 18.06.2004 auf "ergänzende Beihilfe für ein Familienmitglied" stellt keinen auf die Gewährung von "Hilfe zum Lebensunterhalt" gerichteten Antrag des Klägers dar. Zum einen ist schon völlig unklar, was mit dieser "ergänzenden Beihilfe" gemeint sein sollte. Darüber hinaus hat der Vater des Klägers offenbar einen eigenen Anspruch zu formulieren versucht. Bei der "Hilfe zum Lebensunterhalt" für den Kläger konnte es sich jedoch allenfalls um einen Anspruch des Klägers selbst handeln.

Soweit sich die Untätigkeitsklage auf die später gestellte Anträge des Klägers vom 18.04.2007 und 11.06.2007 auf rückwirkende Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt (Regelleistung und anteilige Kosten der Unterkunft) bezieht, ist die Untätigkeitsklage ebenfalls unzulässig, da mit Erlass des Bescheids vom 26.05.2008 im laufenden Klageverfahren das Rechtsschutzbedürfnis für die Untätigkeitsklage entfallen ist.

Soweit der Kläger im laufenden Klageverfahren über die zunächst ausdrücklich erhobene Untätigkeitsklage hinaus zwischenzeitlich auch unmittelbar die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt für die Vergangenheit begehrt, handelt es sich um eine jedenfalls im Grundsatz prozessökonomische sowie sachdienliche und damit im Ergebnis zulässige Klageänderung gemäß § 99 SGG. Grundsätzlich steht es einem Kläger frei, eine Untätigkeitsklage, nachdem ein Bescheid erteilt wurde, im Wege der Klageänderung in eine Verpflichtungsklage umzuwandeln (Leitherer, in Mayer-Ladewig, SGG Kommentar, 9. Auflage 2008, § 88, Rn. 12).

Indes ist die geänderte Klage unzulässig. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist für den Übergang von der Untätigkeitsklage zur Anfechtung- bzw. Verpflichtungsklage grundsätzlich das Vorverfahren als erforderlich anzusehen und ggfls. nachzuholen. Dies setzt voraus, dass der Kläger innerhalb der für den ergangenen Bescheid maßgeblichen Monatsfrist Widerspruch einlegt. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Gründe, die sonst für die Nachholung des Vorverfahrens sprechen, nicht gelten sollten (Leitherer, a.a.O. und § 78, Rn. 8a).

Der Kläger hat keinen Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 26.05.2008 eingelegt, obwohl der Bescheid eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung enthielt, in der der Kläger darauf hingewiesen worden war, dass der Bescheid binnen Monatsfrist anzufechten sei. Das Sozialgericht hat die Klage daher insoweit zu Recht mangels Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen, zumal die Nachholung des Vorverfahrens aufgrund der gemäß § 77 SGG eingetretenen Bestandskraft des Bescheids vom 26.05.2008 nicht mehr möglich war (Leitherer, a.a.O., § 78 SGG, Rn. 3 a).

Da dem Kläger schon die begehrte Leistung nicht zuzusprechen war, scheiden Zinsansprüche ebenfalls aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, bestand zur Überzeugung des Senats nicht.
Rechtskraft
Aus
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