L 6 U 88/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 13 U 106/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 88/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt 200.000 EUR.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte ihrer Beitragserhebung einen Flä-chenwertmaßstab zu Grunde legen darf.

Die Klägerin betreibt als Rechtsnachfolgerin einer Landwirtschaftlichen Produktionsge-nossenschaft Landwirtschaft mit Viehhaltung auf einer Fläche von rund 4500 ha.

Mit Bescheid vom 14. Februar 2001 setzte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich Beklagte) die Beitragsforderung gegen die Klägerin für das Jahr 2000 mit 273.967,77 DM fest. Dabei hatte sie von einem Gesamtbeitrag von 348.981,66 DM Bundesmittel in Höhe von 75.013,89 DM in Abzug gebracht. Die Beitragshöhe ermittelte sich neben einem Grundbeitrag von 60,00 DM aus einem Flächenwertbeitrag. Dieser berechnete sich aus einem abgerundeten Gesamtwert von 9.282.300,- DM für eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 4.641,16 ha mit einem Hektarwert von 2.000,- DM.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Eingangsdatum vom 20. März 2001 Widerspruch ein: Sie wende sich gegen die Fläche als Beitragsberechnungsgrundlage, weil in anderen Branchen die Lohnsumme maßgeblich sei und zu deutlich niedrigeren Beiträgen je Arbeitnehmer führe. Aufgrund der Berechnungsweise komme es bei landwirtschaftlichen Betrieben mit einer ausschließlichen Bewirtschaftung von Lohnun-ternehmern zu einer Doppelveranlagung, da diese ihrerseits Beiträge nach den Lohnsummen zu entrichten hätten. Auch werde das unterschiedliche Risiko bei der Ausübung verschiedener landwirtschaftlicher Tätigkeiten nicht hinreichend berücksich-tigt. Hier finde keine hinreichende Unterscheidung zwischen Tierhaltungs- und Pflan-zenbaubetrieben statt.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2002 stellte die Beklagte den Beitrag für 2001 in Höhe von 174.306,24 EUR fest, wovon sie Bundesmittel in Höhe von 38.148,62 EUR in Abzug brachte. Neben einem Grundbeitrag in Höhe von 30,- EUR ergab sich der Rest aus dem Flächenwert einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 4.604,94 ha.

Mit Eingangsdatum vom 19. März 2002 legte die Klägerin auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und verwies darauf, bezogen auf das Bruttogehalt belaufe sich der Beitrag auf acht Prozent gegenüber höchstens 1,54 Prozent in Bereichen mit einer Einstufung nach Bruttoverdienst und Gefahrenklasse. Im Übrigen würden die abge-deckten Risiken von privaten Versicherungsgesellschaften preiswerter abgedeckt. Es stelle sich auch die Frage nach dem Sinn einer Beitragszahlung für Haushalthilfen oder Ersatzkräfte durch ein großes Unternehmen mit 59 Beschäftigten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2002 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche zurück. Er verwies u.a. auf jüngere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Mit der am 2. Juli 2002 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die Beitragsbescheide vom 18. Februar 2003, vom 16. Februar 2004 und 18. Februar 2005, betreffend die Beitragsjah-re 2002 bis 2004, erlassen. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 27,40, 46 f. d. A. verwiesen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Verwendung eines Flächenwertmaßstabes für die Beitragsbemessung sei zumindest nach dem Beitritt der ostdeutschen Bundesländer und den dortigen Verhältnissen großräumiger Landwirtschaft nicht mehr hinzunehmen. Dadurch würden große Unternehmen mit effizienter Arbeit und vergleichsweise niedriger Lohnsumme deutlich über das Unfallrisiko hinaus belastet. Im gesamten übrigen Bereich der Unfallversicherung werde dies durch eine Ausrichtung an Gefah-renklassen und der Lohnsumme vermieden. Da der Flächenwert ausdrücklich in § 182 Abs. 5 SGB VII als Maßstab genannt werde, rüge sie nicht die Verletzung einfachen Rechts, sondern eine Verletzung von Grundrechten, insbesondere des Gleichheitssat-zes aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, Unfälle, die Beschäftigte von Lohnunternehmen im auftraggebenden Unternehmen erlitten, gingen zu Lasten des landwirtschaftlichen Betriebes. Lohnunternehmen trügen lediglich das zusätzliche Wegerisiko und das Risiko mit dem Umgang ihrer Maschinen. Eine Doppelbelastung liege damit nicht vor.

Erstmals gegen den Bescheid vom 18. Februar 2005 hat die Klägerin auch geltend gemacht, das Monopol der Berufsgenossenschaften sei mit dem Recht der Europäi-schen Union nicht vereinbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 14. Juni 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Beitragsbescheide für die Jahre 2002 bis 2004 seien gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Beitragsbescheide seien rechtmäßig. Die Beklagte habe die Klägerin nach § 182 Abs. 2, 5 SGB VII i. V. m. mit ihrer Satzung ohne ersichtliche Fehler und in zutreffender Höhe zu den Beiträgen auf der Grundlage des Flächenwertmaßstabes veranlagt. Grundrechte der Klägerin, insbe-sondere aus dem Gleichheitsgrundsatz, seien dadurch nicht verletzt. Insoweit folge die Kammer dem Bundessozialgericht (Urt. v. 20. 2. 2001 – B 2 U 2/00 R).

Gegen den ihr am 20. Juni 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. Juli 2005 Berufung eingelegt.

Die Beklagte hat während des Berufungsverfahrens die Beitragsbescheide vom 17. Februar 2006, 19. Februar 2007 und 20. Februar 2008 erlassen. Wegen der Einzelheiten der Beitragsbescheide wird auf Bl. 96 f., 104 f. d. A. und Bl. 327 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Beklagte hat weiterhin mit Bescheid vom 3. April 2007 gemäß § 123 Abs. 1 SGB VII ihre Zuständigkeit für die Klägerin festgestellt.

Die Klägerin hat gegen den Beitragsbescheid vom 17. Februar 2006 Widerspruch eingelegt und sich damit gegen die Durchführung einer gesetzlichen Zwangsunfallver-sicherung durch die Berufsgenossenschaften gewandt, ebenso gegen den Bescheid vom 19. Februar 2007.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 hat der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche zurückgewiesen und ausgeführt, die Beitragsbescheide für die Umlagejahre 2005 und 2006 seien hinsichtlich des Beitragsmaßstabes und der Beitragshöhe gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des anhängigen Berufungsverfah-rens geworden. In einem gesonderten Vorverfahren sei nur über Einwände gegen die Zugehörigkeit der Klägerin zur Beklagten zu entscheiden. Dazu enthielten allerdings die Beitragsbescheide keine Regelung. Diese sei vielmehr Gegenstand des Beschei-des vom 3. April 2007. Die zwingende Einbeziehung in in ein System der gesetzlichen Unfallversicherung verstoße nicht gegen europäisches Recht.

Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Magdeburg mit Gerichtsbescheid vom 19. August 2008 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Bescheide der Beklagten vom "24. Februar" 2006 und "13. März" 2007 (die vermeintlichen Bescheiddaten sind diejenigen der Widerspruchseingänge) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2007 seien nicht rechtswidrig. Die Beklagte habe die Beiträge für die Umlagejahre 2005 und 2006 rechtmäßig erhoben. Die Zwangsmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten verstoße nicht gegen europäisches Recht. Insoweit folge das Gericht der zutreffenden Begründung des Widerspruchsbescheides. Die gegen den Gerichtsbescheid eingelegte Berufung hat die Klägerin zurückgenommen.

Auch gegen den Beitragsbescheid vom 20. Februar 2008 hat die Klägerin Widerspruch erhoben, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2008 zurückgewie-sen hat. Dabei hat sie im Kern auf ihren Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 Bezug genommen.

Die Klägerin bleibt bei ihrem Vorbringen. Sie führt ergänzend aus, § 182 Abs. 2 SGB VII verpflichte bei Satzungserlass zur ausreichenden Berücksichtigung der Unfallrisiken in den Unternehmen. Für jeden in § 182 Abs. 2 S. 1 SGB VII benannten Maßstab gelte diese zusätzliche Vorgabe. Die Beklagte könne aber konkrete Angaben zum Unfallrisiko in ihren verschiedenen Unternehmen nicht machen, sondern be-schränke sich auf allgemeine Plausibilitätsüberlegungen. Ein Unfallrisiko unabhängig vom Vorhandensein bzw. der Zahl von Arbeitnehmern sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nicht folgerichtig, wenn der Maßstab zwar nach dem Umstand der Viehhaltung, nicht aber nach der Zahl der gehaltenen Tiere unterscheide. Zudem müsse der gewählte Maßstab dem jeweiligen Einzugsbereich der Berufsgenossenschaft, hier dem Territorium der neuen Bundesländer, angepasst werden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 14. Juni 2005 aufzuhe-ben und die Bescheide der Beklagten vom 14. Februar 2001 und 18. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2002 und die Bescheide vom 18. Februar 2003, 16. Februar 2004, 18. Februar 2005, 17. Februar 2006, 19. Februar 2007 und 20. Februar 2008 aufzuheben, soweit die Höhe des nach dem Flächenwert bemessenen Beitragsteils das Maß überschreitet, das sich aus einer angemessenen Berücksichtigung der Lohnsumme und einer Gefahrenstaffe-lung ergibt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, im Gesetz, insbesondere in § 182 Abs. 2 SGB VII, fänden sich lediglich Rahmenbestimmungen für mögliche Berechnungsgrundlagen. Die weitere Ausfüllung bleibe ihrer Satzungsautonomie überlassen. Das Bundessozialgericht habe auch nach Inkrafttreten der Regelung des § 182 Abs. 2 SGB VII für die dadurch begründete Rechtslage die Anwendung des Flächenwertmaßstabes für zulässig erachtet. Die Aufstellung eines Gefahrtarifs liege in ihrem Ermessen; darauf werde vielfach aus Gründen der Praktikabilität verzichtet. Aus der Gesetzesbegründung zum SGB VII folge, dass § 182 SGB VII das vorherige Recht der Reichsversicherungsordnung fort-schreiben solle. Zudem berücksichtige nach der Rechtsprechung der Flächenwert-maßstab allein die Unfallgefahr ausreichend. In die Festlegung des Flächenwertes fließe das Maß der menschlichen Arbeit ein, die ihrerseits die Unfallgefahr bedinge. Gesichtspunkte des Arbeitsbedarfs gingen auch in die unterschiedlichen Sätze für verschiedene Kulturarten ein. Bei Tierhaltung fließe auch deren Intensität in die Bei-tragsberechnung ein. Dafür gebe es die Bestimmung eines zusätzlichen Flächenwertes nach Vieheinheiten.

Dem Gericht haben in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung neben der Streitakte die Gerichtsakte zum Berufungsverfahren L 6 U 91/08 sowie die Beiakten der Beklagten beider Streitverfahren in 3 Bänden – Az. 564 011 GK 0005 3562 –vorgelegen. Wegen der weiterhin dort vorliegenden beigezogenen Bestimmungen der Beklagten wird auf deren Auflistung, Bl. 118 d. A., Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg. Gegenstand des Verfahrens ist die Anfechtung der zwischen 2001 und 2008 ergange-nen Beitragsbescheide, soweit sie die im Antrag näher beschriebene Höhe überschrei-ten. Alle diese Bescheide sind gem. § 96 Abs. 1 S. 1 SGG in entsprechender Anwen-dung Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden, weil die Klägerin gegen sie die gleichen Einwände erhebt, wie gegen die ursprünglichen Bescheide (BSG, Urt. v. 24. 2. 2004 – B 2 U 31/03 R – zitiert nach Juris). Es schadet insoweit nicht, dass die Klägerin ihre Bedenken hinsichtlich der Europarechtswidrigkeit gesetzlicher Unfallver-sicherung erst im Laufe des Verfahrens ausdrücklich geltend gemacht hat. Diese Erwägungen waren schon mit Klageerhebung anzustellen, da ein Verstoß gegen Europarecht ebenso wie die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des Beitrags-maßstabs der Beitragshöhe entgegenstünde. Eine Trennung in Einwände gegen die Beitragsforderung dem Grunde nach und der Höhe nach ist hier rechtlich nicht möglich. Die bis einschließlich des Bescheides vom 19. Februar 2007 ergangenen Beitragsbe-scheide enthalten keinerlei Verfügungssatz, der eine von der Höhe unabhängige Verpflichtung der Klägerin zur Beitragszahlung dem Grunde nach regelte und eine sachliche Bestandskraft beanspruchte, die bei Beanstandungen der Beitragshöhe eine Prüfung der Forderung als solcher ausschlösse. Eine solche Teilung der Entscheidung ist den Bescheiden der Beklagten nicht unmittelbar zu entnehmen. Sie muss auch nicht etwa im Hinblick auf eine vorgeschriebene Entscheidung über die Beitragspflicht dem Grunde nach in die Bescheide hineingelesen werden, weil eine zweckbestimmte Auslegung dies geböte. Denn eine solche zwingende rechtliche Regelung über eine Entscheidung zur Beitragspflicht dem Grunde nach gibt es nicht. Auch der Bescheid vom 3. April 2007 enthält keine Entscheidung über eine Beitrags-pflicht dem Grunde nach, die entsprechende Einwände gegen Beitragsbescheide ausschlösse. Ohnehin ist diese Erwägung nur noch für die Einbeziehung des Beschei-des vom 20. Februar 2008 von Bedeutung, weil alle übrigen Bescheide schon vor Erlass des Bescheides vom 3. April 2007 nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden waren. Aber der Bescheid vom 3. April 2007 enthält auch seinem Inhalt nach keine Entscheidung über die Beitragspflicht der Klägerin dem Grunde nach. Denn sein Inhalt erschöpft sich in der Feststellung der Zuständigkeit innerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwar enthält der Bescheid selbst keine genaue Abgrenzung der feststellenden Regelung der Zuständigkeit nach § 123 Abs. 1 SGB VII von den nachfolgenden Ausführungen zu bestimmten Pflichten der Klägerin. Aus der Überschrift des Bescheides "über den Beginn der Zuständigkeit", der unverbindlich ankündigenden Formulierung der Beitragspflicht: "werden jährlich Beiträge erhoben", und dem damit verbundenen Hinweis auf Anzeige- und Mitteilungspflichten folgt aber, dass es sich dabei nur um Hinweise auf die kraft Gesetzes bestehende Lage handelt. Dies bestätigt auch die Fassung des § 136 Abs. 1 S. 1 SGB VII, wonach eine Rege-lung über die Zuständigkeit für ein Unternehmen zu treffen ist, nicht aber über die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden allgemeinen Regelungen zur Unterworfenheit unter die gesetzliche Unfallversicherung. Die Berufung ist nicht begründet. Der Zulässigkeit dieser Klage steht nicht die Rechtskraft des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. August 2008 in dem früheren Parallelverfahren entgegen, soweit dieses über die Beitragsbescheide vom 17. Februar 2006 und 19. Februar 2007 entschieden hat. Darüber hat es entschieden, weil es sich bei den anderen Datenangaben um einen offenkundigen Irrtum handelt. Die gemeinten Bescheide sind aber durch die angegebenen Daten eindeutig auszumachen, weil erstens unter den angegebenen Daten keine Bescheide der Beklagten ergangen sind und die Daten zweitens diejenigen des jeweiligen Eingangs des Widerspruchs gegen die o.g. Bescheide sind. Denn durch diesen Umstand wird erkennbar, dass das Gericht sich an dieser Stelle mit denjenigen Beitragsbescheiden beschäftigt hat, die durch die Widersprüche angefochten sind. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist nur insoweit rechtskräftig und die zu Grunde liegenden Beitragsbescheide sind nur insoweit bestandskräftig, als das Sozialgericht ihnen – entgegen der oben dargelegten Auffassung des Senats – eine Entscheidung über die Beitragspflicht dem Grunde nach entnommen und als gesonder-ten Streitgegenstand behandelt hat. Eine solche begrenzte Rechtskraft ist möglich, da eine Entscheidung über eine Beitragspflicht dem Grunde nach einerseits und der Höhe nach andererseits gedanklich voneinander abgrenzbar sind. Dem Gerichtsbescheid ist die Teilentscheidung über die Beitragspflicht mittelbar zu entnehmen. Sie ergibt sich aus der Bezugnahme des Sozialgerichts auf die Gründe des Widerspruchsbescheides. Darin führt der Widerspruchsausschuss der Beklagten nämlich aus, er habe nur über den Einwand gegen die Zugehörigkeit zur Beklagten zu entscheiden, während die angefochtenen Bescheide hinsichtlich des Beitragsmaßstabs und der Beitragshöhe Gegenstand des Verfahrens vor dem Landessozialgericht seien. Darauf kann das Sozialgericht nicht Bezug nehmen, ohne selbst von einer entsprechenden Teilung der Streitgegenstände auszugehen. Aus dem gleichen Grund führt auch die unterbliebene Aufnahme des Widerspruchsbe-scheides vom 8. Mai 2008 in den Anfechtungsantrag der Klägerin nicht zur vollständi-gen Bestandskraft des Bescheides vom 20. Februar 2008. Denn insoweit ist hier die Beklagte durch Bezugnahme auf ihren Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 weiterhin von einem geteilten Widerspruchsgegenstand ausgegangen, der die Bei-tragshöhe nicht enthält. Die Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide beschweren die Klägerin im angefochtenen Umfang nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte die Höhe der flächenwertbestimmten Beiträge rechtmäßig festgesetzt hat. Die Berechnungen der Beklagten entsprechen ihrer Satzung, die den Grundsatz in § 43 Abs. 1, § 44 Abs. 1–3 (früher § 42 Abs. 1, § 43 Abs. 1-3) regelt. Dass die Beklagte dabei von richtigen Tatsachen ausgegangen ist, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erneut ausdrücklich bestätigt; die entsprechenden Daten stehen auch nicht im Widerspruch zur Aktenlage. Die Satzungsbestimmungen der Beklagten zur Erhebung des Beitrags nach dem Flächenwert verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen § 182 Abs. 2 S. 1, 2 SGB VII. Sie berücksichtigen im Sinne von § 182 Abs. 2 S. 2 SGB VII "ausreichend" die Unfallrisiken der Unternehmen. Eine in diesem Sinne ausrei-chende Berücksichtigung ist nach den Grundsätzen der Ermessenskontrolle zu prüfen; dies folgt aus der in § 182 Abs. 2 S. 1 SGB VII ermöglichten Wahl der Beklagten zwischen mehreren Maßstäben und der notwendigen Verbindung der Wahl eines Maßstabes mit dem ausdrücklich eingeräumten Ermessen ("kann") zur Aufstellung eines Gefahrtarifs in § 182 Abs. 2 S. 2 SGB VII. Würde man gegenüber der Ermes-senskontrolle hinsichtlich der Aufstellung eines Gefahrtarifs eine volle Überprüfbarkeit der ausreichenden Berücksichtigung des Unfallrisikos annehmen, käme es zu gedank-lichen Brüchen, weil das eingeräumte Ermessen zur Aufstellung eines Gefahrtarifs durch eine volle Überprüfbarkeit aller anderen Maßstäbe absehbar ausgehöhlt würde. Auch spricht die auf eine Abwägung verschiedener Bemessungsgesichtspunkte hinauslaufende Wortwahl "ausreichend" in Verbindung mit der in § 183 Abs. 2 SGB VII eingeräumten Satzungsautonomie der Beklagten für die Beschränkung des Merkmals "ausreichende Berücksichtigung des Unfallrisikos" auf einen notwendigen Abwägungs-gesichtspunkt bei der Ermessensausübung (im Sinne der vorstehenden Überlegungen auch BSG, Urt. v. 20. 2. 01 – B 2 U 2/00 R – zitiert nach Juris, Rdnr. 27: "muss indes im Rahmen der Selbstverwaltung der hierfür zuständigen Vertreterversammlung überlassen werden und kann nicht von den Gerichten entschieden werden"). Die Satzungsregelungen der Beklagten lassen keine Ermessensfehler erkennen. Der Gesetzgeber hat in § 182 Abs. 2 S. 1 SGB VII vorgegeben, dass ein Flächenwertmaß-stab Grundlage der Beitragserhebung sein kann und der Beklagten in § 182 Abs. 2 S. 2 SGB VII allein aufgegeben, die damit zur Grundlage der Beitragserhebung gemachte Ertragskraft zumindest auch gegen unterschiedliche Unfallrisiken abzuwä-gen. Dies hat die Beklagte ohne Ermessensfehlgebrauch getan. Insbesondere weist sie zu Recht darauf hin, dass bei pauschalierender Betrachtung zwischen der im Flächenwert mit zum Ausdruck kommenden Intensität der Bearbeitung und dem Unfallrisiko ein Zusammenhang besteht, weil die Unfälle grundsätzlich mit der Zahl der erbrachten Arbeitsstunden zunehmen. Auf diesen Zusammenhang baut die Beitrags-bemessung folgerichtig auf, weil die Beklagte in ihrer Satzung verschiedene Bewirt-schaftungsarten nach ihrer Intensität in der Beitragshöhe staffelt, so in § 43 (früher 42) Abs. 3, 4 der Satzung – Staffelung nach Art und Umfang der Viehhaltung und in § 44 (früher 43) Abs. 4 – 7 der Satzung – Staffelung nach Art und Umfang des Pflanzenan-baus. Die Ermittlung der Beitragshöhe verstößt nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Dieser ist verletzt, wenn eine Bestimmung willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Dies ist hier nicht der Fall, nur weil die Beitragshöhe im Einzelfall nicht von dem tatsächlichen Personalaufwand und der Betriebsweise des jeweiligen landwirtschaftlichen Unternehmens bestimmt wird. Die höhere Beitragspflicht großer im Verhältnis zu kleinen Unternehmen ist die Folge der typisierenden und pauschalierenden Regelung, die zur Ordnung von Mas-senerscheinungen unerlässlich ist (BSG, Urt. v. 25. 1. 1983 – 2 RU 1/82BSGE 54, 243, 247). Bei der grundsätzlichen Anknüpfung an leicht zu ermittelnde Umstände und der pauschalierenden Ausrichtung des Unfallrisikos am typischen Arbeitsaufwand handelt es sich um sachlich hinreichend einleuchtende Gründe für die Beitragsbemes-sung. Im Übrigen sind auch solidarische Überlegungen, die über die reine Bewertung des Unfallrisikos hinausgehen, einerseits sachliche Merkmale der Beitragsbemessung in einem gesetzlichen Solidarsystem der Unfallversicherung, andererseits sogar Maßstab der Zulässigkeit eines öffentlichen Systems der Zwangsmitgliedschaft im Recht der Europäischen Gemeinschaften. Denn dafür ist gerade Voraussetzung, dass Beiträge nicht streng im Verhältnis zum versicherten Risiko bemessen werden (Urt. der 3. Kammer des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 5. 3. 2009 – C-350/07, zitiert nach Juris). Typisierend muss die Beklagte auch nicht die Beitragslast um Anteile ermäßigen, die Lohnunternehmen über ihre Preisbildung auf die landwirtschaftlichen Unternehmen abwälzen. Vielmehr kann sie zum Einen davon ausgehen, dass durch abweichende Betriebssitze in den Lohnunternehmen zusätzliche Wegerisiken entstehen. Sie kann weiterhin davon ausgehen, dass zusätzliche Risiken im Umgang mit Technik entste-hen, weil das Maß der Befassung mit Technik dasjenige auch von stark technisierten Höfen übersteigt. So sind z. B. durch besondere Konzentration von Technik in den Lohnunternehmen in erhöhtem Maße eigene Reparatur- und Wartungsarbeiten zu erwarten. Davon kann die Beklagte ausgehen, weil besonders der rationelle Einsatz von Technik in den Lohnunternehmen erst deren Beauftragung für landwirtschaftliche Unternehmen wirtschaftlich erscheinen lässt. Ihre Einwände gegen die Übereinstimmung der Beitragserhebung mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften hat die Klägerin im Hinblick auf die neue Rechtspre-chung des EuGH (a.a.O.) in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen. Der Senat schließt sich der Entscheidung des EuGH an und sieht mangels eigener Beden-ken keinen Anlass zu einer eigenen weiteren Vertiefung. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision liegen gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht vor. Die Festsetzung des Streitwerts folgt § 42 Abs. 3 S. 1 des Gerichtskostengesetzes. Durch die fortlaufende Einbeziehung der Beitragsbescheide nach § 96 Abs. 1 SGG ist das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten mit dem bei einer Klage auf wiederkehren-de Leistungen vergleichbar, bei der der dreifache Jahreswert anzusetzen ist. Im Streit steht die geschätzte Hälfte der Beitragsforderung abzüglich der Bundesmittel. Grund-lage der Schätzung ist die Argumentation der Klägerin, sie müsse acht Prozent der Lohnsumme an Beiträgen aufbringen, während in der übrigen Wirtschaft selbst in gefahrenträchtigen Branchen (nach dem letzten Vortrag) nur drei Prozent der Lohn-summe üblich seien. Danach wäre eine Belastung mit höchstens der Hälfte der jetzigen Beiträge als Klageziel folgerichtig.

gez. Eyrich RLSG Dr.Ulrich und RArbG Boldt sind durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.

gez. Eyrich
Rechtskraft
Aus
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