Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 2930/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2368/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004.
Der 1953 geborene, alleinstehende Kläger steht im langjährigen Leistungsbezug bei der Beklagten. Ab dem 22. Mai 2000 war er bei der K- GmbH als Mitarbeiter in der Montage versicherungspflichtig beschäftigt. Aus der Tätigkeit erzielte der Kläger in der Zeit vom 1. August 2002 bis zum 2. September 2003 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt im Umfang von 15.839,42 EUR, wobei für die Zeiten vom 1. August 2002 bis zum 8. September 2002 und vom 19. März 2003 bis zum 5. August 2003 wegen einer Erkrankung (ohne Lohnfortzahlung) kein Arbeitsentgelt gewährt wurde. Vom 19. März 2003 bis zum 7. Juli 2003 bezog der Kläger von der A. Bi. Krankengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Regelentgelts von 69,86 EUR. Mit Schreiben vom 2. September 2003 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers durch K- GmbH fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Eine zum Arbeitsgericht Ulm (Az.: ) erhobene Kündigungsschutzklage endete durch einen im Gütetermin vom 23. Oktober 2003 geschlossenen gerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Parteien darauf einigten, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31. Dezember 2003 enden wird. Die K- GmbH verpflichtete sich ferner, an den Kläger eine Abfindung i.H.v. 1.840,- EUR sowie die restliche Vergütung für September 2003 und für Oktober 2003, unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts von jeweils 1.840,- EUR, zu zahlen.
Am 5. September 2003 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Er gab hierbei die "W., B. Bu." als Wohnanschrift an. Vom 3. bis zum 21. September 2004 bezog der Kläger von der A. Bi. Krankengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Regelentgelts von 69,86 EUR.
Nachdem die Beklagte dem Kläger, zunächst vorläufig mit Bescheid vom 30. Oktober 2003, Alg ab dem 5. September 2003 bewilligte, bewilligte sie mit Bescheid vom 12. Dezember 2003 Alg ab dem 22. September 2003 in Höhe eines wöchentlichen Leistungssatzes von 208,60 EUR. Sie legte hierbei ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 510,90 EUR zugrunde, um sodann mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 Alg ab dem 1. November 2003 für 620 Kalendertage in Höhe eines wöchentlichen Leistungsbetrages von 208, 60 EUR zu bewilligen. Mit Bescheid vom 2. Juni 2004 änderte die Beklagte ihre Bewilligung ab dem 8. Mai 2004 für 7 Kalendertage insoweit ab, als sie einen wöchentlichen Leistungssatz von 213,15 EUR bewilligte, von welchem sie einen Betrag von 58,17 EUR wöchentlich abzweigte und einen Betrag von 154,98 EUR (22,14 EUR täglich) an den Kläger ausbezahlte.
Am 7. Juli 2004 wurde durch die D. AG im Wege einer "Anschriftenberichtigung" ein Schreiben der Beklagten an den Kläger, mit dem Vermerk, der Empfänger sei in die G. , O. verzogen, zurückgereicht. Auf eine Anfrage der Beklagten betreffend dem Umzug nach O. vom 15. Juli 2004 teilte der Kläger anlässlich einer persönlichen Vorsprache mit, dass er noch nie in O. wohnhaft gewesen sei. Telefonisch teilte er am 19. Juli 2004 mit, dass er selbst einen Postnachsendeantrag nach O., den Wohnort seiner Freundin, gestellt habe. Er legte eine Meldebestätigung der Stadtverwaltung B. Bu. vom 19. Juli 2004 vor, in welcher angeführt ist, dass der Kläger seit dem 1. April 1985 in der W. in B. Bu. wohnhaft sei. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 20. Juli 2004 versicherte der Kläger, dass er sich unverändert in B. Bu. aufhalte. Er werde (heute noch) dafür sorgen, dass er auch postalisch in B. Bu. erreichbar sei. Mit Schreiben vom 9. August 2004 teilte er mit, den von ihm gestellten Nachsendeauftrag ab dem 3. August 2004 storniert zu haben. Telefonisch wurde der Beklagten durch die D. AG mitgeteilt, dass der Nachsendeantrag nach O. in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 gestellt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 13. August 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 ganz auf. Zur Begründung führte die Beklagte an, Anspruch auf Leistungen habe nur derjenige, der arbeitslos sei. Arbeitslos sei u.a. nur, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe und Vermittlungsvorschlägen zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Der Arbeitslose habe daher sicherzustellen, dass er unter der von ihm angegebenen Anschrift an jedem Werktag durch Briefpost erreicht werden könne. Der Kläger habe in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 einen Postnachsendeantrag nach O. gestellt, er sei in dieser Zeit nicht erreichbar, infolgedessen nicht verfügbar, mithin nicht arbeitslos gewesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. September 2004 Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, dass ihn Postsendungen in seinem Briefkasten in der Vergangenheit nicht erreicht hätten. In demselben Haus wie er wohne auch sein Bruder, dessen Sohn den gleichen Vornamen wie er habe, weswegen es zu Verwechslungen gekommen sei. Um diesen vorzubeugen habe er einen Nachsendeantrag an die Adresse von Frau K., G. , O. gestellt. Mit dieser sei vereinbart gewesen, in dem Fall, dass ein Schreiben nach O. gesandt werde, sie den Kläger fernmündlich am gleichen Tag unterrichten werde. Auch sei K. ermächtigt gewesen, die für ihn eingehende Post zu öffnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte an, der Bezug von Alg setze die Verfügbarkeit des Arbeitslosen voraus. Hierzu gehöre u.a., dass der Arbeitslose den Vorschlägen der Agentur für Arbeit zeit- und ortsnah Folge leisten kann. Dies könne nur derjenige, der in der Lage sei, unverzüglich Mitteilungen der Agentur für Arbeit persönlich zur Kenntnis zu nehmen, weshalb der Arbeitslose sicherzustellen habe, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen könne. Diese Voraussetzungen habe der Kläger im streitigen Zeitraum nicht erfüllt, da für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis einschließlich 2. August 2004 ein Nachsendeantrag für die Anschrift der K. bestanden habe. Er sei deswegen nicht persönlich durch Briefpost an jedem Werktag erreichbar gewesen. Dass die Freundin ihn sofort bei Posteingang benachrichtigt hätte, reiche für die Annahme der Erreichbarkeit nicht aus.
Hiergegen hat der Kläger am 4. Oktober 2004 -anwaltlich vertreten- Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat der Kläger vorgetragen, dass er gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder wie dessen Familie in B. Bu. wohnhaft sei. In der Vergangenheit sei es zwischen ihm und seinem Bruder, dessen Sohn den gleichen Vornamen wie er trage, zu Streitigkeiten gekommen. Infolge der Namensidentität sei es in der Vergangenheit zu falschen Einwürfen von Postsendungen gekommen, die ihn teilweise nicht erreicht hätten. Der Kläger habe daraufhin mit einer Bekannten vereinbart, seinen postalischen Wohnsitz in deren Wohnung zu verlegen und habe hierzu einen Nachsendeauftrag gestellt. Er habe von seiner Bekannten in der Folgezeit jeweils unverzüglich Nachricht bekommen, wenn Postsendungen eingeworfen worden seien. Auch sei die Bekannte ermächtigt gewesen, die eingehende Post zu öffnen. Der Kläger legte sodann eine eidesstattliche Versicherung der K. vom 02. Mai 2005 vor, in welcher an Eides statt versichert wird, dass zwischen ihr und dem Kläger besprochen worden sei, dass sie für ihn eingehende Schreiben bei Eingang öffnen dürfe und den Kläger hierüber gegebenenfalls telefonisch unterrichten werde. Diesen Anforderungen sei sie nachgekommen. Sie habe eingehende Post am Tag des Eingangs durchgesehen und den Kläger unterrichtet, soweit ein behördliches Schreiben eingegangen sei. Sie könne daher bestätigen, dass jedes Schreiben der Agentur für Arbeit den Kläger an dem Tag, an welchem es in ihren Briefkasten gelangt sei, zur Kenntnis gebracht wurde. Der Kläger legte ferner eine Bestätigung der D. AG vor, dass die Laufzeit nachzusendender Postsendungen ca. zwei bis drei Tage betrage. Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides entgegengetreten. Ergänzend und wiederholend hat sie vorgebracht, dass der Kläger den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stehen musste, was infolge des gestellten Nachsendeauftrages nicht der Fall gewesen sei.
Mit Urteil vom 17. Januar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG angeführt, dass in den tatsächlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten sei, da der Kläger nicht mehr unter seiner Wohnanschrift erreichbar gewesen sei. Arbeitslose müssten den Vorschlägen der Arbeitsagentur jedoch zeit- und ortsnah nachkommen können. Hierfür reiche die Stellung eines Nachsendeantrages nicht aus. Den Anträgen des Klägers, es müssten Zeugen einvernommen werden, sei nicht nachzugehen gewesen, da einzig entscheidend sei, dass der Kläger für die Beklagte unter der dieser gemeldeten Anschrift nicht erreichbar gewesen sei.
Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 3. Februar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Februar 2006 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor, das SG sei seinen Beweisanträgen nicht nachgekommen. Die Stellung eines Nachsendeauftrages sei deswegen erfolgt, weil es im Zuge einer erbrechtlichen Auseinandersetzung mit seinen Verwandten dazu gekommen sei, dass Postsendungen aus seinem Briefkasten entfernt worden seien, was von ihm nicht zu verhindern gewesen sei. Durch die Stellung des Nachsendeauftrages habe der Kläger gerade dafür gesorgt, dass er für die Bundesagentur für Arbeit erreichbar gewesen sei. Seine Freundin, an die die Post nachgesandt wurde, sei ermächtigt gewesen, diese zu öffnen. Mit Schreiben vom 12. April 2007 legte der Kläger "(in obiger Sache) Sprungrevision ein" und erklärte, er "nehme die Berufung zurück", worauf der Senat den Rechtsstreit als erledigt betrachtet und aktenmäßig ausgetragen hat. Mit Beschluss vom 30. April 2007 (Az.: B 11a AL 15/07 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) beschlossen, die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Januar 2006 als unzulässig zu verwerfen. In den Gründen hat das BSG angeführt, dass der Senat Bedenken habe, ob in dem Schreiben des nicht rechtskundig vertretenen Klägers vom 12. April 2007 angesichts seiner Widersprüchlichkeit eine wirksame Berufungsrücknahme, die das Verfahren beendet habe, zu sehen sei. Mit Schreiben vom 9. Mai 2007 teilte der Kläger mit, dass er, wie vom BSG angedeutet, das Berufungsverfahren wieder in Gang setzen müsse.
Der Kläger beantragt,
unter Fortsetzung des Verfahrens das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch die seitens des Klägers am 12. April 2007 erklärte Berufungsrücknahme erledigt ist,
hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten (Bd. I – IV), welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2009 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers führt nicht zum Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig. Sie ist statthaft, da der gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der zur Zeit der Berufungseinlegung (vgl. §§ 202 SGG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]) geltenden Fassung des Vierten Euroeinführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S.1983) erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 500,- EUR, bei einem wöchentlichen Leistungssatz von 208,60 EUR und einem streitgegenständlichen Aufhebungszeitraum von 33 Tagen überschritten ist.
Der Kläger ist der Berufung auch nicht durch eine Berufungsrücknahme verlustig gegangen. § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG bestimmt, dass die Zurücknahme den Verlust des Rechtsmittels bewirkt. Zwar hat der Kläger mit Schreiben vom 12. April 2007 erklärt, dass er die Berufung zurücknehme, in Ansehung des gesamten Inhalts des klägerischen Schreibens vom 12. April 2007 vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen, dass die Prozesserklärung eindeutig, klar, unmissverständlich und bedingungslos ausgesprochen worden ist. Die Auslegung der schriftlichen Erklärung des Klägers vom 12. April 2007 muss das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, ermitteln. Hierbei ist im Zweifelsfall darauf abzustellen, was das Erklärte vernünftigerweise bedeuten soll. Die erklärte Berufungsrücknahme kann vorliegend jedoch nicht isoliert als uneingeschränkt und bedingungsfrei verstanden werden. Dies gründet darin, dass der Kläger gleichzeitig Sprungrevision gegen das angefochtene Urteil des SG eingelegt hat. Hiermit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er die Rechtswirkungen einer Berufungsrücknahme, die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils, gerade nicht eintreten lassen "will". In der Erklärung kommt erkennbar die irrige Vorstellung des Klägers zum Ausdruck, er könne nach Einleitung des Berufungsverfahrens ein Revisionsurteil unter Umgehung der Berufungsentscheidung erwirken. Dies steht trotz Bedenken des Senats, ob nicht lediglich ein (unbeachtlicher) Motivirrtum vorliegt (BSG, Beschluss vom 24. April 2003, B 11 AL 33/03 R), der Annahme einer Erklärung, die den Prozess endgültig beenden soll, entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 1980, Az.: 9 RV 8/80). In Ermangelung einer hinreichend deutlichen Berufungsrücknahme ist der Kläger mithin des Rechtsmittels nicht verlustig gegangen.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 aufgehoben.
Die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung durch die Beklagte ist an § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -Verwaltungsverfahren- (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -Arbeitsförderung- (SGB III) zu messen. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt hat, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, wenn er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetz zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse liegt vor, wenn eine Änderung den Verfügungssatz des erlassenen Verwaltungsaktes tangiert, so dass die Behörde unter den veränderten Verhältnissen nicht mehr so (wie geschehen) entscheiden kann bzw. darf (BSG, Urteil vom 21. März 1996, Az.: 11 RAr 101/94). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung richtet sich nach dem für die Leistung von Alg im Zeitraum der streitgegenständlichen Leistungsaufhebung maßgeblichen materiellen Recht. Gemäß § 117 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (a.F.) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer gemäß § 118 Abs. 1 SGB III (a.F.), der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) (Nr. 1) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche) (Nr. 2). Eine Beschäftigung sucht gemäß § 119 Abs. 1 SGB III (a.F.), wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung steht (Verfügbarkeit) (Nr. 2). Den Vermittlungsbemühungen steht gemäß § 119 Abs. 2 SGB III (a.F.) zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähigkeit setzt nach § 119 Abs. 3 SGB III (a.F.) u.a. nach Nr. 3 der Vorschrift voraus, dass der Arbeitslose Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf. Auf Grundlage der Ermächtigung des § 152 Nr. 2 SGB III hat die Beklagte mit der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (Erreichbarkeits-Anordnung [EAO]) vom 23. Oktober 1997 (veröffentlicht in den amtlichen Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1997, S. 1100), zuletzt geändert durch die 1. Änderungsanordnung der EAO vom 16. November 2001 (ANBA Nr. 12 vom 28. Dezember 2001, S. 1476) in § 1 Abs. 1 Nr. 1 - ermächtigungskonform (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001, Az.: B 11 AL 10/01 R) - beschlossen, dass Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen der Agentur für Arbeit persönlich zur Kenntnis zu nehmen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO hat der Arbeitslose deshalb sicherzustellen, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt und der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Infolge des vom Kläger gestellten Nachsendeauftrages und der hierdurch bedingten Umleitung der für ihn bestimmten Briefpost an die Adresse "G. , O.", unter der der Kläger bereits nach seinen eigenen Angaben, nicht wohnhaft war, ist er nicht in der Lage gewesen, Mitteilungen der Beklagten persönlich zur Kenntnis zu nehmen. Das Erfordernis der persönlichen Kenntnisnahme erfordert, dass der Arbeitslose selbst die im Schriftstück verkörperte Mitteilung zur Kenntnis nimmt. Dem gesetzlichen Konzept einer effektiven Arbeitsvermittlung und Arbeitsförderung widerspräche es, die Unterrichtung des Arbeitslosen von Vermittlungsbemühungen einem Dritten, vorliegend K, zu überlassen. Die Voraussetzungen der Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sollen gerade nicht von Zufälligkeiten der telefonischen Erreichbarkeit bzw. Verlässlichkeit dritter Personen abhängig sein (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 2001, Az.: B 11 AL 17/01 R). Die vorgebrachte telefonische Unterrichtung des Klägers durch die K. erfüllt die Anforderungen an die persönliche Kenntnisnahme nicht. Vor diesem Hintergrund war weder das SG gehalten, dem Beweisangebot des Klägers, K. zum "zum Thema Briefpostbenachrichtigung" zu laden und zu hören, noch ist der erkennende Senat verpflichtet einem entsprechenden Beweisantrag nachzugehen. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob das Vorbringen des Klägers als Beweisantrag zu bewerten ist -ein solcher setzt u.a. voraus, dass eine konkreten Tatsache behauptet wird, die in das Wissen des angegebenen Zeugen gestellt wird (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 2001, Az.: B 11 AL 215/01 B)- oder als bloße Beweisanregung zu bewerten ist. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers die Bezeichnung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags unterstellt wird, konnte das SG, wie der erkennende Senat davon absehen, die K persönlich als Zeugin anzuhören. Nach dem Vortrag des Klägers hat er mit K vereinbart, dass diese ihn telefonisch benachrichtige, wenn für ihn bestimmte Post bei ihr eingehen würde, sie sei auch ermächtigt gewesen, die Postsendung zu öffnen. Diese Handhabung wurde von K auch an Eides statt versichert, indes ist durch diese Vorgehensweise dem Erfordernis einer persönlichen Kenntnisnahme von Mitteilungen des Arbeitsamtes nicht Genüge getan, da lediglich eine telefonische Information des Klägers erfolgt ist. Das SG wie der erkennende Senat können es daher als wahr unterstellen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 103 RdNr 8 mwN), dass der Kläger tatsächlich, wie von ihm vorgetragen telefonisch von der K. über den Inhalt der Mitteilungen der Beklagten in Kenntnis gesetzt wurde, eine für den Kläger günstige Beurteilung scheidet dennoch aus. Sein Vortrag in der mündlichen Verhandlung, er sei täglich in O. gewesen, widerspricht seinem eigenen bisherigen Vortrag und der Angaben der K in ihrer eidesstattlichen Versicherung. Dies ändert im Ergebnis nichts. Auch wenn der veränderte Vortrag als wahr unterstellt wird, wäre der Kläger nicht unter der der Beklagten bekannten Wohnanschrift erreichbar gewesen. Auch den weiteren Beweisangeboten des Klägers, G. J. "zum Thema Erbauseinandersetzung", Hr. W. -Arbeitsamt- zum "Thema Erreichbarkeitsordnung" und Herrn K. Schn. vom Briefverteilungszentrum zum Thema "Briefverteilung" anzuhören, war und ist nicht nachzugehen. Soweit einer zweckdienlichen Auslegung überhaupt zugänglich, kann weder eine Einvernahme von Fr. J. zum Hintergrund der Stellung eines Nachsendeauftrages, noch Hr. W. zu den Anforderungen an die Erreichbarkeit, noch Hr. Schn. zur (Dauer der) Postverteilung bei einem Nachsendeauftrag eine abweichende Beurteilung zu Gunsten des Klägers bedingen, so dass die Beweisanträge, so sie überhaupt als solche zu bewerten sind, jedenfalls als bewiesen unterstellt bzw. als ungeeignet zu bewerten sind und ihnen nicht nachzugehen ist (vgl. (vgl. Leitherer, a.a.O.)
Demnach war der Kläger ab Stellung des Nachsendeauftrages am 1. Juli 2004 bis zu dessen Stornierung am 2. August 2004 nicht in der Lage, Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu leisten. Er war hiernach nicht erreichbar, dem folgend nicht verfügbar, und somit nicht arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III (a.F.). Ein Anspruch auf Gewährung von Alg bestand daher in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 nicht.
Mithin ist gegenüber der mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 2. Juni 2004 verfügten Alg- Bewilligung eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten. Die Beklagte war auch verpflichtet (vgl. § 330 Abs. 3 SGB III), den Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2003 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 2. Juni 2004 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, vorliegend der Stellung des Nachsendeantrages am 1. Juli 2004, aufzuheben, da der Kläger zur Überzeugung des Senats wusste oder jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass sein Anspruch auf Gewährung von Alg entfallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Das Maß der Fahrlässigkeit ist hierbei nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen sowie den besonderen Umständen des Falls zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff). Grob fahrlässig handelt der Arbeitslose, der die Hinweise in dem ihm erteilten Merkblatt nicht zur Kenntnis nimmt. Im Merkblatt 1 für Arbeitslose (Ihre Rechte – Ihre Pflichten; Stand April 2003), dessen Erhalt und Kenntnisnahme der Kläger anlässlich seiner Arbeitslosmeldung am 5. September 2003 unter dem 29. September 2003 unterschriftlich bestätigt hat, wird ausdrücklich auf die Verpflichtung hingewiesen, persönlich unter der benannten Adresse erreichbar zu sein (S.7). Dieser Hinweis ist zur Überzeugung des Senats hinreichend eindeutig, so dass der Kläger, der im langjährigen Leistungsbezug bei der Beklagten stand, nach seiner persönlichen Einsichts-, Kritik- und Urteilsfähigkeit in der Lage gewesen ist, diese Hinweise zu verstehen. Die Unkenntnis des Klägers davon, dass mit der Stellung eines Nachsendeauftrages sein Anspruch auf Alg entfällt beruht mithin auf grober Fahrlässigkeit. Die Beklagte ist also verpflichtet gewesen, den Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2003 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 2. Juni 2004 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Stellung des Nachsendeantrages am 1. Juli 2004, aufzuheben.
Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004.
Der 1953 geborene, alleinstehende Kläger steht im langjährigen Leistungsbezug bei der Beklagten. Ab dem 22. Mai 2000 war er bei der K- GmbH als Mitarbeiter in der Montage versicherungspflichtig beschäftigt. Aus der Tätigkeit erzielte der Kläger in der Zeit vom 1. August 2002 bis zum 2. September 2003 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt im Umfang von 15.839,42 EUR, wobei für die Zeiten vom 1. August 2002 bis zum 8. September 2002 und vom 19. März 2003 bis zum 5. August 2003 wegen einer Erkrankung (ohne Lohnfortzahlung) kein Arbeitsentgelt gewährt wurde. Vom 19. März 2003 bis zum 7. Juli 2003 bezog der Kläger von der A. Bi. Krankengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Regelentgelts von 69,86 EUR. Mit Schreiben vom 2. September 2003 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers durch K- GmbH fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Eine zum Arbeitsgericht Ulm (Az.: ) erhobene Kündigungsschutzklage endete durch einen im Gütetermin vom 23. Oktober 2003 geschlossenen gerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Parteien darauf einigten, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31. Dezember 2003 enden wird. Die K- GmbH verpflichtete sich ferner, an den Kläger eine Abfindung i.H.v. 1.840,- EUR sowie die restliche Vergütung für September 2003 und für Oktober 2003, unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsgehalts von jeweils 1.840,- EUR, zu zahlen.
Am 5. September 2003 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Er gab hierbei die "W., B. Bu." als Wohnanschrift an. Vom 3. bis zum 21. September 2004 bezog der Kläger von der A. Bi. Krankengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Regelentgelts von 69,86 EUR.
Nachdem die Beklagte dem Kläger, zunächst vorläufig mit Bescheid vom 30. Oktober 2003, Alg ab dem 5. September 2003 bewilligte, bewilligte sie mit Bescheid vom 12. Dezember 2003 Alg ab dem 22. September 2003 in Höhe eines wöchentlichen Leistungssatzes von 208,60 EUR. Sie legte hierbei ein wöchentliches Bemessungsentgelt von 510,90 EUR zugrunde, um sodann mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 Alg ab dem 1. November 2003 für 620 Kalendertage in Höhe eines wöchentlichen Leistungsbetrages von 208, 60 EUR zu bewilligen. Mit Bescheid vom 2. Juni 2004 änderte die Beklagte ihre Bewilligung ab dem 8. Mai 2004 für 7 Kalendertage insoweit ab, als sie einen wöchentlichen Leistungssatz von 213,15 EUR bewilligte, von welchem sie einen Betrag von 58,17 EUR wöchentlich abzweigte und einen Betrag von 154,98 EUR (22,14 EUR täglich) an den Kläger ausbezahlte.
Am 7. Juli 2004 wurde durch die D. AG im Wege einer "Anschriftenberichtigung" ein Schreiben der Beklagten an den Kläger, mit dem Vermerk, der Empfänger sei in die G. , O. verzogen, zurückgereicht. Auf eine Anfrage der Beklagten betreffend dem Umzug nach O. vom 15. Juli 2004 teilte der Kläger anlässlich einer persönlichen Vorsprache mit, dass er noch nie in O. wohnhaft gewesen sei. Telefonisch teilte er am 19. Juli 2004 mit, dass er selbst einen Postnachsendeantrag nach O., den Wohnort seiner Freundin, gestellt habe. Er legte eine Meldebestätigung der Stadtverwaltung B. Bu. vom 19. Juli 2004 vor, in welcher angeführt ist, dass der Kläger seit dem 1. April 1985 in der W. in B. Bu. wohnhaft sei. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 20. Juli 2004 versicherte der Kläger, dass er sich unverändert in B. Bu. aufhalte. Er werde (heute noch) dafür sorgen, dass er auch postalisch in B. Bu. erreichbar sei. Mit Schreiben vom 9. August 2004 teilte er mit, den von ihm gestellten Nachsendeauftrag ab dem 3. August 2004 storniert zu haben. Telefonisch wurde der Beklagten durch die D. AG mitgeteilt, dass der Nachsendeantrag nach O. in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 gestellt gewesen sei.
Mit Bescheid vom 13. August 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 ganz auf. Zur Begründung führte die Beklagte an, Anspruch auf Leistungen habe nur derjenige, der arbeitslos sei. Arbeitslos sei u.a. nur, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe und Vermittlungsvorschlägen zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Der Arbeitslose habe daher sicherzustellen, dass er unter der von ihm angegebenen Anschrift an jedem Werktag durch Briefpost erreicht werden könne. Der Kläger habe in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 einen Postnachsendeantrag nach O. gestellt, er sei in dieser Zeit nicht erreichbar, infolgedessen nicht verfügbar, mithin nicht arbeitslos gewesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. September 2004 Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, dass ihn Postsendungen in seinem Briefkasten in der Vergangenheit nicht erreicht hätten. In demselben Haus wie er wohne auch sein Bruder, dessen Sohn den gleichen Vornamen wie er habe, weswegen es zu Verwechslungen gekommen sei. Um diesen vorzubeugen habe er einen Nachsendeantrag an die Adresse von Frau K., G. , O. gestellt. Mit dieser sei vereinbart gewesen, in dem Fall, dass ein Schreiben nach O. gesandt werde, sie den Kläger fernmündlich am gleichen Tag unterrichten werde. Auch sei K. ermächtigt gewesen, die für ihn eingehende Post zu öffnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte an, der Bezug von Alg setze die Verfügbarkeit des Arbeitslosen voraus. Hierzu gehöre u.a., dass der Arbeitslose den Vorschlägen der Agentur für Arbeit zeit- und ortsnah Folge leisten kann. Dies könne nur derjenige, der in der Lage sei, unverzüglich Mitteilungen der Agentur für Arbeit persönlich zur Kenntnis zu nehmen, weshalb der Arbeitslose sicherzustellen habe, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen könne. Diese Voraussetzungen habe der Kläger im streitigen Zeitraum nicht erfüllt, da für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis einschließlich 2. August 2004 ein Nachsendeantrag für die Anschrift der K. bestanden habe. Er sei deswegen nicht persönlich durch Briefpost an jedem Werktag erreichbar gewesen. Dass die Freundin ihn sofort bei Posteingang benachrichtigt hätte, reiche für die Annahme der Erreichbarkeit nicht aus.
Hiergegen hat der Kläger am 4. Oktober 2004 -anwaltlich vertreten- Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat der Kläger vorgetragen, dass er gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder wie dessen Familie in B. Bu. wohnhaft sei. In der Vergangenheit sei es zwischen ihm und seinem Bruder, dessen Sohn den gleichen Vornamen wie er trage, zu Streitigkeiten gekommen. Infolge der Namensidentität sei es in der Vergangenheit zu falschen Einwürfen von Postsendungen gekommen, die ihn teilweise nicht erreicht hätten. Der Kläger habe daraufhin mit einer Bekannten vereinbart, seinen postalischen Wohnsitz in deren Wohnung zu verlegen und habe hierzu einen Nachsendeauftrag gestellt. Er habe von seiner Bekannten in der Folgezeit jeweils unverzüglich Nachricht bekommen, wenn Postsendungen eingeworfen worden seien. Auch sei die Bekannte ermächtigt gewesen, die eingehende Post zu öffnen. Der Kläger legte sodann eine eidesstattliche Versicherung der K. vom 02. Mai 2005 vor, in welcher an Eides statt versichert wird, dass zwischen ihr und dem Kläger besprochen worden sei, dass sie für ihn eingehende Schreiben bei Eingang öffnen dürfe und den Kläger hierüber gegebenenfalls telefonisch unterrichten werde. Diesen Anforderungen sei sie nachgekommen. Sie habe eingehende Post am Tag des Eingangs durchgesehen und den Kläger unterrichtet, soweit ein behördliches Schreiben eingegangen sei. Sie könne daher bestätigen, dass jedes Schreiben der Agentur für Arbeit den Kläger an dem Tag, an welchem es in ihren Briefkasten gelangt sei, zur Kenntnis gebracht wurde. Der Kläger legte ferner eine Bestätigung der D. AG vor, dass die Laufzeit nachzusendender Postsendungen ca. zwei bis drei Tage betrage. Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Inhalt des angefochtenen Widerspruchsbescheides entgegengetreten. Ergänzend und wiederholend hat sie vorgebracht, dass der Kläger den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stehen musste, was infolge des gestellten Nachsendeauftrages nicht der Fall gewesen sei.
Mit Urteil vom 17. Januar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG angeführt, dass in den tatsächlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten sei, da der Kläger nicht mehr unter seiner Wohnanschrift erreichbar gewesen sei. Arbeitslose müssten den Vorschlägen der Arbeitsagentur jedoch zeit- und ortsnah nachkommen können. Hierfür reiche die Stellung eines Nachsendeantrages nicht aus. Den Anträgen des Klägers, es müssten Zeugen einvernommen werden, sei nicht nachzugehen gewesen, da einzig entscheidend sei, dass der Kläger für die Beklagte unter der dieser gemeldeten Anschrift nicht erreichbar gewesen sei.
Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 3. Februar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Februar 2006 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor, das SG sei seinen Beweisanträgen nicht nachgekommen. Die Stellung eines Nachsendeauftrages sei deswegen erfolgt, weil es im Zuge einer erbrechtlichen Auseinandersetzung mit seinen Verwandten dazu gekommen sei, dass Postsendungen aus seinem Briefkasten entfernt worden seien, was von ihm nicht zu verhindern gewesen sei. Durch die Stellung des Nachsendeauftrages habe der Kläger gerade dafür gesorgt, dass er für die Bundesagentur für Arbeit erreichbar gewesen sei. Seine Freundin, an die die Post nachgesandt wurde, sei ermächtigt gewesen, diese zu öffnen. Mit Schreiben vom 12. April 2007 legte der Kläger "(in obiger Sache) Sprungrevision ein" und erklärte, er "nehme die Berufung zurück", worauf der Senat den Rechtsstreit als erledigt betrachtet und aktenmäßig ausgetragen hat. Mit Beschluss vom 30. April 2007 (Az.: B 11a AL 15/07 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) beschlossen, die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Januar 2006 als unzulässig zu verwerfen. In den Gründen hat das BSG angeführt, dass der Senat Bedenken habe, ob in dem Schreiben des nicht rechtskundig vertretenen Klägers vom 12. April 2007 angesichts seiner Widersprüchlichkeit eine wirksame Berufungsrücknahme, die das Verfahren beendet habe, zu sehen sei. Mit Schreiben vom 9. Mai 2007 teilte der Kläger mit, dass er, wie vom BSG angedeutet, das Berufungsverfahren wieder in Gang setzen müsse.
Der Kläger beantragt,
unter Fortsetzung des Verfahrens das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch die seitens des Klägers am 12. April 2007 erklärte Berufungsrücknahme erledigt ist,
hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den Kläger geführten Leistungsakten (Bd. I – IV), welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2009 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Juli 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers führt nicht zum Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig. Sie ist statthaft, da der gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in der zur Zeit der Berufungseinlegung (vgl. §§ 202 SGG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]) geltenden Fassung des Vierten Euroeinführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S.1983) erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 500,- EUR, bei einem wöchentlichen Leistungssatz von 208,60 EUR und einem streitgegenständlichen Aufhebungszeitraum von 33 Tagen überschritten ist.
Der Kläger ist der Berufung auch nicht durch eine Berufungsrücknahme verlustig gegangen. § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG bestimmt, dass die Zurücknahme den Verlust des Rechtsmittels bewirkt. Zwar hat der Kläger mit Schreiben vom 12. April 2007 erklärt, dass er die Berufung zurücknehme, in Ansehung des gesamten Inhalts des klägerischen Schreibens vom 12. April 2007 vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen, dass die Prozesserklärung eindeutig, klar, unmissverständlich und bedingungslos ausgesprochen worden ist. Die Auslegung der schriftlichen Erklärung des Klägers vom 12. April 2007 muss das wirklich Gewollte, das in der Äußerung erkennbar ist, ermitteln. Hierbei ist im Zweifelsfall darauf abzustellen, was das Erklärte vernünftigerweise bedeuten soll. Die erklärte Berufungsrücknahme kann vorliegend jedoch nicht isoliert als uneingeschränkt und bedingungsfrei verstanden werden. Dies gründet darin, dass der Kläger gleichzeitig Sprungrevision gegen das angefochtene Urteil des SG eingelegt hat. Hiermit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er die Rechtswirkungen einer Berufungsrücknahme, die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils, gerade nicht eintreten lassen "will". In der Erklärung kommt erkennbar die irrige Vorstellung des Klägers zum Ausdruck, er könne nach Einleitung des Berufungsverfahrens ein Revisionsurteil unter Umgehung der Berufungsentscheidung erwirken. Dies steht trotz Bedenken des Senats, ob nicht lediglich ein (unbeachtlicher) Motivirrtum vorliegt (BSG, Beschluss vom 24. April 2003, B 11 AL 33/03 R), der Annahme einer Erklärung, die den Prozess endgültig beenden soll, entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 1980, Az.: 9 RV 8/80). In Ermangelung einer hinreichend deutlichen Berufungsrücknahme ist der Kläger mithin des Rechtsmittels nicht verlustig gegangen.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 aufgehoben.
Die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung durch die Beklagte ist an § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -Verwaltungsverfahren- (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -Arbeitsförderung- (SGB III) zu messen. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt hat, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, wenn er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetz zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse liegt vor, wenn eine Änderung den Verfügungssatz des erlassenen Verwaltungsaktes tangiert, so dass die Behörde unter den veränderten Verhältnissen nicht mehr so (wie geschehen) entscheiden kann bzw. darf (BSG, Urteil vom 21. März 1996, Az.: 11 RAr 101/94). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung richtet sich nach dem für die Leistung von Alg im Zeitraum der streitgegenständlichen Leistungsaufhebung maßgeblichen materiellen Recht. Gemäß § 117 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (a.F.) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer gemäß § 118 Abs. 1 SGB III (a.F.), der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) (Nr. 1) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche) (Nr. 2). Eine Beschäftigung sucht gemäß § 119 Abs. 1 SGB III (a.F.), wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung steht (Verfügbarkeit) (Nr. 2). Den Vermittlungsbemühungen steht gemäß § 119 Abs. 2 SGB III (a.F.) zur Verfügung, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Arbeitsfähigkeit setzt nach § 119 Abs. 3 SGB III (a.F.) u.a. nach Nr. 3 der Vorschrift voraus, dass der Arbeitslose Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf. Auf Grundlage der Ermächtigung des § 152 Nr. 2 SGB III hat die Beklagte mit der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (Erreichbarkeits-Anordnung [EAO]) vom 23. Oktober 1997 (veröffentlicht in den amtlichen Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1997, S. 1100), zuletzt geändert durch die 1. Änderungsanordnung der EAO vom 16. November 2001 (ANBA Nr. 12 vom 28. Dezember 2001, S. 1476) in § 1 Abs. 1 Nr. 1 - ermächtigungskonform (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001, Az.: B 11 AL 10/01 R) - beschlossen, dass Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen der Agentur für Arbeit persönlich zur Kenntnis zu nehmen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO hat der Arbeitslose deshalb sicherzustellen, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt und der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Infolge des vom Kläger gestellten Nachsendeauftrages und der hierdurch bedingten Umleitung der für ihn bestimmten Briefpost an die Adresse "G. , O.", unter der der Kläger bereits nach seinen eigenen Angaben, nicht wohnhaft war, ist er nicht in der Lage gewesen, Mitteilungen der Beklagten persönlich zur Kenntnis zu nehmen. Das Erfordernis der persönlichen Kenntnisnahme erfordert, dass der Arbeitslose selbst die im Schriftstück verkörperte Mitteilung zur Kenntnis nimmt. Dem gesetzlichen Konzept einer effektiven Arbeitsvermittlung und Arbeitsförderung widerspräche es, die Unterrichtung des Arbeitslosen von Vermittlungsbemühungen einem Dritten, vorliegend K, zu überlassen. Die Voraussetzungen der Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sollen gerade nicht von Zufälligkeiten der telefonischen Erreichbarkeit bzw. Verlässlichkeit dritter Personen abhängig sein (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 2001, Az.: B 11 AL 17/01 R). Die vorgebrachte telefonische Unterrichtung des Klägers durch die K. erfüllt die Anforderungen an die persönliche Kenntnisnahme nicht. Vor diesem Hintergrund war weder das SG gehalten, dem Beweisangebot des Klägers, K. zum "zum Thema Briefpostbenachrichtigung" zu laden und zu hören, noch ist der erkennende Senat verpflichtet einem entsprechenden Beweisantrag nachzugehen. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob das Vorbringen des Klägers als Beweisantrag zu bewerten ist -ein solcher setzt u.a. voraus, dass eine konkreten Tatsache behauptet wird, die in das Wissen des angegebenen Zeugen gestellt wird (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 2001, Az.: B 11 AL 215/01 B)- oder als bloße Beweisanregung zu bewerten ist. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers die Bezeichnung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags unterstellt wird, konnte das SG, wie der erkennende Senat davon absehen, die K persönlich als Zeugin anzuhören. Nach dem Vortrag des Klägers hat er mit K vereinbart, dass diese ihn telefonisch benachrichtige, wenn für ihn bestimmte Post bei ihr eingehen würde, sie sei auch ermächtigt gewesen, die Postsendung zu öffnen. Diese Handhabung wurde von K auch an Eides statt versichert, indes ist durch diese Vorgehensweise dem Erfordernis einer persönlichen Kenntnisnahme von Mitteilungen des Arbeitsamtes nicht Genüge getan, da lediglich eine telefonische Information des Klägers erfolgt ist. Das SG wie der erkennende Senat können es daher als wahr unterstellen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 103 RdNr 8 mwN), dass der Kläger tatsächlich, wie von ihm vorgetragen telefonisch von der K. über den Inhalt der Mitteilungen der Beklagten in Kenntnis gesetzt wurde, eine für den Kläger günstige Beurteilung scheidet dennoch aus. Sein Vortrag in der mündlichen Verhandlung, er sei täglich in O. gewesen, widerspricht seinem eigenen bisherigen Vortrag und der Angaben der K in ihrer eidesstattlichen Versicherung. Dies ändert im Ergebnis nichts. Auch wenn der veränderte Vortrag als wahr unterstellt wird, wäre der Kläger nicht unter der der Beklagten bekannten Wohnanschrift erreichbar gewesen. Auch den weiteren Beweisangeboten des Klägers, G. J. "zum Thema Erbauseinandersetzung", Hr. W. -Arbeitsamt- zum "Thema Erreichbarkeitsordnung" und Herrn K. Schn. vom Briefverteilungszentrum zum Thema "Briefverteilung" anzuhören, war und ist nicht nachzugehen. Soweit einer zweckdienlichen Auslegung überhaupt zugänglich, kann weder eine Einvernahme von Fr. J. zum Hintergrund der Stellung eines Nachsendeauftrages, noch Hr. W. zu den Anforderungen an die Erreichbarkeit, noch Hr. Schn. zur (Dauer der) Postverteilung bei einem Nachsendeauftrag eine abweichende Beurteilung zu Gunsten des Klägers bedingen, so dass die Beweisanträge, so sie überhaupt als solche zu bewerten sind, jedenfalls als bewiesen unterstellt bzw. als ungeeignet zu bewerten sind und ihnen nicht nachzugehen ist (vgl. (vgl. Leitherer, a.a.O.)
Demnach war der Kläger ab Stellung des Nachsendeauftrages am 1. Juli 2004 bis zu dessen Stornierung am 2. August 2004 nicht in der Lage, Vorschlägen der Beklagten zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu leisten. Er war hiernach nicht erreichbar, dem folgend nicht verfügbar, und somit nicht arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III (a.F.). Ein Anspruch auf Gewährung von Alg bestand daher in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 2. August 2004 nicht.
Mithin ist gegenüber der mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 2. Juni 2004 verfügten Alg- Bewilligung eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten. Die Beklagte war auch verpflichtet (vgl. § 330 Abs. 3 SGB III), den Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2003 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 2. Juni 2004 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, vorliegend der Stellung des Nachsendeantrages am 1. Juli 2004, aufzuheben, da der Kläger zur Überzeugung des Senats wusste oder jedenfalls infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass sein Anspruch auf Gewährung von Alg entfallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Das Maß der Fahrlässigkeit ist hierbei nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen sowie den besonderen Umständen des Falls zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff). Grob fahrlässig handelt der Arbeitslose, der die Hinweise in dem ihm erteilten Merkblatt nicht zur Kenntnis nimmt. Im Merkblatt 1 für Arbeitslose (Ihre Rechte – Ihre Pflichten; Stand April 2003), dessen Erhalt und Kenntnisnahme der Kläger anlässlich seiner Arbeitslosmeldung am 5. September 2003 unter dem 29. September 2003 unterschriftlich bestätigt hat, wird ausdrücklich auf die Verpflichtung hingewiesen, persönlich unter der benannten Adresse erreichbar zu sein (S.7). Dieser Hinweis ist zur Überzeugung des Senats hinreichend eindeutig, so dass der Kläger, der im langjährigen Leistungsbezug bei der Beklagten stand, nach seiner persönlichen Einsichts-, Kritik- und Urteilsfähigkeit in der Lage gewesen ist, diese Hinweise zu verstehen. Die Unkenntnis des Klägers davon, dass mit der Stellung eines Nachsendeauftrages sein Anspruch auf Alg entfällt beruht mithin auf grober Fahrlässigkeit. Die Beklagte ist also verpflichtet gewesen, den Bewilligungsbescheid vom 15. Dezember 2003 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 2. Juni 2004 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Stellung des Nachsendeantrages am 1. Juli 2004, aufzuheben.
Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2004 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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