L 1 U 1351/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 7484/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1351/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht ein Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls am 3. November 2005.

Der Kläger erlitt am 3. November 2005 einen Arbeitsunfall/Wegeunfall, als auf dem Weg von der Arbeit nach Hause ein Auto mit ca. 30 km/h auf sein stehendes Kfz auffuhr.

Im Durchgangsarztbericht der Ärztin S. vom 3. November 2005 sind als Diagnosen eine Halswirbelsäulen(HWS-)Distorsion, Prellung linke Schulter, Periostreizung Tibiakante rechts bei im Röntgenbild erkennbaren degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS bei ansonsten fehlenden knöchernen Verletzungen aufgeführt. Der Kläger war vom 3. bis 27. November 2005 arbeitsunfähig (Bericht der Gemeinschaftspraxis in der A.klinik vom 22. November 2005). Im Bericht des Orthopäden Dr. R. vom 29. November 2005 wird als Ergebnis der durchgeführten Sonographie beider Schultern eine regelhafte Darstellung der Rotatorenmanschette sowie der Bizepssehne ohne Hinweise auf Bursitis subacromialis mitgeteilt bei weiterhin bestehendem Druckschmerz im Bereich der linken Schulter und des linken Oberarms und positivem Impingementzeichen im Bereich der linken Schulter sowie verspannter Trapeziusmuskulatur links. Am 20. Dezember 2005 teilte Dr. R. mit, der Kläger befinde sich bei ihm in Akupunkturbehandlung; er habe eine Kernspinuntersuchung der linken Schulter veranlasst. In dieser, die am 9. Dezember 2005 durch Dr. P. durchgeführt worden sei (Bericht in Anlage beigefügt), sei eine deutliche Teilläsion der Supraspinatussehne mit eindeutig retrahierten Sehnenanteilen sowie vermehrter Flüssigkeit subcoracoidal sowie in der Bursa subdeltoidea festgestellt worden. Diese Sehnenruptur sei seines Erachtens dem Unfall zuzuordnen.

Die Beklagte zog sodann die polizeilichen Ermittlungsakten zum Unfall bei.

Am 16. Februar 2006 stellte sich der Kläger auf Aufforderung der Beklagten in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vor. In seinem Bericht vom 20. Februar 2006 führte Prof. Dr. W. mit Oberarzt Dr. V. und Assistenzärztin S. aus, es liege eine degenerative Teilläsion der Supraspinatussehne links bei Zustand nach Schulterprellung links und HWS-Distorsion vor. Die Kernspinaufnahme vom 5. Dezember 2005 zeige lediglich degenerative Teilläsionen der Supraspinatussehne.

Mit Schreiben vom 3. März 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nur bis 27. November 2005 vorgelegen habe, die darüber hinaus geklagten Gesundheitsstörungen nicht mehr Folge des Wegeunfalls seien. Der Kläger wandte ein, vor dem Unfall schmerzfrei gewesen zu sein.

Mit Bescheid vom 12. April 2006 erkannte die Beklagte als Folgen des Unfalls an eine Distorsion der HWS, eine Prellung der linken Schulter und eine Knochenhautreizung im Bereich der rechten vorderen Schienbeinkante. Die Anerkennung lehnte sie bezüglich degenerativer Veränderungen im Bereich der HWS (5. bis 7. Halswirbelkörper), degenerativer Schädigungen im Bereich der Rotatorenmanschette der linken Schulter und arthrotischen Veränderungen im Bereich des linken Schultereckgelenks ab. Sie lehnte weiter einen Anspruch auf Rente wegen der Unfallfolgen ab.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und legte das Gutachten des Sachverständigenbüros Fauser für die Kfz-Versicherung des Klägers vor, in welchem ein wirtschaftlicher Totalschaden des vom Kläger beim Unfall benutzten Kfz mitgeteilt wird.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück, gestützt auf die erhobenen medizinischen Befunde. Allein aufgrund der Höhe des Sachschadens am Pkw könne nicht auf die Schwere der körperlichen Einwirkungen geschlossen werden.

Dagegen hat der Kläger am 11. Oktober 2005 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und geltend gemacht, vor dem Unfall im Bereich der HWS und der Schulter völlig beschwerdefrei gewesen zu sein. Dass es sich um einen schweren Unfall gehandelt habe, werde aus den Schäden am Kfz deutlich. Die Beklagte hat erwidert, dass nach dem Konsenspapier 2004 für die Begutachtung von HWS-Verletzungen leichtgradige Verletzungen binnen weniger Tage oder Wochen abheilen würden. Neben dem Umstand, dass degenerative mehrsegmentale Veränderungen der HWS in den Röntgenaufnahmen erkennbar seien, spreche auch die Beschwerdedauer gegen einen Unfallzusammenhang. Soweit Dr. R. die Supraspinatussehnenläsion auf den Unfall zurückführe, spreche bereits der Unfallhergang gegen eine Ursächlichkeit dessen für die Läsion und darüber hinaus fehlten die nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur notwendigen Begleiterscheinungen. Auch habe die Sonographie zwei Wochen nach dem Unfall keine Läsion der Rotatorenmanschette belegt. Mit Urteil vom 20. Februar 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, nach den vorliegenden ärztlichen Befunden sei beim Kläger lediglich eine HWS-Distorsion 1. Grades als Unfallfolge festzustellen, die nach längstens 6 Wochen folgenlos ausgeheilt sei. Die Veränderungen in den Halswirbelkörpern 5 bis 7 seien dagegen degenerativer Natur, was sich aus dem MRT-Bericht und dem Bericht von Prof. Dr. W. vom 20. Februar 2006 ergebe. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei eindeutig nicht gegeben. Auch die Supraspinatussehne sei nicht unfallbedingt geschädigt. Dies ergebe sich aus dem MRT-Bericht des Dr. P. und dem Zwischenbericht des Prof. Dr. W ... Der Unfallhergang sei nicht geeignet, eine Läsion der Supraspinatussehne zu verursachen. Darüber hinaus sei die linke Schulter bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. im Wesentlichen frei beweglich gewesen, das Muskelrelief sei seitengleich ausgeprägt. Da auch die zwischenzeitlich durchgeführte Schulteroperation zu Lasten der Krankenkasse erfolgt sei, sei es nicht zu beanstanden, von einer Degeneration auszugehen.

Gegen das ihm am 4. März 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. März 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung vertieft er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, es könne nicht zu seinen Lasten gehen, wenn die Ruptur der Supraspinatussehne erst am 5. Dezember 2005 festgestellt worden sei. Darüber hinaus habe Dr. J. ausgeführt, dass der histologische Befund die Unfallursächlichkeit bestätige.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2008 und in Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 12. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2006 die Beklagte zu verurteilen, auch die Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWK 5 bis 7), die Schädigungen im Bereich der Rotatorenmanschette der linken Schulter sowie die Veränderungen im Bereich des linken Schultergelenks als Folgen des Arbeitsunfalls vom 3. November 2005 anzuerkennen und dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls Verletztenrente nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt zur Begründung aus, dass ein histologischer Bericht des Dr. J. nicht vorliege. Auch lasse der Kläger unbeachtet, dass selbst die behandelnden Ärzte von degenerativen Veränderungen an der HWS ausgingen.

Der Kläger hat den Arztbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. J. vom 5. Dezember 2005, der Dres. R./J. und M. vom 31. Januar 2006 (mit Hinweis auf eine Rotatorenmanschettenruptur rechts mit operativer Versorgung 2005 und Operation der Schulter links am 8. März 2006 zu Lasten der Krankenversicherung) für die private Versicherung des Klägers vorgelegt.

Das Gericht hat das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse beigezogen (seit 1994 regelmäßig Behandlungen wegen Beschwerden an der HWS; 1998 Schulter-Arm-Syndrom) und Dr. M., A.klinik schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt (Auskunft vom 6. Oktober 2008 mit Arztbriefen in Anlage). Auf Anfrage des Gerichts übersandte Dr. R. den Bericht über die Operation am 8. März 2006 sowie eine CD mit weiteren Aufnahmen. Die Beklagte hat auf Aufforderung des Gerichts die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. B. vom 17. Dezember 2008 und 21. Januar 2009 vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz zulässige und nach § 151 SGG im Übrigen statthafte Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die Feststellung weiterer Unfallfolgen sowie die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt, das SG die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Feststellungsklage zu Recht abgewiesen.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).

Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist nicht mit der gebotenen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass weitere Unfallfolgen als die von der Beklagten bereits festgestellten vorliegen und nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Beschwerden im Bereich der HWS und der linken Schulter durch das Unfallereignis vom 3. November 2005 verursacht sind.

Der Kläger hat durch den Unfall vom 3. November 2005 eine Distorsion der HWS, eine Prellung der linken Schulter und eine Knochenhautreizung im Bereich der rechten vorderen Schienbeinkante erlitten. Zwar bestehen bzw. bestanden des Weiteren auch Veränderungen im Bereich der HWS und ein Riss der Supraspinatussehne. Beide Erkrankungen können jedoch nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückgeführt werden und sind daher zu Recht nicht als Unfallfolgen festgestellt worden.

Soweit der Kläger geltend macht, die Veränderungen im Bereich des 5. bis 7. Halswirbelkörpers seien durch den Unfall rechtlich wesentlich verursacht, spricht dagegen bereits der Umstand, dass nicht nur im Durchgangsarztbericht, sondern auch vom behandelnden Orthopäden Dr. B. am 29. November 2005, gestützt auf den Computertomogrammbericht vom 7. November 2005, erhebliche degenerative Veränderungen festgestellt worden sind. So liegt eine degenerative Diskopathie C 6/7 mit spondylosis deformans und rechts dorsolateraler Retrospondylose, eine Uncovertebralarthrose C 6/7, rechts ausgeprägter als links mit knöcherner Einengung des rechtsseitigen Neuroforamens und eine Spondylosis deformans C 5/6 vor. Dabei handelt es sich um Veränderungen der Wirbelsäule, die Ausdruck degenerativer Veränderungen bzw. Reparaturvorgängen der Wirbelkörper infolge degenerativer Veränderungen darstellen. Ausdrücklich wurden im Bericht über das Computertomogramm (CT) darüber hinaus ein traumatischer Nucleus pulposus prolaps oder ein Weichteil- bzw. intraspinales Hämatom, was einen Hinweis auf eine traumatische Verletzung hätte geben können, ausgeschlossen. Liegen also nach dem Ergebnis der durchgeführten bildgebenden Verfahren keinerlei Hinweise auf traumatische Veränderungen - sei es des Weichteilgewebes oder der Bänder oder Gelenkkapseln - vor, ist allenfalls von einer Distorsion, also einer Zerrung, der HWS als Unfallverletzung auszugehen. Nach der in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur beschriebenen Einteilung von Verletzungen der HWS nach Schweregraden entspricht diese Verletzung maximal einem Schweregrad I (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003 Seite 554 ff).

Allerdings ist aufgrund der erheblichen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule nicht feststellbar, ob und wenn ja in welchem Umfang die vom Kläger nach dem Unfall noch geklagten Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, zuletzt gegenüber Prof. Dr. W. am 16. Februar 2006 als "gelegentlich ziehende Schmerzen vom Nacken zum Gesäß nur nachts, nach dem Aufsitzen mit eintretender Besserung" beschrieben, auf der Distorsion oder den degenerativen Veränderungen beruhen, wobei die Beschwerdeschilderung mehr für ein Zusammenhang mit den degenerativen Veränderungen spricht. Kann aber der Ursachenzusammenhang nicht mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, kann eine Anerkennung als Unfallfolgeschaden zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen.

Dem steht auch nicht die Beurteilung von Dr. M. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 6. Oktober 2008 entgegen, in der dieser ausführt, dass Halswirbelsäulenbeschwerden zwar in der Bevölkerung außerordentlich häufig seien und auch eine unfallunabhängige Neigung zu diesen Beschwerden möglich sei, wohingegen beim Kläger der zeitliche Zusammenhang mit dem Unfall einen Zusammenhang zumindest im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung nahe lege.

Zum einen kann (allein) auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Beschwerden und dem angeschuldigten Ereignis ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang nicht gestützt werden. Darüber hinaus ist bereits fraglich, ob der von Dr. M. postulierte zeitliche Zusammenhang überhaupt besteht. Denn auch wenn der Kläger vorbringt, vor dem Unfall (auch) im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen zu sein, so dass schon dieser Umstand für einen Zusammenhang der Beschwerden mit dem Unfall spreche, vermochte dies den Senat angesichts der im Vorerkrankungsverzeichnis dokumentierten und seit 1994 in regelmäßigen Abständen erfolgenden Arztkonsultationen wegen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule nicht zu überzeugen. Gleiches gilt daher auch für den von Dr. M. angenommenen zeitlichen Zusammenhang sowie dessen Annahme einer richtunggebenden Verschlimmerung. Auch diese würde voraussetzen, dass ein abgrenzbarer Schaden an der Wirbelsäule verursacht worden ist, was hier ebenfalls nicht der Fall ist. Weitere Beweiserhebungen waren daher nicht angezeigt.

Soweit der Kläger auch die Feststellung der Supraspinatussehnenruptur und weiterer Veränderungen im Bereich der linken Schulter als Unfallfolge begehrt, hat die Berufung auch insoweit keinen Erfolg.

Der Kläger führt zur Stützung seines Begehrens im Wesentlichen aus, Dr. B. wie auch Dr. M. hätten bestätigt, dass der Riss der Supraspinatussehne unfallbedingt und nicht degenerativ verursacht sei.

Dieser Zusammenhang ist nach Auswertung der aktenkundigen ärztlichen Unterlagen nach Auffassung des Senats jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich.

Gegen einen Zusammenhang spricht, dass die direkt nach dem Unfall durchgeführte Sonographie der Supraspinatussehne, mit welcher Veränderungen an den Gleitschichten, Oberflächen der Rotatorenmanschette, Veränderungen innerhalb des Sehnengewebes sowie Teilrupturen erkennbar gemacht werden können (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 510), eine Ruptur oder sonstige Verletzung der Rotatorenmanschette nicht ergeben hat. Diesem Befund entspricht, dass der Kläger unfallnah nicht über die für eine traumatische Ruptur typischen Beschwerden, z.B. ein fall-arm-Syndrom, geklagt hat.

Auch das von Dr. M. in seinem Arztbrief vom 22. November 2005 beschriebene positive Impingementzeichen, ohne dass an den oberen Extremitäten sensible oder motorische Ausfälle festgestellt worden wären, lässt den Schluss auf bereits bestehende degenerative Veränderungen zu. Dem entspricht die von Prof. Dr. W. beschriebene nahezu freie Beweglichkeit der linken Schulter bei seitengleichem Muskelrelief, was auch auf körpereigene Ausgleichsfunktionen bei einer schon seit längerem bestehenden Ruptur oder Teilruptur schließen lässt.

Im MRT-Bericht vom 5. Dezember 2005 ist darüber hinaus beschrieben, dass mit Ausnahme der Degeneration der Supraspinatussehne keine weiteren pathologischen Veränderungen in der linken Schulter vorliegen, wohingegen unfallbedingte Rotatorenmanschettenrupturen in aller Regel zu Begleitverletzungen führen, da der traumatische isolierte Riss der Rotatorenmanschette medizinisch nahezu auszuschließen ist und insbesondere Einblutungen und Veränderungen an benachbarten Strukturen zu erwarten sind. Auch dies spricht gegen einen wahrscheinlichen Zusammenhang des Risses mit dem Unfallgeschehen. Soweit im histologischen Bericht von 10. März 2006 ein morphologisches Substrat beschrieben wird, das ein nicht mehr frisches Trauma und gering- bis mittelgradige sekundäre Veränderungen erkennen lasse, lassen diese Ausführungen den Schluss nicht zu, dass der Riss der Supraspinatussehne tatsächlich durch ein Trauma am 3. November 2005 verursacht worden ist. Wie der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. B., in Übereinstimmung mit dem aktuellen medizinischen Kenntnisstand (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 510) ausgeführt hat, ist ein histologischer Befund, der jedenfalls mehr als 12 Wochen nach dem vermuteten Trauma erhoben wird, nicht mehr aussagekräftig, da Zeichen der Reparation von denen der Degeneration überlagert werden. Berücksichtigt man weiter, dass zeitnah nach dem Unfall ein Riss nicht nachgewiesen werden konnte, der Histologiebericht vom März 2006 aber dennoch von einem frischen Trauma spricht, spricht im Gegenteil viel dafür, dass sich nach dem 3. November 2005 ein weiteres, möglicherweise unbemerktes Trauma ereignet hat, das zum endgültigen Riss geführt hat. Dies kann jedoch offen bleiben, da aus dem Histologiebericht der positive Schluss auf einen Ursachenzusammenhang nicht gezogen werden kann.

Soweit sich Dr. M. darauf stützt, der Histologiebericht weise ein frisches Trauma nach, hat er sich nicht mit der nur beschränkten Aussagekraft dieses Berichts unter Berücksichtigung des Zeitablaufs auseinandergesetzt. Er hat darüber hinaus nicht berücksichtigt, dass er den Kläger wegen eines nahezu identischen Krankheitsbildes im Bereich der rechten Schulter bereits im Frühjahr 2005 operiert hat, so dass auch der Umstand einer seitengleichen krankheitswertigen Veränderung der Supraspinatussehne nicht nur gegen einen Zusammenhang des Risses links mit dem Unfall, sondern auch gegen den Vortrag des Klägers spricht, auch im Bereich der Schultern vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen zu sein.

Weitere Sachverhaltsermittlungen waren daher nicht mehr angezeigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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